Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 6
Eck an Augustinus Kölner
Ingolstadt 18-11-1512:

Widmung Ecks zu METZLER Nr 3: Audi Lector. Offendes hic Iohannis Eckii Theologi foelicis studii Auripolitani Vicecancellarii et Canonici Eistettensis Orationes quatuor. Augsburg, Otmar, 24. Dezember 1513. Vorh.: Stuttgart LB
 
 

Da der Text seiner öffentlichen Reden von seinen Studenten immer wieder verlangt wird, hat er sich entschlossen, drei davon wenn auch widerwillig herauszugeben und sie Augustin Kölner zu widmen, dem verdienstvollen Sekretär, Archivar und Hofhistoriker der bayerischen Herzöge Albrecht IV. und Wilhelm IV.


Ioannes Eckius honorato viro Augustino Kölner (1) illustrissimi principis Wilhelmi Bavari et Comitis Palatini Reni (2) a secretis primario Bene facere.
 
Qum orationes nostrae, integerrime vir, quotidianis petitionibus a multis studiosis efflagitarentur, intuli vim et tandem pervici ut eis morem gererem paucis tantum periculum facturus. Licet nolim me ex hiis totum ut >Elephantem ex dentibus< (3) censeri, quae fortasse tutius cum reliquis leviusculis (4) nostris opellis (5), intra chartaceam suppellectilem delituissent cum tineis et soricibus rixantes. Utcumque tocies rogatus malui subire plurimorum iudicium, quam amicis quicquam denegare.
 

Qua re tres statui emittere, quas tibi in presentiaa dedicare decrevi, praecipuo Auguste Achademiae nostrae Auripolitanae (6) apud illustrissimum principem nostrum promotori (7)

Nam non parum honoris accedere eis arbitrabar, si tui nominis splendor in ipso proloquio conspiceretur, qui ob singulares virtutes tuas ab illustrissimo principe Alberto Bavaro dignae memoriae auricularius a secretis et omnium archanorum conscius fuisti (8). In cuius quoque pectore maturiora Bavaricae domus negotia ut in armario latitant, quare illustrissimo principi nostro Wilhelmo (9) eius filio non potes non esse charissimus. 

Has ergo nostras operas literatorias cum feriatus fueris a rerum amplissimarum Norici (10) ducatus occupationibus, successivis horis si ita lubet perlegito.

Et Eckium illustrissimo ac humanissimo principi non vulgariter commenda. 

Vale ex Archigymnasio Chrysopolitano (11) IIII. 
Kalendas Decembris. Anno huius saeculi XII. 
 
 

Da meine Reden, mein guter Freund, von vielen Studenten täglich erbeten und angefordert werden, habe ich mich dazu durchgerungen und endlich über mich selbst den Sieg davongetragen, nämlich ihrem Willen zu willfahren und nur wenigen damit zu mißfallen, denn ich möchte nicht, daß diese Reden ganz und gar als bloßer >Elefant wegen der großen Zähne< beurteilt werden, für die es besser gewesen wäre, sich mit unseren anderen sehr unbedeutenden Schriftchen in dem Sammelband zu verkriechen, um dort mit Würmern und Mäusen zu streiten. Da ich aber so oft gebeten wurde, will ich mich lieber dem Urteil vieler stellen, als Freunden etwas abschlagen. 

So habe ich beschlossen, drei Reden herauszugeben, die ich Dir hiermit präsentieren und dedizieren will, Dir als einem besonderen Förderer an unserer Hochschule in Ingolstadt gegenüber unserem Erlauchten Fürsten.

Ich glaubte nämlich, meine Reden würden nicht wenig geschätzt werden, wenn der Glanz Deines Namens in der Vorrede zu erkennen wäre, da Du aufgrund Deiner besonderen Tugenden beim Erlauchten Fürsten Albrecht IV. von Bayern seligen Angedenkens Privatsekretär und Archivar gewesen bist. In Deiner Brust sind die nach Ausführung drängenden Pläne des bayerischen Fürstenhauses wie in einem Staatsarchiv verborgen, weshalb Du ja auch seinem Sohn, unserem Erlauchten Fürsten Wilhelm, nur wertvoll und teuer sein kannst. 

Wenn Du also von der Beschäftigung mit äußerst wichtigen Staatsaufgaben des Herzogtums Bayern etwas Urlaub hast, lies diese unsere literarischen Ergüsse, wenn es geht, in einem Zug.

Und empfiehl Eck dem Erlauchten und menschenfreundlichen Fürsten in besonderer Weise!

Leb wohl! Aus der Hochschule zu Ingolstadt,
18. November 1512. 

1. AUGUSTIN KÖLNER war am 21-06-1495 in Ingolstadt immatrikuliert, hat wahrscheinlich keinen akademischen Grad erworben; Sekretär unter den Herzögen Albrecht IV., Wolfgang und Wilhelm: vgl. SEIFERT, Statuten 429 Anm. 98. Als Archivar war er auch mit historischen Aufgaben betraut. Er findet in Ecks Briefen nochmals am 25-09-1523 Erwähnung.

2. Vgl. den Titel des Wittelsbachers: Pfalzgraf bei Rhein; zu seiner Person vgl. Brief 18-04-1517.

3. Sprichw. Redensart; vgl. PLINIUS, Naturalis Historia 37, 204: >...maximum pretium est...dentibus elephantorum<.

4. Im Gegensatz zur Hervorhebung der Reden im Titel: >non indoctas<.

5. Zusammenstellungen aus Kosmographie und Ethik für den Unterricht. Vgl. Brief 1505.

6. Ingolstadt. Vgl. u. Anm. 11.

7. Kölner wirkte an der Vierer-Kommission mit, die im Frühjahr 1515 die Universitätsreform vorantrieb. Vgl. SEIFERT, Statuten 429. Zur Universitätsreform vgl. v.a. die Briefe 29-10-1515; 19-02-1516; 03-04-1517.

8. Albrecht IV. hatte ihn 1495 berufen (vgl. SEIFERT, Statuten 429 Anm. 98). In seinem Auftrag schrieb er >De bello palatino boico<, die offizielle Darstellung des Landshuter Erbfolgekrieges 1503/05 (SPINDLER, Handbuch 3, 763), später unter Wilhelm IV. verfaßte er auch eine Beschreibung vom Feldzug des Schwäbischen Bundes gegen Hg. Ulrich von Württemberg 1519: vgl. WILLE, Beschreibung 161ff.

9. Eck läßt Kölners Tätigkeit unter Hg. Wolfgang, dem Vormundschaftsregenten, unerwähnt.

10. Bayern: die Gleichsetzung der römischen Provinz Noricum mit dem Herzogtum Bayern ist seit der Karolingerzeit bekannt; vgl. MÜLLER, Stammessage 346 und Ecks Ausführungen in Brief 18-04-1514.

11. Ingol[d]stadt: griech. Kompositum, sehr selten bei Eck, auch benutzt in ECK, Friderici fol 9r. Später in seinen Aristoteleskommentaren polemisierte Eck gegen die Übersetzung von Ingolstadt als Auripolis: vgl. ECK, Physica fol 34r; SEIFERT, Logik 41. Die Verwendung von Auripolis verschwindet mit Brief 13-10-1513 aus der adiectio loci, auch der sonstige Gebrauch (meist adjektivisch) geht zurück.