Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 7
Eck an Hieronymus de Croaria
Ingolstadt 30-11-1512:

München BSB 4 Hom. 484 fol b2rv
Widmungsbrief zu ECK, Oratio funebris in exsequiis venerandi patris Georgii de Northofen Friburgi habita (1509), in: ECK, Audi lector. Offendes hic Ioannis Eckii orationes quatuor non indoctas. Augsburg, Otmar, 24-12-1513 = METZLER Nr 3
 

Eck widmet dem Doktor beider Rechte und Ingolstädter Professor des kanonischen Rechts Hieronymus de Croaria die gedruckte Fassung der Leichenrede auf seinen am 16-04-1509 auf offener Straße in Freiburg ermordeten Lehrer in der skotistischen Theologie Georg Northofer. Da Croaria andere Orationes Ecks nicht mißfallen haben, so gefällt ihm vielleicht in besonderer Weise diese Erinnerungsrede an diesen großen Theologen.
Ioan. Eckius Theologus Clarissimo et nobili viro Hieronymo de Croaria (1) V. censurae doctori non paenitendo ac iuris pontificii ordinario professori in felici studio Auripolitano S.D.P.

Non possum non ingemiscere, clarissime vir, quoties memor sum doctissimi viri et praeceptoris mei adprime colendi Georgii de Northofen (2) sacrae theologiae dum vitam ageret in regio Friburgiorum Archigymnasio professoris ordinarii. Et quis tam durus haud siliceus qui non condoleret venerandum senem, sacerdotem, doctorem, theologum media die publica platea in regia urbe nichil mali suspicantem turpissime invadi ac impune occidi (3)

Ne tamen tanti viri memoria tam cito depereat, grati discipuli simul et gentilis officio decrevi orationem in eius exequiis per me habitam (4) legendam emittere, etsi minus eruditam quam hominis meritum, eruditio ac dignitas expostularet. Danda est tamen michi hoc loco venia, angustia enim temporis premebar, dum eam uno die congerere et congestam eodem die memorie commendare cogerer, quamvis michi illud Apellis obiici posse non ignorem, cur non plures tales leviusculas orationes uno die confecerim. 

Utcumque eam tuae praestantiae, cui Theologi optime commendati sunt, nuncupatim dedico. Ut cui alias ineptiolae nostrae non displiceant, hae quod docti hominis teneant memoriam, potissimum placiturae sint. 

Vale et salve. Ex aedibus nostris Auripoli pridie Kalendas Decembris. Anno a natali Christiano G.D.XII.

 

Johannes Eck der Theologe grüßt den hochangesehenen, edlen Herrn Hieronymus von Croaria, den keineswegs verwerflichen Doktor beider Rechte und Professor des kanonischen Rechts an der blühenden Hochschule zu Ingolstadt.

Ich kann nur seufzen, hochangesehener Herr, sooft ich des gelehrten Herrn, meines besonders verehrenswerten Lehrers GEORG VON NORTHOFEN gedenke, des Professors der königlichen Hochschule zu Freiburg, solange er lebte. Und wer ist so hartherzig und unempfindlich, den verehrungswürdigen alten Herrn nicht zu betrauern, den Doktor und Theologen, der mitten am Tage auf offener Straße in der königlichen Stadt, nichts Böses ahnend, heimtückisch angegriffen und ungestraft ermordet wurde. 

Damit die Erinnerung an einen so bedeutenden Mann nicht so schnell verloren geht, habe ich aus Pflicht eines dankbaren Schülers und zugleich als Ehrenmann beschlossen, die von mir bei seinem Begräbnis gehaltene Rede zur Lektüre herauszugeben, obgleich sie weniger gelehrt ist, als es das Verdienst, die Gelehrsamkeit und Würde des Verstorbenen erfordern würden. Man mag mir dennoch an dieser Stelle verzeihen; Zeitmangel hat mich gehindert, sie an einem Tag anzufertigen und am selben Tag noch auswendig zu lernen, wenn auch das Wort des APELLES, wie ich weiß, auf mich angewendet werden kann: warum ich nicht an einem Tag mehrere solcher kurzer Reden fertigstellen konnte. 

So widme ich Eurer Vortrefflichkeit, dem die Theologen sich sehr anempfohlen sein lassen, ausdrücklich diese Rede, damit Euch, dem andere meiner Nichtigkeiten nicht mißfielen, nun diese, die die Erinnerung an einen gelehrten Mann aufrechterhalten wollen, um so mehr gefallen.

Lebt wohl und Gruß! Aus unserem Haus in Ingolstadt, 30. November im Jahr nach Christi Geburt 1512.

1. Zur Person s. u. Brief Anfang 1514 Anm. 2.

2. GEORG NORTHOFER (1454 Northofen bei Ulm - 16-04-1509 Freiburg), M.A. in Tübingen, Scotus-Lektur in Freiburg, dort Dr. theol. und Professor der Theologie; mehrfach Universitätsrektor (1491, 1495, 1501, 1503, 1508). Neben Johann Winkler und Johannes Brisgoicus einer der theologischen Lehrer Ecks in Freiburg: ECK, Schutzred fol 44v. Vgl. SCHREIBER, Freiburg 1, 133-144 u. WIEDEMANN, Eck 19.

3. Northofer wurde in Freiburg im Alter von 53 Jahren und vier Monaten von dem Studenten Gaudentius von Blumeneck am 16-09-1509 auf offener Straße ermordet. WIEDEMANN a.a.O.

4. Der Text dieser Leichenrede, die Eck am 30-04-1509 gehalten hatte, folgt unserem Widmungsbrief fol c2v-[dv].