Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 14

Eck an Johannes Küngsberger

Ingolstadt
13-08-1514:

München BSB Cml 1376, fol 97r-132v (Abschrift)
ECK, Audi lector. Joannis Eckij Theologi Ingolstadiensis orationes accipe tres non inelegantes. Augsburg, Miller, 05-12-1515 = METZLER Nr 6

Da ihm Küngsbergers Interesse für Kosmographie und Geographie bekannt ist, übersendet er ihm den Text seiner am 18-12-1512 über diese Gegenstände gehaltenen Rede.


Ioannes Eckius Theologus, Ioanni Küngspergio (1), civi Augustano (2) S.D.P.

Ut vir es bellus et multarum rerum scius, nuperis diebus (3) pulchra de Geographicis et Cosmographicis (4) rebus differebas (5), ex quo facile intellexi, te his rebus plurimum oblectari. Quare mitto ad te orationem ante sesquiannum per me habitam (6), Geographia refertam (7), tibi ut arbitror, non displicaturam.

 Vale Idibus Augusti. Anno M.D.XIIII.

Der Theologe Johannes Eck sagt Johannes Küngsberger, Augsburger Bürger, viele Grüße!


Als Ihr, ein stattlicher und gebildeter Mann, vor einigen Tagen Interessantes über Geographie und Kosmologie mit mir besprochen habt, habe ich daraus entnommen, daß Ihr Euch an diesen Dingen sehr ergötzt. Ich sende Euch daher eine von mir vor sechs Jahren gehaltene Rede über Geographie, die Euch, so denke ich, nicht mißfallen wird.

Lebt wohl! 13. August 1514.



1. JOHANN KÜNGSBERGER aus Augsburg ist eventuell ein Verwandter Georg Küngsbergers: vgl. Brief 19-03-1517.

2. Die Verbindungen Ecks zur Finanzmetropole Augsburg und näherhin in die Umgebung Jakob Fuggers sind aufschlußreich für Ecks Beschäftigung mit dem Zinsproblem. Eck hatte sich etwa seit der Jahreswende 1513/14 dem Zinsproblem zugewandt (vgl. die nachfolgenden Briefe). Bis zur Abfassung dieses Briefes hatte Eck, geprägt durch die Tübinger Studienzeit (vgl. Brief 18-02-1515), vor dem oder bis zum Mai 1514 eine Vorlesung zur Zinsproblematik bei Duns Scotus (J. ECK, De contractibus usurariis...ad XV. dist. Scoti in Quarto Libro sententiarum Anno Iesu M.D.IIII XXV.Maij: Beschreibung bei DANIEL u.a., Handschriften 200f) gehalten. Im Umfeld dieser Vorlesung finden wir in einem durchgestrichenen Bruchstück (vgl. op. cit. 201) zu Duns Scotus dist. XV, quaest. 2 in einem Beispiel auch die Fugger erwähnt (ECK, Bruchstück fol 327v: »...mutuet fuckerus 20. 000 fl Caesari...«), die wohl auf dem Hintergrund dieser Vorlesung aufgrund der Interessenkoinzidenz mit Eck Kontakt aufnahmen. Jedenfalls ist ein näheres Verhältnis der Fugger zu Eck vor 1514 (Holzberg in PIRCKHEIMER, Eckius Dedolatus 99 Anm. 22) quellenmäßig nicht nur nicht zu belegen, sondern steht gegen Ecks Aussage aus dem Jahre 1539, die von schriftlichem Kontakt seit 1514 spricht (vgl. ECK, Schutz red fol S2r: »...vnd die herren Fucker XXV jar mir vnder sollichem titel geschriben«).

3. Anlaß und Termin des Treffens sind nicht festzustellen, aber Eck weilte häufig in Augsburg zur Regelung der Drucklegung seiner eigenen Werke (im November 1514 verließ der »Chrysopassus« die Millersche Offizin) und auch zur Besorgung einschlägiger Literatur auf dem »bonum forum Augustanum« (vgl. Brief 09-09-1517). 

4. ECK, Introductio breve cosmographicum fol 3r definiert: »Cosmographia est ipsius mundi universalis et totius descriptio.« Sein im Grunde ptolemäisches, jedoch seiner Zeit angepaßtes Schema lautet: »sicut dicimus Corographia descriptio Particularis cuiusdam loci; Geographia descriptio Terre; Topographia descriptio Loci; Cronographia descriptio Temporis«: vgl. GÜNTHER, Geograph 143 Anm. 24. Zu Ecks Kosmographie vgl. neben seiner eigenen Schrift zum Thema (1505) v.a. Brief 17-04-1516. Ecks Interesse, geweckt in seiner Freiburger Zeit durch den Kartäuserprior Gregor Reisch (vgl. GÜNTHER, Geograph 141), wird auch in seinem brieflichen Bericht von der Reise zur Disputation in Bologna (Brief 04-09-1515) deutlich, wo er einen Globus und fehlerhafte Karten des Cornelius de Lavolta behandelt. Hinter der von WIEDEMANN vermerkten Abhandlung über die Antipoden verbirgt sich allerdings nur eine kurze These zum Thema (vgl. GÜNTHER, Geograph 142). In Bologna hatte Eck auch eine These zur Kosmographie zu verteidigen: Brief 04-09-1515 (These 23).

5. In Augsburg hatte man über die Kontore der Fugger, Welser, Höchstetter und Grossenprots Verbindungen, teilweise in Form fester Kontrakte, zu den Expeditionsreisen des portugiesischen Königs in die Neue Welt und Ostindien und damit auch "kosmographische" Informationen aus zweiter Hand. Vgl. KELLENBENZ, Discoveries 47f.

6. Es handelt sich um die »Oratio Ioann. Eckii Theologi Ingoldstadij habita pro venerando patre Stephano priore Eberspergio licentiando in Theologia. XV. Kal. Ianuar. Anno gratiae GDXII. [= 18-12-1512]« in: ECK, Orationes tres fol [B4v]--Dr.

7. Den Bogen zur Geographie schlägt Eck - wie im Titel der Rede angedeutet - über die Berichte der Schriftsteller und über die herausragenden Eigenschaften der Völker (»Hispaniam extollant divitem, Galliam florentem, bellicosam Germaniam, dominatricem Italiam, fortem Hunorum...«: ECK, Orationes tres fol C2v), um dann festzustellen: »tanta hominum multitudo...sub principis tenebrarum vexillis« (loc. cit.). Er kommt dann auf die Glaubensmission gerade auch angesichts der neuen Entdeckungen (»In Moabar quoque et Iava et alijs insulis deum verum ignorantibus«: loc. cit. fol C3r) und die Notwendigkeit der Glaubensverteidigung (Türken, Böhmen) in Europa zu sprechen. Wie auf dem ganzen Erdkreis sich der christliche Glaube verbreitet, so gilt es doch den Schismatikern in Form der Sekten zu wehren. Die Quellen für Ecks Informationen (Aeneas Sylvius Piccilomini, Johannes Major, Johannes Campanus und das »Fortalicium fidei«) bleiben allerdings sehr im Bereich des Traditionellen und greifen wenig auf aktuelle Informationen zurück. Zur Kosmographie Ecks vgl. auch Brief 22-10-1515.