Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 27

Willibald. Pirckheimer (1) an Eck

Nürnberg
Ende 1515 (2)



Nürnberg StB Pirckheimer-Papiere 234
STROBEL, Beyträge 1, 493f; Pirckheimers Briefwechsel 2, 598ff Übersetz. OTTO, Cochläus 66; SCHNEID, Zinsverbot 677f

Da mit beiden befreundet, möchte Pirckheimer zwischen Eck und Cochlaeus vermitteln, die, wie von einem bösen Dämon besessen, miteinander im Streit liegen. Cochlaeus fühlt sich von Ecks Äußerungen über ihn und seine Darstellung im Briefbericht über die Disputation in Bologna sehr gekränkt. Wenn Pirckheimer nicht einschritte, müßte Eck die Schrift »Consilium centenario« des Cochlaeus lesen, die dieser nach Nürnberg geschickt und in deren Vorwort er sich über Eck und das völlige Scheitern seiner Zinstheorie in Bologna geäußert hatte. So aber hat Pirckheimer die Drucklegung der für Eck sehr nachteiligen Schrift unterdrückt. Wenn Eck jedoch nicht aufhört, Cochlaeus öffentlich anzugreifen, kann er diesen nicht länger in Schach halten und Ecks Gegner (wie Adelmann) würden sich heimlich ins Fäustchen lachen. Hinzu kommt, daß die Augsburger Kaufleute damit prahlen, das Zinsnehmen sei ausnahmslos erlaubt. Pirckheimer hat ihn im vorigen Jahr bei seinem Besuch in Ingolstadt vor dieser Entwicklung gewarnt.


Salutem.

Et tu (3) Cocleo (4) conquereris, at ille iam pridem longe plura de te conquestus est ac ostendit, quemadmodum eum absque sua culpa verbis et litteris ubique infamare conatus sis; ego vero, quamvis iudex vester minime sim, ut communis tamen amicus egerrime vestras concertaciones tanquam bonis viris minus congruenter fero (5). Nescio enim, quis malus demon hanc inter vos seminet zizaniam (6). Non solum enim verba tua, sed et littere, quas contra illum scripsisti (7), ad ipsum deferuntur forsanque eodem modo agitur tecum (8). Et ni ego intercessissem, iam pridem quaedam impressa legisses, quae non parum stomachum tuum commovissent (9). Sed et tu procul dubio te defendisses, et illo loco non cessisset cum »et scuto et gladio« (10) praestet. Verum ego scripta illa supressi nec facile in publicum e prodire patiar, quandoquidem de multorum hominum fama in illis agitur. Tu igitur, si pacem queris, Cocleo calcaria subdere noli, quem ego freno vix retineo, desineque illum oracionibus tuis et scriptis publice taxari, sin audies que minus placebunt et inimicis (11) tuis risum movebunt. Vellem equidem, tam infami materia te non commaculasses, praecipue cum et de animarum periculo in illa agitur (12). Vidi nuper his, inquam, oculis vidi litteras magnorum mercatorum, quibus iactaverunt, contractum illum absolute licitum esset, tacent de conclusione, silent de condicionibus apponendis (13). Sed iam frustra moneo, utinam anno elapso, cum Ingolstadii essem (14), mihi optemperasses amico doctrina tibi inferiori, sed etate et rerum experientia non posteriori. Effugisses profecto eam notam, quam tibi tam alte inustam esse adhuc ignoras. Verum, quemadmodum petis (15), Cocleum, ut incepto desistat, corripiam et, que scripsit, ne prodeant, suprimam (16), te tamen subinde, ut amicum decet et ingenium tuum ac doctrina meretur, admonere non desinam, ne irrites hominem et dehinc cautius agas (17), ne inimici vestri illud utrinque ingeminent. Eia Socrates, eia Xantippe (18).


Sei gegrüßt!

Auch Du beklagst Dich jetzt über COCHLÄUS; jener dagegen hat schon längst sehr über Dich Klage geführt und aufgezeigt, daß Du es gewagt hast, mit Worten und in Briefen ohne seine Schuld ihn überall schlecht zu machen. Obgleich ich keineswegs Euer Richter bin, ärgere mich doch als Euer gemeinsamer Freund sehr über Eure Streitereien, die für gutgesinnte Männer unpassend sind. Ich weiß nämlich nicht, welcher böse Dämon dieses Unkraut unter Euch gesät hat. Nicht allein Deine Worte, sondern auch Dein Brief, den Du gegen ihn verfaßt hast, sind ihm hinterbracht worden, und vielleicht geht er in gleicher Weise mit Dir um! Wenn ich nicht interveniert hätte, hättest Du schon längst einiges Gedruckte lesen können, was Dich nicht wenig geärgert hätte. Zweifelsohne hättest auch Du Dich verteidigt, und jener wäre nicht zurückgewichen, da auch er über »Schild und Schwert« verfügt. Ich habe daher jenes Schriftstück unterdrückt und werde nicht dulden, daß es einfachhin an die Öffentlichkeit gerät, denn es ist voller Gerüchte über alle möglichen Leute. Wenn Du den Frieden willst, reize Deinerseits den Cochläus nicht, da ich ihn kaum zurückhalten kann; auch höre damit auf, ihn öffentlich in Deinen Reden und Schriften anzugreifen, denn Du wirst hören, daß das nicht gut ankommt und nur Deine Gegner zum Lachen bringt. Ich wollte nämlich, daß Du Dich nicht mit einem so ruchlosen Thema befleckt hättest, da es dabei auch um das Heil der Seelen geht. Ich habe neulich - ich betone es - mit eigenen Augen gesehen, ja: Briefe angesehener Kaufleute gesehen, in denen diese frech behauptet haben, jener Zinskontrakt sei völlig zulässig und dazu noch als Grund angaben, der Gegenstand sei bereits disputiert worden; sie schweigen aber über die Schlußfolgerungen und die daran geknüpften Bedingungen. Aber meine Mahnung ist ja vergeblich: wenn Du doch im letzten Jahr, als ich in Ingolstadt weilte, mir als Deinem Freund gefolgt wärst und der in Deinen Augen geringwertigeren Lehre, die aber aufgrund ihres Alters und der ihr zugrunde liegenden Erfahrung mit dem Gegenstand nicht die schlechtere ist. Du wärst dann jenem Makel entgangen, von dem Du leugnest, daß er Dir jetzt fest anhaftet. Ich werde aber entsprechend Deiner Bitte Cochläus ermahnen, sein Verhalten aufzugeben und seine Schrift zurückzuhalten, damit sie nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Ich werde Dich aber ebenso, wie es sich für einen Freund ziemt und es Dein Verstand und Deine Gelehrsamkeit verdienen, unablässig mahnen, Cochläus nicht herauszufordern und von jetzt an zurückhaltender vorzugehen, damit Eure Feinde auf beiden Seiten die Sache nicht noch schlimmer machen: hier Sokrates, dort Eck!



1. WILLIBALD PIRCKHEIMER (05-12-1470 Eichstätt - 22-12-1530 Nürnberg), Humanist, war nach juristischen und humanistischen Studien in Padua und Pavia politisch als Ratsherr in Nürnberg und schriftstellerisch als führender Repräsentant der bürgerlichen Bildung tätig. Der Reformation war er anfangs zugetan, wurde von Eck 1520 auf die Bannandrohungsbulle »Exsurge Domine« gesetzt und war neben Cochlaeus der Hauptinitiator der persönlich gegen Eck gerichteteten Reformationssatire >Eckius dedolatus< (1520). Auf Distanz zur Reformation ging er Mitte der Zwanzigerjahre.
Vgl. zur Biographie  http://www.pirckheimer-gesellschaft.de/html/will_car.html / HOLZBERG, Pirckheimer. Griechischer Humanismus in Deutschland. München 1981; MACHILEK: LThK 8 (3.A.), 311; D. WUTTKE, Der Humanist W.P. Nürnberg 1994; K-ST.  KRIEGER, in: BBKL Band VII (1994/1999) Sp. 628-633 http://www.bautz.de/
Obwohl Pirckheimer in der Zinsfrage zu Eck im Gegensatz stand, führte er ihn als letzten Namen in seiner >Apologie Reuchlins< (1517) in der Liste >echter Theologen< (vgl. die Briefe 02-03-1513 u. 13-10-1517, wofür er von Adelmann getadelt wurde: PIRCKHEIMER, Briefwechsel (REICKE) 482 und LIER, Humanistenkreis 98. Durch den >Eckius dedolatus< (zu Ecks Einschätzung der Verfasserschaft Pirckheimers vgl. RUPPRICH, Eckius Dedolatus 12-16) war das ohnehin gespannte Verhältnis endgültig in Feindschaft übergegangen. Vgl. auch WURM, Zinsstreit 207-210.

2. Das Datum ergibt sich aus zwei Anhaltspunkten: zum einen spricht Pirckheimer vom »annus elapsus«, in welchem er Eck besucht hat; dies war eben im Jahre 1514. Zum andern weisen die zu Anfang des Konzeptes (Nürnberg StB, Pirckheimer Papiere 234) benutzten Ausdrücke >mirandulum< und >Dea veritas< auf Ecks Bericht über die Bologneser Disputation vom 04-09-1515, gedruckt am 05-12-1515 im Rahmen der >Orationes tres< fol E2v und E4v: s.u. Brief 04-09-1515. Vgl. auch PIRCKHEIMER, Briefwechsel (REICKE) 600 Anm. 11.

3. Obwohl Eck in diesem Konzept nicht explizit als Empfänger genannt wird, ist dieser Brief, wie schon der erste Editor STROBEL, Beyträge 1, 493 bemerkte: »ohne allen Zweifel...an D. Eck gerichtet.«

4. JOHANNES COCHLAEUS (Dobeneck; 1479 Raubersried bei Wendelstein in Mittelfranken - 10/11-01-1552 Breslau), Humanist und späterer Kontroverstheologe, 1504-10 Studium in Köln, 1510 Rektor der Lateinschule in Nürnberg, 1515 begleitete er die Neffen Pirckheimers nach Italien, betrieb 1515 in Bologna besonders juristische Studien, ging dann nach Ferrara, wo er 1517 zum Dr. theol. promoviert wurde. Nach anfänglicher Sympathie für Luther (auch durch den Einfluß Pirckheimers) entwickelte er sich zu einem der entschiedensten Gegner der vReformationn, der in scharfer Polemik schriftstellerisch und durch die Mitwirkung an den Religionsgesprächen auch politisch tätig war: vgl. BÄUMER: LThK 2 (3.A.), 1239f u. M.S.SCHEYDER, J.C., Humaniste et adversaire de Luther. Nancy 1993.

5. Eck hatte Cochlaeus besonders hinsichtlich der Humaniora schätzen gelernt (vgl. Brief 18-04-1514: Benutzung von COCHLAEUS, Germania), aber in der Zinsfrage kam es früh zu gegensätzlichen Positionen durch Cochlaeus' enge Bindung an Anton Kreß: vgl. COCHLAEUS, Consilium centenario fol 32r: »...contractu ille centenario, quem dominus meus Doctor Anthonius Kreß pie defunctus doctissime olim tam sacris quam iuridicis scriptis reprobavit...«; fol 38r: »Nam et Dominus Ekius omnia perscrutatus est, centumque argumenta et 5 collegit, quibus solutiones se apposuisse affirmat; neque D. meus Antonius Kreß neglexisse videtur...« Schon vor der Disputation in Bologna referierte Eck die Argumente des Cochlaeus gegen den Assekurationsvertragsstatus beim contractus trinus: ECK, Großer Zinstraktat fol 160r vom 09-03-1515: »Ita argumentabatur Ioannes Cocleus Noricus vir bonarum litterarum studiosus«; er setze aber ein die Einwände ausräumendes Gegenargument: fol 161r: »...et isti solutioni acquievit d. Cocleus tanquam sufficienti et argumentationem diluenti.« Beide Stellen wurden von Eck später im Sinne einer damnatio memoriae gestrichen. Der Höhepunkt des Streites wurde nach Ecks Rückkehr aus Bologna erreicht, als er, der in Bologna Cochlaeus zwar als Gegner in der Sache, aber freundlich im persönlichen Verkehr kennengelernt hatte, bei seiner Ankunft mit ihn kompromittierenden Schriften des Cochlaeus aus Bologna konfrontiert wurde. Vgl. WURM, Zinsstreit 179-200. PIRCKHEIMER, Dedolatus (HOLZBERG) gibt folgende Deutung: »Amici: Quid ais? Et cum Cochlaeo tibi intercedunt turbae?...Sed quae discordium causa? - Eckius: Usuram ego defendebam, quam ille patrono olim suo [Kreß] patrocinans oppugnabat. Insuper cum Bononiae faeneraticios contractus publice licitos esse demonstrassem ac non solum mihi ipsi, sed et universae nationi Germanicae honorem acquisivissem ingentem, ille tamen, cum ea de re ad amicos scriberet, doctrinam et linguam et gestus et materiam ipsam sugillebat, cum Ioannem Fabri, qui et ipse cum in arenam descenderat, maxime laudasset.«

6. Vgl. Mt 13, 25.

7. Gemeint ist Brief 04-09-1515: die dort aufgezeigten Sachverhalte und die verwendeten Wendungen (»literae viri cuiusdam«, »plus quam dea veritas patiatur«, »labecula«) stellten einen gezielten Gegenangriff Ecks auf Cochlaeus dar.

8. Vgl. zum Folgenden den Brief des Cochlaeus an Hieronymus Ebner in Nürnberg vom 27-07-1515: WURM, Zinsstreit 180f Anm. 486 (Text) aus COCHLAEUS, De contractu centenario fol 32rv sowie WURM 192-200. Die Grundposition des Cochlaeus hinsichtlich der Zinsfrage wird deutlich in der von der Forschung erst seit J.P. WURMS Dissertation über Eck und den oberdeutschen Zinsstreit 1513 - 1515 (Münster 1997: RST 137) beachteten Schrift des COCHLAEUS, Consilium centenario (Freiburg UB Hs 601, fol 32r-38r; vgl. HAGEMAIR, Handschriften 158). Der in ihr enthaltene oben erwähnte Widmungsbrief an H. Ebner bietet eine für Eck kompromittierende Darstellung der Disputation zu Bologna, der zufolge alle Anwesenden die Zinsthesen Ecks ablehnten: zuerst Johann Fabri und der Jurist Ruinus, dann Bernhardinus de Pino, anschließend zwei weitere Juristen sowie sämtliche Theologen, die, als man schon aufstand (»in discedendum erat consurrexere«), den Kontrakt »uno more« ablehnten: »Primus itaque arguendi locus Priori Augustano, viro et linguae et eruditionis ab scalis quoque laudatae datus est, qui paucis obiectionibus eo rem deduxit, ut D. Carolus Ruinuss Jurisconsultus hac tempestate primarius interpellaverit certamen, dicendo in periculorum casibus contractum illum salvari impossibile esse...nolebat temere approbare, nec palam (quae eius est modestia) damnare, sed in medio potius dubium relinquere. Post ea D. Pinus Iuris Utriusque ad modum peritus suam quoque subtiliter magis quam aperte protulit animadversionem...Duo tamen deinceps iure consulti opponebant, quibus intrepide a D. Ekio est responsum, quamvis novissimus instantijs suis minime fatum factum esse crediderit.« So war die Disputation beendet, und bei einem anschließenden Essen brachte Cochlaeus nochmals seine Vorbehalte (»...atque ita discessum est. D. Ekius eo vespere fuit, nobis ad cenam rogatur...Facta autem cena, in secundis mensis repetij ego novissimumm argumentum Prioris [sc. Fabri]...«), worauf sie für den nächsten Tag eine gemeinsame Disputation beabsichtigten: »Affirmabat porro altero quoque die se disputaturum in aede S. Francisci, iccirco mane ad eum postero die misi, ut ea de re certiorem me faceret quoniam et mihi non sederet.« Nach der abermaligen Verständigung an diesem nächsten Tag machte sich Cochlaeus bereit und auf den Weg: »Ego protinus rem schedula schola affixa publicam spatiumque meditandi quod breve admodum erat raptim desumpsi atque prandio iam peracto, quaesivi eum comitaturus ad disputandi locum, cumque in cenobio Praedicatorum cum Priore Augustano pransus esset, ferunt michi querenti illic obviam ambo...« Die Disputation platzte allerdings, wie Cochlaeus süffisant bemerkt: »Eo itaque relicto...ad disputandi locum abivimus. At illic nemo aderat, qui eius rei gratia eo venisset.« Die beiden Kontrahenten verlegten die Kontroverse ins Private: »...in hospitium, ubi privatim ac familiariter dubia mea nonnulla ei obieci.« An einem friedlichen Ausgang sind trotz der versöhnlichen Wendung des Cochlaeus nach der Darlegung der Sachargumente Zweifel anzumelden: »...neminem offendere cupio; licebit amicum esse d. Ekium.« (COCHLAEUS, Consilium centenario fol 38r).

9. Der Druck unterblieb, aber Eck wurde schon bei seiner Rückkehr aus Bologna im August 1515 in Augsburg mit dem Inhalt der Schrift konfrontiert, und über Scheurl, der sie in drei Briefen ab dem 25-09-1515 erwähnt, wissen wir, daß er am nächsten Tag dem Vikar Rüdinger von Eichstätt eine Abschrift anbot: vgl. SCHNEID, Zinsverbot 676f. Zu Vikar Rüdinger vgl. FINK-LANG, Humanismus 219.

10. Sprichw. Redensart.

11. Hier ist vor allem an BERNHARD ADELMANN zu denken, der Pirckheimer mit Eck karikierenden und desavouierenden Nachrichten versorgte: HOLZBERG, Pirckheimer 170. Cochlaeus besuchte ihn 1515, bevor er nach Bologna reiste: vgl. LIER, Humanistenkreis 105. Bei den folgenden Stellen ist die Identität mit ihm im ersten Fall wahrscheinlich, im zweiten (wo noch andere »inimici« genannt werden, sicher: vgl. Adelmanns Studienaufenthalte in Italien 1484 und Frankreich um 1486: THURNHOFER, Adelmann 21 u. 26); vgl. ECK, Großer Zinstraktat fol 151v: »...sicut quidem semitheologus incivilis non perspecto toto angelo [Anspielung auf ANGELO DE CLAVASIO, Summa angelica] dixit in mea praesentia f. Angelum damnare contractum thematis, ego illico ostendi ei in VII. [>in verbo societas § 7]: vgl. ECK, Consilium: WURM, Zinsstreit 241f; ECK, Quod ille contractus fol 254r] ibidem quod iustificat contractum nostrum cum modificatione...«; ECK, Großer Zinstraktat fol 156rv: »Sed quia hij qui videntur sibi aliquid scire, et se iactant (proh pudor) coram laicis et alijs rem non intelligentibus quasi velint tropheum ex illo capitulo fin. statuere, et victoriam obtinere, ita enim insusurrant quibusdam indoctis canonicis [dieser Ausdruck löste aufgrund einer Marginalie (Brief 28-10-1519) zur Abfassung der Satire >Canonici indocti« durch Johannes Oekolampad: vgl. THURNHOFER, Adelmann 62ff und Ecks "Entschuldigung" in ECK, De primatu Petri fol 49v]. Habeo textum expressum iuris canonici contra illum Eckium, qui nondum triginta annos natus, nec Italiam aut Galliam vidit, audet se tanto contractui non rogatus imminiscere; ego eum concludam (ita sibi Thrasones gloriosi, victoriam pollicentur, cogitatu contenti) ut nec Verbum dicere queat; ita semilitterati Episcoporum consules et alij quidem Theologastri somniant, vociferantur, clamitant; hoc unum cum dicto Baldi ineptissimi litteratores iactant: Indocti enim nesciunt alia fundamenta, quae iam pro eis adduximus et adducturi sumus. Quod si haec restirent turgidi opinatores, quantum sibi illae symeae blandirentur et quantum exultarent, quos sibi triumphos meditarentur et exclamarent ineptissimi litteratores. Sed eos ad pulpitum hic voco, ut intelligant verum huius capituli intellectum.<

12. Die Nürnberger Willibald Pirckheimer, Georg Behaim, Johannes Cochlaeus, Wenzel Linck und Christoph Scheurl schlossen sich in der Zinsfrage an den Propst von St. Lorenz Anton Kreß an: vgl. HOLZBERG, Pirckheimer 187; BAUCH, Briefbuch 446f. Dieser lehnte in Antwort auf das positive Zinsgutachten Sebastian Ilsungs 1513 den Fünf-Prozenz-Zins ab und sanktionierte die bestehende Zinslehre: vgl. ASSEL, Zinsverbot 73f. Pirckheimer, beeinflußt von Bernhard Adelmann, griff aktiv in die öffentliche Zinsdiskussion ein durch seine Übersetzung von PLUTARCH, De vitanda usura, die er im Herbst 1514 anfertigte und deren Druck vom 26-01-1515 datiert: vgl. HOLZBERG, Pirckheimer 189. Cochlaeus faßte seine Kritik in COCHLAEUS, Consilium centenario fol 38r im »Epilogus« zusammen: »Cum igitur huius modi consignationes (uti constat ex ductis rationibus) sunt inique, usurariae Monopolii promptuarium (inpeditatisque incitamentum merito videri dicunt videri recte ab iniquis scriptoribus reprobatae nec a posteris unquam approbandae.«

13. Eck brachte andere Erfahrungen mit der Augsburger Kaufmannschaft ein: vgl. ECK, Großer Zinstraktatt fol 128r: »Nullus enim doctorum quod meminerim, improbat contractum Ticij talibus circumstantijs vallatum et limitatum, sicut nos eum proposuimus, et solet celebrari in civitate Augustana.« Seine Bedingungen für den contractus trinus waren (in teilweise wörtlicher Anlehnung an den Disputationszettel für Bologna: Vgl. ECK, Großer Zinstraktat fol 129rv:)
 »Prima quod is cui pecunia committitur sit negotiator, quia a non mercatore committens non posset exigere quinque pro lucro.
 Secunda quod committens non sit de iure prohibitus negotiari, propter clericos, neque solitus fenerari.
Tertia quod committens non habeat animum mutuandi, nec mutuum verbo exprimat.
Quarta quod commissio non distendat ex mutuo originali.
Quinta quod non accipiat quinque nomine census, reservata sibi repetendi facultate.
Sexta quod negotiatio sit talis qualitatis quod verisimiliter ille lucretur quinque facta sibi refusione pro operis et periculo suscepto.
Septima et ut omnino sit tutus, quod non gravet mercatorem, tunc tradens pecuniam committat ad liberam recipientis, utrum elegerit, vel recipere pecuniam ad lucrum et damnum secundum naturam societatis, vel istis partis hic expressis societatem mixtam inire.
«
Vgl. dazu WURM, Zinsstreit 176-179 mit Anm 469-471 (Text und Kommentar zu Ecks Bolognathesen).

14. Pirckheimer hatte nach seiner Rückkehr von einer Gesandtschaftsreise nach Innsbruck im Oktober 1514 Nachricht von dem Verbot der Ingolstädter Disputation durch die Einsicht in einen (verlorenen) Brief Ecks an Bernhard Adelmann erhalten und reiste darauf nach Ingolstadt, wo er mit Eck zusammentraf: vgl. HOLZBERG, Pirckheimer 188.

15. Der Brief ist nicht erhalten.

16. Der Druck unterblieb.

17. Das Verhältnis Eck-Cochlaeus blieb in der unmittelbaren Folgezeit gespannt; Cochlaeus' Distanz und Gegnerschaft wird in verschiedenen Zusammenhängen deutlich: 1. in seiner Erzählung, wie ihn die Eckepisode in den »Epistolae obscurorum virorum« erheitert habe (vgl. Brief 17-04-1517); 2. in seinem Brief an Pirckheimer 03-09-1517: »Neque scio, quem ex litteratis amicis unquam perdidi praeter D. Eckium, qui tamen me vere nunquam amavit« (HEUMANN, Documenta 35); 3. durch seine Mitarbeit am »Eckius dedolatus«: HOLZBERG, Pirckheimer 194; 4. auch nach 1530 zeigt er sich in seiner Reaktion auf die Eck verunglimpfende Satire »Propositiones de Vino, Venere et Balneis« distanziert: GUSSMANN, 404 Artikel 56f. Daneben steht die gemeinsame Arbeit in Ausschüssen. Eck verleugnet Cochlaeus in seinem »Großen Zinstraktat«; in einer Rede von 1511 (ORATIO IOANNIS ECKII PRO AUCTORANDIS IN ARTIBUS; AURIPOLI HABITA ANNO GRATIAE SESQUIMILLESIMO UNDECIMO), die erst nach der Bolognadisputation publiziert wurde, hatte er Cochlaeus an letzter Stelle unter den Grammatikern hinter Bebel, Brassikan, Gebwiler, Aventin und Hauer genannt: CCath 6, 70 Anm.9. Während der Reformationskontroversen normalisiert sich ihr Verhältnis: ECK, De primatu Petri fol 24v (»Cochleus noster«), ECK, Bern fol XX (»frum man«), ECK, Aggaeo propheta fol N2r: Cochlaeus zählt für Eck zu den lesenswerten Kontroverstheologen.

18. Xanthippe war der »Inbegriff weiblicher Unverträglichkeit, in zahlreichen Anekdoten in dieser Rolle einem stets ebenso gleichmütigen wie schlagfertigen Sokrates gegenübergestellt«: TH. WOLBERGS: KL. PAULY 5, 1400. Man beachte die durch die Tendenz vorgegebene Rollenzuweisung Cochlaeus = Sokrates, Eck = Xanthippe.