ECK, Disputatio Viennae Pannoniae habita. Augsburg,
Miller,27-01-1517
= METZLER Nr 8
CCath 6 (Ed. RTH. VIRNICH. Münster 1923), 8f
Übersetz. WIEDEMANN, Eck 65f
Der Dekan der Wiener Theologischen Fakultät hat Ecks Wunsch, seine Zinsthesen in einer öffentlichen Quodlibet-Disputation vortragen zu dürfen, nach Rücksprache mit der Fakultät für die Zeit der Ferien in einem Schreiben abschlägig beschieden; auch nochmalige Rücksprache mit Cuspinian und Huper nach seinem Eintreffen in Wien und seine Bitte an letzteren, noch einmal auf die Professoren einzuwirken, brachte nichts Neues; als Alternative soll er am kommenden Freitag an einer Übungsdisputation über die Beichte als Respondens mitwirken. Er stimmt dem zu, will aber dazu eigene Nebenthesen einführen.
Excellenti domino Martino Huper (1), sacrae theologiae doctori ac almae
facultatis Theologicae decano, Ioannes Eckius S.
Legi literas (2) Paternitatis Vestrae
hodie mihi oblatas, voto meo (ut verum fatear) contrarias (3),
at, ut mentem meam explicatius, noveritis saepe dominationi vestrae
detectam (4), obtuli et offero, ut
almae facultatis patres materiam diligant, ad quam via regia (5)
quamprimum respondeam (6), quoniam hic morari ultra vacationes
publicas mihi non licet (7). Alteram vero alternativae partem iterum
acceptare placet, ut praesideam futurae disceptationi, modo appendices
meae (8)
admittantur, quamvis omnimodo velim materiam de
confessione esse principalem, quam etiam ad defendendum suscipere
paratus sum (9). Valete. |
Seiner Exzellenz Herrn Martin Huper, Doktor
der
Theologie und Dekan der Theologischen Fakultät Wien, sagt Johannes
Eck seinen Gruß.
Ich habe Euren Brief gelesen, der mir heute übergeben wurde und der, wie ich erkenne, das Gegenteil meines Antrags enthält; ich habe nämlich meine Ansicht, wie Ihr wißt, oft Eurer Exzellenz gegenüber dargelegt: ich habe angeboten und biete weiterhin an, die Professoren Eurer Fakultät möchten den Gegenstand auswählen, zu dem ich in öffentlicher Disputation als Respondens Stellung nehmen könnte, da es mir nicht möglich ist, über die Semesterferien hinaus in Wien zu bleiben. Als Alternative bin ich bereit zu akzeptieren, den Vorsitz bei der nächsten Disputation zu übernehmen, wenn nur meine Nebenthesen zugelassen würden. Als Hauptgegenstand zöge ich jedoch das Bußsakrament vor, dessen Verteidigung zu übernehmen ich bereit bin. Damit Ihr meine Aufrichtigkeit erkennt, werde ich, wenn meine Zusatzthesen für eine Nachmittagsdisputation oder für den folgenden Samstag zugelassen würden, auch unter diesen Umständen in den Ring steigen. Wenn Ihr nichts davon zu meinen Gunsten entscheiden wolltet, kann ich das nicht verstehen, da ich das im voraus Entworfene in ehrenvoller Weise ausführen könnte, doch sollte etwas mir Verborgenes dagegenstehen, so bezeuge ich vor Gott, daß ich ehrlicher und rechtschaffener Gesinnung bin und begierig, meine Disputationsgegner anzuhören, und wenngleich ich von Nebenthesen keine Erwähnung getan habe, so gehe ich doch davon aus, daß mir alles zu disputieren erlaubt ist, was nicht verboten ist und vor dem nicht ausdrücklich in Euren Statuten gewarnt wird. Sollten diese Thesen Euch mißfallen, bin ich bereit, andere zu akzeptieren und vorzulegen. Lebt wohl. Aus der Kurie des Passauer Offizials in Wien, 4. August 1516. |
1. MARTIN HUPER OP trat 1509 der theologischen
Fakultät Wien bei und war mehrere Jahre Dekan. Er sollte 1517 in
Landshut im dortigen OP-Konvent zusammen mit anderen Dominikanern
nochmals mit Eck disputieren: ECK, Replica fol 48v: »Neque
magnifacio quod in conventibus capitularibus fratrum disputavi, missus
a consilio universitatum Minoritarum Neuburgi
ad Rhenum [Marg. 1509] Praesidente Georgio Esslengensi, Provincialis
Praedicatorum, Landtshuti, respondentibus Hupero Austriaco,
Dietenbergio Rhenano, superattendente Iacobo Hohstraten Coloniensi
[Marg. 1517]«.
3. Eck, der am 12-07-1516 zusammen mit dem in einer
Prozeßsache nach Wien reisenden Ingolstädter Juristen
BURCKHARD von Ingolstadt aufgebrochen war (vgl. Brief -09-1516), nach
Ecks eigener (vgl. Brief 18-03-1517) sowie auch Bernhard ADELMANNS
Auskunft (vgl. HEUMANN, Documenta 145: »Mateologus iste, ut
audio Viennam navigavit, contractum suum istuc, ut aiunt,
iustificaturus, forsitan disputaturus de umbra asini.«) zur
Zinsdisputation, hatte sein Anliegen am 01-08-1516 der einberufenen
Fakultätsversammlung unterbreitet. Sie lehnte für die Ferien
eine Quodlibet-Disputation ab und gewährte nur die Stellung als
Respondens für die nächste Übungsdisputation am
kommenden Freitag: vgl. Brief -09-1516. Dafür überrreichte
sie Ecks Thesen zur »materia confessionis«, die Eck
zu leicht befand: vgl. Brief -09-1516. Daraufhin hatte er eigene Thesen
aufgestellt, die abschlägig beschieden wurden.
4. Eck hatte sofort nach seiner Ankunft am
29-07-1516
seine Sache nach Vorgesprächen mit Cuspinian und anderen >boni
viri< Huper angetragen: vgl. Brief -09-1516. In einem
offiziellen
Gespräch hatte er diesen nochmals gebeten, auf dessen Kollegen in
der
Fakultät in Ecks Sinne einzuwirken: Brief -09-1516.
6. Vgl. Brief -09-1516: >optione eis data
materiae
eligendae cuiuscunque principaliter a theologicis nostris in
sententiarum
commentariis tactae.< Gemeint die Kommentare zu den Sentenzen des
Petrus
Lombardus.
7. Die vacationes magnae dauerten in Wien bis
einschließlich 15-09.
8. Eck hatte, nachdem er die vorgegebenen Thesen
für zu leicht befunden hatte, sofort gehandelt, vgl. Brief
-09-1516: >domum reversus illico propositiones effudi, partim
vere, partim apparenter contradictiones XXIIII et ut a calcographo
actutum excuderentur curavi, volens eas ut appendicias et corollaria
futurae disputationis publicitus ventilari, easque impressas sequenti
die venerando domino decano transmisi.< Der Text der
Disputationsscheda s. u. Brief -09-1516.
9. Die Thesen zu dieser Übungsdisputation,
Freitag, den 08-08-1516, mit dem Thema >confessio< s.u.
Brief -09-1516.
10. Die später nicht disputierten Thesen Ecks
hatten in der Fakultät für Aufregung gesorgt: Brief -9-1516:
>Sed cum magistri nostri Eckium vidissent aliqua ex suo addidisse
promptuario, dii boni, quam stomachabantur et toti, ut aiunt, in
fermento iacebant, quas ibi tragedias excitaveram.< Vgl. die
Nachwirkungen dieser Episode Brief 18-03-1517.
11. Disputationes non solemnes wurden nachmittags
gehalten.
12. Diese für Samstag, den 09-08-1516,
beabsichtigte Disputation hätte zu den disputationes sabbathinae
oder disputationes ordinariae Magistrorum gehört, die vormittags
stattfanden.
13. Vgl. Brief -9-1616: >ne nihil studioso
homine dignum egisse culparer<: Eck will die Dignität des
Gelehrten
gewahrt wissen, zumal im Hinblick auf die ihm ungünstig Gesinnten
wie
Adelmann, die nur auf eine Blöße warteten. Das Votum der
Wiener
Universität als der größten Universität im Reich
mußte
Eck wichtig sein: vgl. CCath 6, 42f (VIRNICH).
14. Vgl. die Bologneser Thesen, wo Eck
>Impertinentia theologica et philosophica< aufgestellt hatte:
CCath 6, 46ff (VIRNICH)
15. Eck kannte die Wiener Statuten sehr genau, da
die Ingolstädter von ihnen abhängig waren und im Rahmen der
Universitätsreform versucht wurde, eine authentische Abschrift
für Ingolstadt zu erlangen: Brief 03-04-1517.
16. Bischöflicher Offizial in Passau war
CHRISTOPH TENGLER: zur Person s. Briefe 03-04-1517 u. 26-08-1519. Eck
machte mit Tengler am 11-08-1516 eine Tagesreise zu den Schwefelthermen
von Baden bei Wien. Dies
hatte Nachreden zur Folge von >Eckiomastyges, qui Eckium metu
disputationis perculsum aufugisse mentiebantur<: Brief -9-1516.
17. VOLTELLINI, Disputation Wien 130 gibt fälschlich das Briefdatum 02-08-1516 an; wie bereits ALBERT, Leipzig 390 feststellte, datiert WIEDEMANN, Eck 65 u. 437 irrtümlich den vorliegenden Brief auf den 06-08-1516.