Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 35

Christoph Scheurl (1) an Eck

Nürnberg
12-10-1516

Fischbach Scheurl-Archiv, cod G fol 155v
SODEN-KNAAKE, Briefbuch 1, 163 Nr 109

Den jungen Juristen Dr. Michel hat Scheurl Eck für Franz Burkhardt empfohlen. Er wird dessen Erwartungen entsprechen, da er an Tugenden seinem Alter weit voraus ist. Dazu kommt Scheurls nicht gewöhnliches freundschaftliches Verhältnis zu Eck, dessen Einfluß an der Ingolstädter Hochschule sowie die innige Beziehung Scheurls zu Dr. Michel. So dürfte der Empfehlung nichts entgegenstehen, zumal Dr. Michel von beständigem Charakter und großer Rechtsgelehrsamkeit und Beredsamkeit ist. Er verspricht somit ein Schmuckstück der Ingolstädter Akademie zu werden. Eck soll Grüße an Leonhard von Eck und Franz Burkhardt ausrichten.



Ad doctorem Johannem Eckium.

Obsequia parata.

Arbitror doctorem Michaelem (2) Burckhardo (3) nostro sufficiendum fore, hunc sua virtus qua etatem superat ita commendat, ut mea commendatione nichil opus est. Quin tamen tue paternitati iunctus sum non vulgari amicitia, qui in achademia Ingolstadiensi praecipua autoritate polles (4), et cum Michaele omnia michi communia sunt, putavi meam commendationem (5) apud Eckium meum illi minime obfuturam, maxime si ex me quoque intelligeres eum non esse hominem ut quendam novimus inconstantem, futilem et ut ille aitt ambidextrum, sed potius iureconsultum, eloquentem, integrum, eruditum, qui gymnasio vestro non mediocri futuris sit ornamento. Nos ita hic viximus amice, ut alter alterum offenderit nunquam, que nempe offensio ubi morum et studiorum non prorsus impar professio?

Hec tantum eo pertinent ut scias, si quid in hunc contuleris beneficius aut humanitatis in me quoque contulisse, ut scias unico officio obligasse te utrumque.

Vale, doctissime vir, et domino Leonhardo Eckio (6) ac domino Burckhardo cupio me esse commendatissimum. Iterum vale.

Nurnberge decimo quartus Idus Octobris anno salutis 1516.

An Doktor Johannes Eck.

Meine Ergebenheit zuvor!

Ich denke, daß Doktor MICHEL den Ansprüchen unseres Herrn Burckhard genügen wird. Seine Tugendhaftigkeit ist seinem Alter so voraus, daß er sich selbst empfiehlt, sodaß es meiner Empfehlung eigentlich gar nicht mehr bedarf. Zumal ich ja Deiner Väterlichkeit in keiner bgewöhnlichen Freundschaft verbunden bin, der Du an der Ingolstädter Hochschule in besonderem Ansehen stehst, und ich mit Michel alles gemeinsam habe: daher habe ich geglaubt, daß meine Empfehlung bei meinem Eck jenem nicht schaden wird, zumal Du von mir weißt, daß ich nicht mit unbeständigen, unzuverlässigen und, wie Du zu sagen pflegst, wankelmütigen Menschen Umgang habe, sondern er ist sachverständig in Rechtsfragen, beredt, unbescholten, gebildet und wird in Zukunft eine große Zierde Eurer Hochschule sein. Wir haben hier so freundschaftlich zusammengelebt, daß keiner den andern je gekränkt hat; denn ist das eine Kränkung, wenn Sitten und Studien nicht gerade unebenbürtig sind?

Das nur zu dem Zweck, damit Du weißt, Du hast auch mir Wohlwollen und Menschlichkeit erwiesen, wenn Du das jenem gegenüber tust, und Du weißt, uns beiden eine Gefälligkeit getan zu haben.

Leb wohl, kluger Freund, und empfiehl mich den Herren Leonhard von Eck und Burckhard. Noch einmal: Leb wohl!

Nürnberg, 12. Oktober im Jahr der Gnade 1516.

Dein Christoph Scheurl, Doktor beider Rechte.


1. Zu seiner Person s. Brief 13-09-1516 Anm.1.

2. Eine Identifizierung dieses Dr, Michael (Michel) war bisher nicht möglich. Scheurl läßt in den nachstehenden Briefen Grüße an ihn übermitteln. Zu einem Identifizierungsversuch durch VON SODEN-KNAAKE s. u. Brief 01-04-1517.

3. FRANZ BURCKHARD (gest. 1539), Ingolstädter Professor der Juristenfakultät (dort seit 1515): vgl. CCath 6, 3 Anm. 7. Eck und B. unternahmen die Wienreise gemeinsam; Eck nennt im Brief -09-1516 B. »Franciscum Burckardt de Burckardis, egregium iureconsultum, leges caesareas in gymnasio nostro magna cum laude profitentem«. Er war zusammen mit Eck in Ingolstadt an Maßnehmen gegen die Anhänger Luthers beteiligt: vgl. Brief 01-07-1519; KAUSCH, Fakultät 139-141: Bericht Dr. Rorers über die Verhandlungen zur Absolution Pirckheimers und Spenglers von Anfang Januar 1521: RIEDERER, Beytrag 125-130, bes. 129 (starker Einfluß Burckhards auf Ecks Verhalten).

4. Eck repräsentierte zu diesem Zeitpunkt fast allein die Theol. Fakultät, besonders bei Promotionen, zu denen er auswärtige Prüfer heranziehen mußte, da der zweite theologische Lehrstuhl verwaist war: KAUSCH, Fakultät 29.

5. Solche damals übliche Empfehlungen sind uns hinsichtlich Eck noch in zwei Fällen überliefert: s. u. Ecks Briefe 10-02-1520 an Cuspinian und 16--05-1542 an Nausea.

6. Zur Person des Juristen u. Politikers Leonhard von Eck s. Brief 29-10-1515.