Übersicht Reformationsgeschichte - Übersicht Briefwechsel Eck
Nr. 68

Eck an Hg. Georg von Sachsen

Ingolstadt
04-12-1518


Dresden Sächs. HSA,Loc 10300 (Autogr)
GESS, Akten 1, Nr 632, 43f (nicht ganz vollständig); SEIDEMANN 112f

Eck berichtet Herzog Georg über die Vorgeschichte seines literarischen Streites mit Luther und Karlstadt sowie die Entstehung und die gegen seinen Willen erfolgte Verbreitung seiner »Obelisci« gegen Luthers Ablaßthesen. Gegen Karlstadts Angriff, der Luther habe beispringen wollen, hat Eck in "bescheidenerer Art"als K. verdient habe, seine »Defensio« ausgehen lassen. Darin habe er seine Bereitschaft erklärt, falls K. auf seinem Irrtum beharre, mit diesem in Rom, Paris oder Köln öffentlich zu disputieren. Das Urteil dieser Universitäten will er annehmen, damit der unrühmliche Schriftenstreit aufhört. Als K. das Angebot ausschlug, hat Eck sich bereit erklärt, auf Karlstadts Vorschlag einzugehen, an den Universitäten Erfurt oder Leipzig zu disputieren. Er hat schließlich Leipzig gewählt. Der Herzog möge dem Vorschlag gewogen sein und in diesem Sinn auf die Leipziger Universität einwirken. Eck hat selbst an die Universität und die Theologische Fakultät geschrieben. Sollten der Herzog und die Universität dem Vorschlag zustimmen, will Eck einen Terminvorschlag machen.



Durchlauchtiger hochgeborner fürst unnd herr E.F.G.
seien mein unndertanig gehorsam dinst zuvoran berait gh.H.

Ewer F.G. tragen on zweifel wissen wie D. Martin Luther zu Wittenberg in verrugkter zeit etlich conclusion den bäpstlichen ablaß und ander treffenlich artikel Christenlichs glaubens hat ausgeen lassen (1). Und als dieselben mir behendigt worden sein, hab ich mein gutbedunken uns warum ich etlich derselben nit für Christenlich halte, dem hochwürdigen fürsten und herren Gabrieln, bischofe zu Eistet, m.g.h., (2) welliches vicecancellier und stathalter in der universitet zu Ingoldstat ytz zur zeiten bin, (3) in gschrift auf s.g. begern zugestelt. (4)

Als aber nachmaln solch mein schrift dem gedachten d. Lutter auch zugehendigt worden sein, (5) hat sich d. Andreas Bodenstein zu Wittenberg erhebt und mich in seinen schriften hoch zu verletzen und vilgenantes d. Lutterß handlung und lere zu verfechten understanden. (6) Dargegen dan mein notturft eraischt, mein lere der warheit und dem heiligen glauben nach zu verfechten und defendieren, wie ich dann mit merer bescheidenheit, dann d. Bodenstein umb mich verdient hett, gethan habe; (7)

doch mit dem namlichen anhang, das ich mich gegen ime, wo er auf seiner irtum (darfür ich sein lere allzeit gehalten hab und noch) verharren wolte, zu Rom vor der bäpstlichen heiligkeit, oder vor den gelerten der universitet Rom, Paryß oder Cöln in disputation einlassen und begeben wölle, (8)

auch der enden, was erkent würdet, demüetig und gutwilliglich annämen, damit solch unser schrift, gegenschrift, ergernuß und neid, so fürsehenlich daraus erwachsen möchten, vermiten bliben. (9)

Und wann aber dem ernenten d. Bodenstein nit geliebt ist, an den angezaigten orten zu disputieren, des mich befremdt, (10) hab ich mich aus iberfluß auf ein andere universitet mit ime fürzekommen erboten, auf welches er mir die hochberümten zwo universitet Ertphurt und Leipzigk fürgeschlagen hat. (11) Wiewol aber ich, mich an allen orten vor gelerten leüten hören zu lassen, nit scheüche trage; jedoch dieweil mir die wal harin gestelt worden ist, habe ich E.F.G. universitet erwelt, (12) der ongezwifelten hoffnung, d. Bodenstein und ich werden der enden unsers kriegs nach götlicher und Christenlicher warheit entschiden.

Ist herauf mein underthenig gehorsam bitt E.F.G. wollen sölchs genediglich zugeben und vergonnen und mit E.F.G. universitet und facultet in der heiligen geschrift so vil schaffen, domit sy sich solcher unser disputation ze hören, auch zu entscheiden beladen wöllen.

Wie ich inen dan hiemit in aller demüetichait auch geschriben und gebeten habe (13), mich auch aines abschlags bey denselben vorsihe.

So ich bei E.F.G. und der iniversitet solch gnedig vergunstig erlange, wolt ich d. Bodenstein alsbald ain zeit ernennen und die auch der universitet zuschreiben (14) :

Sollichs ich in aller unnderthänigkeit gegen E.f.g. mit erbiettung, meinß armen gebett gegen gott, umb E,F,g. glücklich regierung, mit meinen gehorsamen dinsten, als ein williger Caplan, allzeit wellig bin zu verdienen.

Datum Ingolstat am IIII tag Decemb. Im XVIII. Jar.


E.f.G.
unnderthäniger gehorsamer Caplan Johan v. Eck doctor vicecancellier zu Ingoldstat unnd Thumbherr zu Eistet.

Zweifellos wissen Eure Fürstliche Gnaden, daß Doktor MARTIN LUTHER in Wittenberg vor kurzem einige Thesen über den päpstlichen Ablaß und andere wichtige christliche Glaubensartikel veröffentlicht hat. Als diese in meine Hände gelangten, habe ich meine Meinung und die Gründe, weshalb ich einige dieser Artikel nicht für christlich halte, dem hochwürdigen Fürsten und Herrn, Bischof GABRIEL EYB von Eichstätt, meinem gnädigen Herrn, dessen Vizekanzler und Vertreter an der Universität in Ingolstadt ich derzeit bin, auf dessen Verlangen schriftlich mitgeteilt.

Als diese meine Schrift dann aber auch dem genannten Doktor Luther zugespielt wurde, hat sich Doktor ANDREAS BODENSTEIN in Wittenberg erkühnt und es unternommen, mich in seinen Schriften sehr zu verletzen und Luthers Vorgehen und Lehre zu rechtfertigen. Dadurch wurde es notwendig, daß auch ich meine Lehre, die auf den Fundamenten der Wahrheit und des heiligen Glaubens steht, zu verfechten und zu verteidigen, was ich dann auch tat, allerdings mit größerer Bescheidenheit als Doktor Bodenstein mir gegenüber.

Ich fügte hinzu, sollte er auf seinem Irrtum (wofür ich seine Lehre stets gehalten habe) beharren, mich nach Rom zu den Gelehrten der Kurie oder der römischen Universität oder auch den Universitäten zu Paris oder Köln zu begeben und dort zu disputieren.

Auch wollte ich das Schlußurteil dieser Persönlichkeiten und Hochschulen demütig und gutwillig akzeptieren, um so unseren Schriftenkrieg und möglicherweise aus diesem erwachsenden Ärger und Neid zu verhindern.

Da aber zu meinem Erstaunen Doktor Bodenstein an den genannten Orten nicht disputieren wollte, habe ich mich darüber hinaus bereit erklärt, mit ihm eine andere Universität zu vereinbaren, worauf er mir die beiden berühmten Hochschulen zu Erfurt und Leipzig vorschlug. Wenn ich mich auch nicht scheue, überall vor Gelehrten aufzutreten, habe ich, der ich die freie Auswahl hatte, die Universität Eurer Fürstlichen Gnaden Leipzig ausgewählt in der starken Hoffnung, Doktor Bodenstein und ich werden am Ende unseren Streit um die göttliche und christliche Wahrheit dort beilegen können.

Ich bitte Eure Fürstliche Gnaden daher in untertänigem Gehorsam, dies gnädig zu erlauben und Eure Universität und Theologische Fakultät zur Zulassung unserer Disputation zu veranlassen.

Auch ich habe an diese Adressen in diesem Sinn in aller Demut geschrieben mit der Bitte, dort nicht bevorzugt behandelt zu werden.

Sollte ich von Eurer Fürstlichen Gnaden und der Universität die erbetene Gunst erlangen, will ich Doktor Bodenstein sogleich einen Termin vorschlagen und davon auch der Universität Mitteilung machen.

Meine Untertänigkeit gegenüber Eurer Fürstlichen Gnaden, meine Bereitschaft, Gott mein armes Gebet für eine glückliche Regierungszeit Eurer Fürstlichen Gnaden darzubringen sowie meine stetige Dienstbereitschaft als Euer williger Kaplan sollen dazu  helfen, obiges zu verdienen.

Ingolstadt, am 4. Tag des Dezembers im 18. Jahr.



1. D.h. die Ablaßthesen vom 31-10-1517.

2. Gabriel von Eyb, Bischof von Eichstätt: s. oben Brief Ecks an Gabriel von Eyb 10-10-1514 u. Brief 28-05-1518, Anm.1.

3. Eck war seit 1510 Vizekanzler der Universität Ingolstadt: WIEDEMANN 32.

4. In Gestalt der »Annotationes« (»Obelisci«): vgl. Brief 28-05-1518.

5. Der Nürnberger Augustinerprior Wenzeslaus Linck OESA hatte sie ihm zugesandt: vgl. Brief 19-05-1518, Anm.4.

6. Karlstadts literarischer Angriff auf Eck: vgl. die Briefe 28-05-1518; 11-06-1518; 28-08-1518; 14-09-1518.

7. Gemeint ist Ecks Schrift »Defensio contra amarulentas invectiones«: CCath 1.

8. Ebd.

9. Ebd.

10. Vgl. Karlstadts Gegenschrift »Defensio Andreae Carolostadii adversus eximii D. Ioannis Eckii Theologiae Doctoris et ordinarii Ingolstadiensis Monomachiam«:. Vgl. o. Brief 28-08-1518, Anm. 1

11. Vgl. oben Brief 15-11-1518.

12. Nämlich Leipzig: WIEDEMANN 84.

13. Während der Brief Ecks an die Theol. Fakultät der Universität verloren ist, ist eine Kopie des lat. Briefes Ecks vom selben Tage an die Universität erhalten: Dresden, Hauptstaatsarchiv Loc 10 300: GESS Bd 1, 48f. Anm. 1 zu Dok. Nr. 62.

14. Vgl. o. Brief 15-11-1518, Anm.3.