Übersicht Reformationsgeschichte
- Übersicht Briefwechsel Eck
Nr. 68
Dresden Sächs. HSA,Loc 10300 (Autogr)
GESS, Akten 1, Nr 632, 43f (nicht ganz vollständig); SEIDEMANN 112f
Eck berichtet Herzog Georg über die Vorgeschichte seines literarischen Streites mit Luther und Karlstadt sowie die Entstehung und die gegen seinen Willen erfolgte Verbreitung seiner »Obelisci« gegen Luthers Ablaßthesen. Gegen Karlstadts Angriff, der Luther habe beispringen wollen, hat Eck in "bescheidenerer Art"als K. verdient habe, seine »Defensio« ausgehen lassen. Darin habe er seine Bereitschaft erklärt, falls K. auf seinem Irrtum beharre, mit diesem in Rom, Paris oder Köln öffentlich zu disputieren. Das Urteil dieser Universitäten will er annehmen, damit der unrühmliche Schriftenstreit aufhört. Als K. das Angebot ausschlug, hat Eck sich bereit erklärt, auf Karlstadts Vorschlag einzugehen, an den Universitäten Erfurt oder Leipzig zu disputieren. Er hat schließlich Leipzig gewählt. Der Herzog möge dem Vorschlag gewogen sein und in diesem Sinn auf die Leipziger Universität einwirken. Eck hat selbst an die Universität und die Theologische Fakultät geschrieben. Sollten der Herzog und die Universität dem Vorschlag zustimmen, will Eck einen Terminvorschlag machen.
Durchlauchtiger hochgeborner fürst unnd herr E.F.G. Ewer F.G. tragen on zweifel wissen wie D. Martin Luther
zu
Wittenberg in verrugkter zeit etlich conclusion den bäpstlichen
ablaß
und ander treffenlich artikel Christenlichs glaubens hat ausgeen lassen (1). Und als dieselben mir behendigt
worden sein, hab ich mein gutbedunken uns warum ich etlich derselben
nit für
Christenlich halte, dem hochwürdigen fürsten und herren
Gabrieln,
bischofe zu Eistet, m.g.h., (2)
welliches vicecancellier
und stathalter in der universitet zu Ingoldstat ytz zur zeiten bin, (3) in gschrift auf s.g. begern zugestelt. (4) Als aber nachmaln solch mein schrift dem gedachten d.
Lutter
auch zugehendigt worden sein, (5) hat
sich
d. Andreas Bodenstein zu Wittenberg erhebt und mich in seinen schriften
hoch
zu verletzen und vilgenantes d. Lutterß handlung und lere zu
verfechten
understanden. (6) Dargegen dan mein
notturft eraischt, mein lere der warheit und dem heiligen glauben nach
zu verfechten
und defendieren, wie ich dann mit merer bescheidenheit, dann d.
Bodenstein
umb mich verdient hett, gethan habe; (7)
doch mit dem namlichen anhang, das ich mich gegen ime, wo
er
auf seiner irtum (darfür ich sein lere allzeit gehalten hab und
noch)
verharren wolte, zu Rom vor der bäpstlichen heiligkeit, oder vor
den
gelerten der universitet Rom, Paryß oder Cöln in disputation
einlassen und begeben wölle, (8) auch der enden, was erkent würdet, demüetig und
gutwilliglich annämen, damit solch unser schrift, gegenschrift,
ergernuß und
neid, so fürsehenlich daraus erwachsen möchten, vermiten
bliben. (9) Und wann aber dem ernenten d. Bodenstein nit geliebt ist,
an
den angezaigten orten zu disputieren, des mich befremdt,
(10) hab ich mich aus iberfluß auf ein andere
universitet
mit ime fürzekommen erboten, auf welches er mir die
hochberümten
zwo universitet Ertphurt und Leipzigk fürgeschlagen hat. (11) Wiewol aber ich, mich an allen
orten
vor gelerten leüten hören zu lassen, nit scheüche trage;
jedoch
dieweil mir die wal harin gestelt worden ist, habe ich E.F.G.
universitet
erwelt, (12) der ongezwifelten
hoffnung,
d. Bodenstein und ich werden der enden unsers kriegs nach
götlicher
und Christenlicher warheit entschiden. Ist herauf mein underthenig gehorsam bitt E.F.G. wollen
sölchs genediglich zugeben und vergonnen und mit E.F.G.
universitet und facultet
in der heiligen geschrift so vil schaffen, domit sy sich solcher unser
disputation
ze hören, auch zu entscheiden beladen wöllen. Wie ich inen dan hiemit in aller demüetichait auch
geschriben
und gebeten habe (13), mich auch aines
abschlags
bey denselben vorsihe. So ich bei E.F.G. und der iniversitet solch gnedig
vergunstig erlange, wolt ich d. Bodenstein alsbald ain zeit ernennen
und die auch der
universitet zuschreiben (14) : Sollichs ich in aller unnderthänigkeit gegen E.f.g.
mit
erbiettung, meinß armen gebett gegen gott, umb E,F,g.
glücklich
regierung, mit meinen gehorsamen dinsten, als ein williger Caplan,
allzeit wellig bin zu verdienen. Datum Ingolstat am IIII tag Decemb. Im XVIII. Jar. |
E.f.G. Zweifellos wissen Eure Fürstliche Gnaden, daß
Doktor MARTIN LUTHER in Wittenberg vor kurzem einige Thesen über
den päpstlichen
Ablaß und andere wichtige christliche Glaubensartikel
veröffentlicht hat. Als diese in meine Hände gelangten, habe
ich meine Meinung und
die Gründe, weshalb ich einige dieser Artikel nicht für
christlich
halte, dem hochwürdigen Fürsten und Herrn, Bischof GABRIEL
EYB
von Eichstätt, meinem gnädigen Herrn, dessen Vizekanzler und
Vertreter
an der Universität in Ingolstadt ich derzeit bin, auf dessen
Verlangen
schriftlich mitgeteilt. Als diese meine Schrift dann aber auch dem genannten
Doktor
Luther zugespielt wurde, hat sich Doktor ANDREAS BODENSTEIN in
Wittenberg
erkühnt und es unternommen, mich in seinen Schriften sehr zu
verletzen
und Luthers Vorgehen und Lehre zu rechtfertigen. Dadurch wurde es
notwendig,
daß auch ich meine Lehre, die auf den Fundamenten der Wahrheit
und
des heiligen Glaubens steht, zu verfechten und zu verteidigen, was ich
dann
auch tat, allerdings mit größerer Bescheidenheit als Doktor
Bodenstein
mir gegenüber. Ich fügte hinzu, sollte er auf seinem Irrtum
(wofür
ich seine Lehre stets gehalten habe) beharren, mich nach Rom zu den
Gelehrten
der Kurie oder der römischen Universität oder auch den
Universitäten
zu Paris oder Köln zu begeben und dort zu disputieren. Auch wollte ich das Schlußurteil dieser
Persönlichkeiten
und Hochschulen demütig und gutwillig akzeptieren, um so unseren
Schriftenkrieg und möglicherweise aus diesem erwachsenden
Ärger
und Neid zu verhindern. Da aber zu meinem Erstaunen Doktor Bodenstein an den
genannten
Orten nicht disputieren wollte, habe ich mich darüber hinaus
bereit erklärt,
mit ihm eine andere Universität zu vereinbaren, worauf er mir die
beiden berühmten Hochschulen zu Erfurt und Leipzig vorschlug. Wenn
ich mich
auch nicht scheue, überall vor Gelehrten aufzutreten, habe ich,
der
ich die freie Auswahl hatte, die Universität Eurer
Fürstlichen
Gnaden Leipzig ausgewählt in der starken Hoffnung, Doktor
Bodenstein
und ich werden am Ende unseren Streit um die göttliche und
christliche
Wahrheit dort beilegen können. Ich bitte Eure Fürstliche Gnaden daher in
untertänigem
Gehorsam, dies gnädig zu erlauben und Eure Universität und
Theologische Fakultät zur Zulassung unserer Disputation zu
veranlassen. Auch ich habe an diese Adressen in diesem Sinn in aller
Demut geschrieben mit der Bitte, dort nicht bevorzugt behandelt zu
werden. Sollte ich von Eurer Fürstlichen Gnaden und der
Universität
die erbetene Gunst erlangen, will ich Doktor Bodenstein sogleich einen
Termin
vorschlagen und davon auch der Universität Mitteilung machen. Meine Untertänigkeit gegenüber Eurer Fürstlichen Gnaden, meine Bereitschaft, Gott mein armes Gebet für eine glückliche Regierungszeit Eurer Fürstlichen Gnaden darzubringen sowie meine stetige Dienstbereitschaft als Euer williger Kaplan sollen dazu helfen, obiges zu verdienen. Ingolstadt, am 4. Tag des Dezembers im 18. Jahr. |
1. D.h. die Ablaßthesen vom 31-10-1517.
2. Gabriel von Eyb, Bischof von Eichstätt: s. oben Brief Ecks an Gabriel von Eyb 10-10-1514 u. Brief 28-05-1518, Anm.1.
3. Eck war seit 1510 Vizekanzler der Universität Ingolstadt: WIEDEMANN 32.
4. In Gestalt der »Annotationes« (»Obelisci«): vgl. Brief 28-05-1518.
5. Der Nürnberger Augustinerprior Wenzeslaus Linck OESA hatte sie ihm zugesandt: vgl. Brief 19-05-1518, Anm.4.
6. Karlstadts literarischer Angriff auf Eck: vgl. die Briefe 28-05-1518; 11-06-1518; 28-08-1518; 14-09-1518.
7. Gemeint ist Ecks Schrift »Defensio contra amarulentas invectiones«: CCath 1.
8. Ebd.
9. Ebd.
10. Vgl. Karlstadts Gegenschrift »Defensio Andreae Carolostadii adversus eximii D. Ioannis Eckii Theologiae Doctoris et ordinarii Ingolstadiensis Monomachiam«:. Vgl. o. Brief 28-08-1518, Anm. 1
11. Vgl. oben Brief 15-11-1518.
12. Nämlich Leipzig: WIEDEMANN 84.
13. Während der Brief Ecks an die Theol. Fakultät der Universität verloren ist, ist eine Kopie des lat. Briefes Ecks vom selben Tage an die Universität erhalten: Dresden, Hauptstaatsarchiv Loc 10 300: GESS Bd 1, 48f. Anm. 1 zu Dok. Nr. 62.
14. Vgl. o. Brief 15-11-1518, Anm.3.