Übersicht Reformationsgeschichte - Übersicht Briefwechsel Eck
Nr. 71
München BSB
METZLER Nr 18 (1) In studio Lipsensi disputabit Eckius: Widmung Ecks
[F 026.1d 212.a,b]
Karlstadt hat eine "bittere und bissige" Kampfschrift gegen Eck ausgehen lassen, weil dieser in Gestalt der »Obelisci« gegenüber dem Bischof von Eichstätt in privater Weise Einwände gegen einige Thesen Luthers über das Bußsakrament erhoben hat. Er habe Luther in sehr moderater Weise geantwortet, um Ärgernisse, die durch die Verbreitung der Schrift Karlstadts entstehen mußten, auszuschließen. Eck will damit das Urteil des Heiligen Stuhles stärken, dem allein Entscheidungen in Glaubensfragen zukommen. Auch das Urteil der Universitäten Rom, Paris und Köln will Eck anerkennen. Karlstadt hat jedoch eine Disputation abgelehnt und eine neue Schrift gegen Eck gerichtet. Eck habe zwar das Zeug, auf diese neuen Beleidigungen zu antworten, habe jedoch Luther in Augsburg gefragt, warum Karlstadt, sein "Vorkämpfer", nicht das Urteil des Heiligen Stuhles und berühmter Universitäten gelten lassen wolle. Luther hat dann die Universität Leipzig als Disputationsort vorgeschlagen. Karlstadt selbst hat Eck dann brieflich sein Einverständnis mitgeteilt. Auch Herzog Georg hat Eck brieflich um seine Zustimmung gebeten, ebenso die Universität und die Theologische Fakultät Leipzig um die Übernahme der Schiedsrichterrolle bei der Disputation. Gern will Eck in den Ring steigen, um für die Wahrheit und den Stuhl Petri zu streiten, der das Erbe der Väter unverletzt bewahre und an dessen Urteil und die Schriftauslegung der Kirche er sich in allem halten will.
Eckius propositiones infra notatas contra D. Bodenstein Carlestadium archidiacono et Doctorem Wittenbergensem. (1) Reverendissimo in Christo patri ac Illustri Principi D. Matheo(2) S.S. Romane Ecclesie tt. S. Angeli Cardinali Coadiutori Salissburgi, domino suo pientissimo Joannes Eckius perdevotus Theologus S.D. cum paratissima obsequiorum oblatione. Non praeterit te, Reverendissime pater ac optime
princeps,
quoniam D. Bodenstein Archidiaconus Wittenbergensis superiori Maiores
Conclusiones
felle plenas et mordacissimas calcographorum opera contra me sparserit, (3) ob id, quod ad Reverendum dominum
meum D.
Gabrielem episcopum Eistettensem dignissimum (4)
adnotationes quasdam privatim scripseram (5)
in aliquot propositiones D.Martini Luther Augustiniani Wittenbergensis
in
materia sacramenti penitentie;(6) cui
ego permodeste
respondi, ac ne mordentes invicem, consummaremur abinvicem, ut divus
Hieronymus
ad Ruffinum ait, »propter etiam scandala vitanda«, (7) quae ex amarulentis libellis
disseminatis
oriuntur. Obtuli me velle stare iudicio Sedis Apostolice, ad quam omnis
causa
fidei merito referri debet, ut Gelasius, Symmachus etc. docuere (8). Iudicio item obtuli studii Romani in
Italia,
Parrhisini in Gallia, Coloniensis in Germania (9).
At ille disputationem refugiens (quod quae faciant,
A.Augustinus
contra Faustum explicat (10) ) meaque
abusus modestia alterum libellum edidit, (11)
in
qua me denuo conviciis onerat, acsi hoc Maiestatis Theologice esset,
conviciis
ac iniuriis sevire, quem etsi remordere possem, si vellem, et ut beatus
Hieronimus
ad domnionem contra vafrum monachum ait: »possem genuinum
dentem
lesus infigere«(12). At divi Augustini et eiusdem beati Hieronimi secutus
consilium »peperci sibi, peperci mihi, peperci nomini
Christiano« (13) Cum autem reverendissima tua paternitas non sit mediocris ecclesie columna, me tuo totum dedo et commendo patrocinio etiam atque etiam, rogans, ut sicut vales, ita velis me tueri, solum ut veritas fidei et quam Romana tenet ecclesia, tueatur ac defendatur. Valeat Reverendissima ac illustrissima dominatio tua. Ex Augusta Rhetie, |
Dem hochwürdigsten Vater in Christus und erlauchtesten Fürsten, dem Herrn Matthäus, Kardinal der Hl. Römischen Kirche unter dem Titel von S. Angelo, Koadjutor von Salzburg, seinem frommen Herrn, erstattet Johannes Eck, ein gar geringer Theologe, seinen Gruß, verbunden mit der Bekundung höchster Dienstwilligkeit. Es wird Euch, hochwürdigster Vater und bester
Fürst,
nicht entgangen sein, daß ANDREAS BODENSTEIN, Archidiakon in
Wittenberg,
im vergangenen Mai mit Essig getränkte und sehr bissige
Konklusionen
mit Hilfe der Drucker gegen mich verbreitet hat, aus dem Grund, weil
ich
an meinen Herrn GABRIEL, den würdigsten Bischof von
Eichstätt,
ganz privat gewisse »Anmerkungen« geschrieben
hatte, die gegen einige Thesen MARTIN LUTHERS, Augustiners in
Wittenberg, über
das Sakrament der Buße gerichtet waren. Ich habe darauf sehr
maßvoll
geantwortet. Und damit wir uns nicht gegenseitig beißen und
aufgefressen
werden, wie der Heilige HIERONYMUS »An Rufinus«
schreibt:
wegen der Skandale, die zu meiden sind und die durch die Verbreitung
widerwärtigster Druckschriften entstehen, habe ich mich erboten,
mich dem Urteil des apostolischen
Stuhls zu stellen, der mit Recht in allen Glaubensdingen zu
konsultieren ist,
wie GELASIUS, SYMMACHUS und andere gelehrt haben; auch wollte ich mich
dem
Urteil der römischen Sapienza in Italien, der Pariser Sorbonne in
Frankreich
und der Kölner Universität in Deutschland stellen. Da aber jener eine Disputation mied (ein Verhalten, das
AURELIUS
AUGUSTINUS in seiner Schrift »Gegen Faustus«
erklärt), und er in Mißachtung meiner Bescheidenheit ein
weiteres Büchlein
herausgab, in dem er erneut mich mit Beschimpfungen
überhäufte,
als ob das der Würde der Theologie entspräche, gegen jemanden
mit
Beschimpfungen und Beleidigungen zu wüten, und wenn ich auch
zurückbeißen
könnte, wenn ich wollte, und ich, wie der Heilige HIERONYMUS
»Gegen
Domnio, den schlauen Mönch« schrieb, ich »zwar
selbst verletzt, ihm doch meinen Backenzahn ins Fleisch hauen«
könnte. Doch ich folgte lieber dem Rat der Heiligen AUGUSTINUS und HIERONYMUS: »Ich habe ihn geschont, ich habe mich geschont, ich habe den christlichen Namen geschont.« Und als ich MARTIN LUTHER in Augsburg traf, erkundigte ich mich bei ihm, warum sein Protagonist nicht das Urteil des apostolischen Stuhls und der hochangesehenen Hochschulen abgewartet hätte. Er begründete das mit den Mühseligkeiten und Kosten der Reise. Er schlug mir die Universität Leipzig vor, in deren Nähe KARLSTADT lebt; dort sollten wir zur Disputation zusammenkommen. Er schrieb mir auch aus Wittenberg zurück, daß KARLSTADT einverstanden sei. Ich gab ihm sehr gern meine Zustimmung; so fürchte ich überhaupt nichts für mich und die Wahrheit, wenn ich in Gegenwart der sehr gelehrten Professoren der Leipziger Universität disputiere. Deshalb schrieb ich auch dem erlauchtesten Fürsten und Herrn GEORG, dem Herzog von Sachsen und gnädigsten Fürsten und Patron der Leipziger Hochschule sehr ergeben, Seine erlauchte Hoheit möge für diese Angelegenheit ihre Zustimmung erteilen. Ebenso schrieb ich an den Rat der Universität und der theogischen Fakultät und bat, ja flehte inständig, die Last des Zuhörens und der schiedsrichterlichen Entscheidung darüber, wer von uns beiden rechter über den Glauben lehre, auf sich zu nehmen. Denn ich halte es für eine äußerst ehrenvolle Sache, für die Wahrheit des Glaubens, wie ihn der Stuhl des Heiligen Petrus befolgt und lehrt (wie PAPST JULIUS gebietet) in die Kampfarena hinabzusteigen. »Ich lasse« nämlich die Kathedra des Heiligen Petrus, wie der Heilige CYPRIAN schreibt, »nicht im Stich«, weil dort allein das unverletzte Erbe (wie HIERONYMUS sagt) der Väter bewahrt wird, weil sie die Autorität zum Reden und Schweigen verleiht; auch das wahre Verständnis der Heiligen Schrift empfange ich gemäß der Tradition in der Kirche, außerhalb derer zu leben den Tod bedeutet. Da aber Eure hochwürdigste Väterlichkeit keine unbedeutende »Säule der Kirche« ist, ergebe ich mich Ihr ganz und empfehle mich Eurem Schutz und bitte Euch wieder und wieder, mich nach Kräften zu beschützen, allein damit die Wahrheit des Glaubens und was die Römische Kirche hält, geschützt und verteidigt wird. Eure hochwürdigste und erlauchteste Herrschaft lebe wohl! Aus Augsburg in Rätien, |
1. Vgl. zu dieser Thesenreihe METZLER Nr. 18 (1).
2. Matthäus LANG (1468-1540): Kardinalerzbischof von Salzburg. Über ihn s. Brief Eck an Lang, 13-10-1516.
3. Karlstadts »Apologeticae conclusiones«: vgl. oben Brief 11-06-1518, Anm.7.
4. Gabriel von Eyb, Bischof von Eichstätt: s. Brief 28-05-1518, Anm.1.
5. Die »Obelisci«: oben Brief 28-05-1518, Anm. 1.
6. D.h. Luthers Ablaßthesen vom 31-10-1517.
7. HIERONYMUS, Ad Rufinum: PL...
8. GELASIUS:... ; SYMMACHUS: ....
9. Nämlich in seiner »Defensio contra amarulentas invectiones«: CCath 1.
10. AUGUSTINUS, Contra Faustum: ....
11. KARLSTADT, »Defensio adversus monomachiam«: vgl. o. Brief 28-08-1518, Anm.1.
12. HIERONYMUS: ....
13. AUGUSTINUS:...; HIERONYMUS: ....
14. Zur Unterredung Ecks mit Luther in Augsburg 1518 s. o. Brief 15-11-1518. 58.
15. Vgl. Brief 15-11-1518, Anm. 3f.
16. Brief 15-11-1518, Anm.1.
17. S.o. Brief 04-12-1518.
18. Der Brief Ecks an die Theol. Fakultät ist verloren; derjenige an die Universität ist als lat. Konzept erhalten: s.o. Brief 04-12-1518, Anm.13.
19. JULIUS I.:...
20. CYPRIAN: ....
21. HIERONYMUS: ....