Übersicht Reformationsgeschichte - Übersicht Briefwechsel Eck
Nr. 80

Hg. Ludwig von Bayern: Empfehlungsbrief für Eck

München
17-03-1519


SEIDEMANN 131, Beilage 23

Herzog Ludwig von Bayern weist seinen Oheim Herzog Georg von Sachsen darauf hin, daß ihm Eck, der Domherr von Eichstätt und Professor an seiner Universität Ingolstadt, von einer literarischen Kontroverse um theologische Artikel zwischen den theologischen Fakultäten der Universitäten Ingolstadt und Wittenberg berichtet hat. Eck habe sich bereit erklärt, das Urteil über die strittigen Artikel einer der beiden Universitäten Erfurt und Leipzig zu überlassen, und nach der Einigung der Kontrahenten auf Leipzig und nach Festlegung eines Disputationstermins nun an ihn, Herzog Ludwig, das Ansuchen gerichtet, ihm ein Empfehlungsschreiben auszustellen. Dem will der Herzog gern entsprechen. Er bittet Herzog Georg, dafür zu sorgen, daß Eck sich in Leipzig frei bewegen kann, die von den Kontrahenten vorgelegten Thesen angehört werden und schließlich die Gelehrten der Theologischen und Juristischen Fakultäten ein abschließendes Urteil fällen.



Hochgebornnen Fursten unnserm lieben Oheim Herrn Georgen (1) Hertzogn zw Sachsn Lanndtgraven in Toringen unnd Marggrafn zw Meissn

Vnnser Fruntlich dinst unnd was wir all zeit liebs unnd guts vermogen zuvor.

Hochgebornner Furst lieber Oheim,
Unns hat der Wirdig Hochgelert unnser lieber getreuer doctor Johann Egkh Thumbherr zu Eystet ViceCancelarj unnd ordinarj der heilligen schrifftt in unnser universiteth zu Inngoltstat, (2) itz furbracht unnd zuerkhennen geben, Wie sich vorschiner zeit zwuschen der Theologey faculteth der universiteth zu Witnburg ains, unnd sein, annderstails ettlicher Artigkl Halben Jrrung erhebt, allso das sy Bederseit schrifften gegeneinannder ausgeen lassen (3) Unnd nach ettlichen, desselben doctor egkens darauf furgeslagnen universitethen alda Er sich solher Jrrung Enntschaiden zelassen erpotten hab, (4) zu letst, Dahin khomen, Das Sy sich Bederseit in Eur lieb universiteth geen Leipzigkh zedisputirn Bewilligt Daßelbshin Dann ein tag zu ausfurung der sachen Unnd solch Jrer furgenomner disputacion furgenomen sein sol etc. (5) Unnd unns darauf umb furschreiben an Eur lieb unntterthenigelich gebeten und anrueffen, (6)

Wann wir Jm Nw umb seiner geschickligkait willen mit sonndern genaden genaigt sind, So ist unnser gar fruntlich Bit Eur lieb wolle darob sein unnd verfugen lassen, damit demselben Doctor Egkhen in solher Disputacion kain vergwelltigung zugefugt, Sonnder Sy bederseit, in jren furgenommen Conclusionen gehort, unnd Alßdann durch die Doctores Beder, der Teologey unnd Juristen faculteten, als der sachen verstenndig enntschiden werden (7), Unnd sich solhermassen gegen Jm erzaigen wie dann unnser vertrauen zu Eur lieb steet, Auf das er Diss unnsers furschreibens, in genieslicher Wurchlichait genossen zehaben spurn mög das erpieten Wir unns gegen Eur lieb fruntlich widerumb zuverdienen.

Datum Lanndshut
am Sibenzehendn tag des Monats Marcij Anno D XVIIIJ mo.

Von Gotes genaddn Ludwig pfalltzgrave Bej Rein Hertzog in Obern und Nidern Bairn etc (8).

Dem hochgeborenen Fürsten, unserem lieben Oheim Herrn Georg, Herzog von Sachsen, Landgraf in Thüringen und Markgraf in Meißen usf.

Unsere Dienstbereitschaft und alles Liebe und Gute zuvor!


Hochgeborener Fürst, lieber Oheim:

Unser würdiger, hochgelehrter, lieber und getreuer Doktor JOHANNES ECK, Domherr zu Eichstätt, Vizekanzler und Professor der Theologie an unserer Universität Ingolstadt, hat uns jetzt vorgetragen und dargelegt, daß sich vor kurzem zwischen der Theologischen Fakultät der Universität Wittenberg und ihm wegen einiger Thesen Irrtümer aufgetan haben, so daß beide Seiten polemische Schriften ausgetauscht haben. Nachdem dann Doktor Eck Universitäten vorgeschlagen hatte, die er als Schiedsrichter über diese Irrtümer anerkennen wollte, kam es zuletzt dazu, daß sich beide Seiten einigten, an Eurer Universität in Leipzig zu disputieren. Dort sollte dann ein Termin für die beabsichtigte Disputation festgelegt werden usf. Auch hat er uns demütig um ein Empfehlungsschreiben an Euch gebeten und angerufen.

Da wir ihm aufgrund seiner außerordentlichen Eignung für diese Aufgabe mit besonderer Gnade zugetan sind, bitten wir freundlich, Ihr möget darauf achten und verfügen lassen, daß auf Doktor Eck bei dieser Disputation kein Druck ausgeübt wird, sondern beide Parteien mit ihren vorgelegten Thesen angehört werden und dann die Doktoren der theologischen und der juristischen Fakultät als Sachverständige darüber entscheiden. Auch bitten wir, sich ihm gegenüber so zu verhalten, wie es mein Vertrauen zu Euch erfordert, daß er nämlich in den vollen Genuß der Auswirkungen dieses Empfehlungsschreibens gelangt. Darum bitten wir Euch nochmals herzlich.

gegeben zu Landshut am 17. März 1519.

Von Gottes Gnaden Ludwig, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog in Ober- und Niederbayern.




1. GEORG DER BÄRTIGE (od. der Reiche), Herzog von Sachsen (27-08-1471 - 17-04-1539), Sohn Hg. Albrechts des Beherzten von Sachsen (gest.1500) und der Tochter des Kgs. Podiebrad von Böhmen (gest.1471), Sidonia (Zdenka, 1449-1510). Er war verheiratet mit Barbara (1478-1534), der Tochter des Königs Kasimir IV. von Polen (1427-1492) und der Elisabeth (gest. 1503), der Tochter des dt. Königs Albrechts II.(gest.1439). S. über ihn ADB 8, 684-687; NDB 6, 224-227; F.SCHWARZBACH: LThK 4 (2.A.), 695; LThK 4 (3.A.), 486 (H. SMOLINSKY); TRE 12, 385-389; Contemporaries of Erasmus 3, 205-208; O.VOSSLER, Herzog Georg der Bärtige und seine Ablehnung Luthers: HZ 194 (1957), 272-291, neu in: Ders., Geist und Geschichte. Gesammelte Aufsätze, 1964, 9 - 26; L.CARDAUNS, Zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen: QFIAB (1907), 101-151; I. LUDOLPHY, Die Ursachen der Gegnerschaft zwischen Luther und Herzog Georg von Sachsen, in: Verantwortung. Untersuchungen über Fragen aus Theologie und Geschichte. FS G. NOTH, 1964, 155 - 170; Heribert SMOLINSKY, Augustin von Alveldt und Hieronymus Emser, Münster 1984 (RST 122) passim. - Zur Diözese Meißen im Spätmittelalter und in der Reformationszeit: P. DITTRICH, Die Meißener Diözese unter der Kirchenpolitik der Landesherren des 16. und 17. Jahrhunderts, 2.A. 1984; K. BLASCHKE-W. HAUPT-H. WIESSNER, Die Kirchenorganisation in den Bistümern Meißen, Merseburg und Naumburg um 1500, 196.

2. Seit 1510: WIEDEMANN, Eck 31f.

3. Vgl.o. Briefe 19-05-1518; 11-06-1518; 28-08-1518; 14-09-1518

4. Zu Ecks Erbieten, in Leipzig oder Erfurt zu disputieren s. o.Brief 15-11-1518, Anm.1.

5. Zur Einigung auf Leipzig s. WIEDEMANN, Eck 84.

6. WIEDEMANN, Eck 90.

7. Die Theologische und die Juristische Fakultät sollten gemeinsam über den Ausgang der Disputation entscheiden.

8. LUDWIG X., Hg. von Ober- und Niederbayern (18-09-1495 - 22-04-1545); Sohn Albrechts IV. von Bayern (gest.1503) und der Kunigunde (gest.1520), der Tochter Kaiser Friedrichs III. (gest.1493). Sein Onkel mütterlicherseits war Kaiser Maximilian I. (gest.1519), sein Bruder Wilhelm IV. von Bayern (gest.1550). Aufgrund des Primogeniturgesetzes von 1506 war er ganz von der Herrschaft ausgeschlossen (ursprünglich für den geistlichen Stand bestimmt), jedoch konnte er durch ein Zusammengehen der in der Zeit der vormundschaftlichen Regierung erstarktern Stände mit der Herzoginmutter Kunigunde seinen Bruder Wilhelm vertraglich zwingen, ihm die Regierung über die Rentämter Landshut und Straubing zuzugestehen, wobei Hofhaltung und Regierung gemeinsam, die Verwaltung jeweils eigenständig geführt werden sollte. S. über ihn ADB 19, 513-516; NDB 15, 366f.