Übersicht Reformationsgeschichte - Übersicht Briefwechsel Eck
Nr. 99

Eck an Maximilian, Baron von Zevenberg

Ingolstadt
13-11-1519

ECK, Ad generosum D. Maximilianum ex baronibus Zwevenbergiis. Inclitissimi Caroli V. Romanorum et Hispaniarum regis oratorem Ioan. Eckii defensio adversus invectiones Ritianas. S.l.a. [1519], Widmung Ecks = METZLER Nr 31
[F 010.d]

Eck preist Baron Max von Zevenberg wegen seiner reichen Gaben und Tugenden, seiner edlen Abstammung, der ihm gewährten Gunst der Fürsten, besonders der Kaiser Maximilian I. und Karl V., sowie seiner ungewöhnlichen Sprachenkenntnis und seiner Fähigkeiten im Bereich der Kriegs- und Verhandlungskunst. Diese haben ihn befähigt, große Truppeneinheiten im Krieg des Schwäbischen Bundes gegen Hg. Ulrich von Württemberg (1519 - 20) zu befehligen und überhaupt die ihm bisher vom katholischen König übertragenen Aufgaben mit Klugheit zum Erfolg zu führen. Dazu kommt Zevenbergs erlesene Gelehrsamkeit und seine wachsende Büchersammlung, die ihn wie Alexander auf seinen Reisen begleitet. So möge er nun auch Ecks Antwort auf die nichtige »Apologetica ad Eckiana responsa narratio« des konvertierten Juden Paulus Ritius lesen. Die Philosophen und Theologen sollen sehen, wie Eck die Einwände des Ritius, in denen dieser neben Engeln und Menschen ein weiteres geistbegabtes Wesen erfindet, in passender Weise aufgelöst hat.


In nomine tuo, dulcis Ihesu.

Nobili et generoso D.D. Maximiliano ex dominis Zevenbergiis(1) , Magni Caroli V. Romanorum et Hispanorum regis Oratori domino suo clementi Ioan. Eckius Salutem optat.

Dudum perspectum erat, Magnifice Maximiliane, ad omnia praeclara facinora promptissimum ingenium tuum, ut qui praeter insignes naturae dotes, quibus te locupletissime ditavit, praeter decora nobilitatis stemmata, praeter Summorum principum favorem, divi Caesaris (volo) Maximiliani P.E.A. olim, iam vero Gloriosissimi D. Caroli V. Romanorum, Hispaniarum ac Neapolitanorum regis(2), id quoque mirandis virtutibus, rebus clarissime gestis decentissime exornes, et ut sileam tot linguarum peritiam, qui Germanicum loqueris inferum et superius, Gallicum, Hispanicum, Anglicum, et Latinum, tantum armis vales, qui maximos in Cymbrico bello ductaris exercitus (3), tantum consilio et rerum agendarum prudentia polles ut maxima regnorum et dominiorum negotia, tibi fuerint hactenus a gloriosissimo rege demandata; quae tam vigilanter prudenterque ac strenue es prosecutus, ut omnium votorum suorum Catholicus rex Compos sit factus:

Ad hec omnia rara accedit eruditio et singularis, quam frequens indies auget lectio selectorum librorum praetiosa suppellex; quae se comitem tibi more Alexandri magni per varia associat itinera(4) et adeo quidem legendi cupidus es, praeclarissime Maximiliane, ut nugas etiam Pauli Ritii ex Iudaismo conversi legere non dedignatus fueris (5), quod etsi pro acumine ingenii tui et syncera doctrina arbitrer facile te deprehendisse, quam ille caecutiat, et tenebras animasticas nobis offundat. Volui tamen, ut reliquus philosophorum ac Theologorum caetus per te intelligat, me iustissime motum ad obiecta Riciana diluenda, quibus praeter angelos et homines aliam comminiscitur creaturam rationabilem;

quod dum facio, nobilis ac spectissima tua praestantia benigniter hec attendat et iudicet.

In Deinem Namen, süßer Jesus!

Dem edlen und freigebigen Herrn Maximilian aus dem Geschlecht der Herren von Zevenberg, Gesandter Karls V., des römischen und spanischen Königs, seinem gnädigen Herrn, entbietet Johannes Eck seinen Gruß!

Hochgeachteter Maximilian: Seit langem wohlbekannt war Euer zu glanzvollen Taten stets bereiter Geist, außer Euren besonderen Gaben der Natur, mit denen sie Euch reich beschenkt hat, außer dem glänzenden adligen Stammbaum, außer der Gunst der bedeutendsten Fürsten, einst - so meine ich - hervorragender Berater des Kaisers MAXIMILIAN, jetzt des ruhmvollen Herrn KARL V., des Königs des Heiligen Römischen Reiches, Spaniens und Neapels. Dazu seid Ihr mit bewundernswürdigen Tugenden ausgestattet, ragt strahlend hervor durch herausragende Taten. Ich schweige über Eure Kenntnis so vieler Sprachen: Nieder- und Hochdeutsch, Französisch, Spanisch, Englisch und Latein. Ihr beherrscht viele Waffen, habt im Schwäbischen Krieg größte Heere geführt und verfügt über so viel Rat und Klugheit des Handelns, daß Euch bis heute umfangreichste Herrschafts- und Verwaltungsaufgaben von glorreichen König anvertraut worden sind, die Ihr auch so unermüdlich, klug und mit Eifer ausgeführt habt, so daß der katholische König alle seine Wünsche erfüllt sah.

Dazu kommt noch seltene und einzigartige Gelehrsamkeit, die täglich durch die häufige Lektüre erlesenster Bücher vermehrt wird, Euer kostbarer Schatz, der Euch wie ALEXANDER DEN GROSSEN bei vielen Reisen begleitet. Ihr seid, großer Maximilian, derartig begierig zu lesen, daß Ihr es nicht verschmähen werdet, auch die Nichtigkeiten des PAULUS RITIUS zu lesen, des jüdischen Konvertiten. Wenn Ihr auch aufgrund der Schärfe Eures Verstandes und Eurer hohen Bildung, so glaube ich, seine Ansichten tadeln werdet, das, was er vor uns an Blindheit und seelenmörderischer Finsternis ausbreitet, so wollte ich dennoch, daß die übrige Schar von Philosophen und Theologen durch Euch erfahre, daß ich mich zu Recht veranlaßt sah, die Einwendungen des RITIUS zu widerlegen, hat er doch außer Engeln und Menschen noch ein weiteres Vernunftgeschöpf erfunden.

Indem ich dieses tue, möge Eure edle und glänzende Vortrefflichkeit die Sache gnädig zur Kenntnis nehmen und ihr Urteil sprechen!



1. Max Baron von ZEVENBERG, Edler, Statthalter des Kaisers in Württemberg, betrieb die Verjagung Herzog Ulrichs und die Abtretung des vom schwäbischen Bund besetzten Landes an Österreich und seine definitive Erwerbung für Habsburg: vgl. Hieronymus Aleander an Lorenzo Campegio, Mitte Dezember 1520: BRIEGER Nr. 3; BAUMGARTEN 1, 304 - 314; WIESFLECKER passim.

2. Zu den Gunsterweisen Maximilians I. und Karls V. gegenüber Zevenberg vgl. WIESFLECKER. Baron Maximilian van Zevenbergen (!) weilte 1521 auf dem Reichstag in Worms in der Funktion eines kaiserlichen Sekretärs. Er war es, der am Abend des 25. April zusammen mit dem Offizial VON DER ECK mit einem Notar zu Luther ging, um ihm mitzuteilen, daß der Kaiser als Vogt der Kirche aufgrund von Luthers Halsstarrigkeit jetzt gezwungen sei, gegen ihn vorzugehen: BRECHT, Luther 1, 447. - S. auch RTA 2 Reg

3. Zevenberg als Heerführer im Schwäbischen Bundeskrieg: 1498 wurde Hg. Eberhard II. (VI.) der Jüngere von Württemberg von den Ständen mit Zustimmung des Kaisers Maximilian I. abgesetzt. Als Nachfolger wurde sein minderjähriger Neffe Ulrich (1487 - 1550) eingesetzt, den der Kaiser bereits mit 16 Jahren (1503) für mündig erklärte. Die durch Ulrichs Prachtliebe veranlaßten Steuern und Abgaben führten 1514 zum Aufruhr des Armen Konrad. Durch Ermordung des Ritters Hans von Hutten (Mai 1515) brachte Ulrich den süddeutschen Adel gegen sich auf. Zweimal wurde er vom Kaiser in die Acht erklärt. Eine neue Gewalttat (gegen die Reichsstadt Reutlingen) kostete ihn 1519 das Land: Der Schwäbische Bund, eine Vereinigung der schwäbischen Stände zur Aufrechterhaltung des von Kaiser Friedrich III. 1486 gebotenen Landfriedens in Schwaben -  ursprünglich aus 22 schwäbischen Städten gebildet, zählte der Bund bald die Herren von Tirol, Württemberg, Brandenburg-Ansbach, Baden und Bayern-München, die Bischöfe von Augsburg und Konstanz, später auch Hessen, Trier und Kurpfalz zu seinen Mitgliedern. Das Bundesheer umfaßte 12000 Mann zu Fuß und 1200 Reiter -  vertrieb ihn und  überlieferte 1520 Württemberg dem Hause Habsburg. Kaiser Karl V. belehnte später damit seinen Bruder Ferdinand (1522). Vgl. OSANN, Zur Geschichte des Schwäbischen Bundes, Gießen 1861; KLÜPFEL, Urkunden zur Geschichte des Schwäbischen Bundes 1488-1533: Bibliothek des Literarischen Vereins, Stuttgart 1846-53, Bd 14 u. 31

4. Alexander d. Gr. führte auf seinen Kriegszügen seine Bibliothek mit sich. Vgl. PLUTARCH, Alexander 8.. Vgl. o. Anm. 2.

5. Zu Ritius s.o. Brief 27--03-1519.