Übersicht Reformationsgeschichte - Übersicht Briefwechsel Eck

Nr. 102

Scheurl an Eck

Nürnberg
02-03-1520


Fischbach Cod C, f 213(249)a
SODEN/KNAAKE, Briefbuch 2, 98, Nr 210
[F 215.]


Eck hat Scheurl zu seiner glücklichen Rückkehr aus Spanien gratuliert, jedoch ist die Heimkehr durch die Streitigkeiten zwischen Eck und den Wittenbergern und ihre gegenseitige Geringschätzung getrübt.Wie gern hätte Scheurl die Freunde miteinander aussöhnen wollen, jedoch glaubt niemand unter ihnen, seine Redlichkeit zu diesem Zweck anrufen zu dürfen. Scheurl ist als angeblicher Sympathisant Ecks in der gehässigen Satire »Eccius dedolatus« angegriffen worden. Johannes Hubschenauer erweist sich als wahrer Bruder und Freund. Scheurl ist bereit, Eck ausführlicher über seine Spanienreise zu berichten.


Ad doctorem Johannem Ecken.

S.
Audis tuum Scheurlium ex Hyspanis (rediisse), gratularis reditum, (1) iubes salute impartiri, ut undequaque sese tua ostentet humanitas: nullum officii genus intermittis, quo fratrem nedum eruditione sed etiam amando superes, fratrem inquam qui in amore vinci dudum turpe iudicavit. Ago et habeo gratias.

Iucundum reditum turbant contentiones et iurgia vestra. Dii boni quantis nos traducitis tragoediis! Ego contra in maledicendo nondum ullam constitui memoriam. Heu bone deus, quam iniquis avibus volui conciliare vos amicos! at res longe secus quam putabam accidit. Neuter meam fidem implorare aut quidquam in me desiderare potest, attamen si Deo placet ... Ego quoque ac si in tua verba iurassem in nescio quo dialogo fabula fio: (2)

Forsan ad longum intelliges ex nostro Jo. Hubschenauer (3). Is se per omnia gerit fratrem, amicum, virum bonum.

Si gratum fuerit, scribam aliquando de peregrinatione nostra Hispanica. (4)

Interea nos ama, id quod non frustra sed mutuo facies, et vale cum omnibus nostris.

Nurnbergae
ad VI. nonas Marcias anno 1520.

Frater tuus C. Scheurl doctor.

An Doktor Johannes Eck.

Gruß!
Du hörst, daß Dein Scheurl aus Spanien zurückgekehrt ist, begrüßt seine Rückkehr, heißt ihn herzlich willkommen. Damit sich Deine Freundschaft auf vielfältige Art erweise, läßt Du kein Entgegenkommen Deinerseits aus, durch das Du Deinem Bruder nicht nur durch Gelehrsamkeit, sondern auch durch Zuneigung übertriffst, den Bruder, der schon längst zur Erkenntnis gekommen ist, in der Liebe schmählich besiegt worden zu sein. Sei in jeder Hinsicht dafür bedanke!

Die glückliche Rückkehr stören Eure Auseinandersetzungen und Streitereien. Guter Gott, was für Tragödien führt Ihr uns auf! Ich selbst habe über Verleumdungen noch nie einen Gedanken verschwendet! Guter Gott, unter wie »ungünstigen Vorzeichen« wollte ich Euch als Freunde miteinander versöhnen, jedoch entwickelt sich die Sache ganz anders, als ich glaubte. Keiner von Euch beiden kann mein Vertrauen erbitten oder etwas bei mir vermissen; jedoch, wenn es Gott gefällt, ... Auch, wenn ich auf Deine Worte geschworen hätte, bin ich nichts als ein leeres Rechenbrett in irgendeinem mir unbekannten Dialog geworden.

Vielleicht wirst Du auf die Dauer mit Hilfe unseres JOHANNES HUBSCHENAUER verstehen! Dieser erweist sich in allen Dingen als Bruder, Freund und gutgesinnter Mann.

Wenn es Dir willkommen ist, werde ich Dir einmal über meine Reise nach Spanien schreiben.

Bleibe uns inzwischen geneigt. Das wirst Du selbst nicht vergeblich, sondern auf Gegenseitigkeit hin tun. Leb wohl, zusammen mit unseren Freunden!

Nürnberg, 2. März 1520.

Dein Bruder Christoph Scheurl, Doktor.



1. Zum ganzen Brief vgl. WIEDEMANN, Eck 411. Ecks Brief ist verloren. - Zur Spanienreise s. GRAF 73f. Im September 1519 mußte Scheurl im Auftag des Nürnberger Rates nach Spanien fahren, um im Namen der Stadt Karl V. als Kaiser zu begrüßen und ihm dabei verschiedene Beschwerden und Anliegen der Stadt vorzutragen. Scheurl verließ am 12-09-1519 Nürnberg, zusammen mit Nikolaus Haller und einem kleinen Gefolge. Über Ulm, Solothurn, Genf kam er nach Lyon (02-10-1519). Am 18-10-1519 war er in Barcelona. Nach seiner Rückkehr am 27-03-1520 berichtete er in einem Briefe an Beckmann über den Empfang am kaiserlichen Hofe. Über die Ostschweiz kehrte Scheurl am 02-2-1520 heim nach Nürnberg. Vgl. SCHEURL, Briefbuch Bd 2, Nr.213, 100/112 und Johannes MÜLLER, Nürnbergs Botschaft nach Spanien zu Kaiser Karl V. im Jahre 1519: HZ 3.Folge, 2.Bd, 2.H. (der ganzen Reihe Bd 98), 1907, 302ff.

2. Scheurl war tief verletzt, als er nach seiner Rückkehr aus Spanien Pirckheimers Satire »Eckius dedolatus« vorfand, in der auch er scharf angegriffen wurde: GRAF 87.

3. Zu Johannes HUBSCHENAUER vgl. V. SODEN/KNAAKE, Briefbuch 2, 221 (Scheurl an Johannes Doltz, 13-11-1520): »Johannes Hubschenawer, olim Eccii discipulus, theologus, praedicator Divi Sebaldi, meus amicissimus, nihil magis optat quam certo tempore in schola Martiniana militarier. Si in eum tuus reclinari posset canonicatus, facile utrique consultum foret.«

4. Der Brief an Otto Beckmann blieb die einzige Quelle zu Scheurls Spanienreise: s.o.Anm.1.