Übersicht Reformationsgeschichte - Übersicht Briefwechsel Eck

Nr. 109

Eck an Hg. Johann von Sachsen

Coburg
06-10-1520



WALCH 15, 1875f

Eck resumiert die Verhandlungen in Rom über Luthers Doktrinen mit der abschließenden Verdammung einer Reihe von Artikeln und dem Erlaß der Bannandrohungsbulle, die er in glaubwürdiger Kopie dem Herzog sendet. Diese Bulle hat Eck bereits mit Erfolg in Meißen, Merseburg und Brandenburg publizieren lassen. In besonderer Weise werden aber Kurfürst Friedrich von Sachsen und sein Bruder, Herzog Johann, ermahnt, als christliche Fürsten bei der Befolgung des Mandats der Bulle ihre Hilfe zu gewähren. Eck wäre gern mit Herzog Johann persönlich zusammengetroffen, hat ihn jedoch, neben anderen Mißlichkeiten, in Coburg verfehlt. Er will im Haus des Bamberger Weihbischofs auf etwaige Rückfragen des Herzogs warten.





Durchler, hochgeborner Fürst! (1)
Euer fürstlichen Gnaden sind meine unterthänigen willigen Dienste mit Fleiß zuvoran bereit, mit sammt meinem armen Gebet gegen Gott.

Gnädiger Fürst und Herr:

 Es hat päbstliche Heiligkeit nach großem gehabten Fleiß, durch die gelehrtesten Männer zu Rom, von Doctor Martinus Luthers Lehr und Doctrinen vorgehalten, im Collegio der Cardinäle (2), und da also befunden, daß etliche Artikel vorlängst in den heiligen Concilien verdammt sind, viel irrig, verführisch und ärgerlich (3), deshalben seine Heiligkeit eine Bulle hat lassen angehen, wie ich denn deren glaubwürdige Copei E.F.G. hiemit zuschicke (4), auch dieselbige hat lassen, und auch geschafft, durch mich zu publiciren zu Meißen, Merseburg und Brandenburg, wie durch mich geschehen (5), auch die Bischöfe, wie ihren Hochwürdigen und Gnaden wohl gebührt, aus geforderter Gehorsame, sich erboten, der Bulle und päbstlichem Mandat nachzukommen, und dem Folge thun (6).

So aber Luther und sein Anhang sich enthalten unter dem durchlauchtigsten, hochgebornen Churfürsten (7), und E.F.G. zu gut dem christlichen Glauben und Einigkeit, auch daß die frommen Christen durch falsche Lernung nicht verführt werden, hat päbstliche Heiligkeit sonderlich E.F.G. Bruder, dem hochlöblichen Churfürsten, auch E.F.G. dazu Ermahnung geschickt, eure Hülfe dazu als christlicher Fürsten begehrende, wie E.F.G. weiter aus dem Briefe, hie beiliegend, vernehmen wird (8).

 Und wiewohl ich selbst gern persönlich E.F.G. das überantwortet hätte, so ist doch dieselbige, als ich gen Coburg kommen, vorausgeritten, ich auch, aus Mangel der Pferde mir zugestanden, die mit den Knechten auf dem Weg gelassen, also ohne Knecht und gebührliche Kleider, habe ich mich nicht vor E.F.Gn. wollen begeben, der ich doch mit höchstem Fleiß zu dienen ganz willig war. Ob aber E.F.G. weiter Unterricht der Sachen halben begehrt, werde ich zu Bamberg bei dem Weihbischof (9) verharren. Wo denn mir etwas schriftlich vorkommt, will nach vermöglichem Fleiß entscheiden.

Bitte hierauf in aller Unterthänigkeit, E.F.G. wolle mir solch mein Schreiben, und all dies mein Thun, nicht in Ungnaden annehmen, so ich solches allein thue dem Glauben zu gut, mit viel Mühe, Arbeit und Kosten. Denn in E.F.G. Dienst zu sein, wollte ich ungespart sein, mich hiemit E.F.G. befehlend.

Datum den 6. Octobris, Anno 1520.
E.F.G.unterthäniger Caplan Johann Mair von Eck,
Nuncius Apostolicus.

Durchlauchter, hochgeborener Fürst:
Euer Fürstlichen Gnaden meine untertänige Dienstbereitschaft und mein armes Gebet zu Gott!


Gnädiger Fürst und Herr!

Der Heilige Vater hat zusammen mit den gelehrtesten Männern in Rom mit großem Fleiß ihnen vorgelegte Lehren MARTIN LUTHERS geprüft und im Kardinalskollegium befunden, daß einige Artikel, die bereits früher auf heiligen Konzilien verurteilt worden waren, irrig, verführerisch und Ärgernis erregend sind. Daher hat Seine Heiligkeit eine Bulle ausgehen lassen, deren beglaubigte Abschrift ich Euch hiermit zusende. Auch hat Seine Heiligkeit veranlaßt und durch mich auch zur Ausführung gebracht, daß die Bulle in Meißen, Merseburg und Brandenburg veröffentlicht wurde. Auch haben sich die Bischöfe, wie es sich gehört, aus gefordertem Gehorsam sich erboten, dem Inhalt der Bulle und dem päpstlichen Mandat zu entsprechen und ihnen Folge zu leisten.

Wenn aber LUTHER und sein Anhang sich unter der Aufsicht des durchlauchten, hochgeborenen Kurfürsten und Eurer Fürstlichen Gnaden um des christlichen Glaubens und der Einheit der Kirche willen zurückhalten, so daß die frommen Christen nicht durch falsche Lehren verführt werden, hat Seine Heiligkeit an Euren Bruder, den Kurfürsten, und auch an Euch selbst ein Mahnschreiben gesandt, in dem Eure Hilfe als christliche Fürsten erbeten wird, wie Eure Fürstlichen Gnaden aus beiliegendem Breve näher erfahren werden.

Obgleich ich selbst Euch gern persönlich das Schreiben übergeben hätte, so war das doch unmöglich, da bei meinem Eintreffen in Coburg Eure Fürstliche Gnaden bereits vorausgeritten waren und meine Pferde, Knechte und angemessene Kleidung noch nicht eingetroffen, so daß ich trotz meiner Dienstbereitschaft so nicht vor Euch treten wollte. Ich werde im Haus des Bamberger Weihbischofs abwarten, ob Eure Fürstliche Gnaden von mir Näheres über die Sache erfahren wollen. Auf eine schriftliche Anfrage Eurerseits will ich mit Sorgfalt Bescheid geben.

In aller Untertänigkeit bitte ich, daß Ihr mein Schreiben und mein Vorgehen nicht ungnädig aufnehmt, denn ich handle allein um des Glaubens willen, und es kostet mich viel Mühe, Arbeit und Geld. Für den Dienst gegenüber Eurer Fürstlichen Gnaden, der ich mich hiermit empfehle, möchte ich aber keine Mühe scheuen.

Gegeben am 6. Oktober, im Jahre 1520.

Eurer Fürstlichen Gnaden

untertäniger Kaplan Johann Mair von Eck,
apostolischer Nuntius.




1. 1.JOHANN DER BESTÄNDIGE (30-06-1468 Meißen - 16-08-1532 Schweinitz bei Wittenberg), Kurfürst des ernestinischen Sachsens (1525 - 32), vierter Sohn des Kurfürsten Ernst, regierte nach des Vaters Tod (1486) zusammen mit seinem Bruder Friedrich dem Weisen (bis 1525), sicherte die Reformation im Kurgebiet, setzte auf dem 1. Reichstag zu Speyer (1526) den für die neue Lehre günstigen Beschluß durch, worauf er die völlige Durchführung der lutherischen Kirchenordnung in seinem Territorium begann. 1526 gründete er den Torgauer Bund. Auf dem 2. Reichstag zu Speyer (1529) ließ er im Verfolg des Reichstagsabschieds die Protestschrift der evangelischen Stände und auf dem Augsburger Reichstag (1530), die auf seine Veranlassung von Melanchthon verfaßte Confessio Augustana überreichen; er behauptete gegen das persönliche Andrängen des Kaisers seine Haltung. Unter seiner Mitwirkung und Führung kam 1531 der Schmalkaldische Bund zustande. Im Verlauf der Enthüllungen des Otto von Pack ("Packsche Händel") schloß er sich Philipp von Hessen an, den er von voreiligen Schritten zurückhielt. - Eine moderne Biographie fehlt. Vgl. J. BECKER, Kurfürst Johann von Sachsen und seine Beziehungen zu Luther 1520 - 1528: Teil 1 Leipzig 1890 (Diss.).

2. 2.Vgl. o. Brief 01-10-1520, Anm. 2f

3. 3.Vgl. o. Brief 01-10-1520, Anm. 3.

4. 4.Vgl. o. Brief 01-10-1520, Anm. 7.

5. 5.Vgl. o. Brief 01-10-1520. Anm. 5; Eck schloß seinen Auftrag mit der Anheftung der Bulle am Dom zu Brandenburg am 29-09-1520 ab. In Meißen bezeugt der Notar am 21-09-1520 durch einen Eintrag zwar ganz allgemein, daß »praesens bulla in suo originali in valvis ecclesiae Misnensis« durch ihn publiziert worden sei, »sub officio primarum precum« (KALKOFF: ZKG 39 (1921), 136 Anm.4). In Merseburg bescheinigt der Notar am 25-09-1520 dagegen »publicam lectionem bullae originalis et tandem copiae seu exemplaris auscultati et manu publica signati affixionem sicque publicationem«(ebd.). Das Meißner Notariatsinstrument ist abgedruckt bei BUCHWALD, Beiträge zur sächs. Kirchengeschichte 4, 164f Anm., das Merseburger in der Sammlung vermischter Nachrichten zur Sächsischen Geschichte 2, Chemnitz 1768, 289: »Et ego N. Clericus Mersburgensis Diocesis sacra apostolica Notarius publicus, qui predicte bulle apostolice exhibitioni, Nunctii apostolici requisicioni aliisque ut premittitur factis presens una cum prenominatis testibus interfui, publicam quoque lectionem eiusdem Bulle et originalis et tandem copie sive exemplaris auscultati et manu publica signati affixionem sicque publicationem et in contra Martinum Lutther Augustinianum et eiusdem sequaces et adherentes Andream Carolostadensem, Doctorem Johannem Delitzsch (!) ex Veltkirchen, Bernhardum Adelman Canonicum et Augustensem, Johannem Silvium Egeranum, Balibaldum Birckamer ac Johannem (!) Spengeler Scribam senatus Nurnbergensis etc. et alia premissa feci sicque fieri vidi, audivi et in njotam sumpsi.« Obgleich Eck die Bulle am 25-09-1520 in Merseburg anschlug (TENTZEL-CYPRIAN 1, 438), wurde sie erst 1521 vollzogen: SECKENDORF, Historia Lutheranismi (1692) 1, 116f. In Meißen ließ Eck durch einen Notar Karlstadts Namen an das Ende der päpstlichen Bulle setzen. In seiner Schrift »Von päpstlicher Heiligkeit« Bl. [F IIII] berichtet Karlstadt darüber und bestreitet zugleich die formelle Berechtigung Ecks zu solchem Vorgehen: »Derhalben ich Doctor Lugner einen falsarium schilden mocht.« - Zu den sechs Namen vgl. MILTITZ vom 14-10-1520: TENTZEL-CYPRIAN, Historischer Bericht 1, Gotha 1717, 451 und ECK, An speranda sit Wormatiae epistola (s.l. 1540) fol A Vv: »Nam dum Bullam pontificiam iussu Leonis papae X. Merseburgi, Misnae ac Brandenburgi curarem publicari, de mandato domini papae nominatim Carlstadium et Melanchtonem et aliquot paucos citavi, in quorum contumaciam S.D.N. lapso termino sententiam tulit, et predictos haereseos damnavit.« Vgl. o. Brief 18-07-1520, Anm. 20 u. Brief 03-10-1520, Anm. 7.

6. 6.Nicht alle Bischöfe befolgten Ecks Ansinnen so prompt: vgl. die Quellensammlung bei DRUFFEL.

7. 7.D.h. Friedrich der Weise.

8. 8.Verweis auf ein beiliegendes Mahnschreiben Papst Leos X.

9. 9.Andreas Henlein: vgl. Brief 27-03-1519, Anm.1.