Übersicht Reformationsgeschichte - Übersicht Briefwechsel Eck
Nr. 111

Eck an die Universität Wien
Ingolstadt
14-10-1520

Wien Universität, Acta fac. art. 4, f 112b; Wien Erzbisch. Consist.Arch (Kopie)
RAMPACH B.,Evangelisches Österreich 1. Beilagen 3; KINK 1, 238; WIEDEMANN, Geschichte der Reformation 1, 11f Anm.2; Conspectus 2, 102ff (Ungenau: Korrekturen bei GOLDMANN, Universität Wien, 16)


Nach sorgfältiger Prüfung der lutherischen Lehren hat der Papst eine Bulle erlassen und Eck mit deren Publikation in bestimmten Gebieten beauftragt. Furchtlos hat er diesen Auftrag in Meißen, Merseburg und Brandenburg erfüllt. An andere Bischöfe, Fürsten und Universitäten hat er sich teils persönlich, teils brieflich gewandt. In diesem Sinne sendet Eck auch der Wiener Universität eine Kopie der Bulle mit der Aufforderung, alles Mögliche zu tun, um den gebotenen Gehorsam wiederherzustellen und die Bulle öffentlich bekanntzumachen einschließlich der in ihr enthaltenen kanonischen Strafandrohungen. Die lutherischen Bücher sollen dem Rektor ausgehändigt werden. Dieser soll sie dann öffentlich dem Feuer übergeben. Sollten einige Doktoren der Theologie oder des kanonischen Rechtes aus Eifer für die Wahrheit einige Bücher zurückhalten wollen, soll das mit Erlaubnis des Rektors und des Senates möglich sein.

Magnifico Domino Rectori (1)
et aliis clarissimis
viris, Studium Laudatissimum Viennense Regentibus, Dominis suis colendissimis.
Salutem cum paratis obsequiis.

Post diligentem dogmatis Lutherani discussionem, Rector Magnifice et Doctissimi Viri, Sanctissimus Dominus Bullam contra certos errores edidit, (2) et mihi, licet invito, (3) publicandam in certis partibus iniunxit: quod ego strenue feci nulla veritus pericula, in Ecclesia Misniensi, Merseburgensi et Brandenburgensi; (4) aliis Episcopis, Principibus et Studiis Generalibus partim coram, partim per literas insinuavi.

Functurus ergo officio meo, Vestris Paternitatibus copiam Bullae in Urbe impressam, Sigillo Praelati et subscriptione Notarii munitam transmitto, (5) quantum ex me est orans et obsecrans, ac Summi Pontificis nomine requirens et praecipiens, ut quatenus fieri poterit, omnes Vestrae iurisdictioni subiectos sub debita Obedientia convocetis, ac eis convocatis Bullam publicetis; (6) mandando eisdem iuxta continentiam Bullae, ne quisquam articulos condemnatos vel legendo, vel disputando aut scribendo defendat, laudet, doceat aut affirmet, sub poenis in Bulla contentis (7) et Exclusionis ab Universitate: (8)

Libros quoque Lutheri et adhaerentium sub eisdem poenis mandetis per eos Rectori Universitatis praesentari, qui omnes et singulos comburi publice faciat, (9) et de his, ubi opus fuerit, fideliter testimonium perhibere poteritis, nisi essent aliqui Doctores Theologi aut iuris Canonici, qui zelo veritatis ac ad excutiendos errores, non ad invertendam veritatem, huiusmodi libros de Licentia Rectoris et totius Consilii, in quo conscientiam Vestram oneramus, apud se retinerent. (10)

In hoc facietis iussum Sedis Apostolicae, rem Deo gratam, Ecclesiae utilem et fidelibus salutarem.

Datum Ingolstadii
14. Octobris Anno Domini Millesimo Quingentesimo Vicesimo.

Vestrae Magnificentiae et Dominationibus obsequiosus Joannes Eckius Protonotarius et Nuncius Apostolicus (11).

Seiner Magnifizenz, dem Herrn Rektor,
und den anderen hochberühmten Regenten der hochlöblichen Wiener Universität,
seinen verehrungswürdigen Herren, Gruß und Dienstbereitschaft!


Nach sorgfältiger Diskussion der lutherischen Lehre, Magnifizenz und gelehrte Herren, hat der Heilige Vater eine Bulle gegen gewisse Irrtümer ausgehen lassen und mich beauftragt, freilich gegen meinen Willen, diese in gewissen Gebieten zu veröffentlichen. Ich habe das mit Fleiß, ohne Furcht vor Gefahren, in den Diözesen Meißen, Merseburg und Brandenburg getan. Anderen Bischöfen, Fürsten und Universitäten habe ich teilweise persönlich, teilweise brieflich zugeredet, ebenso zu handeln.

In Ausübung meines Amtes sende ich Euren Väterlichkeiten eine in Rom gedruckte Abschrift der Bulle mit dem Siegel eines Prälaten und der Unterschrift eines Notars zu, in meinem Namen mit der flehentlichen Bitte, in dem des Papstes jedoch fordernd und gebietend, daß Ihr soweit als möglich alle Eurer Jurisdiktion Unterworfenen mit schuldigem Gehorsam zusammenruft und in ihrer Gegenwart die Bulle bekannt macht und sie entsprechend ihrem Inhalt ermahnt, daß niemand die verurteilten Artikel durch Lektüre, Disputation oder in Schriften verteidigt, lobt oder auf ihnen besteht, und das unter den Sanktionsandrohungen, die in der Bulle enthalten sind, und der Strafe des Ausschlusses von der Universität.

Auch sollt Ihr veranlassen, daß dieselben die Bücher LUTHERS und seiner Anhänger unter denselben Sanktionsandrohungen dem Rektor der Hochschule vorlegen, die dieser dann, jedes einzeln, öffentlich verbrennen lassen soll. Von dem allen sollt Ihr, wenn nötig, treu Zeugnis ablegen, es sei denn, es gäbe einige Doktoren der Theologie oder des kanonischen Rechts, die im Eifer um die Wahrheit und zur Auslöschung der Irrtümer, nicht um die Wahrheit zu verkehren, solche Bücher mit Erlaubnis des Rektors und des ganzen Senates bei sich behalten wollen. Ihr sollt dabei Euer Gewissen in jedem Einzelfall prüfen!

Ihr werdet durch dieses Verhalten dem Auftrag des apostolischen Stuhls, einer Gott wohlgefälligen Sache, die für die Kirche von Nutzen und für die Gläubigen heilbringend ist, entsprechen.

Gegeben in Ingolstadt,
14. Oktober im Jahr des Herrn 1520.

Eurer Magnifizenz und Herrschaften

gehorsamer Johannes Eck, Protonotar uns apostolischer Nuntius.


1.Rectori: Johannes Wenzlhauser, Doktor der freien Künste und der Medizin (RAMPACHER 4, 1 Beylagen, S. 4; B.Protestation der Universität Wien gegen die Publikation der Päbstlichen Bulle). - Zu den Streitigkeiten an der Wiener Universität um die Publikation der Bannandrohungsbulle s. WIEDEMANN, Eck 159ff; ders., Geschichte der Reformation und Gegenreformation im Lande unter der Enns 10 - 13: »Die theologische Fakultät war die erste unter den geistlichen Gewalthabern, welche in der Reformation aus Wittenberg ihres Amtes pflog. Im April 1520 nahm sie wahr, dass verschiedene in religiöser Beziehung verdächtige und Aergerniss erregende Bücher in Wien gedruckt und unter dem Volke verbreitet würden. Sie beschloss sich an den Bischof und die Bürgerschaft zu wenden, ohne sich jedoch zu verhehlen, dass weder von der Unschlüssigkeit des Bischofes noch von der Gleichgültigkeit der Bürger Abhülfe zu erwarten sei. (Acta facultatis theologicae III fol 61r: >1520, 14. Aprilis, in congregatione facultatis propositum fuit per Decanum, quomodo hic Viennae passim imprimerentur libelluli scandalosi et contra fidem christianam atque piarum aurium offensuivi, et facultas, quae est pravitatis haereticae inquisitrix, apponeret aliquando remedium. Conclusit facultas, quod etiam per Decanum admonendus esset rev. praesul Viennmensis; similiter exhortandus esset Consolatus, ut vices suas interponeret. Si vero uterque rogati nihil efficere vellent, quod tunc facultas procedat ex officio a sede apostolica sibi commisso et inhibeat tam impressores quam venditores sub censuris canonicis.« Vgl. KINK 1/2, 120). Das ganze Verhältnis trat aber klar an das Licht, als Dr. Johannes Eck an die Universität das Ansinnen stellte die bekannte päpstliche Bulle gegen Luther und seine Lehre zu publiciren. In den ersten Tagen Novembers 1520 gelangte nämlich ein Schreiben Ecks aus Ingolstadt vom 14. Oktober an die Universität...Am Sonntage nach Allerheiligen versammelte sich die theologische Fakultät und beschloß, vorsichtig vorzugehen, das Verhalten des Bischofes, an den die Bulle gelangt sei, und des Stadtrathes abzuwarten (Acta facultatis theologicae III fol 64v: »Et fuit conclusum, quod in publicatione et executione ejusdem bullae Rector universitatis, ad quem atque regentes Universitatem nominatae literae sunt transmissae; lento pede procederet; sed et, ex quo Episcopo Viennensi in consimili forma cum notario et testibus sunt missae, quod videretur, quid ipse episcopus agere velit, et quod interea pro quolibet magistro transsumptum rescribatur, ut eo sanius et melius possit super ea re deliberare et consulere.« Vgl. KINK 1/2, 120). Am 13. November beschloß sie, der päpstlichen Bulle zu gehorchen, auf deren Anerkennung und Verbreitung durch den Rektor und Bischof hinzuwirken und sie einstweilen in Druck zu legen. Am 30. November versammelte sich die Fakultät, um die Vorschläge der übrigen Fakultäten und des Rectors zu hören. Der Rector protestirte gegen die Bulle, sicher weil er die Bulle für unächt halten mochte. Die Fakultät beschloss einstweilen den Bischof zu ersuchen entweder im Vereine mit der Fakultät oder selbstständig gegen die verläumderischen oder ketzereischen Bücher einzuschreiten.< Vgl. dazu KINK 1/2, 120: »Der damalige Wiener Bischof Georg von Slatkonia, mehr ein Gelehrter und Kunstfreund als ein strenger Theolog, verhielt sich passiv...Gegen Ende des Jahres 1520 nahmen die kirchlichen Zustände für die Hochschule eine ernstere Gestalt an und sie wurde mehr dazu gedrängt, Partei zu ergreifen.« Ders. 239 - 243: »Am 6. Dezember 1520 machte (die theologische Fakultät) dem Bischofe, ihren Beschlüssen gemäss, bestimmte Vorschläge, welche darin bestanden, dass alle Prediger der Stadt zur Anhörung der Bulle vor den Bischof berufen und mit einer kurzen Instruction versehen, die ketzerischen Bücher bei den Buchhändlern und Kaufleuten mit Beschlag belegt, dagegen die päpstliche Bulle an den Kirchenthüren angeschlagen, durch den Druck verbreitet und zu allgemeinem Gebrauche ein Auszug in deutscher Sprache verfasst werden solle. Auch erachtete es die Facultät für ihre Pflicht, ihr Richteramt gegen die Anhänger Luthers zu üben und seine Sätze durch eine eigene Schrift zu widerlegen. Der Bischof war jedoch aus seiner Unschlüssigkeit und Lauheit nicht aufzurütteln. Am 8. December erklärten auch die Regenten ihr entschiedenes Missfallen an den Vorgängen der theologischen Facultät und der Statthalter [Leonhard Zeg: über ihn vgl. KINK 1/2, 121 mit Anm. 1: >Dazu kam noch, dsss der Statthalter Leonhard Zeg, der für den abwesenden Enkel Maximilians, den spanischen König Karl, die Regierung führte, der Lutherischen Lehransicht ganz zugethan war und den Rector in seinen Massregeln gegen die theologische Facultät auf das kräftigste unterstützte; er inhibirte förmlich, dass sie irgend eine Erklärung gegen die neue Glaubenslehre durch den Druck veröffentlichte« [Acta fac. theol III fol 66v: »Qui fuit capitaneus loco Principis et totus Lutheranus et infestus facultati et clero.« Vgl. dazu Artur GOLDMANN, Die Wiener Universität 1513 - 1740, Wien 1917, 17: »Der einzige, den man im Verdacht haben darf, mit Luther sympathisiert zu haben, war Sigmund Graf von Haag, (irrig Zeg genannt) den die Theologen deutlich als totus Lutherianus bezeichnen.«] gab sich selbst offen als Anhänger Luthers und Widersacher des Papstes zu erkennen. Eben so verfasste am 10. Dezember 1520 der Rector der Universität eine feierliche Verwahrung gegen die Promulgation der Bulle (Text: RAMPACH 4, 1, S. 4 - 7). Darin wurde sich darauf berufen, dass dieselbe an so manchen andern Hauptorten Deutschlands ebenfalls noch nicht kundgemacht sei, dass auch die Pariser Universität sich noch nicht gegen Luther ausgesprochen habe, und dass es überhaupt nicht angehe, der erst abzuwartenden Entscheidung des Kaisers und Landesfürsten vorzugreifen. Anbei wurde aber mit Bestimmtheit hervorgehoben, dass die Universität weit entfernt sei, etwas in Schutz nehmen zu wollen, was gegen den katholischen Glauben, die Kirche, oder das Evangelium gerichtet sei. Wenige Tage darauf, nachdem die theologische Facultät unter Berufung auf das ihr von Papst Nikolaus V. im Jahr 1462 eingeräumte Richteramt gegen das Verhalten des Rectors Verwahrung eingelegt hatte, kam zwar ein Compromiss zu Stande, dem zu Folge die Facultät sich herbeiliess, alle frühern Beschlüsse so lange zu verschieben, bis der Kaiser auf die von der Universität gestellte Anfrage geantwortet haben würde; nur die deutsche Instruction an die Prediger könne gleich jetzt abgefasst und hinausgegeben werden. Als aber die Facultät nun auch zur Ausführung schritt, verweigerte der Rector nachträglich auch dazu seine Zustimmung und bedrohte sogar die Theologen mit dem Kirchenbanne, woferne sie die beabsichtigte Instruction veröffentlichen wollten. Die Facultät, welche sich dadurch nicht abschrecken liess, protestirte gegen das Verfahren des Rectors und wollte eben daran gehen, auf eigene Verantwortung die Drucklegung zu veranlassen; als sie plötzlich von Seite des Statthalters den Auftrag, damit inne zu halten, und der Buchdrucker bei Verlust aller seiner Güter das Verbot erhielt, die fraglichen Publicationen in Druck zu nehmen. So war denn die theologische Facultät aller Mittel beraubt, ihren Vorsatz auszuführen, und es erübrigte ihr nichts mehr, als sich der Gewalt zu fügen. Am 8. Jänner 1521 wurde sie vor die Regenten berufen und sie versah sich schon des Aeussersten, als unvermutheter Weise dieselben sich milder gestimmt zeigten, in freundlichen Worten zur Geduld ermahnten und den Druck der Bulle gestatteten. Die Ursache des geänderten Benehmens war jedoch der eben eingetretene Tod des obersten Statthalters, welcher in eifrigster Weise den Lutherischen Ansichten zugethan gewesen war. Noch an demselben Tage liess die Facultät die Bulle in 500 Exemplaren auflegen und verbreiten. Am 30. Jänner 1521 gelangte das Antwortschreiben des Kaisers Karl, aus Worms vom 30. Dezember 1520 datirt, an die Universität [Text: RAMPACH, Evangelisches Österreich 4/1, Beylagen Nr. I, C (S. 7f)], worin er in strengen Ausdrücken ihr bisheriges Benehmen tadelte und ihre Bedenken in Betreff der Anerkennung der päpstlichen Bulle als leere Ausflüchte erklärte. Denn, auch abgesehen davon, dass man in Sachen der Religion und des Glaubens sich den Aussprüchen des Papstes zu unterwerfen habe, habe ihr doch nicht unbekannt bleiben können, dass sowohl in den burgundischen Provinzen, als zu Mainz, Trier und Cöln die Publication bereits vorgenommen worden sei. Auch scheine ihm sonderbar, dass so unterrichtete Männer, wie doch die Lehrer einer Universität seien, nicht schon aus eigener Erkenntniss in Luthers Lehrsätzen und Schriften die verderbliche Tendenz hätten herausfinden können, um so mehr, da sie sich nur der richtigen Verhaltungsweise der theologischen Facultät hätten anschliessen dürfen, der in solchen Dingen ohnediess die erste Stimme gebühre. Sie sollen daher ohne weitere Zögerung dem Wortlaute der Bulle gemäss vorgehen. Es war ein Beweis für die Ausdehnung, welche die religiösen Neuerungen bereits genommen hatten, dass selbst dieser in so bestimmter Form abgefasste Befehl keine sonderliche Wirkung hervorbrachte. Erst nach längeren Berathungen und mehrfachem Widerstreben konnte im Universitäts-Rathe eine Majorität erlangt werden, welche sich herbeiliess, dem Auftrage des Kaisers wenigstens dem Buchstaben nach zu gehorchen und sein Schreiben vor den versammelten Mitgliedern aller Facultäten zu promulgiren. Denn einerseits bewies sich der Bischof so lässig, und so nur darauf bedacht, mit leeren Worten jeden Erfolg hinzuhalten und zu hintertreiben, dass die theologische Facultät schon am 2. Februar 1521 den Beschluss fasste, allen Verkehr mit ihm abzubrechen; und andererseits war auch der Rector weit entfernt, die Sache des Glaubens zu fördern und seiner Pflicht durch die That nachzukommen. Vielmehr vereitelte er, wo er konnte, die Bemühungen der theologischen Facultät, und scheute sich sogar nicht, ihr den Hass des gemeinen Haufens und der Bürgerschaft auf den Hals zu laden. Diess gelang auch in dem Masse, dass, als am 10. Juni an die Stelle des abtretenden Doctors Augustin Mayr (Marius) ein neuer Decan zu wählen war, Niemand sich zur Uebernahme dieser Würde herbeilassen wollte, wegen der groben Insulten, denen man hiebei ausgesetzt sei. Die Facultät musste endlich verfügen, dass vorläufig das Amt des Decans unter ihren Doctoren nach der Reihe des Seniums wechseln solle.< Einzelkritik an KINKS Darstellung sowie seiner mangelhaften Quellenwiedergabe übt Artur GOLDMANN 16f.:»In der Fakultätssitzung am Sonntag nach Allerheiligen (4. November) wurde das erste Mal in Wien über Dr . Martin Luther aus dem Augustinerorden, Professor an der Universität Wittenberg, verhandelt und beschlossen, vorsichtig zu Werke zu gehen und abzuwarten, welche Stellung der Bischof einnehmen würde (Acta fac. theol. III fol 64v. Dazu Goldmanns Anmerkung S. 16 Nr. 2:'Acta fac. theol. III fol 61r: daraus KINK 1/2, 120, doch fehlt bei ihm der wichtige Schluß: Res devoluta est per vicedecanum aput rev. D. Episcopum Vienn., qui omnem pollicitus est operam et quantum sua interest invigilare proposuit. - Diese Kinkschen Exzerpte sind überhaupt, besonders von S. 124 an sehr mangelhaft und daher nur mit Vorsicht zu benutzen'); in den folgenden Beratungen zeigte sich dagegen der entschiedene Wille, der päpstlichen Bulle gemäß vorzugehen, während die drei anderen Fakultäten keine Neigung dazu hatten, weil Dr. Eck ihnen nicht hinreichend legitimiert erschien, ohne damit den schuldigen Gehorsam gegen den apostolischen Stuhl verweigern zu wollen (Conspectus II, 103. 'Was Kink 1/2, 240 aus diesen Worten herausliest, ist wohl kaum in ihnen enthalten': Acta art. IV fol 112v). Diese Unstimmigkeit ließ der Rektor am 8. Dezember von seinem Notar protokollieren, wobei er darauf hinwies, daß das Urteil der Pariser Universität über Luther noch nicht erflossen sei und solange Luther noch am Hofe K. Karls V. weile, es nicht geraten erscheine, die päpstliche Bulle zu publizieren; die Theologen aber appellierten gegen diese Erklärung, weil sie darin einen Eingriff in ihr Inquisitionsrecht erblickten. Etwas anderes bezweckten sie damit keineswegs und es ist daher ganz unzutreffend, schon damals der Universität eine Stellungnahme zugunsten Luthers zu imputieren. Daß sie sich vielmehr vollkommen korrekt verhielt, ist daraus zu ersehen, daß sie, als Karls Schreiben vom 30. Dezember eintraf, worin er ihr bisheriges Verhalten belobte, zugleich aber nicht länger mit der Publikation der päpstlichen Bulle zu zögern befahl, es ohne Zögern gewissenhaft beobachtete. Auch dem Bischof von Wien geschieht wohl schweres Unrecht, wenn man ihn schon damals für einen Anhänger der kaum geborenen Reformation erklärt; wenn die Theologen sich darüber beklagten, daß sie von ihm und seinem Offizial genarrt worden seien (KINK a.a.O.1/2, 126: 'Ex quo iam multiformiter facultas ipsa delusa fuerit'), so meinten sie damit nichts anderes, als daß er sie nicht in der Ausübung ihres Sonderrechtes genügend unterstützte. Der einzige, den man in Verdacht haben darf, mit Luther sympathisiert zu haben, ist der Regimentsrat Siegmund Graf von Haag (irrig Zeg genannt)...; weiß man es doch auch von anderwärts, daß die Kreise des Adels und der höheren Beamten infolge ihrer häufigen Beziehungen zum Reiche am frühesten mit der neuen Lehre bekannt wurden und daß diese erst später durch die Wanderlehrer und durch die Flugschriften auch in die bürgerlichen Kreise eindrang.«

2. Die Bannandrohungsbulle vom 15-06-1520.

3. Vgl.o.Brief 03-05-1520, Anm.1.

4. Vgl.o. Brief 01-10-1520, Anm.5; Brief 06-10-1520, Anm.5.

5. Vgl. Brief 01-10-1520, Anm.7. - Zu dem 1981 im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv aufgefundenen Pergamentoriginal der Bulle, das ursprünglich der Publikation in Rom gedient hat, s. Dokumente zur Causa Lutheri 2, 339.

6. Publikationsmandat: s. auch Brief 01-10-1520, Anm.8; Brief 03-10-1520, Anm.4; Brief 14-10-1520, Anm.17. - S. hierzu die Protestation der Universität Wien gegen die Publikation der Bulle: RAUPACH a.a.O. 4 - 7 = Conspectus II, 105ff (Notariatsakt vom 10-12-1520): »Nos Joannes Wenzlhauser, Artium et Saluberrimae Medicinae Doctor ac Almae Universitatis Studii Viennensis Rector, nos denique Procuratores, Consiliarii et Assessores dictam Universitatem repraesentantes nomine, vice ac de commissione totius Universitatis et singularum personarum et membrorum ejusdem, coram vobis Notario publico et testibus praesentibus infra notata deducimus et protestamur: Quoniam nuper per quendam Joannem Eckium Theologum, ut videbatur, certae literae ad nos et Universitatem praedictam, negotium Doctoris Martini Lutheri tangentes, missae fuissent. Nos Rector ante nominatus, ut debebamus, literas praenominatas ad quatuor Facultates transmisimus, quae omnes et singulae negotium mature et digeste deliberantes, singula vota sua juxta Universitatis consuetudinem attulerunt: Nos itaque Rector praefatus visis Facultatum votis, aperte invenimus, tres Facultates concordi voto, rem tam arduam causis moventibus suspendendam fore, considerat namque Universitas, esse in Germania Reverendissimum Dominum Archiepiscopum Moguntinensis Ecclesiae, qui et Primas Germaniae existit, et Cardinalis est a Latere Pontificis Romani: Similiter Reverendissimum Patrem et Dominum Archiepiscopum Salisburgensem, pariter a Latere Pontificis summi existentem, tacemus nunc de reliquis Archiepiscopis, Episcopis, Praelatis, Principibus, Universitatibus, Comitatibus ubilibet per Germaniam constitutis, ad quos omnes procul dubio hujusmodi transsumpta Bullae Apostolicae pervenerunt, qui huc usque non publicarunt, nec opuscula Lutheri igni tradiderunt; praeterea Universitas famosissima Studii Parisiensis, quae nostra mater est, ad cujus instar nostram Universitatem fundatam esse, literae fundationis aperte docent; quae denique Parisiensis Universitas per Martinum Lutherum et Johannem Eckium in disputatione Lipsiensi suarum dissensionum judex electa, usque in praesens Lutherum non damnavit. Et super haec omnia in praefata Bulla omnes receptatores, detentores, fautores etc. Lutheri quasi damnati videntur; sicut autem veridica relatione ad nos deductum est, quod idem Lutherus in Curia Invictissimi et Sacratissimi Domini, Domini CAROLI, Caesaris potentissimi, Domini et Fundatoris nostri Clementissimi,his diebus fuerit vel adhuc degit: de cujus Invictissimi Principis consilio sunt quam plures Archiepiscopi, Episcopi, Praelati, Doctores et omnifariam experti, ibique nihil dignum morte aut infamia eidem Luthero actum esse: Ne in praedicti Domini et Principis nostri jacturam agere videamur, Nobis nequaquam licere praecipitanter, ejusdem Principis nostri mente non habita, procedere. Et quod idem Joannes Eckius Nuncium se asserit Apostolicum, de cujus, de Notarii quoque et Praelati, qui Transsumptum transmissum ad nos, ut asserit, munerint, legationibus nihil constat. Quoniam itaque Nos Rector praefatus in Consistorio nostro pro pluralitate votorum conclusimus, ob reverentiam Illustrissimi ac Invictissimi Principis et Domini nostri, Domini CAROLI Romanorum Imperatoris, et Domini FERDINANDI Archiducis Austriae, Fundatorum et Dominorum Nostrorum Clementissimorum, ac omnium Cardinalium, Archiepiscoporum, Episcoporum, Praelatorum ac temporalium Principum totius Germaniae, ne et ipsi macularentur eadem Bulla, ut asserit, aut fulmen sentiant; ac ob alias causas et ad evitandos tumultus, clamores et populi seditiones, quae per publicationem, executionem nostram, ut timendum est, contra Clerum insurgere possent, negotium ad tempus fore distinendum; sperantes, si Sedes Apostolica de his nostris motivis rationalibus plenius fuerit informata, nullam indignationem suae Sanctitatis Nos contracturos. Decanus vero et Magistri Theologiae, postposita ordinatione, statutis, privilegiis, et consuetudinibus Universitatis, se et suam Facultatem a Nobis et Universitate praedicta diviserunt et declinaverunt, prout in alio processu contra eosdem Theologos forsan emanando plenius continebitur. Ne itaque jam dicti Theologi vel quicumque alteri, nunc aut in futurum nobis et Universitati praefatae publice vel occulte impingere possint, Nos et Universitatem fuisse, esse aut fore haeresum, errorum aut perversorum dogmatum receptores, defensores vel promotores, Nostris et totius Universitatis nostrae ac omnium et singularum personarum nobis et praedictae Universitati subditarum et oboedientium nominibus melioribus, via, jure et forma, quibus possumus aut debemus, protestamur: nunquam fuisse et esse vel fore de mente et intentione nostra vel alicujus nostri velle consentire, defendere, recipere aut promovere quoscumque errores, haereses aut perversa dogmata, quae contra fidem Catholicam, sanctam Matrem Ecclesiam vel ejusdem fidei articulos aut Evangelium militarent; sed semper contra haereticos, perversos Doctores et errantes summis viribus laborare, fidem Christianam defendere, usque ad sanguinis, si oportuerit, effusionem. Rogamus itaque Nos Rector, Decani, Procuratores, Consiliarii et Assessores antedicti et nominibus, quibus supra, per Vos Notarium Publicum super hac nostra protestatione confici in signum verae et integrae fidei nostrae, unum vel plura, quotquot fuerint necessaria, instrumenta publica. - Quibus nomen suum subscripsit Joannes Favorenus, alias Gunsthoffer, Clericus Pataviensis Diecoesis sacra Imperiali Authoritate Notarius. Acta sunt Anno a Nativitate Domini MDXX Indictione octava, die vero Lunae, quae erat 10. Mensis Decembris.«

7. »Exsurge Domine«: Dokumente Bd 2, 392.

8. Vgl.o.Brief 03-10-1520, Anm.6.

9. »Exsurge Domine«: Dokumente Bd 2, 394.

10. Als Ausnahme von der strengen Bestimmung hinsichtlich der lutherischen Bücher gilt die Absicht, diese zu widerlegen. Vgl. dazu den Protest der Universität gegen die Publikation der Bulle (10-12-1520): RAMPACH, Evangelisches Österreich, Hamburg 1741, 4,1 : Beilage Nr.1B: 4 - 7.

11. Vgl. hierzu das Schreiben Kaiser Karls V. an die Wiener Universität vom 30-12-1520: Original im Universitätsarchiv Wien (V L 1). abgedr. von KINK 1/2, 124f und RAUPACH a.a.O. 7f. GOLDMANN (16 Anm. 8) verweist auf alte gleichzeitige Plakatdrucke."CAROLUS Divina favente Clementia Electus Romanorum Imperator semper Augustus. - Honorabilibus, Devotis, Fidelibus, nobis Delectis, N. Rectori, Doctoribus et Magistris Universitatis nostrae Viennensis. - Honorabiles, Devoti, Fideles, Dilecti. Etsi non displicuit nobis, quod ex literis vestris (vgl. o. Anm. 5) percepimus, vos ob vestram in nos observantiam eatenus suspendisse exequutionem Bullae Apostolicae contra libros fratris Martini Lutheri editae, donec de mente et decreto nostro certiores redderemini, nihilo tamen minus gratum nobis fuisset, si facta vobis legitima insinuatione praedictae Bullae, quemadmodum ab Universitatis vestrae Theologica Facultate, cui in his causis merito primae debentur, factum esse vestrae literae testantur, ita et vos alii supra scriptos libros, magnarum in Ecclesia Dei seditionum et periculorum fomites, debito igni comburendos curassetis et populum, ut ab illis sibi plurimum caveret, monuissetis. Quod profecto jure bono citraque alicujus notae periculum a vobis fieri potuit. Primum quia, quoties de Religione agitur, Romanum Pontificem Sanctamque Sedem Apostolicam convenit judicare. Deinde quia non sit verisimile, ad vestras jam tum aures non pervenisse, in nostris tam inferioribus Burgundiae Provinciis, quam Coloniae, Treviris, Moguntiae aliisque Germaniae locis Autoritate Apostolica et nostro Caesareo Decreto antedictos libros publico et debito incendio fuisse absumptos. Postremo quia quum ista vestra Universitas non solum optimae eruditionis, sed et Christianae pietatis faecunda parens semper fuerit, facile poteratis cognoscere, Lutheri et alia Lutheranorum scripta a Charitate et Ritu a nostris majoribus tradito discedentia, plurimum mali in Ecclesia dei peperisse, et, nisi praevideatur in posterum, pejus esse paritura. Verum quia persuasi sumus, nullam aliam ob causam istam cunctationem factam, quam ut nobis, cujus Majores istius Universitatis fundatores et protectores fuere, debitum honorem exhiberetis, non possumus non commendare istum animum devotionemque in nos vestram. Verum quia ad id plurimum pertinere arbitramur, ut pestilens illa seges Lutheranae haeresis aboleatur, vobis serio committimus, et volumus, ut has nostras in publicis totius Universitatis vestrae comitiis legi et Lutheri libros in summum Pontificem et Sedem Apostolicam honestasque personas famosa scripta damnata et prohibita esse publicari et servato ordine in his servari solito publico igni comburi procurabitis. In quo rem debitam et nobis in primis gratam facietis: Volumus etiam vos et omnes alios scire, nos pro Imperialis dignitatis officio et nostra enim natura omnibus viribus et opibus nostris summaque vigilantia curaturos, ne Sancta Sedes Apostolica et universalis Ecclesia nobis imperantibus aliquod incommodum aut detrimentum patiatur, sed ut summa pace, tranquillitate et otio et unione floreat et propagetur. Quod vobis clementer significare voluimus, ut de voluntate et mente nostra edocti nunc et in posterum sciretis, quid hac aut simili in re vobis faciendum sit. Datum in Civitate nostra Imperiali Wormatiae. Die tricesima mensis Decembris. Anno Domini M.D.XXI. Regnorum nostrorum, Romani Secundo, aliorum vero omnium Quinto CAROLUS. - Ad Mandatum Caesareae et Catholicae Majestatis proprium. MAX. TRANSILVANUS."