Übersicht Reformationsgeschichte - Übersicht Briefwechsel Eck
Nr. 117

Eck an Hg. Georg von Sachsen
Ingolstadt
30-10-1520

Dresden Sächs. HSA Loc 10299, Dr. M. Luther 1516-39, fol. 2: GESS 1, 143f; SEIDEMANN, Erläuterungen zur Reformationsgeschichte durch bisher unbekannte Urkunden, Dresden 1841, Nr 2, 7f
[F 035]

Eck antwortet auf die von Herzog Georg in seinem Brief vom 18-10-1520 vorgetragenen Zweifel an der Echtheit des Begleitbriefes Ecks zu dem der Universität Leipzig übersandten Exemplar der Bulle Exsurge Domine. Er bestätigt die Echtheit des Briefes: er hat die Universität aufgefordert, gemäß dem Inhalt der Bulle vorzugehen; in Meißen, Merseburg und Brandenburg hat er zwar die Pergamentoriginale der Bulle präsentiert, jedoch aufgrund seines päpstlichen Kommissionsbriefes darüber hinaus persönlich oder brieflich auch anderen Fürsten, Bischöfen, Universitäten und Städten eine Kopie der Bulle zugeleitet. Die Kopien der Bulle weisen sich durch ihr äußeres Erscheinungsbild als authentisch aus und sind auch überall in Gehorsam aufgenommen worden. Eck hat in diesem Sinne auch den Universitäten Frankfurt/Oder, Erfurt, Wien, Wittenberg und Ingolstadt geschrieben. So soll Herzog Georg nun die Leipziger Universität veranlassen, dem päpstlichen Mandat Folge zu leisten, damit ihr nicht großer Nachteil entstehe.

Durchlauchtiger Hochgeborner furst E.f.g.
seien mein unnderthänig gehorsam dinst allzeit zu voran berait, mit sampt meinem armen gebett gegenn gott.

Gnediger her:

Als E.f.g. ain zweifel tregt mit sampt den loblichen räten, ewer vil hochberümpter universitet zu leiptzig, ob ich den brief an die selbigen lautend geschribenn hab, mit ibersenndung der bullen: (1)

so ich allain befelg gehabt zu Brandenburg, Merseburg unnd Meissenn etc. (2) Auff sollichs thu ich E.f.g. in aller unnderthänigkeit zu wissenn: das ich an die universitet sollich brieve geschribenn habe, unnd sy requiriert secundum continentiam bulle: (3) Dann wie wol allein in den trey thumstifften obgenant bulla originalis durch mich solt publiciert werden unnd affigiert, entlich darum das die personen die sach betreffend, des gewar wurden. (4) Aber ausserhalb des hab ich mein commission gehabt unnd sustention, wie E.f.g. wol wissend ist, unnd darzu mündtlich underricht, anndern fürsten bischoven, universiteten unnd groß gmuniteten copiam bulle zu Insinuiren: (5) wie ich an vil orten ainß tails personlich, ains tails gschrifftlich gethan hab; (6) noch kain befunden, der sich ungehorsam erzaigt hett bäpstlichem gewalt, unnd so die Copien der bullen autenticiert seyen, wie dann das außweißt, (7) ist mir nit mer aufferlegt, dann das ich die gewißlich antwurte, allain mit schrifftlicher anzaigung oder personlich; dann die Jenige die die selbige entpfahen, wissenn sich darnach wol zu halten. Ich hab auch dermassen gschriben Francfurt, Ertfurt, Vienn, Wittenberg, unnd als gester hat man hie zu Ingolstat die auch publiciert. (8)

Bitt darauff E.f.g. in aller unnderthänigkait als ein Cristenlicher furst wie dann E.f.g. alle zeit unnd yetz auch treffenlich erzaigt hat: wölle mit Ir universitet verschaffen, bäpstlichen mandaten volg zu thun, die bull In gmainer versamlung vorlegen, verbietten die verdampten artickel nit zu halten zu leren etc. (9) Die verdampten buechlin alle dem rector zu iberantwurten, das die In collegiis unnd bursis von Iren schuler die all auff hieben, (10) unnd In sonnderhait gut teutsch sagte das den Jungen, die gaistlich lehen hetten, darmit nit annder auff sy wachten, ob sy der verdampten büechlin ains behielten, darmit sy umb ir pfründ kämen. (11) Ich waiß auch nit, was die universitet von leiptzig dringen wolt zu der ungehorsame, dann ob sy der von wittenberg so seer schonen wolten, das ich doch nit sich in den wittenbergischen geschrifft verdient, die dann leiptzig hoch schmähen (12). Ainß kann ich E.f.g. nit verhalten, so mein schwestersonn In Michel dem Erwürdigen her Rector der universitet den brieff geantwurt, der dan X. tag nach mir zu leiptzig belibnn, (13) das sein Erwürd nit hat sich erkündet In dem selbigen fal; auch vil der universitet wissent, das ich gesagt hab: wann ultima publicatio geschech bulle originalis, Ich müesse die universitet auch ersuchnn:(14)

Söllichs hab ich E.f.g. In gantzem underthänigen willen nit wölln verhalten, dann wie luder sich berümpt, etlich zu leiptzig In der universitet Im anhengig (15), wa mann nit handelt der bull gleichförmig, möcht der universitet grosser nachteil darauß entspringen, wie dann die bull der universitaet halb außweißt; (16) das mir laid wer zu vor E.f.g. halb als ainß christenlichen fürstenn nachmals der universiteten halb, deren Eer unnd wolfart ich beger.

Darmit mich E.f.g. unnderthänigklich befelhend

datum Ingolstat
am XXX Octobris, darann ich E.f.g. brieve abents entpfangen hab. Anno Domini MDXXo.

E.F.G. Unnderthäniger Caplan D. Eck

Durchlauchter, hochgeborener Fürst.
Ich bin alle Zeit bereit, Eurer Fürstlichen Gnaden untertänigen gehorsamen Dienst zu leisten und bete für Euch in Demut zu Gott.

Gnädiger Herr!

Da Eure Fürstliche Gnaden und die Räte der hochberühmten Universität Leipzig daran zweifeln, daß ich den Brief an sie, den ich zusammen mit der päpstlichen Bulle übersandt habe, selbst verfaßt habe, weil ich allein einen Auftrag für Brandenburg, Merseburg und Meissen gehabt hätte usf., möchte ich Eure Fürstliche Gnaden untertänig Folgendes wissen lassen:

Ich habe solchen Brief an die Universität geschrieben und sie entsprechend dem Inhalt der Bulle zum Handeln aufgefordert. Denn obgleich allein in den oben genannten drei Domstiften die Originalbulle durch mich veröffentlicht und angeheftet werden sollte, damit die angesprochenen Personen Kenntnis davon nahmen, habe ich zusätzlich einen Kommissionsbrief und ein Beglaubigungsschreiben mitgeführt, was Eure Fürstliche Gnaden wohl weiß, dazu auch die mündliche Instruktion, anderen Fürsten, Bischöfen, Universitäten und großen Städten eine Kopie der Bulle zuzustellen. Das habe ich teils persönlich, teils schriftlich an vielen Orten getan, und ich habe noch niemanden gefunden, der sich gegenüber der Autorität des Papstes ungehorsam gezeigt hätte. Und da die Kopien der Bulle authentisch sind, wie sich durch die Begleitschreiben erweist, beschränkt sich mein Auftrag darauf, diese sicher zuzustellen, und zwar mit schriftlicher Anweisung oder persönlich. Die Empfänger wissen dann, wie sie sich danach verhalten sollen. In diesem Sinn habe ich nach Frankfurt an der Oder, Erfurt, Wien und Wittenberg geschrieben. Erst gestern hat man die Bulle hier in Ingolstadt publiziert.

Ich bitte daraufhin Eure Fürstliche Gnaden mit aller Untertänigkeit als christlicher Fürst, als der Ihr Euch stets und auch jetzt hervorragend erwiesen habt und erweist, an Eurer Universität dafür zu sorgen, daß sie die päpstlichen Mandate befolgt, die Bulle in einer öffentlichen Versammlung vorlegt und verbietet, die verurteilten Artikel zu unterstützen, zu lehren usf., sowie die verurteilten Bücher sämtlich dem Rektor auszuhändigen, damit sie von den Studenten an den Kollegien und Bursen nicht versteckt gehalten werden. Besonders soll das den jungen Menschen ganz deutlich gemacht werden, die im Besitz geistlicher Pfründen sind, damit sie einander überwachen, ob einer eins der verurteilten Bücher behalten habe und so in Gefahr ist, seine Pfründe zu verlieren. Auch weiß ich nicht, was die Universität Leipzig veranlassen sollte, sich ungehorsam zu zeigen, als ob sie die Hochschule in Wittenberg schonen wollte. Das habe ich aufgrund der Schriften der Wittenberger doch nicht verdient, die die Leipziger Hochschule sehr verleumden. Ich muß Eurer Fürstlichen Gnaden den Vorwurf machen, daß, als mein Neffe MICHAEL KNAB dem ehrwürdigen Herrn Rektor der Universität meinen Brief übergeben hatte, dieser dann zehn Tage in Leipzig in Leipzig gewartet hat, sich Seine Ehrwürden jedoch nicht danach erkundigte, denn es wissen auch viele Mitglieder der Universität, daß ich gesagt habe, nach der zuletzt erfolgten Publikation der Bulle müsse ich auch die Universität darum ersuchen.

Ich habe Eurer Fürstlichen Gnaden ganz untertänig diese Sachlage nicht vorenthalten wollen. Da LUTHER sich rühmt, daß er an der Leipziger Universität zahlreiche Anhänger habe, würde der Hochschule großer Nachteil daraus entstehen, wenn man nicht entsprechend dem Inhalt der Bulle vorgeht, wie es der Text im Hinblick auf die Universitäten auch aussagt. Mir täte das in erster Linie für Eure Fürstlichen Gnaden als christlichem Fürsten leid, dann auch für die Universität, deren Ehre und Wohlergehen ich wünsche.

Damit empfehle ich mich untertänig Eurer Fürstlichen Gnaden.

Gegeben in Ingolstadt am 30. Oktober im Jahr des Herrn 1520.
Heute abend habe ich Euren Brief empfangen.

Eurer Fürstlichen Gnaden ergebener Kaplan D. Eck.



1. Vgl.o.Brief 18-10-1520, Anm.2ff.

2. Vgl. ebd.Anm.5.

3. WIEDEMANN, Eck 153ff.

4. »Exsurge Domine«: Dokumente Bd 2, 408.

5. Vgl.o.Brief 18-07-1520.

6. Vgl. u. Anm.8f sowie o. Brief 14-10-1520 Anm.9-13 u. unten Brief 01-01-1521 (Nr.123).

7. Vgl.o.Brief 01-10-1520, Anm.7.

8. Die Briefe Ecks an die Universitäten Frankfurt/Oder und Erfurt sind verloren. Wien: o.Brief 14-10-1520. - Wittenberg: o.Brief  03-10-1520 - Ingolstadt: o.Brief 17-10-1520.

9. Vgl. o. Brief 14-10-1520 (Wien) Anm.6.

10. Vgl.o. Brief  03-10-1520 Anm.18; Brief 14-10-1520 (Wien) Anm.9;  Brief 17-10-1520 Anm.8.

11. Vgl. o. Brief 03-10-1520 Anm.22.

12. Die Universitäten Leipzig und Wittenberg galten seit 1519 als Rivalen.

13. Zu Michael Knab s.o.Brief 18-02-1519, Anm.25.

14. Gemeint ist die 60-Tagefrist der Bulle: Dokumente Bd 2, 398.

15. LUTHER: XXX.

16. Vgl. die Brief  03-10-1520 und  Brief 14-10-1520 (Wien)  und »Exsurge Domine«: Dokumente Bd 2, 392, 404 u. 445.