Übersicht Reformationsgeschichte - Übersicht Briefwechsel Eck
Nr. 124

Eck an Bischof Christoph von Stadion
Augsburg
15-11-1520

Bis 1966: Nürnberg, Germ Nat.museum IVa; seitdem Nürnberg, Landeskirchl. Archiv
RST 21/22, 218/220, Nr 97

Eck nimmt auf sein Schreiben an den Bischof vom 10-11-1520  Bezug. Er befürchtet, der Papst werde das Zögern des Bischofs mißbilligen. Leonhard Eck hat berichtet, daß der herzogliche Rat Winzerer Herzog Wilhelm mitgeteilt habe, die Bulle sei in Niederbayern publiziert worden und er habe dem Herzog eine deutsche Übersetzung zukommen lassen. Auf Ecks Bericht an den Herzog hat dieser geantwortet, daß er sich nicht einmischen wolle, da die Luthersache den Glauben beträfe. Sollten die Bischöfe jedoch die weltliche Obrigkeit um Schutz des christlichen Glaubens und Ausrottung von Irrtümern ansuchen, wolle er diesem Ansuchen als christlicher Fürst entsprechen. Der Papst hat Eck das Nutzungsrecht auf das erste freiwerdende Kanonikat am Augsburger Dom eingeräumt. Mit dem Tode des Domherrn Albert von Rechberg ist ein solches freigeworden, jedoch ist sich Eck über die Einstellung des Domkapitels zu seiner Kandidatur im unklaren. Er bittet den Bischof um sein Wohlwollen in dieser Frage und verweist auf die Fürsprache des Papstes und seiner Patrone unter den Kardinälen.


Reverendissimo in Christo patri et domino, domino Christophoro, insignis ecclesiae Augustensis episcopo, domino et patrono suo colendissimo.

Salutem plurimam cum paratissimis obsequiis!

Scripsi, reverendissime pater, proximo nuncio, quid in mandato mutandum, et quid faciendum; (1) solum timeo, papam egre laturum vestram tarditatem. (2) Oportet haeresibus celeriter obviare. Quanto diutius moramini, tanto magis invalescit morbus.

Leonhardus Eckius (3) heri noctium nobis retulit, Casparem Wintzerer (4) scripsisse illustrissimo principi nostro, publicatam in partibus inferioribus bullam, (5) transmisisse quoque illustrissimae dominationi suae copiam bullae impressam in vulgari, licet Eckius non laudet illam interpretationem, quod sit nimis obscura. (6)

 En altera vice requisivi principem nostrum super illo negotio, ex quo episcopi tardatis. Heri in itinere accepi literas ab illustrissima dominatione sua. (7) Scribit sic:

 »Des Lutterß halb, dieweil sein handlung den glauben und ander artickel betreffen, hat uns nit gezimmen wollen, unser hand in geistlich sachen bisher ze schlahen. So aber durch die gaistlich oberkait und ordinarien darinnen etwas firgenommen, und wir zu hanthabung als die weltlich oberkait um hilf ersucht werden, wöllen wir uns zu erhaltung und beschützung christenlichs glaubens und zu ausreutung aller irsal christenlich und fürstlich halten und erzaigen. Das wolten wir euch auf euer schreiben etc.«

Iam novit reverendissima paternitas vestra animum principis nostri, quod potest exequi in territoriis suis, implorato auxilio suo brachii secularis.

Dedit michi sanctissimus dominus noster (8) accessum ad proximum canonicatum et praebendam, vacantem etc. in ecclesia cathedrali Augustensi. (9) Iam vita functo domino Alberto de Rechberg (10) insto pro possessione, quia reservata marchionum (11) et aliorum vel gratiae non possunt michi nocere. Nescio, quid capitulum faciet. Si michi denegabit, opus erit, ut utar iure meo directe contra capitulum nolentem dare, quod iure ad me attinet.

Rogo reverendissimam paternitatem vestram, si res ad eam delata fuerit, ut pro tranquillitate consulat et michi non adversetur, (12) quia hoc omnino expediam, nisi papa velit a me deficere et omnes cardinales patroni mei. (13) Mallem tamen, ut cum quiete fierem.

Me commendo reverendissime paternitati vestrae totum et ex integro. Ex Augusta, 15. Novembris anno gratiae MDXX.

Eiusdem reverendissimae paternitatis deditissimus capellanus
J. Eckius.




Viele Grüße mit bereitwilligem Gehorsam!

Ich habe, hochwürdigster Vater, in meiner letzten Botschaft mitgeteilt, was am Mandat zu ändern und was zu tun ist. Ich fürchte nur, der Papst wird Euer Zögern ungnädig aufnehmen. Es ist notwendig, Häresien schnell entgegenzutreten. Je länger Ihr wartet, um so mehr breitet sich die Krankheit aus.

LEONHARD VON ECK hat mir gestern abend mitgeteilt, CASPAR WINTZERER habe unserem erlauchten Fürsten geschrieben, die Bulle sei in Niederbayern publiziert worden; auch habe er Seiner erlauchten Herrschaft eine gedruckte Kopie der Bulle in deutscher Übersetzung übersandt, wenn LEONHARD VON ECK auch jene Übersetzung nicht lobt, da sie allzu dunkel ist.

Andererseits habe ich unseren Fürsten über jene Glaubenssache informiert, in der Ihr als Bischof so säumig seid.

Gestern auf der Reise von Ingolstadt nach Augsburg habe ich einen Brief von Seiner erlauchtesten Herrschaft erhalten. Er schreibt Folgendes:

»Im Falle LUTHERS, dessen Sache den Glauben und andere Streitfragen betrifft, haben wir es bisher nicht als passend angesehen, daß wir uns in die geistlichen Angelegenheiten einmischen. Da aber die geistliche Obrigkeit und die Bischöfe darin etwas unternommen haben und unsere Mitwirkung und Hilfe als weltliche Obrigkeit erbeten wurde, wollen wir uns zur Erhaltung und zum Schutz des christlichen Glaubens und der Austilgung aller Irrtümer in christlicher und fürstlicher Weise verhalten. Das wollten wir Euch auf Euer Schreiben usf.«

Eure hochwürdigste Väterlichkeit kennt ja die Gesinnung unseres Fürsten und was er in seinem Herrschaftsgebiet tun kann, wenn er als weltliche Gewalt um Hilfe gebeten wird.

Der Heilige Vater gewährte mir das als nächstes frei werdende Kanonikat oder Präbende an der Domkirche zu Augsburg. Da Herr ALBERT VON RECHBERG gerade verstorben ist, dränge ich auf die Inbesitznahme von dessen Kanonikat, da Ansprüche der Markgrafen und anderer oder irgendwelche Gnadenerweise meinen Anspruch nicht schmälern können. Ich weiß nicht, was das Domkapitel tun wird. Wenn es mich abweisen sollte, wird es notwendig sein, mein Recht unmittelbar gegen das Domkapitel durchzusetzen, das mir dann nicht gewähren will, was mir rechtlich zusteht.

Ich bitte Eure hochwürdigste Väterlichkeit dann, wenn die Sache Euch vorgetragen wird, mit Ruhe auf sie einzuwirken und nichts gegen meine Interessen zu tun, denn ich werde sie durchsetzen, wenn nicht der Papst und alle meine Gönner unter den Kardinälen mich fallenlassen. Ich wollte aber lieber, daß ich mein Ziel ohne Streit erreiche.

Ich empfehle mich Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit ganz und aufrichtig.A
us Augsburg, 15. November im Jahr der Gnade 1520.

Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit ergebenster Kaplan
J. Eck

1. Vgl. o. Brief 10-11-1520 und das Schreiben des Generalvikars Heinrichmann an B.Christoph vom 29-11-1520: SCHRÖDER 172 sowie ebd. 152.

2. Vgl. SCHRÖDER 208.

3. .Zu Leonhard von Eck s. Brief 29-10-1515 sowie  Brief 19-10-1519, Anm.1

4. Rat der bayerischen Herzöge: ADB 43, 511f; RIEZLER 4, 23, 43f,48,215f,243ff,264 u.ö.

5. Die Bulle sei in Niederbayern publiziert.

6. Möglicherweise handelt es sich um den Ingolstädter Druck: »Inhalt bepstlicher Bull wider Martin Ludder auffs kürtzest getheüscht« (Dokumente zur Causa Lutheri Bd 2, 341 unter 2.3.1.), falls sie im November 1520 schon im Umlauf war: vgl. auch M .LIEBMANN, Urbanus Rhegius 138.

7. Eck hatte auf dem Weg von Ingolstadt nach Augsburg (14-11-1520) einen Brief Hg. Wilhelms empfangen.

8. Papst Leo X.

9. Leo X. hatte Eck die Prärogative für das erste freiwerdende Kanonikat an der Augsburger Kathedralkirche gewährt.

10. Kanoniker am Dom zu Augsburg u. Dekan des Domkapitels: vgl. über ihn SCHRÖDER 159 (Generalvikar Heinrichmann an B. Christoph, 02-11-1520); KALKOFF: ZKG 37 (1918), 118 Anm. 1: »Es kann hier nur nebenbei auf (Ecks) vielfache Umtriebe als Pfründenjäger erinnert werden, aber bezeichnend ist es, wie er seinen Racheakt gegen B. Adelmann überdies noch zur Erlangung einer Augsburger Domherrenstelle auszubeuten suchte. Er hatte sich vom Papste die Anwartschaft auf die nächste an der Kathedrale freiwerdende Pfründe verleihen lassen, und da nun soeben ein Kanonikus Albert von Rechberg gestorben war, so suchte er diese Stelle an sich zu bringen, indem er am 15-11-1520 dem Bischof erklärte, daß ältere den Markgrafen von Brandenburg un d andern zustehende Ansprüche gegenüber den ihm vom Papste verliehenen Rechten nicht ins Gewicht fallen könnten. Wenn das Kapitel ihm die Besitzergreifung verweigere, werde er auf dem Prozeßwege vorgehen. Wenn dann die Domherren sich an den Bischof wenden würden, möge dieser ihnen zu gütlicher Verständigung mit Eck raten und ihm jedenfalls nicht entgegenarbeiten, da er mit Hilfe des Papstes und der Kardinäle dieses Ziel bestimmt zu erreichen hoffe. Der Bischof antwortete darauf am 22-11-1520 ziemlich kühl, daß ihn diese Sache vorerst nichts angehe, daß er aber vorkommendenfalls nicht gegen Eck auftreten werde.« Vgl. u. Brief 22-11-1520, Anm.10.

11. Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach.

12. B. Christophs Antwort: u.Brief 22-11-1520.

13. S. dazu den Schluß von Brief vom 03-05-1520.