Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 139

Eck an Bischof Philipp von Freising
Ingolstadt
24-03-1521

München BayHStA, Kurbayern Äußeres Archiv 4262: fol 15 (Abschrift)
PRANTL, Geschichte der L-M-Uni 2, 163; RST 54 (114f) Beilage 3; MEICHELBECK 297f

Herzog Wilhelm hat Eck nach Augsburg zitiert und das Begehren geäußert, die Publikation der Bulle abzubrechen oder zu verschieben. Das steht jedoch nicht in Ecks Macht. Möglich ist, daß durch Ungeschicklichkeit der Beichtväter Unwille im Volk entstanden ist. Er sendet nichtsdestotrotz eine Kopie der Bulle und des Kommissionsbriefes an Bischof Philipp und bittet ihn um ein Urteil über letzteren.
Hochwirdiger durchleuchtiger hochgebornner fürst. E.f.g.
seien mein gehorsam dinste alletzeit zuvoran berait.

Genediger her:
Der durchleuchtig fürst hertzog Wilhelm in Bairn mein gnediger her hat mich in disen tagen gen Augspurg erfordert und an mich begert, das ich die Bäbstlich Bullen in der lutherischen irrungen und sachen aufheben oder anstellen solte etc.(1)

Und wiewol ich seinen f.g. in dem und anndernn unnderthenigcklich gern willfarn wolle, so haben doch e.f.g. und derselben geleert Räte wol unnd billich zubedenncken, das in meiner macht nit ist noch stet, die Bull aufzuheben noch anzustellen und sentenciam summi pontificis zu retractirn, ob aber unnder dem volgkh aus unschigkligkhait der peichtvätter ain unwill aufersten wolte, des ich mich gleichwol nit versech, (2) welchs auch ich eurn, auch obgedachts meins g.h. furstlichen gnaden zu unnderthenigem gefallen, sovil mir muglichn ist und thuenlich gern verhuett, stehen wollte, so schickh ich hiebei e.f.g. Copiam bulle (3) und commissionis apostolice. (4) Mögen sich darinnen e.f.g. ersehen aigentlich und gruntlich ermessen, was ich alszdann auf verrerm bericht e.f.g. zu abstellung der aufrueren und erpauung thun mag, und in meiner macht stet, daran soll bei mir und an meiner person kainn fleiss noch arbeit erwinden,

dergleich ich obgedachtem meinem g.h. auch antzaigt hab und erpeten, solichs e.f.g. zuczeschreiben, (5)

des alless hab ich e.f.g., der ich mich underthenigklich hiemit bevilh bei disem meinem botten nit wollen verhalten.

Datumm Ingolstat XXIIII. Martii M.D.XXI

E.f.g.unndertheniger Capplan
Johann v. Eck Doctor etc.
Hochwürdiger, durchlauchter, hochgeborener Fürst:
meine gehorsame Dienstbereitschaft zuvor!

Gnädiger Herr:
Der durchlauchte Fürst, Herzog WILHELM von Bayern, mein gnädiger Herr, hat mich in diesen Tagen nach Augsburg beordert und von mir begehrt, die päpstliche Bulle gegen die lutherischen Irrtümer entweder aufzuheben oder ihre Durchführung auszusetzen usf.

Obgleich ich Seiner Fürstlichen Gnaden in dieser und anderen Angelegenheiten gerne entsprechen wollte, so mögen doch Eure Fürstliche Gnaden und Ihre gelehrten Räte bedenken, daß es nicht in meiner Macht liegt, die Bulle aufzuheben oder auszusetzen und den Willen des Papstes damit nicht zu erfüllen. Auch wenn in der Bevölkerung durch ungeschicktes Verhalten der Beichtväter Unwille entstehen sollte, schicke ich beiliegend Eurer Fürstlichen Gnaden eine Abschrift der Bulle und des päpstlichen Kommissionsbriefes und betone, daß ich Eurem, auch dem meines oben erwähnten gnädigen Herrn und fürstlicher Gnaden Wunsch entsprechen und, so weit ich kann, zurückhaltend vorgehen will. Eure Fürstliche Gnaden mögen daraus ersehen und gründlich überdenken, was ich auf Euren späteren Bericht hin zur Abstellung von Aufruhr und pastoraler Unterstützung tun kann. Was in meiner Macht steht, will ich tun und es hinsichtlich meiner Person nicht an Fleiß und Mühen mangeln lassen.

Ich habe das auch meinem oben erwähnten gnädigen Herrn mitgeteilt und darum gebeten, dies Eurer Fürstlichen Gnaden zu schreiben.

Dies wollte ich Eurer Fürstlichen Gnaden, der ich mich hiermit untertänig empfehle, mitgeteilt haben.

Gegeben zu Ingolstadt am 24. März im Jahr der Gnade 1521.

Eurer Fürstlichen Gnaden Untertäniger Kaplan
Johann von Eck, Doktor usf.

1. Bitte des Hgs Wilhelm von Bayern an Eck in Augsburg, die Publikation der Bulle »Exsurge Domine« bis zum Ende des Wormser Reichstages aufzuheben oder zurückzustellen.

2. Vgl. dazu PASTOR, Geschichte der Päpste IV/1, 282f:

»Am 11.März richteten (die bayerischen Herzöge) an die Bischöfe ihres Landes Beschwerdeschreiben über die Art, wie die Seelsorger nach Verkündigung der päpstlichen Verdammungsbulle vorgingen. Durch eigene Erfahrung und glaubwürdige Berichte hätten sie befunden, daß die Härte, womit man Besitzern von Lutherischen Schriften, welche dieselben nicht ausliefern wollen, die Absolution verweigere, mehr zu Aufruhr und Zerrüttung christlicher Werke als zum Seelenheil und guten Wirkungen diene, daß sich die Laien dem entschieden widersetzen, 'schreien und murmeln'. Da jetzt auf dem Reichstage zu Worms mit Luther unterhandelt werden solle, mögen die Bischöfe verordnen, daß bis zum Ausgang dieser Verhandlungen ihre Seelsorger mit dem Einschreiten gegen Lutherische Schriften 'gemach tun' und dieselben weder verdammen noch gutheißen, sondern 'zur Ruhe stellen' sollen.«

3. Vgl. Brief 01-10-1520, Anm.7.

4. Vgl. Brief 18-07-1520.

5. Dieser Brief Ecks an den Herzog ist verloren.