Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 140
Bischof Philipp von Freising an Eck
Freising?
24/27-03-1521


DRUFFEL, Aufnahme der Bulle, 594ff (Kopie unvollständig)


Bischof Philipp bestätigt den Eingang von Ecks schriftlichem Bericht über seine Verhandlungen mit Herzog Wilhelm in der Sache der Publikation der Bulle "Exsurge Domine" sowie den Erhalt der Kopien der Bulle und des Kommissionsbriefes. Der Bischof hätte gewünscht, es wäre in dieser Sache mit mehr Bedacht gehandelt worden. Auf Ecks unmäßigen Druck hin hat er aber die Publikation der Bulle veranlaßt, wenn auch dadurch mehr Belastungen, ja Aufruhr und Empörung als gute Früchte erwartet werden. Der Bischof ist sicher, daß Herzog Wilhelm Eck auch von dem Vorgehen des Kaisers und der Reichsstände auf dem Wormser Reichstag berichtet hat. Über Ecks Kommissionsbrief will Bischof Philipp nicht urteilen, da jener auch noch eine dem Bischof unbekannte päpstliche Instruktion besitzen soll. Da Eck Vollmacht hat, von Verstößen gegen die Bulle zu absolvieren oder absolvieren zu lassen, wäre es gut gewesen, wenn er solche Vollmacht auch an die Beichtväter der Diözese delegiert hätte. Damit wäre er der fortschreitenden Verachtung für die päpstlichen Sanktionsdrohungen zuvorgekommen.


....... Wir haben eur schreiben, darinnen ir meldet, was[...] herzog Wilhelm mit euch Bäp. Heil. bullen halben, wider doctor Martinum Luther ausgangen, gehandelt, (1) auch ir S.L. antwort geben solt haben, (2) neben einem abdruck eurer commission und mit angehenktem erpieten, das wir dieselbig commission aigentlich und grüntlich ermessen (3) und was ir auf ferrern unsern bericht zu abstellung aufrur und empörung thun mögt etc., (4) sol bei euch nit erwinden etc., (5) haben wir merers inhalt hörn lesen.

 Und hetten vor der zeit gern gesehen, ist auch unser beger an euch darauf gestanden, das berürte sach, daran vil gelegen, mit mererm bedacht gehandelt wäre worden. (6)

Aber nichtdesweniger, auf eur unmessigs anhalten und ersuchen, (7) und damit nit ursach gegeben, jemand in unserer pflicht, oder auch, als solten wir Bäp. Heil. nit gebürliche gehorsam (8) erzeigen, zu disputiern etc., haben wir die publication ausgeen lassen; und mocht vielleicht, als wir bericht, nit on sein, das im fürstenthumb Bairn etlich landsassen, underthon und verwandten sich darin beswärd gedächten, und solichs mer zu aufrur, emperung und zerrüttung gueter werk, dann zu frucht und guettem dienstlich geacht werden. (9) Wir sein auch on zweifl, bemelter unser fr. lieber vetter (10) hab euch bericht, was Kai. M. unser allergnedigster herr sambt den stenden des h. reichs zu Wurms in berürter sach gehandelt hab. Nun wolten wir je gern unrat fürkomen, und der seel seligkait, so uns bevolen, bedenken, es wil aber uns, wie ir und die verstendigen wisst, nit gepürn, noch dieser zeit gelegen sein, euer commission auszulegen, engern oder weitern, insonder dieweil, als wir bericht, ir daneben ein sondere instruction, der inhalt wir nit wissen, haben sollt, (11) ist auch ain übrigs, solichs an uns tzu begern.

Aber nachdem ir ain bäbstlicher gewalthaber sein, (12) und pillich, was und wie weit sich eur gewalt erstreckt, wissen sollt, in craft eurs bevelhs etlich, so wider die bullen gehandelt oder verprochen, absolvirt, (13) auch soliche absolution andern mitzutailen bevolen solt haben, sovern ir dann sollichen gewalt hettend, bedeucht uns nit ungut zu sein, merer ergernuss und nachteil, wie sich dann an etlichen andern orten erzeigt hat, zu furkomen, das ir den peichtvätern unsers bistumbs bevelen, macht und gewalt geben hettend, die, so sich in iren gewissen berürter bullen halber beschwärt erfunden, des sich erkennen oder peichten thäten, zu absolviern. (14) Darmit mochten auch Bäp. Heil. censuren in diesen swären läufen nit also in verachtung komen, und sonst in vermog mergemelts unsers fr. l. vetters begeren was guet wäre gehandelt worden, haben wir euch, die sach nach aller noddurft zu erwegen, auf eur schreiben wellen anzaigen. (15)
.....   Wir haben Euer Schreiben erhalten, in dem Ihr Nachricht gebt, was Herzog WILHELM mit Euch über die päpstliche Bulle gegen Doktor MARTIN LUTHER besprochen hat; auch seine Antwort soll vorliegen neben einer Kopie Eurer Kommission, verbunden mit dem Angebot, uns die Bedeutung jener Kommission zu erläutern, und der Darlegung Eurer geplanten Gegenmaßnahmen zur Abstellung von Aufruhr und Empörung usf, worüber wir in einem Schreiben berichtet haben. Dieses und anderes aus dem Inhalt ist uns mündlich vorgetragen worden.

Gern hätten wir gesehen, es wäre schon früher etwas geschehen, und unser Begehren war in einer so wichtigen Sache stets darauf gerichtet, daß sie mit größerer Überlegung angegangen worden wäre.

Trotzdem haben wir aufgrund Eures übertriebenen Drängens und Nachsuchens und damit wir nicht jemandem unter unseren Untertanen Anlaß zu Unmut darüber gäben, wir würden päpstlicher Heiligkeit nicht den gebührenden Gehorsam leisten, zum Beispiel uns auf eine Disputation einlassen usf, die Veröffentlichung der Bulle veranlaßt, wenn es auch, wie wir berichtet haben, nicht ohne Grund sein mag, daß sich im Fürstentum Bayern eine Reihe von Landsassen, Untertanen und Verwandten von dieser Maßnahme bedrückt fühlen und befürchten, diese führe zu noch mehr Aufruhr, Empörung und Infragestellung der guten Werke als zu Nutzen und fruchtbaren Ergebnissen. Wir zweifeln auch nicht daran, daß erwähnter Herzog WILHELM, unser lieber Vetter, Euch berichtet hat, was der Kaiser, unser allergnädigster Herr, mit den Reichsständen in Worms in der genannten Angelegenheit verhandelt hat. Nun wollten wir ja gern ungünstigen Entwicklungen vorbeugen und die Seligkeit der uns anvertrauten Seelen im Auge behalten. Trotzdem ist es nicht unsere Sache, Eure Kommission zu interpretieren, einzuschränken oder auszuweiten, besonders weil Ihr ja, wie Ihr berichtet, außerdem noch eine besondere Instruktion besitzen sollt, deren Inhalt wir nicht kennen. So erübrigt sich ein solches Begehren an uns.

Da Ihr jedoch im Auftrag des Papstes handelt und im Rahmen Eures Jurisdiktionsbereichs, den Ihr kennen sollt, aufgrund Eures Auftrags einige, die gegen die Bulle verstoßen haben, absolviert, auch befohlen haben sollt, anderen von solchen Absolutionen Mitteilung zu machen: solltet Ihr also solche Gewalt besitzen, wäre es nach unserer Ansicht sehr angemessen, um noch mehr Ärgernis und Schaden, die an einigen Orten aufgetreten sind, zu vermeiden, wenn Ihr den Beichtvätern unseres Bistums die Vollmacht erteilen würdet, diejenigen zu absolvieren, die wegen der Bulle Gewissenskonflikte gehabt haben und diese offen bekennen oder beichten. So würde verhindert, daß die päpstlichen Zensuren in diesen schweren Zeiten so sehr in Verruf kommen, und es würde damit auch den Forderungen unseres lieben Vetters nach angemessenem Handeln entsprochen.
Das haben wir Euch auf Euer Schreiben mitteilen wollen und daß wir bereit sind, die Sache in der erforderlichen Weise zu durchdenken.


1. Brief 24-03-1521, Anm.1.

2. Ebd Anm.5.

3. Ebd Anm.4.

4. Ebd

5. Ebd

6. Vorwurf an Eck, überstürzt gehandelt zu haben.

7. S.o.Brief 28-12-1520, Anm.14ff.

8. Vgl. Bulle »Exsurge Domine«: Dokumente Bd 2, 386 :»Nervus ecclesiasticae disciplinae, obedientia scilicet« u. ebd. 388: »Inhibentes in virtute sanctae oboedientiae..«

9. Vgl. o. Brief 24-02-1521, Anm.2.

10. D.h. Hg.Wilhelm.

11.Vgl. KALKOFF: ZKG 25 (1904), 538f.

12. 12.d.h. im päpstlichen Auftrag als Sondernuntius.

13. 13.Zur Absolution Adelmanns s. o.Brief Nr.107 Anm.22. - Zu Pirckheimers und Spenglers Absolution Näheres bei P.KALKOFF, Pirkheimers und Spenglers Lösung vom Bann 1521: Jahresbericht des Gymnasiums St.MariaMagdalena zu Breslau, 1896.

14. 14.Eck soll also den Beichtvätern seine Absolutionsvollmacht übertragen.

15. 15.Vgl. dazu B.Philipps Brief an Hg. Wilhelm vom 27-03-1521: 

»Nachdem wir...das an sundern bevelhe in der sachen ainen anstand zu machen, oder die wider die bäbstlichen bullen gehandelt zu absolvieren, in unser gewalt und macht nit stee, anzeigen haben lassen, wo uns aber solichs von Bäp.Heil. oder des gewalthaber, als wir vernomen das doctor Eck sein sollt, bevele geben würde, so wolten wir E.L. begeren nach gern wilfaren und handeln, wie dann E.L. sonder zweifel verrer von gemeltem unserm vicari (Jung) bericht empfangen, darauf dann E.L., als uns gedachter unser gesanter anzeigt, sich freuntlich erzeigt und erpoten, mit doctor Egken zu handeln, wie wir dann achten beschehen. Darauf ist uns von gedachtem doctor Ecken ain schreiben mit einschliessung einer abgedruckten bäbstlichen bullen zugeschickt, darauf wir ime dann wiederumb schriftlich antwort gegeben, alles wie E.L. hierin befinden. Und dieweil es dann je in unserer macht nit steet, Bäp.Heil. mandaten, als unsers haupts und obrigkeit, zu wider handeln, dasselb aufzuheben oder anzustellen, wie E.L. selber wol abnemen, so kunnen wir ir dem, wie gern wir es thäten, nicht wlfaren. Wo aber doctor Egk, inhalt unserer antwurt im gegeben, in sachen nochmals thon wurdt, oder von jemantz anders, so des macht und gewalt hette, uns bevolen würdt, wolten wir unsers vorigen erpieten on verzug in unserm bistumb ausgeen lassen und handeln, was zu gutem dienen möcht, des wir uns auch zu thun schuldig erkennen.«

DRUFFEL, Die Aufnahme der Bulle 596f (Nr.16):