DRUFFEL, Aufnahme der Bulle, 594ff (Kopie unvollständig)
....... Wir haben eur schreiben, darinnen ir
meldet, was[...] herzog Wilhelm mit euch
Bäp. Heil. bullen halben, wider doctor
Martinum Luther ausgangen, gehandelt, (1)
auch ir S.L. antwort geben solt haben, (2)
neben einem abdruck eurer commission
und mit angehenktem erpieten, das wir
dieselbig commission aigentlich und
grüntlich ermessen (3) und was ir auf ferrern
unsern bericht zu abstellung aufrur und
empörung thun mögt etc., (4) sol bei euch nit
erwinden etc., (5) haben wir merers inhalt
hörn lesen. Und hetten vor der zeit gern gesehen, ist auch unser beger an euch darauf gestanden, das berürte sach, daran vil gelegen, mit mererm bedacht gehandelt wäre worden. (6) Aber nichtdesweniger, auf eur unmessigs anhalten und ersuchen, (7) und damit nit ursach gegeben, jemand in unserer pflicht, oder auch, als solten wir Bäp. Heil. nit gebürliche gehorsam (8) erzeigen, zu disputiern etc., haben wir die publication ausgeen lassen; und mocht vielleicht, als wir bericht, nit on sein, das im fürstenthumb Bairn etlich landsassen, underthon und verwandten sich darin beswärd gedächten, und solichs mer zu aufrur, emperung und zerrüttung gueter werk, dann zu frucht und guettem dienstlich geacht werden. (9) Wir sein auch on zweifl, bemelter unser fr. lieber vetter (10) hab euch bericht, was Kai. M. unser allergnedigster herr sambt den stenden des h. reichs zu Wurms in berürter sach gehandelt hab. Nun wolten wir je gern unrat fürkomen, und der seel seligkait, so uns bevolen, bedenken, es wil aber uns, wie ir und die verstendigen wisst, nit gepürn, noch dieser zeit gelegen sein, euer commission auszulegen, engern oder weitern, insonder dieweil, als wir bericht, ir daneben ein sondere instruction, der inhalt wir nit wissen, haben sollt, (11) ist auch ain übrigs, solichs an uns tzu begern. Aber nachdem ir ain bäbstlicher gewalthaber sein, (12) und pillich, was und wie weit sich eur gewalt erstreckt, wissen sollt, in craft eurs bevelhs etlich, so wider die bullen gehandelt oder verprochen, absolvirt, (13) auch soliche absolution andern mitzutailen bevolen solt haben, sovern ir dann sollichen gewalt hettend, bedeucht uns nit ungut zu sein, merer ergernuss und nachteil, wie sich dann an etlichen andern orten erzeigt hat, zu furkomen, das ir den peichtvätern unsers bistumbs bevelen, macht und gewalt geben hettend, die, so sich in iren gewissen berürter bullen halber beschwärt erfunden, des sich erkennen oder peichten thäten, zu absolviern. (14) Darmit mochten auch Bäp. Heil. censuren in diesen swären läufen nit also in verachtung komen, und sonst in vermog mergemelts unsers fr. l. vetters begeren was guet wäre gehandelt worden, haben wir euch, die sach nach aller noddurft zu erwegen, auf eur schreiben wellen anzaigen. (15) | ..... Wir haben Euer Schreiben erhalten, in dem Ihr
Nachricht gebt, was Herzog WILHELM mit Euch
über die päpstliche Bulle gegen Doktor MARTIN
LUTHER besprochen hat; auch seine Antwort soll
vorliegen neben einer Kopie Eurer Kommission,
verbunden mit dem Angebot, uns die Bedeutung
jener Kommission zu erläutern, und der Darlegung
Eurer geplanten Gegenmaßnahmen zur Abstellung
von Aufruhr und Empörung usf, worüber wir in
einem Schreiben berichtet haben. Dieses und
anderes aus dem Inhalt ist uns mündlich
vorgetragen worden.
Gern hätten wir gesehen, es wäre schon früher etwas geschehen, und unser Begehren war in einer so wichtigen Sache stets darauf gerichtet, daß sie mit größerer Überlegung angegangen worden wäre. Trotzdem haben wir aufgrund Eures übertriebenen Drängens und Nachsuchens und damit wir nicht jemandem unter unseren Untertanen Anlaß zu Unmut darüber gäben, wir würden päpstlicher Heiligkeit nicht den gebührenden Gehorsam leisten, zum Beispiel uns auf eine Disputation einlassen usf, die Veröffentlichung der Bulle veranlaßt, wenn es auch, wie wir berichtet haben, nicht ohne Grund sein mag, daß sich im Fürstentum Bayern eine Reihe von Landsassen, Untertanen und Verwandten von dieser Maßnahme bedrückt fühlen und befürchten, diese führe zu noch mehr Aufruhr, Empörung und Infragestellung der guten Werke als zu Nutzen und fruchtbaren Ergebnissen. Wir zweifeln auch nicht daran, daß erwähnter Herzog WILHELM, unser lieber Vetter, Euch berichtet hat, was der Kaiser, unser allergnädigster Herr, mit den Reichsständen in Worms in der genannten Angelegenheit verhandelt hat. Nun wollten wir ja gern ungünstigen Entwicklungen vorbeugen und die Seligkeit der uns anvertrauten Seelen im Auge behalten. Trotzdem ist es nicht unsere Sache, Eure Kommission zu interpretieren, einzuschränken oder auszuweiten, besonders weil Ihr ja, wie Ihr berichtet, außerdem noch eine besondere Instruktion besitzen sollt, deren Inhalt wir nicht kennen. So erübrigt sich ein solches Begehren an uns. Da Ihr jedoch im Auftrag des Papstes handelt und
im Rahmen Eures Jurisdiktionsbereichs, den Ihr
kennen sollt, aufgrund Eures Auftrags einige, die
gegen die Bulle verstoßen haben, absolviert, auch
befohlen haben sollt, anderen von solchen
Absolutionen Mitteilung zu machen: solltet Ihr also
solche Gewalt besitzen, wäre es nach unserer
Ansicht sehr angemessen, um noch mehr Ärgernis
und Schaden, die an einigen Orten aufgetreten sind,
zu vermeiden, wenn Ihr den Beichtvätern unseres
Bistums die Vollmacht erteilen würdet, diejenigen
zu absolvieren, die wegen der Bulle
Gewissenskonflikte gehabt haben und diese offen
bekennen oder beichten. So würde verhindert, daß
die päpstlichen Zensuren in diesen schweren Zeiten
so sehr in Verruf kommen, und es würde damit
auch den Forderungen unseres lieben Vetters nach
angemessenem Handeln entsprochen. |
1. Brief 24-03-1521, Anm.1.
2. Ebd Anm.5.
3. Ebd Anm.4.
4. Ebd
5. Ebd
6. Vorwurf an Eck, überstürzt gehandelt zu haben.
7. S.o.Brief 28-12-1520, Anm.14ff.
8. Vgl. Bulle »Exsurge Domine«: Dokumente Bd 2, 386 :»Nervus ecclesiasticae disciplinae, obedientia scilicet« u. ebd. 388: »Inhibentes in virtute sanctae oboedientiae..«9. Vgl. o. Brief 24-02-1521, Anm.2.
10. D.h. Hg.Wilhelm.
11.Vgl. KALKOFF: ZKG 25 (1904), 538f.
12. 12.d.h. im päpstlichen Auftrag als Sondernuntius.
13. 13.Zur Absolution Adelmanns s. o.Brief Nr.107 Anm.22. - Zu Pirckheimers und Spenglers Absolution Näheres bei P.KALKOFF, Pirkheimers und Spenglers Lösung vom Bann 1521: Jahresbericht des Gymnasiums St.MariaMagdalena zu Breslau, 1896.
14. 14.Eck soll also den Beichtvätern seine Absolutionsvollmacht übertragen.
15. 15.Vgl. dazu B.Philipps Brief an Hg. Wilhelm vom 27-03-1521:
DRUFFEL, Die Aufnahme der
Bulle 596f (Nr.16):