Eck an Herzog Wilhelm
Ingolstadt
23-03-1522
München BayHStA Kurbayern Äußeres Archiv 4262 fol 28 = Bayr. Rel. 1, 28 (Autograph Ecks)
WINTER 1, 86; A.v.DRUFFEL, Die Bairische Politik im Beginne d. Reformationszeit (1519 - 24): Abhandl. der hist. Classe der Kgl. Bayer. Ak. d. Wiss. III. Cl., Bd XVII., Abth. III. München 1885, 103 (697f), Nr 21
[F 039P]
König Heinrich VIII. von England hat seine schriftliche Verteidigung der Sakramente gegen Luther »Assertio septem sacramentorum« an den Papst gesandt und dafür den Titel eines "Protector (defensor) ecclesiae" erhalten. Ein Exemplar hat Eck, wohl zum Zweck einer Drucklegung in Deutschland, überantwortet erhalten. Der Tod Leos X. hat das aber wohl hinfällig werden lassen. Eck schlägt dem Herzog vor, dieses kontroverstheologisch nützliche Buch eventuell auf dem 1. Nürnberger Reichstag publik zu machen. Zu diesem Zweck will er es ihm zusenden, aber zuvor den Rat des Kanzlers Leonhard von Eck einholen. Der Franziskanerguardian in Ingolstadt hat Kritik am Wormser Edikt und dem fürstlichen Publikationsmandat geübt, da es z.B. in der Frage des Laienkelchs gegen das Evangelium streite. Angemessener als die tatsächlich von Kaiser und Papst gegen Luther angeandte Vorgehensweise ist nach Meinung des Guardians eine Disputation Luthers mit fünfzig Gelehrten oder ein Konzil. Der Guardian hat diese zwei »Artikel« vor den herzoglichen Räten, der Universität und der Stadt im Alten Schloß öffentlich verteidigt. Franz Burkhardt wird dem Herzog alles Nähere berichten.
Durchleuchtiger hochgeborner fürst. Gnädiger herr unnd fürst: Auch gnediger fürst und herr, kann ich
E.f.g. nit verhalten das bruder Caspar,
gardian hie zu Ingolstat, nachdem E.f.g.
das kaiserlich edikt mit sampt dem
fürstlichen mandat ungebürlich gehalten
hat, wie er dan durch das ganz jar gethan
hat, namlich das er gesagt hat, es sei im
evangelio gegründt, das man das
sacrament unter beiderlei gestalt nimmen
söll, auch das ditz nit der recht wäg sei,
den der bapst und kaiser wider den
Ludder firgenomen haben, sondern L.
doctores oder ain concilium sölt mit ime
disputirn, da hab er wol darfir, der Ludder
werde in etlichen artikel, darin man in jetz
verdampt, recht gewinnen. Diser zwaier
artikl ist er bestanden vor E.f.g. räten, der
universität und der stat alhie im alten
schlos zu Ingelstat, und den ersten
understanden zu bestatten aus dem
evangelio Johannis. Das zeig ich allein
E.f.g. an, dann es ist dozemal durch die
trey rät ainhelliglich beschlossen worden,
söllichs E.f.g. anzuzeigen: möcht
geschehen sein oder nit, doch mag E.f.g.
dess wol bericht empfahen von D.
Franzen.
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Durchlauchter, hochgeborener Fürst:
Die königliche Majestät von England hat in eigener Person gegen die lutherische Ketzerei ein Buch verfaßt, das die sieben Sakramente behandelt. Er hat dieses Buch in England auch drucken lassen und danach durch einen Gesandten viele Exemplare nach Rom geschickt und diese im öffentlichen Konsistorium dem Papst und den Kardinälen mit einer kurzen Ansprache seines Gesandten präsentieren lassen. Seine Heiligkeit hat daran großen Gefallen gezeigt. Danach hat Seine Heiligkeit das Buch zusammen mit anderen gelesen, es für sehr gut befunden und daraufhin dem König den Titel eines »Verteidigers des Glaubens« verliehen. Ein Exemplar, das die königliche Unterschrift trägt, hat mir der Papst aushändigen lassen. Er war dabei wohl der Meinung, ich solle es in Deutschland in lateinischer und deutscher Fassung erneut drucken lassen. Dazu ist es nun durch seinen Tod nicht mehr gekommen. Vielleicht wird die lutherische Sache jetzt auf dem Nürnberger Reichstag behandelt werden, denn es ist notwendig, aktiv zu werden, daß die Ketzerei sich nicht weiter verbreite und dadurch die geistliche und weltliche Obrigkeit verachtet werde. Es wäre gut, wenn Eure Fürstliche Gnaden die Räte des Heiligen Reichs auf dieses Buch hinweisen würde, denn es dient der Sache und nützt dem heiligen Glauben, auch der Ehre des Königs von England, und gereicht Eurer Fürstlichen Gnaden zum Lob für Eure christliche Gesinnung. Wenn aber Eure Fürstliche Gnaden meint, daß es angebracht sei, falls die Gelegenheit gegeben wäre, mitzuteilen, das Buch sei von Eurem Doktor empfohlen worden, der es aus Rom mitgebracht habe, will ich sofort Eurer Fürstlichen Gnaden das Buch zusenden. Ich hätte Euch schon längst darüber berichtet, habe aber den Rat Herrn LEONHARD VON ECKS abwarten wollen, ob er es für angebracht hielte, daß Eure Fürstliche Gnaden so handeln solle. Ich kann darüber hinaus Eurer Fürstlichen Gnaden gegenüber nicht verhehlen, daß der Franziskanerguardian von Ingolstadt, Bruder CASPAR, nachdem Eure Fürstliche Gnaden das kaiserliche Edikt zusammen mit dem fürstlichen Mandat hierher sandte, sich ungebührlich verhalten hat, und zwar schon das ganze Jahr hindurch. Er behauptet nämlich, es sei im Evangelium begründet, daß man das Sakrament unter beiderlei Gestalt empfangen solle, auch sei das Edikt nicht der richtige Weg, den Papst und Kaiser gegenüber LUTHER eingeschlagen hätten. Besser wäre es, wenn Rechtsgelehrte oder ein Konzil mit ihm disputieren würden: er sei sicher, daß LUTHER dann bei vielen jetzt verdammten Artikeln Recht bekommen würde. Diese zwei Artikel hat er gegenüber Euren Räten, der Universität und der Stadt hier im Alten Schloß zu Ingolstadt vertreten und sich herausgenommen, den ersten mit dem Johannesevangelium zu beweisen. Ich teile das Eurer Fürstlichen Gnaden mit, obgleich damals durch Eure drei Räte beschlossen worden war, Euch das zu melden. Das mag geschehen sein oder auch nicht; Eure Fürstliche Gnaden wird wohl von Doktor FRANZ BURCKHARD davon einen Bericht erhalten.
Gegeben zu Ingolstadt am 23. März 1522.
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