Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 145

Eck an Papst Hadrian VI.

Ingolstadt
13-11-1522

Widmung Ecks, in: J. Eck, De poenitentia et confessione secreta semper in ecclesia dei observata, contra Lutherum, libri duo. Tübingen, Ulrich Morhart, 1522 ( = METZLER Nr 42)
STAEHELIN, Oekolampad 1, 197f
[F 012]

Erfahrene Bildhauer pflegen bei der Formung von Leibern stets beim Kopf zu beginnen und alle Mühe zunächst darauf zu verwenden. So will auch Eck sich bei der Bekämpfung der lutherischen Häresien zunächst an den Papst als Haupt der apostolischen Kirche wenden, besonders, da es hier um Irrlehren Luthers und Ökolampads über das Bußsakrament und die Ohrenbeichte geht. Unter Umgehung der Ansichten der neueren Theologen will sich Eck ausschließlich an der Hl. Schrift und den Kirchenvätern orientieren. Das kann für die Gegenwart von Nutzen sein, da die Lutheraner gerade das Alter der Überlieferung des Brauchs der Ohrenbeichte leugnen. Der Papst möge in dieser Stunde der Bedrohung der Kirche von außen und innen: durch die Türken, innere Unruhen und Kriege zwischen den christlichen Fürsten - der Christenheit zur Hilfe kommen. Gott möge dem Papst und der Kirche seine Gnade, Beistand und Gesundheit verleihen. Allein Hadrian soll über Wert und Unwert der vorgelegten Schrift entscheiden.


Beatissimo patri et domino. d[omino] Adriano VI., pont[ifici] max[imo],
Joan[nes] Eckius humilem ad pedes commendationem.

Probi ac ex asse formati artifices, pont[ifex] max[ime], qui corporum formas aemulantur, ante omnia capitis modum effigiant nec in alia membra prius lineas destinant, quam arcem figurarum consummata habitudine absolverint. Ita ego, Adriane, apostolici culminis praesidens, contra haereses Lutheranas, omnium antiquorum hereticorum perfidiam ac impietatem superantes, scripturus, primum a capite exorsus sum, hoc est ab ecclesiae et summi pontificis authoritate; nam hoc evicto et triumphato ruiturae erant omnes perversi hominis adversus fidem catholicam machinae.

Porro, cum sacramentum poenitentiae unicum sit peccantium refugium ac medicina, confessio ipsa nervus sit totius christianae disciplinae, videbar ex re catholicorum facere, si errata, impietates ac haereses Lutheri ac Oecolampadii gladio spiritus, quod est verbum Dei, resecarem, pristino candori contra haereticorum fecem confessionem restituerem.

Curavimus autem obnoxius, ut neglectis recentioribus ac neothericis, quamvis magnae ducam eos esse auctoritatis, ecclesie doctoribus vestigia veteris monetae ab ecclesia receptae sequeremur:

omnia ex fonte hausimus sacrarum literarum et receptissimis ecclesiae scriptoribus. Quid enim proprium nostrum esse poterit, cum nihil omiserit antiquitatis diligentia intactum, nihil, quod ab ecclesiae patribus non sit ventilatum et excussum? Utile tamen iudicavi hoc nostri seculi hominibus praescribere, cum temere negent Lutherani antiquitus receptam fuisse confessionem. Cum autem in republica christiana peccatis nostris exigentibus omnia permisceantur, turbentur ac tumultuentur - foris enim instat atrocissimus hostis Turcha, christiani sanguinis sicientissimus, interius vero praeter plebeiorum furorem ac principum christianorum gravissima bella execrabilibus erroribus ac perniciosissimis implicatur haeresibus - , in tantis ecclesiae afflictate calamitatibus maximam de te concitasti expectationem, qui reipubliae christianae succurrere velis et possis. Nobis hoc pollicetur rerum theologicarum rara et sublimis eruditio, cana prudentia, morum candor inculpatissimus ac ante actae vitae incredibilis integritas.

D[eus] o[ptimus] m[aximus] gratia sua ac adiutorio te et ecclesiam suam non destituat, sed hunc in te animum pacandae christianitatis cum bona corporis valetudine augeat, promoveat ac diutissime conservet. Ego autem huius libri examen potissimum amplitudini tuae subiicere volui, quod industria tua promptius praestabit suffragium, si bene scripsi, et benignitas faciliorem spondebit veniam, si erravi.

Ne pluribus epistola oneretur, me sanctitati tuae commendo.

Ex Ingolstat Bavariae,
Idi[bus] Novemb[ris], anno gratiae MXXII [!].]

Dem Heiligsten Vater und Herrn, Herrn Hadrian VI.,Papst,
empfiehlt sich Johannes Eck in Demut mit Fußkuß!

Bewährte und gründlich ausgebildete Bildhauer, Heiliger Vater, die die Gestalt menschlicher Körper nachbilden, gestalten als erstes den Kopf und zeichnen die Umrisse für die übrigen Glieder erst, nachdem sie das Haupt der Figuren vollendet haben. Daher schreibe auch ich, Hadrian, Nachfolger des Fürsten der Apostel, gegen die lutherischen Häresien, die die Treulosigkeit und den Frevel aller früheren Häretiker überragen, indem ich mit dem Haupt beginne, das heißt mit der Autorität der Kirche und des Papstes; denn wenn diese siegten und triumphierten, waren stets alle Machenschaften des verkehrten Menschen gegen den katholischen Glauben dem Verderben geweiht.

Weiterhin: da das Bußsakrament letzte Zuflucht und Heilmittel für die Sünder ist, die Beichte selbst der Kern der ganzen christlichen Disziplin, schien es mir der katholischen Sache voll zu entsprechen, wenn ich die Irrtümer, Frevel und Häresien LUTHERS und ÖKOLAMPADS »mit dem Schwert des Geistes, das heißt dem Wort Gottes« entfernte und die Beichte gegen den Unflat der Häretiker in ihrem früheren Glanz wiederherstellte.

Wir haben daher unter Vernachlässigung der neueren und neuesten Autoren, obgleich ich deren große Autorität anerkenne, dafür Sorge getragen, daß wir den Spuren der Kirchenlehrer der von der Kirche anerkannten älteren Schule verpflichtet folgten:

Alles haben wir aus den Quellen der Heiligen Schrift und der angesehendsten Kirchenschriftsteller geschöpft. Was konnte uns näher liegen, da nichts durch die Sorgfalt der Alten unberührt geblieben ist, nichts, was von den Kirchenvätern nicht angeregt und durchdacht worden ist? Ich habe es dennoch für nützlich erachtet, diese den Menschen unseres Jahrhunderts vorzuhalten, da die Lutheraner leichtfertig leugnen, daß die Beichte schon in alter Zeit praktiziert worden ist. Da auch in der Christenheit, durch unsere Sünden ausgelöst, alles vermengt, durcheinander gewirbelt und umgestürzt worden ist - draußen nämlich droht der Türke als trotzigster Feind, sehr gierig auf das Blut der Christen; im Inneren wird sie außer durch Volksunruhen und vernichtende Kriege unter den christlichen Fürsten durch fluchwürdige Irrtümer und verderblichste Häresien in Unordnung gebracht - in dem so großen Unheil für die angefochtene Kirche habt Ihr höchste Erwartung erweckt, daß Ihr der Christenheit zur Hilfe kommen wollt und das auch könnt. Das verheißt uns Eure seltene und erhabene Kenntnis der Theologie, die Klugheit des Greises, unschuldigster Glanz der Sitten und unglaubliche Untadeligkeit des Vorlebens.

Gott möge durch seine Gnade und Hilfe Euch und Seine Kirche nicht im Stich lassen, sondern diese Gesinnung, der Christenheit Frieden zu bringen, durch körperliche Gesundheit mehren, fördern und sehr lange erhalten. Ich aber habe die Prüfung dieses Buches besonders Eurer Erhabenheit unterwerfen wollen, da durch Euren Eifer mir Beifall zuteil werden wird, falls ich gut geschrieben, und Eure Güte mir gern Verzeihung gewähren wird, falls ich geirrt habe.

Um den Brief nicht zu überfrachten, empfehle ich mich Eurer Heiligkeit.

Aus Ingolstadt in Bayern,
13. November im Jahr der Gnade 1522.