Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 147
Eck hat die besonders bösartige Schrift Luthers gegen Kg. Heinrichs VIII. »Assertio septem sacramentorum« in Händen. Das veranlaßt ihn, nach Abschluß einer Reihe anderer Gegenschriften gegen Luther sich nun auch dieses Gegenstandes anzunehmen und den um die Kirche außerordentlich verdienten König von England zu verteidigen, indem er die Bosheit Luthers in dessen neuem Buch aufdeckt. Er will sich dabei jedoch nicht der gleichen Sprache wie Luther bedienen. Auch bedarf die Größe des Königs eigentlich keiner Verteidigung durch Eck. Die Kirche Deutschlands verdankt jedoch den großen Theologen von der britischen Insel viel, die uns über die Jahrhunderte zahlreiche Glaubensboten und bedeutende Kirchenlehrer geschickt hat. Auch heute noch bringt sie gelehrte Theologen hervor, die mit ihren Schriften dem König zur Seite stehen. Besonders hervorzuheben ist dabei Bischof John Fisher von Rochester. So will sich Eck auch nicht mit diesen Vorbildern messen, sondern Luther behandeln, wie er es verdient, damit die Katholiken sich vor dem Betrug und den Irrtümern Luthers mehr in Acht nehmen und Christus, dem Hirten der Christenheit, folgen und dessen Stimme durch seine Braut, die Heilige Kirche, wiedererkennen. Das Urteil über das Gelingen des Buches überläßt Eck dem Bischof von Tortosa und anderen Gutgesinnten. Vielleicht findet der Bischof trotz seiner Geschäfte im Dienst Papst Hadrian Zeit, es zu lesen.
Reverendo in Christo patri D. Vuilhelmo
Enckenfurt (1) Episcopo Dertusensi Domino
Suo observando, In dignitate rei permotus post absolutos libros nostros in Ludderum de primatu Petri, de poenitentia et confessione auriculari, de purgatorio et aliis non potui continere, quin haec convicia Ludderi excuterem, cum de omni ecclesia Catholica Rex piissimus optime meritus sit diviciis, armis, potentia, eruditione ac religione iuxta clarus, quem et posteritas suspiciet ac mirabitur, etiam si rumpatur Ludder et Luderani omnes, volui develare brevibus maliciam Ludderi in hoc libro. Nolo tamen maledicentiae Ludderi muliebri dicacitate respondere, nec eum suis coloribus depingere Olybrium Deo et hominibus molestum, nam nec Apelles aut Phidias tam signate eum exprimere potuissent, velut Ludder hoc libro se depinxit. Neque excellentissimi regis amplitudo incomparabilis meam desyderat defensionem: tantus heros armis et litteris clarissimus tantilli homuntionis patrocinio non eget. Cum semper magnorum ingeniorum parens et altrix fuerit Anglia et fidei catholicae observantissima. Nam ecclesia catholica Germaniae (nolimus velimus verum fateri oportet) multum debet huic insulae, quae nobis sanctos propagatores fidei misit: S. Bonifacium, Vuillibaldumm. Solam Richardum Anglorum Regem et Suevorum Ducem, Columbanum, Corbinianum cum clarissimis ecclesiae doctoribus venerabili Beda, Altuino, Alexandro de Ales, Guilhelmo Ockam, Herveo, Ada et aliis. Habet et hodie praestabiles viros utriusque linguae scientissimos Theologos extra vulgi aleam positos Natalem, Bedam, Ioannem Maioris, Morum, Paceum, Tunstallum, Lystrium, Eduardum Leum, d. Montyonim et plures alios de omni studiorum genere optime meritos, qui pro rege eorum scribent alacrius, defendent faelicius et ea quae sunt fidei nostrae praestabunt uberius. Et imprimis oppido venerandus iste Episcopus Roffensis, quem iniuria certe praeterirtem virum tanta rerum Theologicarum eruditione excellentem, morum integritate conspicuum, rerum agendarum prudentia ac consilio spectabilem, qui unus satis esse deberet fidelibus contra Ludderum et Ludderanos omnes. Nolo itaque inscitia esse invirius tot litteratissimis viris, sed existimo esset gratiam ampliorem apud eos demeriturum, cum propensum meum animum experientur et fidei nostrae sanctae et invicti regis honori addictissimum. Conabor enim obnixius Ludderum orbis Deucalionem (nam ita omnino planetarii nobis diluvium minantur)tractare non modo dignus esset, sed quo catholici tandem ab eius fraudibus, imposituris ac erroribus cautiores facti, Pastore Christiano Christum sequantur et vocem eius agnoscant in sua sponsa sancta ecclesia Dei, quod utrum assecutus fuerim, an minus tuum fuerit, optime praesul, et aliorum, sed bonorum iudicium, quod singularis illa tua circunspectio, animus ad agendum expectissimus, dexteritas tua inobliquabilis non poterit non optimum ferre iudicium. Modo dum per occupationes licuerit (quibus in amplissimis Adriani VI. Pont. Opt. negotiis paene obrueris) suffurato otiolo. Ad haec nostra meditata animum appuleris. Me velim et Pont. Max. et tibi commendatum habeas. Vale et salve in salvatore nostro Ihesu Christo Ingoldstadii Baioariae, III. Idus Ianuarias, M.D.XXIII. |
Dem ehrwürdigen Vater in Christus, Herrn Wilhelm
von Enckenfurt, Bischof von Tortosa, seinem
Gehorsam erheischenden Herrn, Ehrwürdiger Bischof: Mir fiel das Schmähbüchlein des Häretikers LUTHER gegen den erleuchteten englischen König HEINRICH VIII., den Verteidiger des katholischen Glaubens, in die Hände. Wenn er auch mit seinen anderen bissigen Schriften die Übelredner und Verleumder vergangener Zeiten übertroffen hat, so scheint er hier sich selbst übertroffen zu haben, so sehr wütet er gegen den schuldlosen und besten König, als wenn es die Verleumdung an sich wäre. Durch die Dringlichkeit der Sache veranlaßt und nach der Vollendung meiner Schriften über den Primat Petri, die Buße und Ohrenbeichte, das Fegfeuer und andere Fragen konnte ich mich nicht zurückhalten, LUTHERS Spott zurückzuweisen, da der frömmste König um die ganze katholische Kirche hoch verdient ist, strahlend ebenso durch seine Reichtümer, Truppen, Macht, Gelehrsamkeit und Frömmigkeit. Auch die Nachwelt wird ihn verehren und bewundern, auch wenn LUTHER und die Lutheraner vor Wut zerspringen sollten. Ich wollte in diesem Buch kurz die Bosheit LUTHERS aufdecken. Dennoch will ich nicht die Übelrednerei LUTHERS mit weibischen Sticheleien beantworten, noch ihn »in seinen Farben« als Olybrius »malen«, der für Gott und die Menschen schwer zu ertragen ist. Denn weder APELLES noch PHIDIAS hätten ihn so genau darstellen können, wie LUTHER sich in diesem Buch selbst entblößte. Auch braucht die unvergleichliche Hoheit des überragenden Königs meine Verteidigung nicht: ein solcher von Waffen und Bildung starrender Held benötigt nicht die Inschutznahme durch ein so winziges Menschlein. England hat stets große und bedeutende Geister hervorgebracht und war dem katholischen Glauben immer sehr ergeben, hat doch die katholische Kirche Deutschlands (wir müssen das eingestehen, ob wir wollen oder nicht) dieser Insel viel zu verdanken: England sandte uns die Glaubensboten BONIFATIUS, WILLIBALD, SOLA, RICHARD, den König von England und Herzog von Dänemark, KOLUMBAN, KORBINIAN, zusammen mit sehr bedeutenden Lehrern der Kirche: BEDA VENERABILIS, ALKUIN, ALEXANDER VON HALES, WILHELM VON OCKHAM, HERVAEUS NATALIS, ADAM GODDAM und anderen. Auch heute besitzt es vorzügliche und in beiden alten Sprachen außerordentlich beschlagene Theologen, die weit über dem Durchschnitt stehen: NATALIS BEDA, JOHN MAIR, MORUS, PACE, TUNSTALL, LYSTRIUS, EDUARD LEE, LORD MOUNTJOY und viele andere, die um jede Art Wissenschaft hoch verdient sind. Diese werden für ihren König scharfsinniger schreiben, ihn glücklicher verteidigen und alles, was unseren Glauben betrifft, in größerer Fülle darlegen. Besonders jener sehr verehrenswerte Bischof von Rochester, ein Mann, den ich gewiß zu Unrecht übergehen würde, da er theologisches Wissen, offenbare Reinheit der Sitten, bekannte Klugheit und Gabe des guten Rates bei seinen Handlungen in solcher Fülle besitzt, daß er unter den Gläubigen als einziger ausreichen würde, um gegen LUTHER und die Lutheraner anzutreten. Ich will mich aber nicht aufgrund meiner Unwissenheit ganz mittellos mit so vielen sehr gebildeten Männern messen: ich glaube vielmehr, daß auch ich reichliche Gunst bei ihnen verdienen werde, denn sie werden mein Streben und Verlangen und meine Hingabe für unseren heiligen Glauben und die Ehre des unbesiegten Königs erkennen. Ich werde nämlich nach Kräften versuchen, LUTHER, den DEUKALION der Welt (denn diese Sternenbeweger drohen uns mit der Sintflut) nicht so zu behandeln, wie er es verdienen würde, sondern so, wie Katholiken, die sich endlich vor seinen Betrügereien, leeren Behauptungen und Irrtümern in Acht zu nehmen gelernt haben, Christus, dem Hirten der Christen, folgen sollen: sie sollen Seine Stimme bei Seiner Braut, der heiligen Kirche Gottes, hören. Das wollte ich beides beachten. Habe ich das in unzureichendem Maße getan, wird es Euer Urteil zum Ausdruck bringen, bester Bischof, und das anderer, aber gut gesinnter Männer. Da wird Eure einzigartige Umsicht, Euer Eifer im Handeln und Eure unbeugsame Geradlinigkeit nicht anders können, als nur das beste Urteil zu sprechen, falls Eure Geschäfte (denn Ihr werdet durch die Angelegenheiten Papst HADRIANS VI. sehr in Anspruch genommen) Euch einen Augenblick Zeit erlauben, Euch diesen unseren Überlegungen zuzuwenden. Ich empfehle mich dem Papst und Euch. Lebt wohl und alle guten Wünsche in unserem Erlöser Jesus Christus. Ingolstadt in Bayern,12. Januar 1523. |
1. 1.WILLEM VAN ENKENVOIRT (22-01-1464 Mierloo/Nordbrabant - 19-07-1534 Rom), Kardinal. Juristische Studien in Rom, Aachener Kanoniker (Eintragung im Bruderschaftsbuch von S. Maria dell'Anima vom 22-05-498); Prokurator, Notar der Rota, Apostolischer Scriptor, Protonotar; Datar unter Hadrian VI., der ihn "amicus meus antiquus et praecipuus" nannte (18-02-1522). Von Hadrian als einziger Kardinal kreiert (SS. Giovanni e Paolo). Nachfolger des Papstes als B. von Tortosa. Unter Clemens VII. B. von Utrecht. Vor der Kaiserkrönung Karls V. 1530 in Bologna nahm E. dessen Krönung zum Kg. der Lombardei vor. Außerdem trat er als Mäzen und Freund der Wissenschaften hervor. Von 1509 bis 1517 war er Provisor der Anima, übernahm Neubau und Ausschmückung der Kirche und blieb zeitlebens ihr Wohltäter.