Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 166

Eck an Kardinal Lorenzo Pucci
Rom
nach dem 19-11-1523

Widmung Ecks, in: J. Eck, De satisfactione et aliis poenitentie annexis...liber unus. Ad reverendissimum in Christo patrem et dominum D. Laurentium S.R.E. tituli sactorum quattuor coronatorum cardinalem dominum suum colendissimum. (Rom, Jacobus Mazochius, 08-10-1523 = METZLER Nr 46 (1)). Der Widmungsbrief an Pucci kann erst nach der Wahl Clemens VII. am 19-11-1523 verfaßt sein!

Wie, einem alten Sprichwort zufolge, der Seefahrer sich über den Hafen, der Pilger über sein Heimatland und der Gefangene über die Freiheit freue, so er, Eck, in besonderer Weise über die Wahl Clemens VII. zum Papst und den damit verbundenen Jubel. Endlich ist nach sechs Wochen sehnsüchtigen Wartens nicht nur ein neuer Papst gewählt, sondern ihm, Eck, in der Person Lorenzo Puccis auch sein alter Patron wiedergeschenkt, dessen Hilfe er jetzt erneut dringend benötigt, auch wenn er sich nach Deutschland und zur Muße seiner Studien zurückbzubegeben im Begriff ist. Die Feinde der Kirche und des Glaubens werden ihm jedoch keinen Frieden gönnen, so daß er immer bereit sein will, über seinen Glauben Rechenschaft zu geben. Nur allzu wenige sind es, die in Deutschland voll Eifer die Kirche gegen die Machenschaften Luthers und seiner Gefolgsleute verteidigen: Hochstraten, Cochläus, Emser, Fabri, Georg Hauer, Usingen. Nicht, daß es nicht mehr kirchlich gesinnte und gelehrte Männer gäbe, jedoch werden sie von den Prälaten und Hirten der Kirche oft im Stich gelassen und sind den Beleidigungen und Kränkungen der häretischen Rotte oft schutzlos ausgesetzt. Den Amtsträgern geht es oft vor allem um Pfründen undd Würden; sie schweigen und kümmern sich nicht um die Sache des Glaubens. Nur wer sich durch Gelehrsamkeit und Tugend auszeichnet und sich für den katholischen Glauben und den apostolischen Stuhl tapfer einsetzt, soll unter dem besonderen Schutz der Kirche stehen; so werden einst mehr gelehrte und integre Männer auf ihrer Seite stehen als zu den Sympathisanten Luthers gehören. Eck fleht Pucci an, alles Notwendige beim neuen Papst durchzusetzen, um die Häresie auszurotten. Er hat in diesem Jahr einige Schriften über die Buße verfaßt; als letzte soll nun eine Schrift über die Genugtuung als drittem und letztem Teil des Bußsakramentes veröffentlicht werden: diese will er dem Kardinal widmen.







Vetus est proverbium amplissime pater: Tria maxime fore iucunda et grata, portum navigantibus, patriam peregrinis, captivis libertatem.

Omnium autem iocundissimum mihi fuit totius Romae in S.D.N. Clementis VII. novi pontificis electione, consensus, exultatio et iubilus: Non modo quod post sesquimestrem expectationem pontificem tandem accepimus (quod tantopere tota flagitabat Roma), sed et quod tu mihi antiquus sis restitutus patronus, qui sicut iam diu voluisti, ita etiam possis mihi auxilio esse, quo tandem ad Germaniam et tranquillitatem studiorum revertar, et quomodo excipit mihi tranquillitatis vocula, cum perfidi ecclesiae et fidei hostes haeretici Lutherani nulla pace me frui patiantur, cum ipsi non desinant antiquas haereses excitare ac novas fingere. Contra ego semper paro rationem reddere de ea quae in me est fide: Nam quantum insaniant haeretici, ac quantis furiis agitetur bestia illa Luther cum similis farinae monstris devastans agrum Domini, abunde intellexisti.

Contra vero admodum pauci sunt sub hoc vasto Germaniae coelo, quos zelus domus Dei comederit, et qui se morum opponant pro Israel, Iacobus Hochstrat, Oannes Cochleus, Hieronymus Emser, Ioannes Faber, Georgius Hauer, Bartholomaeus Usingensis cum paucis aliis rem fidei agunt.

 Non hoc dico, quod arbitreris nullos alios eruditos in Germania esse reliquos, qui ex pectore Christiano recte et synceriter de fide nostra sentiant, cum tot strenui reperiantur ad sue fidei pugiles, qui non curvaverunt genua sua ante Baal. Sed quia doctissimus quisque ut est optimus, dum videt haeresibus se oniicientes a praelatis et pastoribus ecclesiasticis derelinqui, nullis non infamari ab haereticorum coetu opprobriis, iniuriis et calumniis dum interea praebendo si illi et beneficiis onusti cauponatores in dies dignitatibus aucti ad haec rideant et rem fidei nec tiruncio estiment. Malunt incultate tacere, quia frustra et inaniter niti ad tempus expectantes Dei misericordia, quae omnia aspiret, adiuvet et prosequatur. Quod si pessimi cives honore et splendore caruerint, ut Plato decrevit et quisque honoratiori gradu statuatur, qui magnitu, eruditionis et virtutum splendore sit habitus illustrior, et qui pro fide catholica et apostolica sede fortiter fecerit, sub umbra ecclesiae quoque protegatur.

Futurum est, amplissime pater, ut plures scientia et integritate praestabiles nobiscum sint, qui cum lurido luteo illo Luthero - id enim sibi nomen convenit - ,quoniam sicut nomen suum, sic ipse: nam ubi est cadaver, ut alter veteri proverbio Ioannes XXIII. obiecit, ibi etiam congregantur corvi: Hinc recte Antisthe dixit. Tunc demum perire civitatem, cum a bonis mali non se cernantur.

Quare R.P. per viscera Christi te moneo, te hortor ac quasi impello, ut nihil omnium negligas apud S.D.N. quae ad hanc pestilentissimam haeresim extirpandam vel utilia noveris, vel necessaria.

Ego hoc anno pleraque de poenitentia contra hos haereticos emisi, quo habeant fideles, ut se consolentur. Iam ultimam poenitentiae partem, satisfactionem, scilicet defendendam suscepii, cuius editionem sub nomine tuo laudatissime Antistes publicare volui, quo meum in te animum redderem testatiorem.

Age age splendidissime Pater, age pro prudentia et integritate tua. Ita Deum precor te adiuvet et diu incolumem servet. Iam ad opus accingimur.


[Prolog] an den hochwürdigsten Vater und Herrn in Christus, Herrn Laurentius, Kardinal der Heiligen Römischen Kirche unter dem Titel der Vier Gekrönten Pucci, seinem Herrn und verehrenswerten Patron. [1. Kap.]

Es gibt ein altes Sprichwort, hochgeehrter Vater, daß es nämlich drei Dinge gibt, die am meisten erfreulich und willkommen sind:
den Hafen für die Seefahrer, die Heimat für die Fremden und die Freiheit für die Gefangenen.

Am meisten Freude aber machte mir die Zustimmung, die Begeisterung und der Jubel ganz Roms bei der Wahl des neuen Papstes Clemens VII. Nicht nur, weil wir nach sechsmonatigem Warten endlich einen Papst bekommen haben (wonach ganz Rom so sehr verlangte), sondern auch, weil Ihr mir als alter Gönner wiedergeschenkt worden seid. Ihr könnt mir, wie Ihr schon lange wolltet, auch helfen, damit ich endlich nach Deutschland und zur Muße meiner Studien zurückkehren kann, wie mir ja ein bischen Ruhe fehlt, da die frevlerischen Feinde der Kirche und des Glaubens, die lutherischen Häretiker, mir nicht erlauben, Frieden zu finden, weil sie nicht damit aufhören, alte Häresien wieder zum Leben zu erwecken und neue zu erfinden. Ich bin dagegen immer »bereit, von meinem Glauben Rechenschaft abzulegen«, denn Ihr wißt genau, mit welcher Tollheit die Häretiker, mit welcher Wildheit jene Bestie LUTHER zusammen mit Ungeheuern von gleichem Zuschnitt den Acker des Herrn verwüsten.

Allzu wenige gibt es unter diesem weiten Himmel Germaniens, die der Eifer um das Haus Gottes verzehrt hat und die sich als Mauer zum Schutz Israels zur Wehr setzen, die wie JAKOB HOCHSTRATEN, JOHANNES COCHLÄUS, HIERONYMUS EMSER, JOHANNES FABER, GEORG HAUER, BARTHOLOMÄUS USINGEN mit wenigen anderen die Sache des Glaubens verteidigen.

Ich sage das nicht, damit Ihr glauben sollt, es gäbe keine weiteren Gelehrten in Deutschland, die in christlicher Gesinnung über unseren Glauben recht und ernst denken, denn man kann so viele eifrige Kämpfer für ihren Glauben finden, die ihre Knie nicht vor Baal beugen. Doch weil jeder, so gelehrt wie erstrangig er auch sein mag, wenn er sich im Widerstand gegen die Häresien von Prälaten und Hirten der Kirche im Stich gelassen sieht und von der Horde der Häretiker mit jeder Art von Beschimpfungen, Beleidigungen und Verleumdungen in üblen Ruf gebracht wird, während inzwischen jene Präbendeninhaber und unter der Last ihrer Pfründen stöhnenden Schächer von Tag zu Tag an Würden reicher werden und darüber lachen und die Sache des Glaubens für weniger als nichts erachten:,ziehen sie es vor, unangefochten zu schweigen, als vergeblich und umsonst auf die Zeit des göttlichen Erbarmens zu warten, der alle Mühen unterstützt und Hilfe bringt und Beistand leistet. Und da die Übelsten unter den Bürgern es an Ehre und Anstand haben fehlen lassen, wie PLATO sagte, und jeder zu dem ehrenvolleren Rang gerechnet wird, je strahlender an Größe, Gelehrsamkeit und Tugenden er sich darstellt, so wird dieser auch für den katholischen Glauben tapfer kämpfen, auch im Schutz der Kirche.

Es wird dazu kommen, verehrenswerter Vater, daß viele an Wissen und Geradheit der Gesinnung reiche Männer an unserer Seite stehen werden, anstatt jenem nichtsnutzigen Wüstling LUTHER zu folgen: das nämlich paßt zu seinem Namen, da er selbst so ist wie sein Name, denn »wo das Aas ist«, wie ein anderer, JOHANNES XXIII.,in einem alten Sprichwort es ausgedrückt hat, »dort sammeln sich die Raben.« Daher hat auch ANTISTHENES mit Recht gesagt, daß dann das Staatswesen schließlich zugrunde geht, wenn sich die Schlechten von den Guten nicht mehr unterscheiden lassen.

Deshalb, ehrwürdigster Vater, mahne ich Euch um Christi willen, ja ich ermuntere Euch und treibe Euch gleichsam an, daß Ihr nichts beim Papst unterlaßt, was Euch zur Ausrottung dieser übelsten Häresie nützlich wie notwendig erscheint.

Ich habe in diesem Jahr viel über die Buße gegen diese Häretiker veröffentlicht, damit die Gläubigen etwas zu ihrem Trost in der Hand hätten. Jetzt habe ich mir den letzten Teil der Buße, die Genugtuung, vorgenommen, um sie zu verteidigen. Diese Veröffentlichung nun wollte ich unter Eurem Namen, hochgelobter Bischof, publizieren, um Euch meine Gesinnung noch bewußter zu machen.

Handelt, handelt, handelt endlich, vortrefflichster Vater, mit der Klugheit und der Geradlinigkeit, die Euch eigen ist. So bitte ich Gott, Euch beizustehen und lange unversehrt zu bewahren.