Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 173
Zwingli an Eck
Zürich
23-08-1524

Zürich StA E.I.3,1. Nr 11 (Autograph)
CR 95, Leipzig 1914 = Zwinglis sämtl. Werke Bd 8
[F 144d.]

Zwingli antwortet in erster Erregung über die kränkenden Prädikate, die ihm Eck in Brief 13/17-08-1524 hat zukommen lassen, in einem unvollendet gebliebenen und nie abgeschickten Brief, der den Zorn des Zürichers widerspiegelt. Das offizielle Antwortschreiben Zwinglis (Brief 31-08-1524) fiel gemäßigter aus. Wie komme Eck dazu, so unverschämt über ihn an die Schweizer zu schreiben? Ob es ihm nicht reiche, in den vorausgegangenen Kämpfen bezwungen worden zu sein? Die "Ecks" werden einst zum Schweigen gebracht werden wie vorher Herostrat, Catilina und andere Prahler. Ecks Wesen ist durch und durch Bosheit. Er eilt nach Rom, und, weil dort kein neuer Papst gewählt, zurück nach Deutschland, um dort alles durcheinander zu bringen, in seinem lasterhaften Lebenswandel bereit zu jedem Vergehen. Einen beklagenswerteren Menschen als Eck wird man in ganz Deutschland nicht finden. Einst war Zwingli bereit, mit Eck freundschaftlich zusammenzutreffen, jetzt aber gibt es zwischen ihnen nichts Gemeinsames mehr. Soviel Mittel gegen den Wahnsinn gibt es gar nicht, um den verlorenen Eck zu heilen.


Gratia et pax a domino.

En tibi, audacissime homo, repercussionem non hercle te, sed nobis dignam! Tu enim merebaris, ut, quicquid usquam est contumeliarum, scommatum, laedoriarum, in te iaceretur, nisi nos decuisset has artes tuas contemnere potius, quam pro dignitate referire.

Nam quae porro est insania, ut te induci patiaris, ut ad Helvetios de nobis scribas tam impudenter tamque tum impure tum nequiter? An putas obscurum esse, quibus impulsoribus id feceris et in quem usum? Tune tam foeliciter unquam in hac arena depugnasti, ut victor abieris? An propterea veritas non est veritas, an verbum Dei vim et ingenium suum mutabit, quod tu quemquam clamosa ista loquacitate tua obruas? Contentus non fuisti, quod superioribus pugnis victus abiisti? scilicet novum incendium excitare oportuit, qui ad hoc natus est, ut omnia turbet. Hoc deerat factis tuis, ut, qui prius stoliditatem tuam omnibus notam reddidisti, etiam animi malignitatem proderes, quo mundus longa post saecula Eggii non modo stulticiam, verum etiam improbitatem exempli vice ante oculos haberet. Tacebuntur olim Herostrati, Plemminii, Antonii, Catilinae, et soli Eggii, velut flagitiosorum "Thrasoi", memorabuntur.

Omnis vita tua iam inde ab unguiculis spurca fuit, lingua petulans, os maledicum, vox impura, oculi libidinosi, frons impudens, ut quae, ista quoque auderet simulare, quae malicia quidem suasisset, seed fractus conscientia animus designare prae muliebri formidine non posset. Cor tum habendi tum gloriae cupiditate sic flagrans, ut iuxta prophetae verbum pacem aut ocium ferre nulla ratione potueris. Nunc Rhomam petis, paulo post, quod episcopus illic non es factuss, in Germaniam redis, omnia mixturus. Nec est, quod zelo Dei te ista facere causeris; nam quem ex omnibus mortalibus proferes, qui tam scelestam vitam duxerit, quam tu? Venter ita ingluviei et peni deditus, ut vel harpyam factum esse praestiterit, si Momum dii audirent, vel asinum, quam hominem. Quamvis quid attinet, humanam speciem circumferas an simiae, modo re non aliud sis quam belua, nec te uti alia ratione quemquam puto, quam qua mulis et asinis utitur. Opportunus es ad omne facinus; nullius enim te pudet. Tales frontes habere oportet eos, qui patrum sensum exuerunt et tyrannorum furorem induerunt.

Verum quid saxum obiurgo? Etsi vero tu sensum aliquem hominis habeas, aut spes ulla sit, te ullius obiurgationem, sive blandam sive fortem, auditurum. Deploratiorem hominem, ita mee dii ament, dum universam Germaniam perlustro, non video. Sunt, qui aequiparari tibi stulticia, iactantia, malicia possint, praeferri nemo.

Deliberaveram diu mecum, quam te amanter convenire vellem; at quanto magis cogito, tanto magis video nihil per humanitatem confici tecum posse. Nunc ergo, qum nequee mitibus neque acerbis restitui potes, nihil aliud superest, quam ut fustuario vapules haud aliter quam fugitiva mancipia et asini molares; nam ad Anticyram quis est qui releget? Quasi vero ullae Anticyrae sufficere possint, ut tam perditum restituant! Cum enim maxime restituissent, nihil nisi ex insano et furioso stolidissimum et pessimum fecissent; talis enim natura prius fueras...

Gnade und Frieden vom Herrn!

Da hast Du, vermessener Mensch, die passende Antwort, wahrlich nicht Deiner, sondern unserer würdig! Du verdientest nämlich, das, was es irgendwo an Beschimpfungen, Sticheleien, Verletzungen gibt, gegen Dich zu richten, wenn es uns nicht besser angestanden hätte, diese Deine Machenschaften besser mit Verachtung zu strafen als angemessen zu erwidern.

Sodann: was ist das für ein Wahnsinn, daß Du Dich verleiten läßt, an die Eidgenossen über uns so unverschämt zu schreiben, so infam wie leichtfertig? Oder glaubst Du, daß es verborgen bleibt, aus welchen Motiven Du das getan hast und warum? Hast Du etwa niemals in dieser Arena erfolgreich um die Entscheidung gekämpft, um sie als Sieger zu verlassen? Was aber bringt das, auch wenn Du Sieger bleibst? Ist deshalb die Wahrheit nicht mehr die Wahrheit, wird das Wort Gottes seine Kraft und seinen Charakter nicht mehr haben, weil Du jemanden mit Deiner lauten Geschwätzigkeit in den Schatten stellst? Du warst nicht zufrieden, aus früheren Kämpfen als Sieger hervorgegangen zu sein, so daß nötig wurde, ein neues Feuer zu entfachen, bist Du doch dazu geboren, alles in Unruhe zu versetzen. Das fehlte noch Deinen Taten, nachdem Du früher alle mit Deiner Tölpelhaftigkeit bekannt machtest, jetzt auch eine bösartige Gesinnung an den Tag zu legen, so daß die Welt auch lange nach Ecks Zeit nicht nur dessen Dummheit, sondern auch dessen Unredlichkeit als Beispiel vor Augen haben wird. Vergessen sein werden HEROSTRAT, PLOMINIUS, ANTONIUS, CATILINA; nur an ECK wird man sich wie an einen schändlichen Bramarbas erinnern.

Dein ganzes Leben war von Kindesbeinen an lauter Unflat, Deine Zunge frech, Dein Mund voller übler Reden, Deine Stimme unrein, die Augen lüstern, das Auftreten unverschämt, so daß, welchen Anschein von Dir zu geben Du auch wagen würdest, mit welcher Arglist Du auch zu irgend etwas überredet hättest, Dein schlechtes Gewissen im Vergleich zu einem Schreckbild nichts zustande bringen könnte. Dein Herz ist so von Begierde nach Ruhm entbrannt, daß nach dem Wort des Propheten »Du auf keine Weise Frieden und Ruhe ertragen« konntest. Nun eilst Du nach Rom, kurz danach kehrst Du, weil Du dort kein Bischof geworden bist, nach Deutschland zurück und bringst somit alles durcheinander. Nicht, daß Du durch Eifer für Gott so zu handeln veranlaßt wirst, denn wen könntest Du unter allen Sterblichen nennen, der ein so gottloses Leben geführt hätte wie Du? Dein Leib ist so der Völlerei und der Unzucht hingegeben, daß er es vorgezogen hätte, eine räuberische Harpye, wenn die Götter auf MOMUS hören würden, oder ein Esel zu werden anstatt ein Mensch. Ob Du nun ein menschliches Antlitz trägst oder das eines Affen, so wärst Du doch nur ein Untier, und ich glaube nicht, daß man anders mit Dir umgehen könnte als mit Maultieren und Eseln. Zu jeder Untat bist Du bereit; für keine empfindest Du Scham. So müssen diejenigen aussehen, die statt väterlicher Gesinnung sich tyrannische Raserei zugelegt haben.

Doch »welchen Klotz schelte ich« da? Solltest Du jedoch irgendwelche menschliche Sinne besitze, bestände Hoffnung, daß Du eine milde oder heftige Schelte auch hören würdest. Bei Gott, wo ich mich auch in ganz Deutschland umschaue, erkenne ich keinen bemitleidenswerteren Menschen. Es gibt wohl welche, die Dir an Dummheit, Prahlerei und Boshaftigkeit gleichgestellt werden könnten, übertroffen aber wirst Du von niemandem.

Ich habe reiflich überlegt, wie ich freundlich mit Dir umgehen könnte, aber je länger ich nachdenke, um so mehr sehe ich, mit Freundlichkeit bei Dir nichts erreichen zu können. Da Du nun also weder mit Sanftheit noch mit Härte zur Räson gebracht werden kannst, bleibt nichts anderes übrig, als daß Du mit Steinwürfen gezüchtigt wirst, nicht anders als ein entlaufener Sklave oder ein Esel. Denn wer könnte Dich schon ins Irrenhaus schicken? Dabei könnten die Insassen dort zufrieden sein, einen solchen verlorenen Sohn wiederzuhaben! Sie hätten nämlich dann am meisten zustande gebracht, wenn sie aus einem Verrückten und Tollwütigen eine üblen Obertölpel gemacht hätten: so war nämlich Dein Charakter früher!