Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 174
Zwingli wirft Eck "Blindheit" vor, nennt ihn einen der "Zauberer", die, wie Simon von Samaria einst durch Petrus, als solche offenbar gemacht werden. Die Tatsache, daß Eck Zwingli hinter seinem Rücken durch ein Sendschreiben an die in Baden versammelten Eidgenossen zu einer Disputation aufgefordert habe, veranlaßt Zwingli zu einer Antwort: 1. Wie kann Eck an die Eidgenossenschaft schreiben, wo er doch mit seinem Leben und seiner Lehre zeige, daß er nicht an Gott glaube, widerspricht er doch ständig dem Wort der Heiligen Schrift. Eck hätte als Christ Zwingli als "seinen Bruder" freundlich anreden müssen. 2. Wie kann Eck den Eidgenossen schreiben, wo er sich doch in Freiburg und Rom so gering über sie geäußert hat? 3. Warum hat Eck nicht direkt dem Bürgermeister und Rat von Zürich geschrieben, wo Zwingli doch als Prediger wirkt? 4. Eck soll direkt nach Zürich kommen, um mit Zwingli zu disputieren. Er wird dazu sicheres Geleit erhalten. Warum hat Eck nicht öffentlich gegen Zwingli geschrieben oder die Züricher über die Irrtümer ihres Predigers aufgeklärt? 5. Wie kann Eck von den Eidgenossen Richter über die Heilige Schrift anfordern, da sogar das kanonische Recht das dem Papst vorbehält? Das Wort Gottes ist aber dem Urteil des menschlichen Verstandes nicht unterworfen. Dunkle Schriftstellen müssen durch andere erhellt werden. Eck soll in Zürich Zwinglis Schriftpredigt und Lehre anhören und mit ihm gemeinsam um das rechte Schriftverständnis ringen. Wer von ihnen als erster vom Schriftwort abweicht, soll von der Züricher Obrigkeit bestraft werden, ebenso, wer als erster etwas behauptet, das er nicht aus der Schrift begründen kann. Den Eidgenossen steht es frei, aus diesem Anlaß nach Zürich zu kommen, es darf aber keine Richter geben. Eck hat bisher mit Menschenwort über das Gotteswort geurteilt. 5. Eck soll erklären, was er unter dem "alten Glauben" versteht, den er stets gepredigt habe. Der wirkliche "alte Glaube" ist älter als die von Eck so hervorgehobene Lehre der Väter und das kirchliche Brauchtum.
Gnad unnd frid von Gott dem vatter und seinem son unserm herren Jesu Christo, den ich in der warheyt anruff, das er dir dein blintheyt zeverston geb, lieber Johans Eck, damit du nit, glych als die verdorbnen koufflüt die in die verre verfuren rumpis und werinen machen, für und für durch heimlich hindergon in verren landen seinem (Gottes) namen undter so unverschampt widerstandist, und aber seinen heiligen namen allein zu schirm des der wider Got ist, und aller verfüren der conscientzen inn mund nimst, damit das Christen volck deiner verfürnüß und verwirren zaubry (die du dem heiligen gotswort an thust) änig werdest, und beschech hierinn der will Gottes. Dann nach meinem beduncken so wirt dich Got dein verfürnüß volziehen lassen, biß das er dir einen felser uff den hals schicken und dein unwyß fürnemen an tag bringen württ. Glych als er dem zaubrer Simon in Samaria durch Petrum gethon hat, welchem zaubrer du nit ungleich bist mit deinem hohen rümen. Als du in kurtz verruckten tagen zu den strengen, vesten, frommen, weisen herren gemeyner Eidgnoschafft botten zu Baden ein missive überschickt, darinnen du mich hinder wert als lästerlich, kätzerisch, verfürisch schiltest, gelert haben und dich darby entbotten hast (doch alles hinder mir) ein disputation mit mir zehalten, wil mir keins wegs gezimmen dir deinen alefantz hin lassen gan, sonder zwingt mich die sach dir gebürlich antworten, nit nach deinem verdienst, sonder wie mir gebürt. Für das erst sag an, wie gedarstu dich herfür stellen, dam du uß liebe oder ansehen Gottes zu einer frommen Eydgnoschafft schribist, so doch sich erfindt (als dein leben und leer anzeygt), das du nit gloubst, das ein gott sey, denn gloubtestu, das der ein gott wär, den wir Christen für unsern gott halten, so widerstündest nit seinem wort, dem du aber yetz etliche iar so frävelich und tölrich widerstanden bist, das alle Christen menschen dich als einen waren gots fyend gehalten und empfunden habend. Ja auch die so deiner parthey sind, nit solchen trost in dich gesetzt, als du verhofft hattest. Zu meerem urkund das kein gots gedanck, vorcht, noch huld in dir sey, so soltestu mich (so verr ich ein sölcher verfürer wär, so lästerlich schrib, die heiligen gschrifft kätzerisch vergwatite und zerriß) früntlich zum ersten angeredt haben. Denn Got manet die sünder alweg zum ersten früntlich, und so verr du ein diener Gottes werest und ein gneyst des götlichen geists, hetst jm gethon wie Got lert: Du solt deinen bruder, so er sündet, zwüschen dir und jm allein straffen. So farstu zu und schribst zu einer fromen Eydgnoschafft (hinder mir) ein so stoltze missive, das sie hochmütiger nitt sein kan, wie wol sie ouch nach tütscher art incongrua, ungeschzickt ist. Sich was bösen artzet hettest geben, do einem am houbt wee wäre gsein, hetest jm das pflaster über die knüw gelegt. Was ich so ein verdorben lästerlich glyd, soltestu zu mir geschriben haben, mich ermandt, gelert und von üblem gezogen. So du nun so unbrüderlich (ich wil nit reden uneerlich) hinder mir für getichen bist, würt es offenbar, das kein gots huld noch vorcht in dir ist, denn die so Gottes sind, haben grossen schmertzen mitt jrm glidern, die so seer (als du mir zu gibst) versiechet sind.
Für das ander: Wannen kompt dir das nüw gmüt, das du ouch zu den frommen Eydgnossen schriben gedarst, der aber jnen (ists als man sagt) zu Fryburg so ring hast mögen übel reden? Deßglychen zu Rom, also das dich die unsern des bapst guardi knecht geroufft haben umb der schnöden wort willen, so du den frommen Eydgnossen zugeredt hast, weistu zu Rom zur glocken?
Zum dritten: Warum hastu nit zu dem Ersamen Burgermeister und radt zu Zürich geschriben, da ich offenlich predigen. Was haben die frommen andern Eydgnossen deines fräflen, unbekanten zuschribens bedörffen? Oder wie möcht mich das verbeßren, so du mich des mitt einem wort nit bericht hast?
Zum vierden: Was darstu zeschriben, das man dir zeit und stat setze mit mir ze disputieren? Bistu so vol disputierens? Nun stat dir doch alweg das thor zu Zürich offen. und ston ich dir alweg gespannen. Und habent die frommen Ersamen etc. Burgermeister und rat so offt gebeten, das, wer sy oder jre leerenden des unrechten mit Gottes wort wüsse zu beweisen, das er das umb Gottes willen thun wölle. Also kumm wenn du wilt. Und entsitzest dir einigen weg, wellen wir alle, so zu Zürich predigend, die erstgenanten herren, als wir hoffen, nit allein umb gleyt (das für sich selb alweg den jnredenden gegeben und gehalten ist), sonder ouch umb bsondern schirm erbitten. Und bis du nun der man unnd komm. So aber dir solche wal alweg offen gewesen ist, unnd aber du hie by weder gegen Zürich noch gegen mir, weder mit mund noch gschrifft etwas gehandlet, sonder gegen gmeinen frommen Eydgnossen, ist nit dunckel was du fürnemest, oder uß welichem vaß diser ratschlag geflossen sey, oder wo hin er reych. Warumm hastu nit offenlich wider mich geschriben, hab ich unrecht gelert? oder die frommen von Zürich schrifftlich meiner jrthumb (so ver sie jrthum wären) underricht? Hab ich ze Zürich mit predigen verfürt, so sol ich billich da selbs die verfürten schaff widerumm an den rechten weg füren, und mich verfürisch erkennen. Hab ich aber mit schryben verfürt, so soltu solchs billich mit gschrift anzeigen. denn gschrifft wäret gar lang weder das wort das allein geredt würt.
Zum fünfften: Das du by gemeynen frommen Eydgnossen richter wilt über die geschrifft lassen setzen, wie gdarstu das thun? Weistu nit das nach bäpstlichem rechten niemand die gschrifft sol ußlegen, richten noch zeverston geben, weder allein der bapst? Jch sich wol das du ein wysern weist weder Got ist, den du zuu eim richter über sein wort setzen wilt. dann es nit hilfft den gmeinen tandt jnwerffen. Man verstat das gots wort nit gleich, darumb muß man ein richter darüber han. denn also stünde das gots wort an des menschlichen verstands urtheyl, sonder das gots wort sol dich und mich und alle menschen urtheilen. Und da du etwan an einem ort sprichst, ich verstands nit also, da muß man nit das urtheil des menschen warten, sonder an ein ander ort des götlichen worts louffen, und das selbig als ein liecht hinzuheben zu dem duncklen wort, so wirt es denn uß dem gottes wort selb häll und klar. Denn der tag offnet dem tag das liecht und ist ein rad in dem andern. Und heyßt uns Christus die geschrifft erfaren und Mosen und propheten lesen, aber nienen heyßt er richter über sein wort setzen. Hierumm sey dir diß verding embotten: Wenn du wilt (denn ich mich sicher versich myn herren von Zürich werden hierinn nützid brechen), so kumm gen Zürich, die heiligen gschrifft und mein leer ze hören (du wilt nun disputieren, bist unnützes klaprens all dein tag voll gwesen) und mit mir die geschrifft ze erduren. Unnd welcher zum ersten von gottes wort abtrit, der sol dannethin an lyb oder leben von den Ersamen etc. Burgermeister und rat gestraft werden nach jrem beduncken. Darzu, welcher zum ersten etwas herinfürt, das er nit grund anzeygen kan imm götlichen wort nüws und alts testaments, sol glycher wyß am ersamen rat stan. Und wiltu gern die frommen Eydgnossen darby haben, wil ich dir wol günnen, aber keinen richter, weder dir noch mir des gots worts halb uffsetzen, weder das götlich wort, und welcher zum ersten on das selb (wie obstat) redt, sol verfallen sein. Jch wil dir ouch haben angedingt, das wie ich dir meinen verstand allein uß dem gots wort bewären wil, du gleicherweyß thuest, vomß wo zwyfel ist, oder aber widerumm yetwederer vellig sey. Denn so wir vom götlichen wort nit abtretten, werden wir sicher der sach eins, aber uß urtheil der menschen, werden wir nit eins, welchs aber du noch nitt erlernet, dann du bißhar der menschen wort höher weder gottes geachtet hast, und das götlich mit des menschen wort geurteylt. Und sichst doch in geschribnen rechten, das man die selben uß jnen selbs ermessen, und nit nach eins yeden beduncken verston muß etc.
Jst als in den zwey puncten begriffen. Jch sol und mag nienen anderst geurteilt werden, ob ich dem gotswort recht tüge oder nit, weder vor der kilchen, der hirt ich bin. Und sol und mag die selb mein wort nit verwerffen, es sey denn nit gottes wort. Unnd mag nieman das gots wort erkennen, denn die schaff gottes. Wo nun die zesammen komen zu der eer Gots, sein wort zeverhören und mich min kilch dahin verordnet, wird ich willig sein.
Sich also stat es, lieber Eck, zwüschen mir und deinem alefantz.
Zum sechsten: Bistu zu dem heyligen geystalso vertröst, das du keinen zwyfel hast, du werdest den alten waren Christlichen glouben gegen mir erhalten. Sag an, welches heißt dir der alt gloub? Hastu einen eltern, weder der in den waren got schöpfern himels und der erden und Jesum Christum und heiligen geist stat? Oder weistu mir des selbigen glaubens ein eltere underricht zegeben, weder uß dem eygnen gots wort, das er selbs und durch Mosen und die propheten und zur letsten zeit durch seinenn eingebornen son und die heiligen Apostel geredt hatt? Es könd ein schaff mercken, welches dir der alt glaub hieß. Der alt gloub heyßt aber mir, der dahin reycht wie erst bestimpt ist, und die alt ler, die Got selber uffgethon hat, die sind bede vyl elter, denn deine vätter und breuch, deren du dich mercken last. Darumm far frölich här gen Zürich. es ist zeit, das ich uffhöre, wo ich unrecht gelert hette. Und noch vyl zeiter, das du mit deinen argen listen das arm volck nit me hindergangest, noch hinder keinem frommen diener Gots solch practicken me undernemest. Und das die spieß gleich lang syend, wen ich dir deiner leer velschen, wil ich das vor deiner kilchen thun, oder mit offner geschrifft, und wil dich gegen keinem herren nienen verräterisch hindergon, und mein solchs sye redlich und Christenlich. Und wil mich ouch gleicherwyß gegen dir versehen, oder aber dein unerberkeyt allem Christen volck offnen, das man sich vor dir hüten könn. Erbarm dich Gott über dich, unnd nemm dir dein steine hertz und geb dir so ein linds, das sich mit Gottes wort schryben laß.
Geben zu Zürich etc. letsten tags Ougstens M.D.XXIIIJ.