Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 177

Eck an die Eidgenossen

Ingolstadt
18-09-1524

Ableinung doctor Johannsen von Eck der schandtschrifft die Ulrich Zwingli von zürch in antwurt weyß hat lassen außgeen auff die missive, die er an die frummen vesten Ersame etc. gemainer Eidgnossen botten geschriben hat, Lutherische leer betreffendt, in: Ein Sendtbrieff etc (= METZLER Nr 50), fol A III - A IVv
[F 008d]

Eck antwortet öffentlich auf die sechs Vorwürfe, die Zwingli in Brief 31-08-1524 gegen ihn erhoben hatte: 1. Zwinglis Behauptung, Eck sei "gottlos", beruht allein auf dessen Rachedurst. Eck stammt aus einer christlichen Familie und hat sich stets um das Wort Gottes bemüht: so hält er zur Zeit Vorlesungen über das Johannesevangelium an der Universität Ingolstadt. Luther und Zwingli hingegen haben das Wort Gottes zerrissen sowie die Sakramente und Kirchenordnungen befleckt. Er habe sich nicht direkt an Zwingli wenden wollen, da für diesen das paulinische Wort, einen Ketzer nach zweifacher Ermahnung zu meiden, gilt. Zwingli ist durch päpstliche Bulle, Ermahnungen des Ortsbischofs von Konstanz und Hieronymus Emsers Verteidigungsschrift des Meßkanons gewarnt worden. 2. Es trifft nicht zu, daß Eck in Freiburg und Rom Ungünstiges über die Schweizer geäußert habe: der Schaffhausener Junker Hans Konrad Baier und auch Dr. Balthasar Friedberger (Pacimontanus) können das bezeugen. 3. Wer weiß, was auf den beiden Züricher Disputationen im Januar 1523 geschehen ist, wird verstehen, daß Eck sich nicht an den Züricher Rat gewendet hat. 4. Eck hat nicht "gemeine" Eidgenossen zu Richtern haben wollen, sondern dazu Verordnete; außerdem hat Zwingli in Zürich 1523 zweimal in Gegenwart des Großen und Kleinen Rats disputiert. 5. Wenn kein Mensch Schriftverständnis besäße, wäre noch kein Ketzer überwunden worden. 6. Der "alte Glaube", den Eck bekennt, umfaßt mehr als die zwei Artikel über Gott und Christus: er bekennt auch, daß Christus im Meßopfer für Lebende und Verstorbene aufgeopfert wird, daß die Seelen der Auserwählten jetzt im Stand der Seligkeit sind, daß man die Gottesmutter Maria um Fürbitte anrufen darf. Die "neuen Christen" meinen, keiner Fürbitte der Heiligen zu bedürfen: sie haben einen direkten Draht zu Christus. Auch wollen sie nicht selbst Fürbitter für die Verstorbenen sein. Der fromme Christ soll sich an die auf einem Felsen errichtete Kirche und die Väter wie Cyprian, Augustinus und Hieronymus sowie die heiligen Konzilien halten. Auch die Lutheraner sind nur "Menschen".

Allen und yedem frummen Christen, den ditz mein schreiben für kumbt, unnd in sonderhait den notvesten bestendigen Christen der löblichen Eidgnoschafft wunsch ich Johann von Eck gnad und frid von got dem herrn mit erbietung meiner williger dienst.

Auß Christenlicher lieb bin ich bewegt worden, als ich vernomen hab, das erberig Christenlich und hoch loblich fürnemen gmainer Eidgenossen wider die new verfuerisch leer, das ich den Edlen strengen Vesten und ersamen herrn gemainer Eidgnossen potten im vergangen Augsten zugeschrieben hab und ir Christenlichs hoch zupreisens furnemen gelobt unnd gebeeten sich nit abwenden lassen durch Ulrichs Zwingli verfuerisch schreiben etc., laudt desselben inhalts ditz schreiben als es des Zwingli furkommen, wie dann der Lutheraner art ist. Von stund an hat er auß wüetenden zornigen gmüet ain schmach geschrifft wider mich lassen durch den truck außgeen mit vil schmach worten und spots vermengt, dann das helt ir new ewangelium inn, dy leut auff das hefftigest zu schmähen, schenden und schelten, und wy wol ich klain acht des Zwinglins schmehen, doch umb der frummen wegen, das sy kain ergernuß enpfahen, wa ich also stilschweigend die auff erlegten schmach furging, wil ich gantz kurtzlich die VI puncten seiner schmachschrifften ablainen.

Und zu dem ersten, das er mir zu mißt, ich glaub nit, das ain got sey, khan ain yetlicher verstendiger wol versteen, das ditz auß dürstigen rachsal mit unnwarhait mir zugelegt würdt. Ich bin von Christlichen eltern geborn und mein vatter heüt auff den tag ain pesser christ ist dann der Zwingli. Ich bin auch in Christenlicher kirchen erzogen und mit der zubleiben mit hilff und gnad gottes ist mein will. Das aber er anzaigt, ich hab etlich jar dem wort gottes widerstandt gethan, sag ich ney darzu, dann all mein fleyß müe und arbait ist, das das wort gottes sein fürgang hab, wie ich teglich liß und schreib und ytz auff der universitet zu Ingolstat das Ewangelium Johannis offenlich liß. Wol hab ich widerstandt gethan und wils noch thün, die weil ich leb, der falsch verfüerisch und ketzerisch außlegung und mißverstandt, darmit Luther Zwingli mit iren annhang das wort gottes zerreyssen, alle Sacrament unnd ordnung der Christenlichen kirchen beflecken. Das auch Zwingli sich beklagt, das ich zu ainer frummen eidgnosschafft geschrieben hab unnd in vormals nit ersuecht, sag ich, das ich sollichs underlassen habe nach der leer sandt Paulus, ain ketzerischen menschen nach erster und ander straffung vermeydt, wissent, das der selbig umbkert ist, der ain solcher ist und sündiget, so er mit aigem gericht verdamt ist. So nun Zwingli genug ist ermant und gewarnet gewesen durch Bäbstlich bull, durch seinen ordenlichen Bischofe unnd gar treffenlich durch den hochgelerten Hieronimum Emser, der dann mit der geschriefft erhalten hat wider den Zwingli, das der Canon der heyligen meß gerecht sey und nit der massen getadelt, wie zu schmach der Christenlichen kirchen der Zwingli im auffgelegt, so darüber Zwingli verhart wie ein verstopft glid in seiner jrrung, wer mein warnung bey im nit angesehen worden, deren ich müessig gestannden bin, solchs auch nach der leer sant Paulus nit schuldig gewesen.

Zu dem andern puncten braucht Zwingli aber des Lutherischen Ewangelium ain stuck, das er mit unwarhait mich wolt hessig machen gegen frummen Eidgnossen, denen ich zu Fryburg und zu Rhom ubel geredt haben solte, das thuet er auß neyd. Aber was eer und gutz ich gemainer Eidgnoschafft günt und geredt hab, laß ich die von Schaffhausen von sagen, da ich offtermals gewesen bin, als ich zu Fryburg Conventor war. Auch ist Junckher hans Chunrat Bair von Schaffhausen vast drey jar umb mich gewesen, der kan wol anzaigen das widerspil, das hie Zwingli schreibt. Auch mag ich leyden das darum sag sein bruder in christo doctor Balthasar Fridberger. Der guarden halb zu Rhom hat mich kain knecht auß der guard zu Rom nie mit worten oder mit wercken belaidigt, sonder mir vil dienst und freuntschafft bewisen, des ich mich an hauptman fendrich und die gantz geselschaft zeich. Aber die Lutherischen haben vor wol ain grössere lügen auff mich erdacht, das ich zu Rom solt auff ainen mist erstochen worden sein, und der lugen meer. Aber got hab lob, sy sint noch nit erfreüt worden.

Zu dem dritten beklagt Zwingli mich, das ich nit geschriebenn hab ainem Ersamen burgermaister und Ratt zu Zürch, unnd zu dem vierten zeigt er an, das thor stee offen zu Zurch, die zwen puncten zuvertedingen. Ist on not, dan manicklich waiß, was auß den zweyen vergangen disputacion zu Zurch erfolgt ist, das las ich bleiben inhalt der acta, die do außgangen seien. Die manhaften Aidgnossen wissen wol platz an zuzeigen, wa wir disputirn sollen, ich wil den erberigen frommen Christenlichen herrn kein maß geben der stadt halb.

Zu dem IV. bläst er hoch, auff das ich bey gmeinen frommen aidgnossen richter wöl lassen setzen uber die gschrift, so das allein dem Bapst zugeben werdt, nach außweiß der rechten, darauff sag ich, das mich geduncken wölle, das Zwingli den frommen leuten der eren nit vergonn, auch thut er den rechten gewalt. So hab ich nit erkiest richter gmein aidgnossen, wie Zwingli mir auferlegt, sonnder die verordneten von jnen, on zweifl die frommen aidgnossen, seien deß verstants, sy wissen sich baß zuhalten, dann Zwingli sy zulernen, und obschon ich het die frommen Aidgnossen für richter erwölt, so gebürdt dem Zwingli gar nichte, mir das auffzuheben, so er im selbs darinn widerwertig, dan er zwai mal zu Zurch disputirt hat vor grossem und klainem rat. sag nun, Zwingli, ob gmain aidgnossen meer sey oder ain ort der aidgnossen, so ist sein Lutter stets greinen allain nach des urtail der layen. Er wil weder Bapst noch universitet leiden zu richter.

Zum fünften, wan schon ditz alles wär, noch thet mir zwingli unrecht, dann mein meinung ist nit, das ymants urtail das wort gottes, dan die kirch in erkentnuß, aber den menschlichen verstand, den kunden menschen urtailn, ob schon dem Lutter, zwingli, wicleff und allen ketzern wider ist. Unser liber herr wil nit von ains ytzlichen ketzers wegen von hymel kummen. Wan dy menschen nit hetten urtail den vorstant der gschrift, wer noch kain ketzer uberwunden worden. War ist, das ain tunckler ort der gschrift durch ein andern erklert würdet. Darf uns zwingl nit leren, wir haben das lengst auß Augustino de doctrina christiana underricht enptfangen. Das er mir aber zulegt, mich zu kleinern, ich hab das wort gotts nit erlernet, las ichs ainn stoltze red sein, ist aim ytzlichen verstendigen leichtlich zu erwegen, ob zwingl oder Eck mer in der hailigen gschrift gelesen hab.

Zum VI. versmachts dem Zwingli, das ich mich erboten hab, den waren alten Christlichen glauben wider den Zwingli mit dem wort gottes leichtlich zu erhalten. Das reücht im in die nasen und fragt, ob ich ain eltern glauben hab, dan das ich glaub in warenn gott schöpffer hymels unnd der erden. sag ich, das gefelt mir ann den Zwingli, das er im so hüpsch widerwertig ist. Am ersten punctn hat er mir zugemessen, ich glaub nit, das ein gott sey, und yetz am VI. puncten und letsten, so legt er selbs auß meine wort vom alten glauben, damit man glaub in den waren gott etc. Es solt aber Zwingl bedacht haben, das der alt glaub mer innen hat dann zewen artickl von gott dem vatter und seinem sünn. Der alt glaub helt inn, das der zart Fronleichnam Jhesu christi im ampt der hailigen meß auffgeopfert werdt für lebendig und für todt, deß Zwingli und Lutter durch iren neüen glauben alß streng vorlauffer des Antichrist (wie Daniel prophetisirt hat) wöllen abthun. Der alt glaub hat inn, das der außerwelten lieben heyligen selen ytz sälig sein, auch die hochgelobte muttergottes Maria, denen wir reverentz und eer erbieten, sy anrüeffen umb fürbit. Das dörffen die neüen Christen nit. Sy sint mit unserm hernn so ainß, sy dorffen kains fürbitters und kains hailigen. Die alten frummen christen haben für die lieben seelen vater und muter und guter freundt gebeten, aber die neuen Christen wöllen nit allain die fürbit im himel nit (wie s. Bernhard von disen ketzern spricht). Sye wollen auch nit fürbitter sein für die abgestorben. Deren gleichen stuck vil sein von unsern voreltern christlich ghalten und durch die heyligen Concilia erklärt und die widersprecher von gemainsame der christenlichen kirchen außgeworffen als ketzer, die yetz wider durch Luther und Zwingli erweckt worden mit irem neüen auffrürischen, halsstarcken Ewangelium. Ditz solt Zwingli verstanden haben bei des alten glauben. Die andern schmach wort las ich mich litzel anfechtenn, dan allain ein yeder frummer Christ bedenck, so all neüerung arckwönig seien, so ist doch im glauben seer gferlich unnd henckt sich an die Christenlichen kirchen, die auff den waren felssen gebawen ist, und acht dar für, so Luther Zwingli verwerffen die gotlich lerer Cyprianum Augustinum Hieronymum etc. und die hailigen Concilia darumb, das sy menschen sein gewesen, das er vil minder traues setzt in die Lutherischen, die dan auch nün menschen sein. Der almechtig ewig gott sey unß barmhertzig und beschirm und behüt sein christenlich kirch vor aller ketzerey. Amen.

XVIIJ. Septembris. 1524