Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 178

Eck an die Eidgenossen in Frauenfeld

Ingolstadt
26-09-1524


München BSB Cgm 6832 (Autograph)
In: Ein Sendtbrieff (=METZLER Nr 50) fol B - B IIv
Vgl. WIEDEMANN, Eck 208ff
[F 064R; 008d; 042d]

Eck hat Zwinglis gedruckte Antwort (Brief 31-08-1524) durch gute Freunde zugestellt erhalten, noch bevor er das Antwortschreiben der Schweizer (Brief 06-09-1524) in Händen hielt. Am St. Mauritiustag hat Eck nochmals die Schweizer Ratsboten empfangen, die nach seinen künftigen Absichten fragten: er beschwört die Eidgenossen erneut, am alten Glauben festzuhalten und ihn zu schützen. Auch sollen sie sich von Zwinglis Antwortschreiben nicht beirren lassen: es zeigt nur, daß er der Heiligen Schrift nicht kundig ist. Zwingli hängt am bloßen Buchstaben, ohne etwas von rechter Schriftauslegung zu verstehen. Eck ist weiterhin bereit, in Baden, Luzern oder anderswo vor dazu verordneten Richtern mit Zwingli zu disputieren. Er bittet um Angabe des Ortes, der Zeit und um sicheres Geleit. Eck will sich am Ende dem Urteil der Richter beugen. Er tut das nicht um Ehre oder zeitlichem Nutzen willen, wie seine Gegner ihm vorwerfen, sondern um Gottes und des alten Glaubens willen und aus brüderlicher Liebe zu den Schweizern. Auch will er keineswegs Mißbräuche des Klerus rechtfertigen und schützen, sondern er bietet seinen Rat an, um Abhilfe zu schaffen. Eck bildet sich nicht ein, Zwingli "bekehren" zu können: das ist im Laufe der Kirchengeschichte auch bei anderen Ketzern nicht gelungen. Die versammelten Eidgenossen sollen auch dem Rat von Zürich gegenüber klarmachen, weshalb Eck ihn nicht, wie von Zwingli gewünscht, von Anfang an als Richter anerkannt hat: er hofft, daß die Züricher eines Tages lieber "Türken" als "Lutheraner" haißen wollten. Die Schweizer sollen sich nicht überreden lassen, von der geplanten Disputation aus "rechtlichen" Gründen Abstand zu nehmen: diese Gründe sind, wie Beispiele der Geschichte zeigen, nur vorgeschoben.

Den Edlenn gestrengen vesten fürsichtigen erberigen und hochachtpern herrn von Stetten und lendern des altenpunds hoch teutscher nation der Eidgenossen, meinen großgünstigen gebietenden herrn.

Edlen gestreng Ernvest Ersamen weiß herrn, was ich zusampt meinem willigen dienst, liebs und gutz vermag, ist ewr herlichkaitn unnd erberkaitn begirliche fleiß zuvoran berait.

Genedig gebietend herrn:

Ee das mir ewr schreiben geantwurt ist worden, hab ich vor, durch guet freund des Ulrichs Zwinglin antwurt getruckt enpfangen und auß der bald erwegen, das er nit die ewangelisch christenlich warhait suecht, wie er den ainfeltigen für gibt. Dann wa er die liebet an den tag zekomen, solt er fro sein, das solchs vor den verordneten der frommen Eidgnosschafft geschehen, vor auß nach dem er sich etlich zeit erprochen hat und in all winckl außgeschrien, man soll mit im die geschrifft füeren unnd auß dem wort gottes in annders vorrichten. So aber ich sollich gegen im zethun urbittig bin vor den seinen, zeucht er am hag ab und läst ain truck über mich ausgenn nach art des Luterischen ewangeliums mit schmach und schantgschrifften unnd mich mit der unwarhait gegen gmain Eidgnossen darmit maint zuverhetzen. Aber also yeben sy das wortt gottes die gesellen.Nachmalß auff sant Mauricij des heyligen marteres tag hab ich entpfanngen ewrn Rats botten von stetten unnd lendern begern, das ich sy verstendigte, was ich weitter in fürgenomen hanndel zethun willes sey: Bitt ich ewr gnad, vest unnd erberkait wie vor, das irr alls manhafft biderleut den warenn alten christenlichen glauben beschützen und handthaben und kain ketzerey in die frommen Eidgnosschafft einwürtzlen lassen. Dartzu geb euch got der almechtig und unser lieber her Jesus Christus sein gnaden und gaben und sterck, und euch last gar nit jrren des Zwinglin unnd seiner anhenger verfürisch ketzerisch schreiben, darjnn ain yetlicher in der heyligen geschrifft gebraucht, klärlich erkent, das er Zwingli in der heyligen geschrifft verstannd nit geiebt, zusamen raspelt die stuck der schrifft unschließlich on alle grund, die selben vergewaltigt und zerreyst wider verstand des heyligen gayst, zu zeiten auff den todten buchstaben ligt und sich und ander darmit verfür. Dan wie Origenes spricht: Wir Christen haben auch literam occidentem, den buchstabenn der geschrifft der todt, wann man nit hat die rechte außlegung der geschrifft. dartzu er auch sein maister den Luther in den haubtstucken nit verstat, dann wa er ust Christennlichen brauch und ordnung umstossen, so nimpt er im auch ein layschen verstand darauß: Wa Zwingli oder etwar annder sich des widersprichtt gegen euch, bin ich ürbüttig, mit dem wort gottes mit wolgegründten vernünfftigenn ursachen vor ewer gmainer Eidgnossen darzu verordnetn richter. Es sey zu Baden aber Lutzern oder wa es ewer herschafft an ainem onpartheyschen ortt gelegen will sein, des ich euch kain ordnung oder maß gib. Sollichs tröstlich mit der hilff gottes erhalten: Allain schreibt mir zeit und stat zu mir sambt ainem glaidt fur vergwaltung fur die bösen Luterischen buben, die meiner eer und leib yetz etlich nachgestelt haben. Doch wil ich nit, das sich das glaidt darauff streck, was die richter mir oder den Zwinglin wurden aufferlegen, dann so wir in disputacion gehort werden, soll unnd will ich der erckentnuß der verordnetn nachkhomen, das der widersacher zu gleichen tail auch verpunden werd. Und sollich mein erbieten bitt ich euch, Gnedig streng Vest weiß gunstig herrn wollent nit annemen, das ich das thue auß eyteler eer oder zeitlichs nutz wegen, auch nit glauben geben den widersacher, wa sy mir das nach dem ergsten der massen würden außlegen, dann allain thue ich das got dem herrn zu eer, fürnemlich zu rettung unsers alten warn Christenlichen glauben und auß Christenlicher brüderlicher lieb gegen gmainer Eidgnosschafft, das sy durch geblümten falsche ketzerey under ainem schein des wort gottes nit verfüert werd, ain soliche löbliche notvest christenlichev Commun.

Auch soll ewr gnad und gunst nit mich dar für achten, das ich mißbruch der geystlichen, es seyen babst, bischoffe, priester, ordenßleut, woll bereden, beschutzen oder beschirmen, sonnder mit gebürlicher reverentz und eer erbietung, die jnen zuthun alls von got gesetzt vorbehalten, gern ratn, helffen unnd nach allen meinem vermögen handlen, darmit sollich abgestelt werden. Es ist auch mein hoffnung nit, das ich werd den Zwinglin auff die rechten bann bringen von seiner verstopfften meinung. Nach der ler Sand Paulß und langer herfarnuß Sant Johanns mocht dy ketzer nit bekern Hedionem Cherinthum und Nicolaum, Sant Peter nit den zauberer Symonem, sant Cyprianus nit den Novatum, sant Athanasius nit Arrium, Sand Jheronimus nit Helvidium Jovinianum, Sant Augustinus nit Faustum Crestonium etc, Leo nit Eutycen oder Dioscorum, Sand Bernhart die Albigenß, Gerson den Hussen: Ja das ewig wort, der sun Gottes, ward in seiner süesser heyligster ler von vil verstopften nit angenomen. Ob sy schon ain mall revocieren, so bleiben sie nit darauff, wann sie sein verkert, spricht sandt Paulus, wie dann der ketzer Pelagius gethan hat, als Augustinus anzeigt, und Jheronimus von prag zu Costentz, aber darmit Zwinglin sein gifftig untüchtig leer nit weiter auspreit und die frümen Christen nit mer in ketzerey verfüer, will ich sollichs furnemen.

Es ist auch meinn fleissig bitt, ewer gnad, gunst und freuntschafft wölle mich gegen aim Ersamen rath der loblichen stat Zurch verantwurten, das ich nit gleich, wie Zwinglin begert, sy zuverhorn richter angenomen hab, dann auß aller handdlung da geyebt wie durch den truck bey jnen ausgangen, auch auß antwurt dergleichen durch den truck ausgangen in dem fal an eüch, mein herrn von gmainer Eidgnosschafft, auch an ain bischoff [zu] Costentz, woll erscheint, ob es mir anzunemen. Ich hoff zu gott und der werden muter gottes, die frumen biderleut von Zürch werden sich in kurtz so Christenlich erzaigen wider die Lutherische ketzerey, das sy auch lieber Turcken dann Lutherisch wolten gehaissen sein, wie die Behem nach jungsten gehebten außlauff Laurentij zu Prag irem kunig zugeschrieben haben: Last euch auch nit abweisen ob fürgenomner disputation, lieben frumen Eidgnossen, ob etlich wolten sagen, ir haben das nit macht, es sey wider Bäbstlich recht, wie Zwinglin anzeucht: der maint, es wer unrecht, vor gmainen Eidgnossen disputirn, aber vor ain jnern und grossen rat zu Zürch disputirn wer nit unrecht, dann wiewoll das urtail im glauben in höherem grad zu stet den hailigen Concilien, ainem Babst, doch so haben dy bischof, die ketzermaister, die universiteten, die Doctores, ytlicher in seinem val, auch macht zu urtailn, also das das verstands halb sich etwann zu der zeyt des Kaysers Constantij Athanasius und Arrius habend auch vor dem Landvogt Syrie Probo, der noch nit enpfangen het die gab unnsers hailigen glauben, zu disputirn jngelassen haben. Warumb wil Zwinglin deb frumen Eidgnossn wy Arrius Probo dem Landvogt nit vertrawen, deßhalb unangesehen, das Zwinglin eintragen, hoff ich, ewr gnad streng Veste weyßhait und achtberkait werd sich erlich und Christenlich halten. Die unser her Jesus Christus woll behuten mit sein gotlichen gnaden in ewigkait, derennn ich michh in aller underthenikait bevilch.

Datum Jngolstat in Bayrn am XXVJ. tag Septembris Anno domini 1524.

Ewer gnaden und herlichait undertheniger unnd williger
Johann von Eck Doctor etc.