29-06-1525
Rom Arch Vat Arm 32, vol 1, fol 229rv (spätere Abschrift); Rom Coll. Rom. Cod Barberini
XVII, 5, fol 264r - 266v
W. FRIEDENSBURG, Beiträge zum Briefwechsel der kath. Gelehrten Deutschlands im
Reformationszeitalter: ZKG 19 (1899), 213ff, Nr 116
[F 201.1f; 177R]
Reverendo in Christo patri et domino domino Joanni Matthaeo antistiti Veronensi ac Sanctissimi Domini Nostri a datis, Maecenati suo. Paratissima obsequia cum sui commendatione. Rogo plurimum, Rev. pater, non patiaris
diutius me divexari super his quae in
inquisitionis sancto negocio contra
Wolfgangum Wackinger jussu speciali
Reverendissimi domini legati accedente
[feci], et per breve Sanctissimi Domini
Nostri praecipiat capitulo sancti Andreae
Frisingae ut proviso per me possessionem
tradat et, siquid juris impetrati Gothardus
Wackinger praesumat se habere seu
praetendat, jure experiatur. Speraveram me habiturum illud breve ante festum Margaretae; sed quia nescio quo remorante res tardatur, ad alterum annum residentia venit secundum statuta ecclesiae illius differenda. Quanquam nihili ducam tantillam jacturam; hoc plus nimio me premit quod negocium inquisitionis tam mature et diligenter per me actitatum debet a sede apostolica irritari et haereticus exultare de retento pro fratre aut pro se beneficio, quia nihil ducit infamiam, sed moratur cum bestia lutherana Augustae in monasterio Minorum, et hanc blasphemiam fortiter astruunt et propagant, corpus scilicet Christi verum et sanguinem ejus non esse sub eucharistia, sed panem duntaxat et vinum. Quam lamentabiliter et erumnose vivamus,
ex litteris ad Sanctissimum Dominum
Nostrum scriptis et scheda alligata
intelliges, nec Reverendissimus dominus
legatus nec sedes apostolica est memor
pauperis Eckii; non scio profecto
quomodo tranquillitati studiorum meorum
consulam; jam ego accinctus sum itineri:
proficiscar per Burgundiam, inferiorem
Germaniam et Angliam, visurus quomodo
res fidei apud illos tractetur, si commode
Sanctissimus Dominus noster non poterit
mihi providere in superiori Germania, ut
vel in illis partibus Rev. Paternitas Tua
memor esset mei. Totum periculum est ne
in seditiosos incidam rusticos, quoniam
ubique defecerunt; etsi armis repressi sint,
tamen Eckio in potestatem eorum venienti
non parcerent. Sanctissimus Dominus
Noster in hoc tanto periculo non deberet
derelinquere Germaniam; nisi Caesar
advenerit aut aliunde provideatur, timeo
actum esse de principatu episcoporum et
praelatorum nostrorum. Liber vix
reciperet quaerelas meas pro Germania;
quanto minus parva epistola. Tuum fuerit, Rev. pater, affecti in me animi aliquando effectum ostendere. Aliqua chartacea opuscula nondum impressa mecum fero, si forte contingat me christianum proelum invenire, ut illic excudantur. Bene vale, Socratice Rev. antistes, et Eckium servitorem tuum commendatum habe. Raptim Ingolstadii Nolo existimes ob hanc meam trepidationem Bavariae provinciam esse haeresi Lutheri infectam, licet experiar reverentiam erga clerum minui; at hoc insidet animo. Tot sunt blasphemiae, impietates et perfidiae publicae Lutheranorum per Germaniam superiorem, ut non sit possibile, Deum termisericordissimum impune Lutheranorum tot fidefragia scelera et blasphemias; ut his non involvar tutius erit migrare, sicut Christiani Judaeam reliquerunt instante excidio Hierosolymitano. |
Dem ehrwürdigen Vater in Christus und Herrn, Herrn Johannes Matthäus, Bischof von Verona und päpstlichen Datar, seinem Patron. Mein bereitwilligster Gehorsam samt Empfehlung!Ich bitte sehr, ehrwürdiger Vater, daß Ihr nicht dulden möget, daß ich mit Dingen belästigt werde über das hinaus, was ich im Inquisitionsverfahren gegen WOLFGANG WACKINGER auf besonderen Befehl des Herrn Legaten tat, und daß Ihr aufgrund des päpstlichen Breve dem Freisinger Kapitel von Sankt Andreas befehlen möget, unter meiner Aufsicht das Besitzrecht zu übertragen, und, falls GOTTHARD WACKINGER aufgrund irgendwelchen erworbenen Rechts vorgibt, einen Besitzanspruch zu haben oder ihn nur vorzutäuschen, dieses rechtlich zu prüfen. Ich hatte gehofft, dieses Breve vor dem Festtag der Heiligen Margareta in Händen zu haben, aber da aus mir unbekanntem Grund die Sache verzögert wird, kommt es dazu, daß das Residenzrecht gemäß den Statuten der Kirche auf das folgende Jahr verlängert werden muß. Obgleich es mir nicht um den geringen Aufwand geht, bedrückt es mich doch um so mehr, daß ein von mir so reiflich und sorgfältig durchgeführtes Inquisitionsverfahren vom apostolischen Stuhl für ungültig erklärt werden und der Häretiker sich der für seinen Bruder oder für ihn selbst reservierte Pfründe erfreuen darf, denn er schätzt den Schimpf gering und verkriecht sich zusammen mit der lutherischen Bestie im Augsburger Franziskanerkloster, wo sie weiterhin die Gotteslästerung ausstreuen und propagieren, in der Eucharistie sei nicht der wahre Leib und das wahre Blut Christi enthalten, sondern bloßes Brot und bloßer Wein. Wie beklagenswert und mühselig wir leben müssen, könnt Ihr aus dem Brief, den ich dem Papst geschrieben habe, und der beiliegenden Aufstellung erfahren; jedoch erinnert sich weder der hochwürdigste Herr Legat noch der apostolische Stuhl an den armen Eck. Ich weiß nämlich nicht, wie ich für Ruhe zum Studium sorgen kann, denn ich bin gegenwärtig zum Reisen gezwungen: ich werde durch Burgund, Niederdeutschland und England reisen, um zu sehen, wie dort in der Glaubenssache verfahren wird, es sei denn, der Heilige Vater hätte für mich in Oberdeutschland angemessen Vorsorge getroffen oder Eure hochwürdigste Väterlichkeit hinsichtlich jener Gebiete sich meiner erinnert. Die eigentliche Gefahr für mich besteht darin, in die Hände der aufständischen Bauern zu fallen, da es solche überall gibt, wenn sie auch mit Waffengewalt unterdrückt werden. Sollte Eck in ihre Gewalt fallen, würden sie ihn nicht schonen. Der Heilige Vater darf Deutschland in so großer Bedrängnis nicht im Stich lassen. Wenn der Kaiser nicht eingreift oder anderswie Vorsorge getroffen wird, fürchte ich, daß es um die Herrschaft unserer Bischöfe und Prälaten geschehen ist. Ein Buch könnte kaum mein Klagen um Deutschland fassen, um so weniger ein kleiner Brief. An Euch liegt es, hochwürdiger Vater, einmal Eure Gesinnung mir gegenüber zu beweisen. Ich führe einige noch nicht gedruckte Manuskripte bei mir, um sie vielleicht einmal von einem christlichen Drucker drucken zu lassen. Lebt wohl, weiser und ehrwürdiger Bischof, und nehmt Eck als Euren Diener an! In Eile, Ingolstadt, Ihr sollt aber wegen meiner ängstlichen Unruhe nicht meinen, daß Bayern von der Häresie LUTHERS infiziert sei, wenn ich auch beobachte, daß die Achtung vor dem Klerus abgenommen hat: das beschäftigt mich schon. So viele Gotteslästerungen, Ruchlosigkeiten und öffentliche Treuebrüche der Lutheraner gibt es in ganz Oberdeutschland, daß es unmöglich scheint, daß der dreimal barmherzige Gott soviel Scheitern im Glauben, Vergehen und Blasphemien dulden wird. Um nicht darin verstrickt zu werden, wird es sicherer sein, auszuwandern, so wie die Christen bei der bevorstehenden Zerstörung Jerusalems Judäa verlassen haben. |