Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 214

Zwingli an Eck
Zürich
01-11-1527


München BayHStA, Kurbayern Äußeres Archiv 4246 fol 13b (Or-Ms Zwingli)

Eck soll, wenn er zur Disputation mit ihm nach Bern kommt, die Wahrheit annehmen oder ihr zumindest nicht widerstreiten, besonders mit seiner Gewohnheit, in seiner Verschlagenheit den Gegner in Widersprüche zu verstricken. Er soll sich mit Frömmigkeit und Wahrheitsliebe für diese Zusammenkunft mit ihm wappnen, damit sie kein Grabenkrieg, sondern ein freies und sicheres Treffen wird. Bern ist nicht die geringste unter den angesehenen Städten der Schweiz, und ihr Charakter als Dampfbadeort hat ihn angelockt, damit er auf den Wortnebel des Streites um die Wahrheit vorbereitet sei. Wenn der Rat von Zürich es erlaubt, soll Eck mit seiner Begleitung auch dort vorbeikommen; die nötigen Auslagen sollen Eck erstattet werden.


Ulricus Zuinglius
Joanni Eckio apud Ingolstadium theologiam profitenti, viro acerrimo.

Gratiam et pacem a Domino, ut veritatem aut recipias aut non oppugnes, ut senatum illustrissimum apud Bernam vestrae disputationis pigeat, quod nequiquam vobis praedicabamus, et (quod dicitur) »calculum omnino reducere« velit eo, quod videat et se et suos "paralogisthänai" non largitionem quorundam tum tua praecipue adversarium involvendi promtitudine, ne dicam versutia.

Tu ergo si pietatem in pectore foves, si veritatis studio flagras, ad eam congressionem accingere, in qua secum congredietur in arena libera et secura Zuinglius iste, cum quo nuper nescio quam vehementem pugnandi ardorem habere mundo sive vere sive fide probabas. Et congredietur non in fossa, ne rursus verum fatum esse proverbium (»Cancer... in fossa«).

Quis vere calumniari possit, sed in capaci ac plano campo, Bernae scilicet, urbe apud Helvetios post unam et alteram facile principe.

Si splendorem et amplitudinem spectes, si vero maiestatem atque fidem nulli secunda. Haec est inclita Berna, ad quam a balneis istis fumosis provocabam, ne scilicet infirmam ad contuendam veritatem humani visus aciem densae nebulae verborum ac munerum obruerent: pertrahere eo cum non potui, quid enim possit homo?

Sed Deus ipse non oblitus nostri, neque insolentiae vestrae nunc ad eum locum transtulit negotium.

Per eum ergo te obtestor, per eius filii sanguinem, quo te redemit, per summam iustitiam, qua mundum iudicat, ut adsis atque ea lege adsis, ut Tigurum praetereundo invisas, si modo senatus munificentiam experiri placeat. Nos enim quo te nihil remoret de nostro; de nostro inquam omnem sumptum, quem ad hoc iter facies, restituemus etiam si ministro uno atque altero comitatus eris. Cogita quoque, quam non famae tuae consulturus esses, si eam aequam pugnam detractares.

Vale, et Deo gloriam. Da ut venias.

Tiguri prima die Novembris M.D.XXVII.

Ulrich Zwingli an Johannes Eck, Lehrer der Theologie in Ingolstadt, dem scharfsinnigen Mann.

Gnade und Friede vom Herrn, damit Du die Wahrheit entweder annimmst oder wenigstens nicht bekämpfst, auf daß der erlauchte Rat der Stadt Bern wegen der geplanten Disputation keinen Verdruß hat, weil wir Euch vergeblich ankündigten und er, wie man sagt, »eine Handlung zurücknehmen« müßte deswegen, weil er sich und die Seinen getäuscht sieht, nicht die Freigebigkeit gewisser Leute durch Deine Eilfertigkeit (ich will nicht sagen: Schlauheit), besonders einen Gegner auszuschalten.

Wenn Du also Frömmigkeit im Herzen hegst und von Eifer für die Wahrheit brennst, mache Dich für dieses Treffen bereit, bei dem auf einem freien und sicheren Kampfplatz jener ZWINGLI mit einem, der neulich einen mir unbekannten Kampfeseifer gegenüber aller Welt, sei es in Werken oder im Glauben, gezeigt hat. Das Treffen wird nicht in Gräben stattfinden, damit nicht erneut das Sprichwort recht bekommt: »Der Krebs soll in die Grube kriechen«.

Wer aber könnte mit Recht herummäkeln an einem derart geeigneten und »offenen Feld«, nämlich an Bern, jener Stadt, die bei den Schweizern eine der bedeutendsten ist?

Wenn Du Glanz und Größe suchst, Würde und Treue, so steht sie keiner nach. Das nämlich ist das berühmte Bern, wohin mich in jenen Dampfbädern die Aufforderung erreichte, damit nicht eine nur menschliche Sicht die Wahrheit, die vielleicht zu schwach zur Verteidigung wäre, die Schärfe des dichten Nebels von Worten und Taten durcheinander brächte. Welcher Mensch könnte dorthin locken, wenn nicht ich?

Doch Gott selbst vergißt uns nicht; noch liegt die Last Eures Übermutes auch auf diesem Ort.

Durch Ihn beschwöre ich Dich also, durch das Blut Seines Sohnes, womit er Dich erlöst hat, durch die höchste Gerechtigkeit, mit der er die Welt richtet, daß Du anwesend bist und zwar in der Weise, daß Du in der Stadt vorbeikommst, wenn der Rat Dir diese Gunst gewährt. Was mich betrifft, bin ich Dir gegenüber bereit: ich meine, aller Aufwand an Geld, den Dich diese Reise kosten wird, wird Dir ersetzt, auch wenn Du den einen oder anderen Begleiter mitbringst. Bedenke auch, daß es Deinem Ansehen nicht gut bekommen würde, wenn Du diese Auseinandersetzung zwischen Ebenbürtigen nicht annimmst.

Leb wohl, und Gott sei Ruhm und Ehre. Sieh zu, daß Du kommst!

Zürich, am 1. November 1527.