Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 223
Daß der Rat von Bern sich im Rahmen der in seinen Mauern stattfindenden Disputation auf die Seite der Prädikanten und Zwinglis Praktiken gestellt hat, bedauern alle gutherzigen Christen wie auch besonders die übrigen Eidgenossen, in deren Mitte zu ihrem Schmerz der Glaubensabfall Fuß gefaßt hat. Die Berner haben die historische Schicksgemeinschaft mit den übrigen Kantonen des Bundes vergessen und wie sehr ihr territorialer Umfang und Wohlstand der Hilfe der übrigen Eidgenossen bei kriegerischen Auseinandersetzungen der Vergangenheit zu verdanken ist. Nun haben sich die Berner von der gemeinsamen Verpflichtung vom Pfingstmontag 1526, die neugläubigen Prädikanten in ihren Mauern nicht zu dulden, losgesagt mit der Begründung, das sei ihr gutes Recht. Da die Berner die Disputationsakten in großer Auflage in Druck gehen ließen, sah sich Eck veranlaßt, diese Akten mit Widerlegung der in ihnen enthaltenen Irrtümer seinerseits zu publizieren. Er will damit den Eidgenossen beistehen, daß sie sich nicht wie die Berner und Züricher verführen lassen, sondern beim alten Glauben verharren.
Den Edlen, strengen, Vesten, Fürsichtigen, Ersamen unnd weysen herren von stedten und lendern des Alten punts hochteutscher nation der Eydgnossen, mein gebuten den großgünstigen herren, Wünsch ich Johan Eck D. die gnad Christi Jhesu, dampt meyn willigen diensten. Edlen gestrengen Eerenvest herren: Wiewol allen guthertzigen
Christen laid ist, die
zwispaltung so ain Rat zu
Bern in unsern heyligen
glauben newlich angenommen
und mer glauben geben den
jrrigen predicanten und
falscher practick Ulrich
Zwinglis etc., dann den
heyligen vättern von Gott
erleücht, dann den heyligen
Concilien von dem heyligen
geyst regiert, dann gantzer
Christenlicher kirchen, die
von irem gespons Christo
erbawen und erhalten ist
worden bißher wider alle
teüfel, tyrannen und ketzer.
So ist doch ainem jeden
leichtlich zu ermessen, das
ihr Eydgnossen besonder groß
trauren und mitleyden
empfangen haben, so ir
sehen, hören unnd gedulden
müssen, das die von Bern,
ain fürtreffenlich ort ewers
pundts, soll also von euch
und gantzer Christenhayt in
warem rechten glauben
abfallen. Mit denen ir unnd
ewer vorfaren, so mänig sig
gewonnen habent, ir leib
unnd leben zu ainannderr
gesetzt haben, so mänigen
hertten stannd mit ainannder
gethon unnd wie eerlich
manhafft leüt so ernnstlich
unnd trewlich zu ainannder
gesetzt, darmit ir sig, eer,
Lanns und leüt erobert habt,
deßhalb manch theürer
redlicher man seyn blutt
vergossen hat. Dann on
zweyffel die von Bern nimmer
zu so vil land und
herschafft kommenn weren on
gemainer Eidgnossen
treffenlich hilff, trewlich
beystand und brüderlich
rettung, wie sie zu Loupen
wol erfaren. So nunn sie
durch ewer manlich thaten in
die eer und reichtumb kommen
seind, laynen sie sich auff
gegen ewer trewen warnung,
das sie sich ir predicanten
nit verfüren lassen, dem
nachkommen, das am
Pfimgstmontag des XXVI. jars
durch Rat und gemain zu Bern
angenomen sey. Dargegen
schreyben sie euch wider,
das ir an disem nit zuu
rechtfertigen haben, dann
das sie mit den iren
handlenn, des haben sie
gewalt, macht, glimpff,
recht und fug, und ir noch
niemants jnen darein zu
reden noch darwider
zuhandlen, und also dem
abschid etlich örtern geben,
nit nachkommen. Und wiewol
die von Bern inn ansehung,
was liebs unnd layds ewer
vorfaren und ir mit ainander
erlitten haben, billich ewer
trewe und brüderliche manung
und warnung soltenn
angenomen haben. So aber das
nit beschehen und sie mit
irer ketzerischen
disputation fürgefaren unnd
die im truck durch etlich
tausent exemplaria haben
lassen außgehen, so hat mich
für gut angesehen, das ich
solliche disputation und
jrrthumb verleg, erzel auch
ir feel unnd unwissenhait,
darmit ewer underthonen und
gemayn Christen von diser
jrrigen disputation auß
ainfalt nit verfürt werden.
Dann ich trag gar kain
zweyffel, unangesehen deren
von Zürch unnd Bern
handlung, ir werdent ob dem
alten waren ungezweyffelten
Christenlichen glauben
halten unnd bey ewern
underthonen kayn spaltung,
jrrsal oder ketzerey
einwurtzlen lassen. Bit hie mit, ewer herlichait wölle dise mein eylendee arbait in guter Christenlicher maynung annemen, wie sie von mir in bester maynung beschehen. Datum Jngolstat inn Bairn am letsten tag Julij. 1528. Die zehen schlußreden, durch die zwen falsch propheten zu Bern disputirt, Franciscum Kolb apostatam und Berchtold Haller. 1528: 1. Die heylig Christenlich kirch, deren aynig haubt Christus ist auß dem wort gottes geborn, im selben bleibt sie und hört nit die stymb ains frembden. 2. Die kirch Christi machet nit gesatz und gebot on Gottes wort. Deßhalb all menschen satzungen, so man nempt der kirchen gepot, uns nit weyter bindend, dann sie in götlichem wort gegründt und gebotten seind. 3. Christus ist unser aynige weißhait, gerechtigkait, erlösung und bezalung für aller welt sündd. Deßhalb ain andern verdienst der seligkait unnd gnug thun für die sünd bekennen ist Christum verlaugnen. 4. Das der leib und das blut Christi wesenlich und leiplich in dem brot der dancksagung empfanngen werd, mag mitt Biblischer geschrifft nit beybracht werden. 5. Die meß jetz im brauch, darinn man Christum Got dem vater für die sünd der lebendigen und todten auffopfere, ist der geschrifft widrig, dem allerrheyligsten opfer, leiden und sterben Christi ain lesterung, und umb der mißbreuch willen ain grewel vor Gott. 6. Wie Christus ist allain für uns gestorben, also soll er ain ainiger mitler und fürsprech zwischen got dem vatterr und uns glaubigen angerufft werden. Deßhalb all ander mitler und fürsprechen ausserthalb disem zeit anzuruffen von uns on grund der geschrifft auffgeworffen. 7. Das nach disem zeyt kain fegfeür in der geschrifft erfundenn wirt. Deßhalb all todten dienst als vigil, seelmeß, sibend, treyßgost, jarzeyt, amplen, kertzen und der geleiichen vergeblich seynd. 8. Bilder machen zu vererung ist wider gottes wor, news und alts testaments. Deßhalb wa sie in gefar der vereerung fürgestelt, abzuthund seynd. 9. Die heilig ee ist kainem stand verbotten in der geschrifft, sonder hurerey und unkeuschait zu vermeyden allen stenden botten. 10. Dieweil ain offenlicher hurer nach der gschrifft im waren Bann ist, so volget, das unkeuschait unnd hurerey der ergernuß halb kaynem stannd schedlicher dann priesterlichem. |
Den edlen, gestrengen, ehrenfesten, fürsorglichen, ehrsamen und weisen Herren der Städte und Länder des alten Bundes oberdeutscher Nation der Eidgenossen, meinen Gebietern und günstiggesinnten Herren, wünsche ich, Johann Eck, Doktor, die Gnade Christi Jesu und versichere Euch meiner willigen Dienstbereitschaft! Edle, gestrenge, ehrenfeste Herren:Wiewohl allen gutgesinnten Christen der Zwiespalt Schmerz bereitet, den der Rat von Bern in unserem heiligen Glauben neulich hingenommen hat, und er mehr den Irrtumspredigern und dem falschen Glaubensverständnis ULRICH ZWINGLIS usf. Glauben schenkt als den heiligen, von Gott erleuchteten Vätern, den vom Heiligen Geist gelenkten heiligen Konzilien, der ganzen Christenheit, die von Christus aufgerichtet und bis heute gegen alle Teufel, Tyrannen und Ketzer bewahrt worden ist, ist es daher auch leicht zu ermessen, daß Ihr Eidgenossen besonders tief trauert und mitleidet, wenn Ihr sehen, hören und ertragen müßt, daß die Bürger von Bern, einem hervorragenden Ort Eurer Eidgenossenschaft, von Euch und der ganzen Christenheit, vom wahren rechten Glauben abgefallen sind, mit denen zusammen Ihr und Eure Vorfahren so manchen Sieg errungen, Leib und Leben füreinander eingesetzt und so manchen Strauß ausgefochten habt. Es sind so ehrliche und tapfere Leute, die so tapfer und treu mit Euch zusammen Sieg, Ehre, Land und Leute erobert haben, wofür so mancher edle und redliche Mann sein Blut vergossen hat. Denn es besteht kein Zweifel, daß die Berner niemals zu soviel Land und Herrschaft gelangt wären, ohne die starke Hilfe der ganzen Eidgenossenschaft, ihren treuen Beistand und brüderliche Rettungsaktionen, wie sie es bei Lauffen erfahren haben. Diese Leute, die durch Eure männlichen Taten zu Ehre und Reichtum gelangt sind, lehnen sich nun gegen die von Euch ausgesprochene Warnung auf, sich nicht von ihren Prädikanten verführen zu lassen, der zu entsprechen Rat und Kanton Bern am Pfingstmontag 1526 zugesagt hatten. Sie haben Euch jetzt schriftlich erwidert, sie hätten es nicht nötig, sich in dieser Angelegenheit zu rechtfertigen, denn sie hätten Gewalt, Macht, Anspruch, Fug und Recht, mit den Ihren zu verfahren, wie sie wollten, ohne daß ihnen jemand dareinreden und dagegen etwas zu unternehmen befugt sei. Sie brauchten daher auch den Abschied, der an einzelne Orte ergangen sei, nicht befolgen. Obgleich also die Berner in Anbetracht der gemeinsam erlebten Freuden und Leiden Eurer Vorfahren und Eurer selbst eigentlich Eure treue und brüderliche Ermahnung und Warnung hätten annehmen müssen, was aber nicht geschehen ist, sie stattdessen ihre ketzerische Disputation fortgesetzt und deren Akten in mehreren tausend Exemplaren im Druck herausgegeben haben, hielt ich es für angemessen, selbst diese Disputation mit ihren Irrtümern bekannt zu machen und dabei auch ihre Mängel und Unwissenheit darzulegen, damit Eure Untertanen und einfache Christen nicht von dieser irrigen Disputation aus Einfalt verführt werden. Ich habe nämlich trotz des Verhaltens von Zürich und Bern keinen Zweifel, daß Ihr an dem alten, wahren und unbezweifelbaren christlichen Glauben festhalten und bei Euren Untertanen keine Spaltung, Irrtum oder Ketzerei einwurzeln lassen wollt. Ich bitte hiermit Eure Herrschaften, diese meine in Eile gefertigte Arbeit in guter christlicher Gesinnung anzunehmen, wie sie von mir auch in bester Absicht erbracht wurde. Gegeben zu Ingolstadt in Bayern am letzten Julitag 1528.
Die zehn Schlußreden, die die beiden falschen Propheten in Bern, Franz Kolb der Apostat und Berchthold Haller 1528 disputiert haben: 1. Die heilige christliche Kirche, deren einziges Haupt Christus ist, ist aus dem Wort Gottes geboren. In demselben bleibt sie auch und hört nicht auf die Stimme eines Fremden. 2. Die Kirche Christi erläßt weder ein Gesetz noch ein Gebot ohne Gottes Wort. Deshalb binden uns alle Menschensatzungen, die man als Kirchengebote bezeichnet, nicht länger, außer sie sind im göttlichen Wort begründet und geboten. 3. Christus ist unsere einzige Weisheit, Gerechtigkeit, Erlösung und Preis für aller Welt Sünde. Deshalb ist es Verleugnung Christi, wenn man ein anderes Verdienst der Seligkeit und Genugtun für die Sünde bekennt. 4. Daß der Leib und das Blut Christi wesentlich und leiblich im Brot der Eucharistie empfangen wird, kann mit der Heiligen Schrift nicht bewiesen werden. 5. Die Messe, wie sie jetzt im Gebrauch ist, in der man Christus Gott dem Vater für die Sünden der Lebenden und der Toten aufopfert, widerspricht der Schrift und ist eine Lästerung auf das allerheiligste Opfer, Leiden und Sterben Christi und wegen der Mißbräuche ein Greuel vor Gott. 6. Wie Christus allein für uns gestorben ist, so soll er als der alleinige Mittler und Fürsprecher zwischen Gott dem Vater und uns Gläubigen angerufen werden. Deshalb wird von uns die Anrufung aller anderen Mittler und Fürsprecher außerhalb diesem als schriftwidrig verworfen. 7. Daß nach dieser Zeit kein Fegfeuer in der Schrift gefunden wird; deshalb sind alle Totenfeiern, Vigilien, Seelmessen, Seelgerät, Siebentaggedenken, Dreißigtaggedenken, Jahresgedenken, Ampeln, Kerzen und dergleichen nichtig. 8. Die Verehrung von Bildern ist gegen Gottes Wort neuen und alten Testaments. Sie sind deshalb dann, wenn sie in Gefahr sind, verehrt zu werden, zu beseitigen. 9. Die heilige Ehe ist nach der Schrift keinem Stand verboten, sondern zur Vermeidung von Hurerei und Unkeuschheit allen Ständen geboten. 10. Da gemäß der Schrift ein öffentlicher Ehebrecher im Bann ist, folgt daraus, daß Unkeuschheit und Hurerei wegen des Ärgernisses für keinen Stand schädlicher sind als für den priesterlichen. |