Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 231

Eck an Hg. Anton von Lothringen
Ingolstadt
12-01-1530




Widmungsvorrede, in: J. ECK, Christenliche außlegung der Evangelien. Der Erste Tail. Ingolstadt, (Krapff und Vogker, 1530) = METZLER Nr 68(1)
[F 131R]

Eck verweist auf zahlreiche Schriftstellen im AT und NT, die Zukunftsprophetien, Ankündigungen des Antichrist enthalten. So sind wir durch die Schrift auch über das Auftreten falscher Propheten und zahlreicher Sekten vorgewarnt. Nun aber wird ganz Deutschland von Flugschriften und ketzerischen Traktaten überschwemmt, die die Worte der Schrift verkehren, sowie mit gedruckten Predigten, die zum Ungehorsam gegen die kirchliche und weltliche Obrigkeit anstacheln. Das hat die bayerischen Herzöge als Ecks Landesherren und Bewahrer des wahren Glaubens veranlaßt, Eck mit der Abfassung von Predigten de tempore für das ganze Jahr unter Berücksichtigung der Heiligen Schrift und der Väter zu veranlassen und diese in Druck zu geben. Dieses Werk will Eck dem Herzog Anton von Lothringen wegen seiner Verdienste um die Verteidigung des Glaubens widmen. Eck verweist auf dessen Vorfahren wie die Kreuzfahrer Gottfried von Bouillon und dessen Bruder Balduin. Hg. Anton steht so in der Nachfolge edler Fürsten und hat Lothringen zu großer Blüte geführt; im Kampf gegen das Eindringen des Luthertums ist er durch ein Mandat und väterliche Ermahnungen an seine Untertanen hervorgetreten, ebenso durch die Aufforderung, unter Strafandrohung sämtliche lutherischen Schriften dem Abt von St. Anton in Vernay oder dem Guardian zu Nancy auszuliefern. Auch hat er bei Zabern mit Waffengewalt den Aufruhr des verführten Volkes gegen Adel, Geistlichkeit und Klöster im Elsaß, Sundgau und Schwarzwald unterdrückt und so die christliche Ordnung und den wahren Gottesdienst wiederaufgerichtet.

Dem Durchleüchtigen, Hochgebornen Fürsten unnd Herren, Herr Anthoni, Hertzogen zu Calabria, Lothringen und Bare, Marggraven zu Pontemonson, Grave zu Provintz und zu Wademont, meinem genedigisten Herren Embeüt ich Johann Eck, Doctor, Protonotari und Jnquisitor etc. mein underthänig gehorsam dienst mit sambt meinem armen gebet gegen Got allzeyt fleyssigs willens zu voran berait.

Genedigster Fürst und Herr: Der haylig Apostel Paulus spricht zu den Römern: »Das alles, das geschriben ist, sey geschriben unns zu ainer lere, auf das wir durch gedult und trost der geschrifft hoffnung haben.« So aber die geschrifft fleyssig an jrem gsafftigen und rechtschaffnen verstandt erwegen wirdt, so will nicht wenig daran gelegen sein, wann der haylig gayst etwas künfftigs unns in der geschrifft anzaygt und offenbarer, dardurch wir gewarnet werden böß zu fliehen und ermanet bey dem guten zu bleyben. Also thedt auch der Patriarch Jacob vor seinem todt, do er zu jm berüfft seine zwölff Süne und sprach zu jnen: »Versamblet eüch, daß ich eüch verkündt die ding, die euch kommen werden in den letsten tagen: Versamblet eüch und höret, jr Sün Jacob, hörendt Jsrael ewren Vatter«. Wa die alten Juden die Prophecey Jacob daselbst fleyssig vermerckt, so hetten sie den Herren IESUM nicht außgeschlagen: dann auß der hetten sie klärlich verstanden, das er were Messias gewesen: Dann also sprach er zu Juda: »Juda, dich werden loben deine brüder« etc. Der Scepter wirdt nicht auffgehebt von Juda, noch ain Hertzog (Heerfürer) von seiner hüffen, biß das der komme, den man senden wirdt: und er ists, auff den die völcker warten. Wann sie nicht blindt weren, so sehen sie, das sie weder Künig noch Fürsten haben imm Geschlecht Juda, wie wol jr so vil Tausent auf erden seindt, das muß ye ain straff von Gott sein: Darumb sagt Christus zu jnen: »Jch bin kommen in meines vatters namen, und jr habt mich nicht angenommen: wann ain andrer kommen wirdt in seinem namen, den werdt jr annemen«: Das wirdt sein der Antichrist auß dem Geschlecht Dan geboren, den die jungen Juden annemen werden wider helle geschrifft unnd prophecey Jacob, do er sprach: »Dan wirdt werden ain Schlanng auf dem weg, ain Nater auf dem fußsteyg, die da beyßt die hüff der Rosß«: das gesagt ist worden vommm Antichrist: Wie der segen Dan raichet auf den Sammson: Dan wirdt richten sein volck wie ain ander Geschlecht Jsrael.

Sölche künnfftige ding seindt auch geschriben worden in dem Newen Testament, wie es der Kirchen ergeen wirdt: dann der haylig Gayst hat das den Aposteln eröffnet, die das darnach habenn der Christlichen Kirchen in geschrifft verlassen: Also sagt Christus den Aposteln, do er jnen verhieß den hayligen Gayst, den er jnen senden wolt von dem Vatter: Er wirdt nit reden von jm selber, er wirdt reden alles das er hören wirdt und wirdt euch verkünden, was da künfftig ist. Diß lesen wir imm Euangelio, wie der Herr selb vil künfftige dinng vorgesagt hatt, als Sanct Petrum betreffendt, sein verlaugknen und ander Jüngern, von zerstörung der Statt Hierusalem, und vil hat er gesagt von den letsten zeyten: Des gleichen die Aposteln in jren geschrifften sölichs unns anzaygt, was sich begeben werde inn der letsten zeyt: alss Sanct Paulus zu den Thessalonicensern und andern orten: auch sanct Peter in seiner Epistel und Taddeus: dar zu Sanct Johannes im ganntzen Buch seiner haimlichen Offenbarung.

Wa hyn raicht aber dise lannge einfürung, genedigister Fürst unnd Herr? Da hin, darmit ain yeder hertzhafftiger gutter Christ wol acht neme der geschrifft von der letsten zeyt unnd sich hüte vor bösem unnd thüe guts: darmit jm nicht widerfare wie den Juden, die darumb seindt verblendt worden unnd werden ewigklich verdambt: Dann wie imm Alten Testament ist genugsam angezaygt die zukunfft Christi IESU, des Messia, das er von Abraham solt kommen, vom Geschlecht Juda, auß dem Hauß David, das er sollt geboren werden von ainer Junckfrawen in der Statt Bethlehem etc. Also auch die zukunfft des Antichristen, auch der vorlauffenden Secten, ist unns genugsam anzaygt in der geschrifft des Neuwen und Alten Testaments, wie nach der lenng möchte dargethon werden. Welcher nun will unwissend sein über helle geschrifft unnd hinein faren wider Christliche Ordnung, Glauben und Satzung unnd den Newen Christen, Secten und Zwyspaltern anhangen, der verfürt sich selber in ewige verdamnuß: Dann in der geschrifft seind wirr genugsam dar vor verwarnet: wie Christus selber sagt: Es werden auffersteen falsch Christen, falsche Propheten unnd werden grosse zaychen geben und wunderwerck: also, das inn irrsal gefürt werden, wann es müglich were, auch die außerwölten: »Nembt war, ich hab eüchs vorgesagt«: Dise vätterliche ermanung, wanns wir Christen zu hertzen nemen, so weren nicht so vil Secten, spaltung und Aufrur in dem Christlichen Reych: dann er spricht da selbst unnd auch bey Marco: »So etwar eüch dann sagen wirdt: da ist Christus oder dort, so glaubt jnen nicht«. Wie hayter warnet unns der barmhertzig Gott vor disen Secten: da Lutther sagt: Das Reych Christi, des glaubens, sey bey jm. Zwinglin und die Sacramentstürmer sagen: es sey bey jnen (Dann durch Christum wirdt verstanden hye sein reych imm glauben, nicht das hochwirdig Sacrament seines zarten Fronleichnams, wie dass die Ketzer außlegen). So sagen die Pickarden, Christus sey bey jnen: Die Widertauffer verdammen die gantzen welt, allain jr Sect außgeschlossen. Darwider aber unns der Herr IESUS trewlich warnet ann obgemeltenn orten. Auch Petrus und Paulus unns das treffenlich anzaygt haben.

Aber sölich hell geschrifft verkören dise falsche Propheten mit jren erdichten Glosen, zerreyssen und umbkören die hailigen geschrifft und in dem seindt sie so fleyssig, das sie in kurtzen Jaren gantz Teütschlanndt vol gefüllt haben mit ketzerischen Tractätlin und Büchern, das alle winckel vol stecken: und in sonderhait mit vil getruckten predigen, darmit sie den gemainen armen mann verfüren und in empörung, auffrur, ungehorsame bringen wider Gott, die Kirchen und jr gaystlich und weltlich von Gott auffgesetzte oberkait. Sölichs alles aufzurichten sparen sie kain mü, kain arbait, kainen kosten, vil weniger dann die waren rechten Christen. Das wir erfaren die wort Christi, die er sprach: »Die Sün diser welt seind gescheyder dann die kinder des liechts in jrer geburt«. Dann so die zwispalter hauffenweiß haben lassen jre predig außgeen und entgegen lützel predig ann tag kommen, die geschehen seind von den alten waren Christen also, das auch etwann gaystlich und weltlich, so sy umb die Luttherische bücher seind gerechtfertiget worden, haben sy jre entschuldigung darauf gestelt, sy haben der Christen predig bücher nit gefunden, wie wol das nit genugsam ist, das sy entschuldigung suchen inn sünden, sondern sy sich mer darmit verschulden und sträflich machen, wie Sanct Gregori spricht: »Der hauffet sünd zu sünd, der seiner sünd schirm und schützung sücht«.

Auf sölichs seind bewegt worden gar auß gutem Christlichen gemüt die Durchleüchtigen, Hochgebornen Fürsten und Herren, Herr Wilhelm und Herr Ludwig, Pfaltzgraven bey Rhein, Hertzogen in Obern und Nidern Bayern, gebrüdern etc., meine Genädigen Herren, wie sie bißher allen möglichen fleyß jre underthonen, Land und leüt, imm waren, rechten, uralten Christlichen gelauben, vor auufrur und ketzerey zu erhalten fürgewendt haben. Auch die jhenigen, die new Secten und spaltung understanden in jrer F.G. Landt auß zu braiten und zu pflantzen, es seyen Widertauffer, Sacramentstürmer oder Luttherisch, gaystlich oder weltlich, mit härter gegenstraff außgereütt und undertruckt. So haben sy mitt zeitigem rath bedacht jrem Christlichen vorhaben nit wenig ersprießlich zu sein, wo predigen durch das gantz jar auß Biblischer geschrifft nach gmainem Christlichen verstand nach außlegung der hayligen Vätter und Lerer, so von der Christenlichenn Kirchen angenommen seind, Fürnämlich Dionysii, Cypriani, Chrysostomi, Augustini, Hieronymi, Ambrosii, Gregorii und Bede verfertigt wirden. Das sie dann mir dem allmechtigen zu lob und jren underthonen zu gutem zu machen bevolhen haben, und ich auß underthäniger, pflichtiger gehorsame sölche grosse arbait zu verrichten angenommen habe. und obgemeldt meine Genädigen Herren das inn truck zu geben bevolhen haben.

Diß Buch der Predigen des gantzen Jars von der zeytt bin ich bedacht worden E.F.G. als meinem Gnedigsten Herren zuzuschreiben, zu dedicieren, zuzuschicken und under E.F.G. Tittel außlassen geen: darzu mich geursachet hatt, das sich E.F.G. so Fürstlich und Christenlich in diser handlung wider die Ketzer, wägler und auffrürer gehalten, das sie bey Gott dem Herren lob und bey allen frommen Christen grosse eer erjagt hat, wie dann sölich Christenlichs gmüt E.F.G. von ewern Vorfarenden, den Hochlöblichen Fürsten von Lothringen anererbt hat, die zu aller zeyt sich in unserm hailigen glauben einbrünstig liebhaber und standtvest beschützer erzaigt haben. Dann nach dem das Künigreich Austrasia, darinn Carolus, Marcellus, Pipini und Carolus der groß geboren, in die Fürstenthumb Lothringen, Brabant und Lützelburg zertailt ist worden: und Lothringen von Kayser Lothario oder, als etlich wöllen, von seinem Sun den namen Lothringen überkommen hat (quasi Lotharii regnum), seind treffenlich in den sachen des glaubens gemüt gewesen, streytbar und großmütig: Das erscheint an dem in aller welt hochberümten Fürstenn Gorfryd von Bulion, den sein Anherr, auch Gotfryd genannt, Hertzog zu Lothringen, das Fürstenthumb übergeben hatt: der öberster Haubtmann des Christenlichen Heerzugs erwölt, über Meer zogen ist, Antiochiam und ander Stett gewonnen, zu letst auch die hailigen Statt Hierusalem am Fünffthezenden tag Julij, da dann er zu Künig ist vonn Haubtleüüten und allem volck zu Hierusalem erwölt worden: und nach jm sein bruder Balduinus: Von dannen her die löblichen Fürsten zu Lothringen mit grossen eeren füren den Tittel des Künigreichs zu Hierusalem. Dozumal waren die Fürsten, auch das gemain volck vil hitziger den Christlichen glauben zu beschirmen. Dann wir lesen, das obgemelter Fürst Gorfrid, do er das gantz Heer gemustert vor Nicea hat er gehabt, mit andern Fürsten und Herren, die jm beystandt gethon haben, Sechßmal hundert tausent zu fuß und hundert tausent zu roß,

Jn standtvestem Christlichen glauben seind verharrt ander nachvolgendts Hertzogen des Künigklichen bluts Gotfridi, biß auf Hertzog Carle, der das Fürstenthumb seinem Tochermann Renato, Künig zu Sicilien und Hertzogen zu Calabria auß dem Künigklichen geblüt von Franckreich geboren, übergeben hat. Und als sein sun Hertzog Johannes on männlichen erben gestorben, ist das Hertzogthumb an sein schwestermann, E.F.G. vater, hochlöblicher gedächtnuß, als rechten natürlichen erben kommen: der dann das mit grossem sig erobert hat, mit überwindung des mechtigen und streytbaren Fürsten Hertzogs Carls von Burgundi, den er vor Nansy mit beystandt seiner pundtßverwandten, an der hailigen drey Künig tag erlegt hat und erschlagen.

Jnn fußstapffen die Edlisten, starckmütigen, hochgebreyßten Fürsten ist E.F.G. getretten und Land und leüt mit grosser weyßhait, fryden, sicherhait und gerechtigkait geregiert, dardurch das Fürstenthumb auf dem Landt und inn Stetten in grossen eeren, reichthumb und gezierd gewachsen: und maniger sich des frewet. Aber da hat sich E.F.G. angeborne tugent, hohe vernunfft, großmütigkait, sinnreiche behendigkait und Christlich gmüt zu dem löblichsten erzaygt, da sich die blutdürstig, aufrürisch Sect und ketzerey der Lutherischen sich in Teütscher Nation eraigt hat, und wie ain Kreps auch anstossende grentz und Länder mit jrem gyfft wöllen fressen: Hat E.F.G. zu nutz und wolfart jren Genaden Underthonen zu erhaltung des waren Christenlichen glauben, unrat, aufrur, zwyspaltung imm glauben zu verhüten, gar ain Christenlichs Mandat und vätterliche vermanung lassen außgeen, dise Seelmörderische, verfürische Ketzerey nit zu leren noch predigen, deren nicht anhanngen, nachzuvolgen noch halten, haymlich oder offenlich. Auch deren Bücher alle zu antwurten in ainer bestymbten zeyt dem Abbte zu Sanct Anthonien zu Viernis oder dem Gardian gen Nansy, bey verlierung leyb, hab unnd gut: welches Mandat auch also mit der that ist volstreckt worden.

Und da hat sich E.F.G. vernünfftige künmütigkait sehen lassen, wie groß behertzigt und in weere und waffen und Ritterlichen sachen und kriegleüffen gestrenng die selbig seye: do das gemain arm volck durch die Flaischprediger geraytzt und verfürt sich aufgewäglet und embört hette wider ir von Got gesetzte oberkait allenthalb inn Teütschen Landen und sonnderlich imm Elsass, Suntgaw unnd Schwartzwald, vertriben den Adel, Gaystlichait, beraubten und verbrändten Clöster, Kirchen, Schlösser also grymmigklich und Tyrannisch, wa E.F.G. die nit syghafftigklich mit Heeres krafft zu Zabern und amm Kestenholtz und andern orten erlegt hette, zertrennt und überwunden, wer es geschehen und außgewesen der enden umb allen Gotßdienst, erbarkait, Fryden und alle Christliche ordnung: Das alles durch E.F.G. fürsichtigkait und mannhafftige thadt ist gewendt und gestillt worden: darumb E.F.G. fürsichtigkait, preyß, eer und lob nymmer mer absterben oder erlöschen wirdt. Auf solche Christenliche, löbliche und glorwirdige handlung bin ich bwegt worden, diß mein arbait der predigen außlassen geen und zu dedicieren E.F.G., die der Allmechtig ewig Gott wölle also in disem Christlichen fürnemen erhalten, verleihen glückselig regierung mit langem leben und syg und überwindung seiner feind: Das thu Herr IESU Christe: Will mich auch hiemit E.F.G. in aller unnderthänigkait bevolhen haben.

Datum Jngoldstat, amm XII. Januarij nach der Geburt Christi M.D.XXX.