Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 232
Alle Katholiken erwarten vom Kaiser Rettung für den bedrohten Glauben und vor dem Ansturm der Türken. Nach der letzten Ermahnung durch den Kaiser hat sich Luther als Hauptfeind der Kirche nicht etwa gebessert, sondern hat schwerste Beleidigungen gegenüber Papsttum, Kirche, Bischöfen, Universitäten, Klöstern, Theologen und Fürsten geäußert. Auch vor der Gewalt des Kaisers ist er nicht zurückgeschreckt, sondern hat dessen Mandate mit verächtlichen Kommentaren versehen. Luthers Auftreten sind die zahllosen neuen häretischen Bewegungen zu verdanken, die die Kirche schlimmer als die Türken von innen her zerstören. Ihre zahlreichen Vergehen entschuldigen sie mit der Berufung auf den letzten Speierer Reichstagsabschied. Sie glauben dabei, die Gerechtigkeit des Kaisers werde dabei ihre eigenen Ungerechtigkeiten decken. Obgleich sie wohl wissen, daß auch nach Reichsrecht auf Konzilien entschiedene Glaubensartikel nicht erneut disputiert werden dürfen, ziehen sie Lehren, die seit tausend Jahren verdammt sind. erneut ans Licht, berufen sich auf verurteilte Lehrer und verführen das einfache Volk, allein dem Evangelium und der Bibel zu folgen, entsprechend ihrem Verständnis des Wortes Gottes. Dagegen bietet sich Eck an, wie vorher in Leipzig und Baden nun auch während des Augsburger Reichstages in Gegenwart des Kaisers mit den Häretikern öffentlich zu disputieren.
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Gloriosissimo domino nostro, divo Caesari, Domino Carolo V., Romanorum IMPERATORI semper augusto, Hispaniarum, Germaniae, Neapoliss ac Siciliae REGI catholico, pio, foelici ac inclyto victori et triumphatori, foelicitatem et de hostibus fidei victoriam. Existimant catholici omnes, sacratissime Caesar, te a Deo constitutum, electum et consecratum inter tot belli turbines et christianitatis calamitates, qui labenti fidei catholicae succurras, ecclesiae afflictae et ecclesiasticis oppressis subvenias, christianum imperium a sanguinario tyranno, Turca Suleymanno, asseras et, ut summatim dicam, per cuius manum Dominus operetur salutem christiani orbis. Cum autem Martinus Lutter, hostis ecclesiae domesticus, superiori admonitione Maiestatis Tuae non melior factus fuerit, sed, in omnem impietatis scyllam et charybdim prolapsus, Romanum pontificem antichristum appellat, ecclesiam meretricem, episcopos larvas et idola, studia generalia synagogas dicit sathanae, monasteria nominat lupanaria, theologos vestertiliones, principes saeculares lendes, stultos, ebrios, insanos et Turcis peiores, interea nec a scapulis sacris atque sancto brachio Maiestatis Tuae abstinet, sed Christum Dominum tangit, mandata caesarea spurcissimis glossulis contemnerat, irridet et conspurcat. Et dum in profundum desperationis barathrum pervenerit, blasphemus in Deum, in sanctos et sacramenta impius, in superioritatem omnem tam ecclesiasticam quam saecularem irreverens, contumeliosus et rebellis, bonis omnibus iniuriosus, solos haereticos extollit, schysmaticos laudat, seditiones in imperio suscitat, diluvium sanguinis christiani strenue parat, manus Germanorum, ut in sanguine papae et cardinalium laventur, armat. Quibus tantum effecit prolem, multo se deteriorem, genimina viperarum edendo. Luttero enim debemus filios iconoclastas, sacramentarios, Capharnaitas, novos Hussitas et eorum nepotes, anabaptistas, novos Epicureos, qui animam mortalem assererent, et pneumaticos, novos item Cherinthianos, qui Christum deum negarent. Insuper cum miserrimam Germaniam his monstris et portentis lacerarent, ecclesias diruerent, everterent altaria, eucharistiam sacratissimam pedibus conculcarent, imagines Christi et sanctorum comburerent, cultum divinum extinguerent, reliquias sanctorum in lutem abjicerent, furarentur ecclesiae thesauros, aurum et argentum, ecclesiarum et monasteriorum census et reditus depraedarentur, defunctorum testamenta, fundationes et ultimas irritarent voluntates. Et in summa, cum in omnia, quae religionis christianae sunt, plusquam turcice sevirent ac debacharentur, adeo ut etiam suasionibus, minis, vi ac terroribus Deo dicatas virgines ex monasteriis expellerent. Audent tamen inter haec omnia nephanda horrendaque scelera plerique eorum se publicare, iactare, quod iuxta Spirensis conventus recessum talia excusare et super his respondere velint Deo et Maiestati Tuae augustissimae, quasi impietatibus, blasphemiis, furtis, sacrilegiis et seditionibus suis patronum praetendentes hoc sacratissimum orbis augustale caput, sperantes, summam divi caesaris iustitiam eorum defendere iniustitiam. Cum non ignorent, imperiali iustitia sancitum esse, nemini licere recte semel a concilio iudicata et disposita denuo revolvere et disputare, ipsi vero antiquas suscitent haereses, ante mille annos et amplius damnatas, exustos sequuntur doctores et damnatae memoriae viros, simplicem seducentes plebeculam, quod evangelium, quod bybliam, quod verbum Domini sequantur. Ad eorum autem mendacem
repellendam iactantiam
offero me coram Maiestate
Tua sacratissima facturum
id, quod Lipsiae contra
Lutterum, Badae contra
Oecolampadium praestiti:
omnia videlicet religionis
nostrae et fidei catholicae
constituta, usus, doctrinas,
observantias me defensurum
et impugnaturum adversantia.
Prodeant ergo ecclesiae
hostes, impietatis ministri,
haeresum patroni,
iniquitatis vasa et quod tam
superbe atque insolenter ad
plebem iactarunt, iam opere
impleant et coram potestate,
quae a Deo est, ministro
Dei, ecclesiae advocato,
fidei protectore, de fide
respondeant. Vale, patriae pater, triumphator augustissime. Deus Optimus Maximus te tueatur et dirigat, victorias de Turcis et fidei hostibus concedat ac imperium tuum plus ultra augeat et extendat. Ingoldstadii Baioariae XIIII. Marcii, ANNO GRATIAE M.D.XXX. Eaedem sacratissimae et
catholicae Maiestati Tuae a pedibus |
Unserem glorreichen Herrn, dem göttlichen Caesar, dem Herrn Karl V., römischem Kaiser, König von Spanien, Deutschland, Neapel und Sizilien, dem katholischen, frommen, Glück verheissenden und ruhmreichen Sieger und Triumphator, Erfolg und Sieg über die Feinde des Glaubens! Alle Katholiken, erhabener Kaiser, sind der Ansicht, daß Ihr, von Gott eingesetzt, erwählt und geweiht, unter so vielen Kriegswirren und Verderben für die Christenheit bestimmt seid, dem wankenden katholischen Glauben zur Hilfe zu eilen, der angefochtenen Kirche und dem bedrückten Klerus beizustehen, das christliche Imperium vor dem blutrünstigen Tyrannen, dem Türken SULEIMAN, zu schützen und, mit einem Wort, als Werkzeug Gottes das Heil der christlichen Welt zu wirken. Da aber MARTIN LUTHER, der Intimfeind der Kirche, durch die Ermahnung Eurer Majestät nicht gebessert worden ist, sondern, abgestürzt in das Scylla unmd Charybdis völliger Ruchlosigkeit, den römischen Bischof als Antichrist bezeichnet, die Kirche eine Dirne, die Bischöfe Masken und Götzen, die Universitäten Synagogen des Satans, die Klöster Bordelle, die Theologen Fledermäuse, die weltlichen Fürsten träge, dumm, trunken, geisteskrank und schlimmer als die Türken genannt hat, er sich weder vor den geweihten Schultern und dem heiligen Arm Eurer Majestät zurückhält, sondern den Gesalbten des Herrn antastet, die kaiserlichen Mandate mit Sudelglossen entweiht, verlacht und verunreinigt und, während er in den tiefsten Abgrund der Verzweiflung gestürzt, blasphemisch Gott gegenüber, als ein Verächter der Heiligen und der Sakramente, ehrfurchtslos, schmähsüchtig und rebellisch gegen jede kirchliche oder weltliche Obrigkeit, ungerecht gegen alle Guten sich gebärdet, preist er ausschließlich die Häretiker, lobt er die Schismatiker, stachelt zu Rebellion im Reich auf, bereitet mit Eifer Blutvergießen unter den Christen vor und wappnet die Deutschen, ihre Hände im Blut des Papstes und der Kardinäle zu waschen. Dadurch erzeugt er eine junge Generation, die noch viel mißratener ist als er selbst, indem er ein junges Viperngezücht hervorbringt. LUTHER nämlich verdanken wir die neuen Bilderstürmer, Sakramentarier, Kapharnaiten, Hussiten und ihre Abkömmlinge, die Wiedertäufer, die neuen Epikuräer, die die Seele für sterblich halten, und die Geistprediger, neue Kerinthianer nämlich, die die Gottheit Christi leugnen. Dazu zerrütten sie darüber hinaus das arme Deutschland mittels solcher Ungeheuer und Scheusale, zerstören die Kirchen, stürzen die Altäre um, treten die heiligste Eucharistie mit Füßen, verbrennen die Bilder Christi und der Heiligen, löschen den Gottesdienst aus, werfen die Reliquien der Heiligen in den Kot, stehlen die Schätze der Kirche, rauben Gold und Silber, Steuergelder und Einkünfte von Kirchen und Klöstern, verlachen so die Testamente der Verstorbenen, ihre Stiftungen und letzten Verfügungen. Kurz zusammengefaßt, sie wüten in allen die christliche Religion betreffenden Fragen schlimmer als die Türken, sie toben sich aus, vertreiben sogar die gottgeweihten Jungfrauen aus den Klöstern. Einige von ihnen wagen sogar unter all diesen verabscheuungswürdigen Verbrechen auszustreuen und zu verbreiten, sie wollten in Ausführung des Reichstagsabschiedes von Speyer dies alles vor Gott und Eurer kaiserlichen Majestät rechtfertigen und sich mit diesen Greueln, Gotteslästerungen, Gaunereien, Sakrilegien und Rebellion gleichsam hinter Eurer Person als Schutzherr verstecken, als heiligstes kaiserliches Oberhaupt des Erdkreises, in der Hoffnung, die höchste kaiserliche Gerechtigkeit werde ihre eigene Ungerechtigkeit in Schutz nehmen. Obwohl sie wissen, daß es im kaiserlichen Gesetz als heilig und unverbrüchlich gilt, daß niemand berechtigt ist, Konzilsentscheidungen aufs neue zur Disposition zu stellen und zu disputieren, erwecken sie dennoch alte Häresien zum Leben, die bereits vor tausend und mehr Jahren verdammt worden sind, und sie folgen längst verblichenen Doktoren und dem Vergessen überantworteten Männern, wobei sie das einfache Volk verführen durch die Behauptung, dem Evangelium, der Schrift, dem Wort Gottes zu dienen. Um deren lügenhafte Prahlerei zurückzuweisen, erbiete ich mich, vor Eurer allerheiligsten Majestät das zu tun, was ich in Leipzig gegenüber LUTHER und in Baden gegenüber ÖKOLAMPAD getan habe: nämlich alle Grundsätze unserer Religion und unseres Glaubens, alle Gebräuche, Lehren, Regeln zu verteidigen und gegnerische Auffassungen zu bekämpfen. Es mögen also die Feinde der Kirche, die Diener der Greuel, die Beschützer der Häresien, die Gefäße des Bösen und dessen, was sie so überheblich und ruchlos unter das Volk streuen, hervortreten, ihre Sache öffentlich vertreten und gegenüber der von Gott eingesetzten Gewalt, dem Diener Gottes, dem Advokaten der Kirche und Beschützer des Glaubens über ihren Glauben Rechenschaft ablegen. Lebt wohl, Vater des Vaterlandes, erhabener Triumphator! Gott möge Euch beschützen und leiten, Siege über die Türken und die Feinde des Glaubens gewähren und Eure Herrschaft immer weiter ausdehnen. Ingolstadt in Bayern, 13. März, im Jahr der Gnade 1530. |