Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 245

Nikolaus Ellenbog an Eck
Ottobeuren
11-07-1531


Paris BN Ms lat 8643, 2, fol 61v - 62r
GEIGER, Ellenbog, Anhang II, 7;
CCath 19/21 (Münster 1938), 295ff Nr 83

Ellenbog hat den ersten Teil von Ecks Schriften gegen Luther zusammen mit dem Begleitbrief erhalten und dankt ihm sehr dafür. Es liegt ihm fern, Schriften Ecks zu fordern, noch dazu umsonst und mit eigener Widmung. Der Abt ist bereit, Ecks Werke sofort nach Erscheinen anzukaufen. Ecks Famulus Ludwig hat er keinen Brief mirgegeben; er will auch Ecks wichtige Tätigkeiten nicht unnötig mit seinen Lappalien stören. Den Vorschlägen, die Eck Karl V. gegenüber in seinem Schreiben vom 18-02-1521 zum bewaffneten Vorgehen gegen die Häretiker geäußert hat, stimmt Ellenbog uneingeschränkt zu. Er glaubt aber nicht, daß die zahlreichen, in Deutschland jetzt tief verwurzelten Häresien ohne die Hilfe einer höheren Macht ausgetilgt werden können. Notwendiger denn je zuvor ist jetzt Ecks Wirken für die Kirche angesichts des kecken Hervortretens der Anhänger Luthers, Zwinglis und Ökolampads. Schlimmer als die Heiden profanisieren sie die Kirchen, zerstören die Bildnisse der Heiligen und beseitigen das heilige Meßopfer, so daß sich die düstere Prophetie Daniels zu bestätigen scheint. Abt und Konvent von Ottobeuren wünschen Eck alles Gute.


Frater Nicolaus Ellenbog
Ioanni Eckio, theologo viroque undiquaque doctissimo,
S.D.

Primam partem operum tuorum contra Lutherum una cum literis tuis suavissimis, vir doctissime ac iuxta humanissime, laetus accaepi.

Gratias non quas debeo, sed quas possum, dignationi tuae habeo et ago immensas. Absit autem, ut praesumam quicquam operum tuorum expostulare, ut scilicet gratis et sub doni titulo ad me transmittas, etsi ultroneum te (pro tua innata bonitate et liberalitate) ad hoc offeras, ut, quae mihi placitura sint, tibi literis significem. Opera, crede mihi, tua incude excussa tam sunt mihi cordi omnia, ut magis non possint. Sed absit, ut tibi sim oneri emendicando tua. Quaecumque autem venerint in lucem, abba meus comparare non differet.

Porro faxit Deus, ut aliquando coram te videre possim. Literas ad tuam humanitatem Ludowico necessario tuo non dedi; nec enim certus erat, si ad te usque concederet. Sed nec meis neniis tua studia et occupaciones in rebus gravissimis temere interturbare debeo.

Nunc autem acceptis tuis, nisi literis respondeam, quibus utcumque benivolum erga te animum meum tester, prorsus ingratus iure haberi potero.

Caeterum legi epistolam tuam liminarem ad serenissimum Karolum augustum, qua eum hortaris, ut armata manu hereses abigat et propellat de ecclesia, ecclesiae ipse tutor.

Ego sane »manibus pedibusque« in sententiam tuam concedo; nec enim crediderim posse hereses tam multiplices quaeque tam alte radices egerunt, eradicari per Germaniam, nisi in manu forti et brachio excelso.

Vale faeliciter, virorum integerrime, vivasque in annos plurimos, propugnator ac defensor orthodoxae fidei emerite.

Tam enim nunc eris necessarius ecclesiae, quam retro actis temporibus unquam fuisti. Nunc, nunc enim facta est civitatibus Lutheranis aut, si mavis, Zwinglianis et Oecolampadianis frons defricata; nesciunt erubescere, quodque hactenus utcumque texerunt venenum, id totum nunc evomunt seseque apertos hereticos ostendunt in omni immunditia et abominacione. Immo paganis deteriores facti templa Dei sui profanant et temerant, imagines sanctorum confringunt et quod auditu omni christiano horrendum est, juge sacrificium prorsus tollunt, ita plane, ut nunc iuxta Danielis prophetiam stet in loco sancto abominatio desolationis.

Det Deus, ut brevi tantis malis obvietur, ne tot animae ad imaginem et similitudinem eius creatae ac creandae tam misere pereant fiantque praeda et illusio infernalium monstrorum.

Rursum vale et Ellenbogium tuum, ut facis, ama.
Abba meus totusque conventus te bene valere optant.

Ex Ottenpurra 5. Idus Iulii 1531.

Bruder Nikolaus Ellenbog
grüßt Johannes Eck,
den Theologen und in allen Dingen äußerst Gelehrten!

Den ersten Teil Eurer Schriften gegen LUTHER habe ich zusammen mit Eurem sehr freundlichen Brief in fröhlicher Stimmung erhalten, mein sehr gelehrter und überaus menschenfreundlicher Freund!.

Eurer Würdigkeit sage ich großen Dank, nicht nach Schuldigkeit, sondern nach Vermögen. Es liegt mir fern, eine Eurer Schriften meinerseits anzufordern, so daß Ihr sie mir gratis und als Geschenk zuschickt, wenn Ihr Euch auch freiwillig (aufgrund Eurer angeborenen Güte und Freigebigkeit) dazu noch anbietet, Euch brieflich anzuzeigen, was mir gefallen könnte. Glaubt mir, was immer von Euch gedruckt wurde, steht meinem Herzen nahe, so daß es näher nicht kommen könnte. Es liegt mir fern, Euch mit Betteleien zu belasten!


Gott möge uns eine baldige persönliche Begegnung ermöglichen.
Den Brief an Euch habe ich nicht Eurem Verwandten mitgegeben: es war nicht sicher, ob er auch an Euch gelangen würde. Ich darf aber nicht mit meinen Klagen Eure Studien und Beschäftigungen mit so ernsten Dingen leichtfertig stören.

Nun könnte ich aber nach Empfang Eures Briefes, wenn ich nicht schriftlich antworte, um so mein Wohlwollen Euch gegenüber zu bezeigen, leicht und mit Recht als undankbar erscheinen.

Im übrigen las ich die Vorderseite Eures Briefes an den erhabenen Kaiser KARL, in dem Ihr diesen in seiner Eigenschaft als Schirmherr der Kirche ermahnt, die Häresien mit Waffengewalt abzuwehren und aus der Kirche zu verbannen.

Mit ganzer Kraft stimme ich Eurer Meinung zu; ich glaube nämlich nicht, daß so vielgestaltige Häresien, die bereits so tiefe Wurzeln geschlagen haben, in Deutschland ausgerottet werden können ohne die starke Hand und höchste Gewalt.

Lebt wohl, lauterster aller Menschen, und habt ein langes Leben als verdienter Vorkämpfer und Verteidiger des wahren Glaubens!

Ihr werdet jetzt so notwendig für die Kirche sein, wie Ihr es früher durch Eure Taten gewesen seid. Jetzt nun muß den lutherischen, oder wenn Euch das besser gefällt, zwinglianischen und ökolampadianischen Städten die harte Stirn geboten werden: sie erröten nicht mal, daß sie, wie sie bis heute ihr Gift verhüllt haben, es nun ganz ausspeien und sich offen als Häretiker in aller Unreinheit und Abscheulichkeit zeigen. Schlimmer als die Heiden entweihen und schänden sie die Kirchen ihres Gottes, zerbrechen die Bilder der Heiligen und - für einen Christen schrecklich zu hören! - schaffen sie am Ende das ewige Opfer der Messe ab, und so offen, daß jetzt im Sinn der Prophetie Daniels »der Schrecken der Verwüstung an heiliger Stätte wütet.«

Gebe Gott, daß Er recht bald diesen Übeln Einhalt gebietet, damit nicht so viele Seelen, die nach Seinem Ebenbild und Gleichnis geschaffen wurden und noch geschaffen werden sollen, so elend verderben und zur Beute teuflischer Mächte werden.

Noch einmal: lebt wohl und habt Euren Ellenbog lieb, wie Ihr es ja tut! Mein Abt und der ganze Konvent wünschen Euch Wohlergehen!

Aus Ottobeuren, 11. Juli 1531.