Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 248
Widmung Ecks, in: Der Drit Thail Christenlicher Predigen. Ingolstadt 1531 (= METZLER Nr 68 III, 1 (Bib CCath)
Sendbrief. Dem hochwürdigisten Fürsten
und herren, Herr Johann
Ertzbischove zu Trier, des
hayligen Römischen reichs
durch Gallien unnd Arelat
Ertzcantzler unnd
Churfürsten, wünschet Johann
von Eck, Doctor, gnad und
fryd von Gott mit erbütung
underthäniger, gehorsamer
und geflißner dienst. Wie wir layder in täglicher
erfarnus haben, die grossen
anstöß der Kirchen und
unsers glaubens, so ist
aller oberkait, gaistlich
und weltlich, mer von nöten
die warnung s. Pauli dann
den Ephesern, da er sagt:
»Merckend auff euch und die
gantzen härt, in wellicher
der haylig gayst euch
gesetzt hatt Bischove zu
regieren die Kirchen Gottes,
die er erobert hat mit
seinem blut, und ich wayß,
das nach meinem abschyd
werden eingeen zuckendt
wölff, die der härt nit
verschonen werden.« Was
seind die Lutherischen
Capharnaiter, Bildstürmer,
Widertauffer, Gayster etc.
anders dann zuckend,
reissend wölff? Ja »behender
dann die abentwölff«, wie
Abacuk spricht, so in
kurtzer zeyt haben sie sich
in all winckel Teutsches
lands eingeflickt und der
massen Christenliche ordnung
umbgestossen, das auch der
Türck nit dermassen die Meß
unnd ander Christenliche
gotßdienst yetzt in hundert
und dreissig jaren in
Kriechen land in seiner
oberkait auff dem land unnd
in stetten undertriben und
außgetilckt hat, als yetz
etlich Newchristen trutzlich
bieten und schaffen bey iren
underthonen, das doch hoch
zu verwundern ist. Wann ihn etwas von Kayserlicher Maiestet im glauben gebotten würdt, der doch ire »oberkayt ist von Got eingesetzt«, so seindt sy ungehorsam, wöllen das mit der gwissen verantwurten, unnd sy in so klainen gwalt gesetzt seindt, den sy allain vom Kayser haben, brauchen sy so dürstigklich wider Bäpstlich und Kayserlich verbot, unangesehen der underthonen conscientz, da hilfft weder götlich noch natürlich recht. »Alles, das ihr wölt, das euch die menschen thund, das thut ir ihn auch.« Vor zeyten was es recht, das ainer verwürckt den gewalt, den er mißbraucht, wann diß noch geschehe, so würde des unzivels nit so vil. Aber »zu vil nachlassen und übersehen ungestrafft, gibt ain raytzung zu sünden«, spricht Sant Gregori etc. Ist wol war, das die zwispalter und zertrenner Christenlicher aynigkait mit worten fürgeben tieffe demütigkait, wöllen underricht und underweysung annemen, wa sy ains bessern mit der Gschrifft bericht werden. Unnd so es geschicht auff das treulichst, wie der Hochwürdig Fürst Hugo, Bischof zu Costentz, denen von Zürich und Bern gethon hat, so thund sy nichts dann das verachten, geschrifft zerreissen und fälschen, ain schmachbüchlin über das ander lassen außgehen, das alles vergeben ist, wer sy understeet zu leren. Wie Christus sagt: »Ir solt nit geben das hailig den hunden und die Bärlin den schweinen.« Ja, Sant Pauls nendts »hund«, so er spricht: »Sehend auff die hunde, Sehend auff böse arbaiter, Sehend auf die zerschneidung.« Es haben ye Luther, Zwinglii, Balthasar, Rotenacker, Blarer böß arbait gemacht, haben Christenliche aynigkayt zertrennt und zerschnitten und bellend wie die hund wider alle, die in widerstreben. Sy ermanen mich gleich ann Herodem, der als fleissig fragt nach dem Kindlin IESU die Priester und schrifft gelerten, fragt die hayligen drey Künig, als wolt er das Kinndlin auch anbetten, und sucht doch das zu tödten unnd außzulöschen. Also fragen sy auch nach der warhait des glaubens, nitt das sy die annemen wöllen, sonder das sy baß möchten bedacht sein die außzulöschen und zu vertilcken. Dann wie Sant Pauls sagt: »Sy seindt Geytzig«; es ist vast zuthun umb der Clöster unnd kirchen gütter, »Seindt Hoffertig«, halten mer auff sich dann auff die hayligenn Concilia, auff Augustinum, Hieronymum, Gregorium unnd die gantz Christenhayt, »Seindt Gotßlesterer« wider das hochwürdig sacrament, wider die bildnuß Christi, Marie und aller Hayligen, »Seindt ungehorsam ihren ältern«, das ist irer Oberkayt, Bapst und Kayser, »Seindt liebhaber des wollusts«, das sicht man an iren pfaffen, die betten nit, fasten nit, lesen nit Meß, thund nichts guts dann nach böser begird des flaischs. Unnd ir weltliche regierer seint blind, das sy nit sehen die leichtfertigkait irer pfaffhait, unnd wie unbestendig sy seindt im glauben. Alle jar bringen sy ainen Newen glauben, und wie Jamnes und Mambres haben sich gesetzt wider Moysen, also widerstreben dise der warhayt, Menschen aines zerstörten gemüts, verworffen im glauben, und ir torhayt würdt aller welt offenbar werden. Auff diser ursach hab ich
wol klaine hoffnung, das vil
schreibens und unnderweysens
bey inen frömme: was nit imm
ersten zug geet, ist
bawfellig. Sanct Pauls
erkannt die Knaben: »Ainen
ketzerischen menschen«,
sprach er, »nach ainer und
anderer ermanung vermeyde
und wisse, daß ain sollicher
verkört ist und sündigt, als
der auß seinem aignen urtayl
verdammet ist.« »Dann«, wie
er zu Timotheo spricht, »so
werden die verfürer ye
böser, Sy irrend und machend
anndere leut auch irrend.«
Darmit aber dise neuwen, falschen, verfürischen Leeren nit umb sich fressen imm Lannd zu Bayren, so ir wort »kreucht umb wie der Krebs«, so haben diee Durchleuchtigen Hochgebornen Fürstenn und herren, Herr Wilhalm und Herr Ludwig, Pfaltzgraven bey Rhein, Hertzogen in Obern unnd Nydern Bayern etc., mein vil genädig Herren, irem Lannd und Leuten zu gut gar auß Christlichem gmüt und Fürstlicher tugendt zu trewer vätterlicher vermanung iren underthonen, deren Gottgefällig leben imm Alten, waren, ungetzweyfelten Glauben sy auf das höchst unnd hefftigest begeren, mir auferlegt Predigen über das ganntz Jar zu machen, nach verstand und mainung der hailigen Christlichen Kirchen und der Hailgen Leerer von ir angenommen und approbiert: Mit anzaygung, wa die Newchristen sich irren inn Stucken und Gebreuchen unsers hailigen Glaubens: Das ich mit grossem fleyß, wie billich, und nit mit klainer mühe, neben anndern meinen geschefften, die ich in der Schul mit lesen und in der Kirchen mit Predigen zu verrichten hab, auch annderem schreiben, das ich wider die Newen Irrsäl thu, des vergangnen Jars mit der Postill von der zeyt voltzogen und yetzt, Gott sey lob, auch von den Festen der Hailigen, in Truck gebracht hab. Disen Dritten tail der Predigen hab ich also in aller unnderthänigkhait lassen außgeen und zugeschriben E. Churf. gnaden: Darumb daß ich die selbig erkennt hab zu Augspurg auf dem Reichßtag als die sonnderlich ain Christenlich gemüt hatt, wider die Irrsal zu raten und zu helffen. Hoff auch der lebendig Got habe E. Churf. G. in die hohe Stadt der Würden erhebt, daß die werde etwas nutzes, guts und ersprießlichs schaffen in den sachen, unsern hailigen Glauben belangend. Hab gantz ain gut hertz und bin ungezweyfelter zuversicht, E. Ch. g. werde den obligenden Beschwernussen des Glaubens auf das trewlichest helffen fürkommen und begegnen, darmit die fridlich und doch Christlich hingelegt und abgestelt werden: Das wölle Gott: Will mich hie mit E.Ch.F.G. in aller underthänigkhait befolhen haben: Deren zu dienen ich ain besondere freud undd begierd hette. Datum Ingolstat an S. Ursulen tag imm Jar M.D.XXXI. |
Angesichts täglicher Erfahrung, schwerer Erschütterungen von Kirche und Glauben ist es sowohl für die geistliche wie die weltliche Obrigkeit notwendig, auf die Mahnung des Heiligen Paulus gegenüber den Ephesern zu hören: »Achtet auf euch und die Härte der Zeit, in der der Heilige Geist euch Bischöfe eingesetzt hat, um die Kirche Gottes zu leiten, die er sich geschaffen hat in seinem Blut, und ich weiß, daß mit meinem Abschied wilde, reißende Wölfe in sie eindringen werden, die euch nicht schonen.« Was sind die Lutheraner, Kapharnaiten, Bilderstürmer, Wiedertäufer, Geistprediger usw. anderes als wilde, reißende Wölfe? Ja, »wilder als die Wölfe der Steppe«, wie Habakuk spricht, haben sie sich in kurzer Zeit in alle Winkel Deutschlands eingeschlichen und in einem Ausmaß die christliche Ordnung umgestoßen, daß nicht einmal der Türke in hundertdreißig Jahren seiner Herrschaft in Griechenland, in den Städten und auf dem Land, die Messe und anderen christlichen Gottesdienst unterwandert und ausgetilgt hat, als es jetzt viele Neuchristen bei ihren Untertanen mit Gewalt durchsetzen: das ist doch sehr verwunderlich! Wenn ihnen der Kaiser als ihre
gottgesetzte Obrigkeit im Hinblick
auf den Glauben etwas gebietet, so
gehorchen sie nicht und berufen
sich auf ihr Gewissen; trotz ihrer
geringen Autorität, die sie vom
Kaiser haben, gebrauchen sie diese
so gierig gegen jedes päpstliche
und kaiserliche Verbot und ohne
Rücksicht auf das Gewissen ihrer
Untertanen, daß dagegen weder
göttliches noch weltliches Recht
hilft. »Alles, von dem ihr wollt,
daß es euch die Menschen tun, das
tut auch ihr ihnen«: Früher galt
es als Recht, daß jemand die
Autorität, die er mißbraucht,
verwirkt; wäre das auch heute noch
so, gäbe es weniger von diesem
Ungeziefer; jedoch: »Zuviel
ungestraftes Verzeihen und
Übersehen reizt nur zu neuen
Sünden«, spricht SANKT GREGOR etc.
Es ist wohl zutreffend, daß die
Spalter der christlichen Einheit
mit Worten tiefer Demut vorgeben,
sie wollten aus der Heiligen
Schrift unterwiesen und eines
Besseren belehrt werden; geschieht
das aber, wie im Falle des
Konstanzer Bischofs HUGO VON
HOHENLANDENBERG gegenüber den
Zürichern und Bernern, so zeigen
sie dafür nur Verachtung,
zerreißen und fälschen die Heilige
Schrift, geben eine Hetzschrift
nach der anderen heraus, so daß
ale Belehrungsversuche vergebens
sind. Wie Christus sagt: »Ihr
sollt das Heilige nicht den Hunden
geben und die Perlen nicht vor die
Säue werfen«. Ja, der Heilige
Paulus spricht von Hunden, wenn er
spricht: »Gebt acht auf diese
Hunde, gebt acht auf diese
falschen Lehrer, gebt acht auf die
Verschnittenen!« LUTHER, ZWINGLI,
BALTHASAR HUBMAIR, KONRAD SAM
ROTTENACKER und BLARER haben sich
als falsche Lehrer betätigt und
die christliche Einheit zerrissen
und sind wie bellende Hunde auf
alle losgefahren, die ihnen
widerstehen. Sie erinnern mich an
Herodes, der ebenso eifrig nach
dem Jesuskind fragt wie die
Priester und Schriftgelehrten,
ebenso die Heiligen drei Könige,
so, als wollte auch er das Kind
anbeten, und doch suchte er es zu
töten und auszulöschen. Ebenso
fragen auch sie nach der Wahrheit
des Glaubens, nicht, um diese
anzunehmen, sondern um sie desto
besser auslöschen und vertilgen zu
können. Denn, wie Sankt Paulus
sagt: »Sie sind voller Hoffart«,
das heißt sie halten mehr von sich
selbst als daß sie etwas auf das
Urteil der heiligen Konzilien, des
AUGUSTINUS, HIERONYMUS, GREGOR, ja
der ganzen Christenheit geben;
»sie sind Gotteslästerer« wider
das hochwürdige Sakrament, die
Bilder Christi, Mariens und der
Heiligen; »sie sind ungehorsam«
gegenüber der Obrigkeit, Papst und
Kaiser; »sie lieben die Wollust«:
das sieht man an ihren Pfaffen,
die nicht beten, nicht fasten, die
Messe nicht lesen, nichts Gutes
tun außer ihrer bösen
Fleischeslust zu folgen; ihre
weltlichen Herren sind blind, daß
sie das leichtfertige Leben ihrer
Pfaffen und ihre Unbeständigkeit
im Glauben nicht sehen. Jedes Jahr
bringen sie einen neuen Glauben
hervor, und wie Jamnes und Mambres
sich Moses widersetzt haben, so
widerstreben diese der Wahrheit,
Verwirrte, im Glauben Verworfene,
die sie sind; ihre Torheit wird
aller Welt offenbar werden. Daher habe ich nur wenig Hoffnung, daß vieles Schreiben und Unterweisen bei ihnen etwas fruchtet: was nicht im ersten Anlauf Erfolg hat, ist nicht zu retten. Sankt Paulus erkannte sie: »Einen Ketzer«, sprach er, »sollst du nach zwei Ermahnungen meiden«; ein solcher ist verkehrt und sündigt, er ist aufgrund seines eigenen Urteils verdammt. »Denn«, so spricht er zu Timotheus, »die Verführer werden immer böser, sie irren und stecken andere mit ihrem Irrtum an.« Damit aber diese neuen, falschen, verführerischen Lehren nicht im Land der Bayern um sich greifen, da ihr Wort wie ein Krebs umherkriecht, haben die durchlauchten und hochgeborenen Fürsten und Herren, Herr WILHELM und Herr LUDWIG, Pfalzgrafen bei Rhein, Herzöge in Ober- und Niederbayern usw., meine gnädigsten Herren, zum Nutzen von Land und Leuten aus christlicher Einstellung und fürstlicher Tugend zwecks väterlicher Ermahnung ihrer Untertanen, die sie mit aller Kraft im alten ungezweifelten Glauben bewahren möchten, mir auferlegt, eine Predigtsammlung für das ganze Kirchenjahr anzufertigen aus der Sicht und Meinung der heiligen christlichen Kirche und der von ihr als solche anerkannten heiligen Lehrer. Dabei soll stets angemerkt werden, an welchen Stellen die Neuchristen sich in Artikeln und Gebräuchen unseres heiligen Glaubens irren. Ich habe diesen Auftrag mit großem Fleiß, wie es sich gehört, und großer Mühe neben meinen anderen Geschäften, nämlich neben den Vorlesungen an der Hochschule und der Predigt in der Kirche und der Abfassung auch anderer Schriften gegen die neuen Irrtümer im vergangenen Jahr mit der »Postilla de tempore« begonnen, und jetzt, Gott sei Lob, auch die »Postilla de sanctis« in Druck gegeben. Diesen dritten Teil der Predigten habe ich ebenso in aller Untertänigkeit ausgehen lassen und Eurer Kurfürstlichen Gnaden dediziert: denn ich habe in Augsburg auf dem Reichstag Eure besondere christliche Bereitschaft erkannt, gegen den Irrtum mit Rat und Hilfe einzustehen. Ich hoffe auch, daß Eure hohe, Euch vom lebendigen Gott verliehene Würde als geistlicher Kurfürst für die unseren heiligen Glauben betreffenden Fragen großen Nutzen, Gutes und Ersprießliches bewirken wird. Ich vertraue und bin voller Zuversicht, daß Eure Kurfürstliche Gnaden in den gegenwärtigen Glaubensbedrängnissen treue Hilfe gewähren wird, damit diese in Frieden und doch in christlicher Weise beigelegt werden können. Das möge Gottes Wille sein! Ich empfehle mich Eurer Kurfürstlichen Gnaden in aller Untertänigkeit, der zu dienen ich mit besonderer Freude und Begierde bereit bin. Gegeben zu Ingolstadt am Tag der Heiligen Ursula im Jahr 1531. |