Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 254

Nikolaus Ellenbog an Eck
Ottobeuren
10-01-1533


Paris BN Ms lat 8643, 2, fol 95v-96r
CCath 19/21 (Münster 1938), 319f Nr 26

Mit Freude hat Ellenbog Ecks Brief und die fünf Homilien »De spreranda brevi victoria adversus Turcas« entgegengenommen. Obgleich Ellenbog sich nicht zu den Gelehrten zählt und trotz der Unstimmigkeiten zwischen Eck und dem Abt von Ottobeuren hat mit diesem Geschenk seine Freundschaft bezeugt. Er wünscht sehnlich, daß der Streit mit dem Abt bald ein Ende hat. Wie gern würde er mit ihm wieder einmal "inter pocula" persönlich diskutieren. Er sender Eck den geliehenen Quaternio C zurück und bittet um Zusendung des fehlenden Quaternio D.



Frater Nicolaus Ellenbog
Ioanni Egkio theologo S.D.

Literas tuas una cum 5 homeliis de speranda brevi victoria adversus Turcas, vir omnifariam doctissime, gaudens accepi.

Testaris plane cumm literis cum etiam dono magnum tui erga me amoris affectum. Ego vero quum nihil de te sim meritus nec inter literatos (quos tu utcumque tibi pro tua eruditione et doctrina multiiuga concilias) numerari merear, fit, ut totum tuae tribuendum sit humanitati, quippe qui etiam immeritos in tuam adsciscis familiaritatem. Addit insuper calculum tuae bonitati, quod non attenta simultate, quae tibi est cum abbate meo, amicitiae ad me ultro mittis et literas et donaria. Atque utinam dissidium illud inter te et patrem meum tandem finem habeat! Quid enim mihi dulcius optabiliusque contingere poterit quam concordia et amicitia vestra? Sic enim fieret, ut nonnumquam huc concederes et tua fruerer praesentia, audirem sententias ex ore tuo mellifluo gravissimas, quemadmodum et ante nonnullos annos maxima voluptate accepi, convivarem cum homine omnium horarum et inter pocula tanquam de promptuario omnium doctrinarum ut varia, ita et scitu digna et doctissimo cuique admiranda eruerem doctrinarum bellaria.

Quicquid sit, gratias habeo et ago tuae humanitati amicoque animo, quem ad me immeritum geris. Det Deus, ut brevi in gratiam redeass cum abbate meo! Non te praererit illud Koheleth tertio: tempus amandi et tempus odiendi. Odii tempus nunc esse aegre fero; amoris ut cito redeat, ardenter expecto oroque Deum meum, pacis et unitatis amatorem, ut simultate omni abiecta tanta inter vos posthac firmetur charitass et amicitiae nexus, ut Gordio nodo reddatur insolubilior nec minorr sit vobis animorum consensus, quam fuerit inter Theseum et Perithoum vel inter Achillem et Patroclum aliosque complures, quos historiae animo amicitiaque coniunctissimos memorant.

Ceterum remitto tibi quaternum unum, C litera notatum, quem tu mihi duplicatum misisti. Careo autem loco alterius C quaterno aut si mavis, duterno cum D, quem, si integrum tibi fuerit, ad me mittas precor, ne donum tuum a tanta liberalitate profectum mancum defectuosumque manent.

Vale faeliciter, doctissime vir, et me, ut facis, ama.

Ex Ottenpurra 10. die Ianuarii 1533.

Bruder Nikolaus Ellenbog
entbietet dem Theologen Johannes Eck seinen Gruß!

Mit Freude habe ich Euren Brief zusammen mit den fünf Homilien über den in Kürze zu erhoffenden Sieg gegen die Türken empfangen, allseitig gebildeter und gelehrter Freund!

Ihr bezeugt mit Eurem Brief offen, auch mit Eurem Geschenk, Eure große Zuneigung zu mir. Ich aber, keineswegs würdig, von Euch unter die Gebildeten (die Wissenschaften vereint Ihr in Euch durch Bildung und Lehre in vielfältiger Weise) gezählt zu werden. Dies ist Eurer Menschlichkeit zuzuschreiben, indem Ihr auch Unwürdige zu Euren Vertrauten macht! Beweis Eurer Güte ist außerdem, daß Ihr in einem angespannten Verhältnis, wie es mit meinem Abt besteht, mir trotzdem Eurerseits als Zeichen der Freundschaft Briefe und Geschenke sendet. Möge doch dieses Zerwürfnis zwischen Euch und meinem Abt endlich ein Ende finden! Was könnte mir angenehmer und erstrebenswerter erscheinen als Eure Eintracht und Freundschaft? So würde es nämlich möglich, daß Ihr öfters hierher kommt und ich mich Eurer Gegenwart erfreuen, aus Eurem honigfließenden Mund Eure sehr ernst zu nehmenden Ansichten anhören könnte, wie ich es seit einigen Jahren mit höchstem Vergnügen getan habe, würde mit Euch zusammen stundenlang speisen und zwischen vielen Bechern guten Trunkes gleichsam aus Eurer Vorratskammer aller Wissenschaften viele wissenswerte und für einen Gelehrten bewundernswürdige Desserts zu mir nehmen dürfen.

Was auch passiert, habt Dank für Eure Menschenfreundlichkeit und freundschaftliche Gesinnung, die Ihr einem Unwürdigen gegenüber verschwendet! Gebe Gott, daß mein Abt Euch gegenüber wieder gnädig gestimmt wird! Euch wird nicht das Wort aus dem Buche Kohelet, Kapitel drei, unbekannt geblieben sein: »Es gibt eine Zeit zum Lieben und eine zum Hassen.« Daß jetzt Zeit zum Hassen sein soll, bedaure ich sehr; daß schnell die Zeit des Liebens wiederkehrt, hoffe ich und erbitte ich glühend von Gott, meinem Herrn, dem Liebhaber von Frieden und Eintracht, daß nach Beendigung jeden Streites unter Euch solche Liebe und Freundschaft entsteht, die schwerer zu lösen sein wird als der Gordische Knoten, und Euer geistiger Konsens nicht geringer sein wird als der zwischen THESEUS und PERITHOUS oder zwischen ACHILLES und PATROCLUS und vielen anderen, an die uns die Geschichte als in Geist und Freundschaft verbunden erinnert.

Weiterhin sende ich Euch ein Quaternio, das mit dem Buchstaben C bezeichnet ist, zurück, das Ihr mir doppelt geschickt habt. Ich vermisse an seiner Stelle möglicherweise das Doppelblatt mit dem Buchstaben B, das, wenn es Euch vollständig vorliegen sollte, Ihr mir bitte senden möchtet, damit Euer Geschenk, das Ihr mir mit solcher Freigebigkeit gesandt habt, keinen Mangel aufweist.

Lebt glücklich, sehr gelehrter Freund, und behaltet mich lieb, wie Ihr es ja tut.

Aus Ottobeuren, 10. Januar 1533.