Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 288
Eck würde Zell ermahnen, von Schisma und Häresie abzulassen und in den Schoß der Kirche zurückzukehren, wenn er nicht wüßte, daß dieser sich seit langem dem Wirken des Heiligen Geistes verweigere. Er würde sonst wissen, daß von Christus, Propheten und Aposteln für das Ende der Zeiten der Sieg der christlichen Wahrheit und der Einheit der Kirche über alle Häresien vorausgesagt wurde. Warum halten die Häretiker sich nicht an die Schriftauslegung der Kirchenväter statt an Luther, Wiclef, Zwingli und Bucer? Zell kennt sicher die Gründe, die Witzel in seiner »Apologie« nennt, weshalb er sich nach acht Jahren wieder vom Luthertum gelöst hat, um zur Einheit der Kirche zurückzukehren. Blarer hat Widerruf geleistet, und auch Jacob Sturm soll einem Brief aus Nürnberg zufolge vom Zwinglianismus Abstand genommen haben. Möglicherweise aber hat Blarer nur zum Schein widerrufen, aus Rücksicht auf die Religionspolitik Hg. Ulrichs und um leichter Zugang nach Württemberg zu erhalten. Eck kann durch Gottes Gnade in Bayern unbehelligt von Umtrieben der Häretiker leben und im Weinberg des Herrn arbeiten, indem er Schriften zur Stärkung der Gläubigen verfaßt, die ihnen helfen, den Glauben mit Argumenten zu verteidigen. Zu diesem Zweck hat Eck vier Bände Predigten »de tempore, de sanctis, de sacramentis« verfaßt und plant für den Winter ein neues Werk über den Konsens der altkirchlichen Autoritäten.
D. Matthaeo Zellio Keyserspergio veteri
amico. Vidisti, arbitror, »Apologiam« Wicelii, in
qua caussas adsignat, cur relicto schismate
Lutheri, in quo octo annos absorduit, ad
unitatem Ecclesiae redierit. Si hanc
traderes gratiam a Deo ut benevolenter ac
pro animo legeres, non dubito ex te
rediturum. Blarer revocavit haeresia
Capharnaitarna. Aiunt et D. Jacobum
Sturmium a Zuinglianismo recessisse, ita
hodie per literas ex Nurmberga venientes
intellexi. Utinam ista blasphemia et
horrenda haeresis esset extincta, quod
tamen fiet, quando Deus voluerit. Vereor
autem plurimum ne per dolum revocaverit
Blarer, quo sibi liber puteat aditus in
Wirtembergum. Nam ex pacto tenet Dux
Ulricus cavere a Zuinglianis et
Parabaptistis alioquin ex ducatu excideret.
Ego de gratia Dei quiete in Baioaria ago, ubi nullas patior haereticorum molestias. Licet zelus Dei me urgeat, ut non possim non laborare in vinea Domini, ut fideles in fide confortentur ubique gentium, ut habeant, quod respondeant adversariis Ecclesiae, in quem finem quatuor tomos homiliarum absolvi de tempore, de sanctis et sacramentis. Proxima hyeme curabo, ut nova aliqua ex me accipiant Catholici, sed huiusmodi quae veteribus proceribus Ecclesiae consentiant. Vale. Ingolstadii XXV. Septembris 1534. Tuus Joh. Eccius. |
Herrn Matthäus Zell aus Kaisersberg, dem alten
Freund! Du hast, so nehme ich an, die Apologie WITZELS gesehen, in der dieser die Gründe anführt, warum er nach Abkehr vom lutherischen Schisma, in das er acht Jahre verstrickt war, zur Einheit der Kirche zurückgekehrt ist. Wenn Du die Gottesgnade besäßest, diese Schrift wohlwollend und in frommer Gesinnung zu lesen, glaube ich auch an Deine Rückkehr! BLARER hat die kapharnaitische Häresie widerrufen. Es heißt, daß sich auch Jakob Sturm vom Zwinglianismus abgekehrt hat; ich habe das heute einem Brief aus Nürnberg entnommen. Wenn doch jene gotteslästerliche und schreckliche Häresie ausgetilgt wäre, was ja doch eines Tages geschehen wird, wenn Gott es will! Ich befürchte auch sehr, daß BLARER nur mit listigen Hintergedanken widerrufen hat: seine jüngst in Württemberg erschienene Schrift deutet das an. Denn Herzog ULRICH hält sich an die jüngst geschlossene Vereinbarung, sich vor Zwinglianern und Wiedertäufern in Acht zu nehmen und sie gegebenenfalls des Landes zu verweisen. Ich selbst kann durch Gottes Gnade in Ruhe in Bayern leben und wirken, wo ich unter keiner der von den Häretikern verursachten Unannehmlichkeiten zu leiden habe. Denn der Eifer für das Haus des Herrn soll mich antreiben, unaufhörlich im Weinberg zu Herrn zu arbeiten, damit die Gläubigen in ihrem Glauben bestärkt werden und alle Völker Instrumente in die Hand bekommen, um den Feinden der Kirche entgegenzutreten: zu diesem Zweck habe ich vier Bände Predigten de tempore, de sanctis und de sacramentis herausgegeben. Im nächsten Winter werde ich dafür sorgen, daß die Katholiken neues Schrifttum von mir erhalten, aber solches, das mit den Kirchenvätern in Einklang steht. Leb wohl! Ingolstadt, 25. September 1534. Dein Johannes Eck. |