Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 289

Nikolaus Ellenbog an Eck
Ottobeuren
01-10-1534


Paris BN ms lat 8643, 2, fol 123v - 124
CCath 19/21 (Münster 1938), 339f Nr 70


Ellenbog hat die beiden Briefe Ecks vom 08-09-1534 und 19-09-1534 erhalten, aus denen er dessen einzigartige Gesinnung ihm gegenüber erkennt. Zwei Mitbrüder sind nach Augsburg geschickt worden, um die Weihen zu empfangen; ihnen wollte er einen Brief an Eck mitgeben; sie haben aber ohne Wissen Ellenbogs das Kloster verlassen. Er wird Sorge tragen, daß Eck den Brief bald erhält. Die gute Meinung des Abtes über Eck hält an. Er hofft, daß es zwischen ihnen nie wieder Streit geben wird. Ecks Festhalten an der herkömmlichen kirchlichen Auslegung der Psalmen billigt Ellenbog vollständig. Neuerungen bringen nur Verwirrung. Man sieht das an den Auswirkungen des neuen Evangeliums, das Luther verkündigt. Ellenbog dankt für Ecks Absicht, die »Homiliae de sanctis« zu schicken: das Kloster hat sie bereits käuflich erworben.


Frater Nicolaus Ellenbog D. Ioanni Eckio S.D.

Binas tuas literas, vir ut doctissime ita et humanissime, probe mihi redditas noveris. Ex quibus agnovi plane tuum erga Ellenbogium affectum singularem, quum tot tantisque literarum studiis obrutus mei tamen te oblivio non capit.

Missi sunt preterita angaria duo ex fratribus nostris Augustam, ut sacris initiarentur; quibus literas ad te perferendas scripseram, sed me nesciente monasterium exiverunt. Eas literas, ut apud me signatas habui, nunc ad te dirigere commodum duxi.

Perstat adhuc abbatis mei ad te benivolus animus. Spero vos tanta posthac uniendos amicitia, ut prioris simultatis nulla prorsus sit mansura memoria nec repullulaturum vel leve inditium.

Tu modo huc concede; familiare colloquium et convictus iucundus amicitiae conciliandae non parum conferet.

Caeterum quod tu publice praelegendo explanandoque psalmos Davidicos ad id laboras maxime, ut veterem nostram ecclesiae translacionem manu teneas et defendas contra neotericos Hebraisantes, qui nova adducere molliuntur, ego studium hoc tuum non probare non possum. Novi enim, quid novitates in re publica (vel Platoni teste) mali adferant. Si cuiusque interpretis sua interpretacio in usum ecclesiae assumenda foret, quantam putas pareret confusionem.

Non dubito, quin maiores nostri meliora quaeque ac veriora selegerint et nobis observanda tradiderint. Quae itaque ad nos usque inculpata venerunt, amplectamur et exosculemur tanquam probata et vera. Novitates nil boni secum adferunt. Obsunt pluries, prosunt raro. Argumento est novitas illa novi evangelii de subscanna a Luthero productum; atque utinam delituisset perpetuo, quandoquidem fructus illius amarissimi sunt et obstupescere faciunt dentes multorum.

Faciat deus, ut tandem evincat veritas et vafra illa ac laetalis haeresis mordicus eradicetur.

Quod missurum te spondes tomum homiliarum tuarum de sanctis latine, si nobis defuerit, gratias tibi habeo immortales. Noveris autem eundem librum dudum pecuniis monasterii esse emptum.

Vale faelix. Abbas meus te bene valere optat adventumque tuum praestolatur avidus.

Ex Ottenburra Kal. Octobris 1534.

Bruder Nikolaus Ellenbog grüßt den Theologen Johannes Eck!


Eure beiden Briefe, großer Gelehrter und Menschenfreund, sind mir, wie Ihr wissen sollt, bestens übergeben worden. Aus diesen habe ich völlig Eure einzigartige Zuneigung mir gegenüber erkannt, daß Ihr trotz Eurer so vielen und großen wissenschaftlichen Studien meiner dennoch nicht vergessen habt.

Zwei unserer Mitbrüder sind per Karren nach Augsburg geschickt worden, um die Weihen zu empfangen. Ich hatte für sie einen Brief geschrieben, den sie Euch übergeben sollten, aber sie haben ohne mein Wissen das Kloster verlassen. Diesen Brief, den ich für Euch bestimmt habe, habe ich Euch nun zuleiten lassen.

Mein Abt bleibt bei seiner Euch gegenüber wohlwollenden Einstellung. Ich hoffe, Ihr werdet Euch bald in solcher Freundschaft vereinigen, daß an den früheren Streit keine Erinnerung mehr bleibt und auch nicht das kleinste Anzeichen dafür wieder aufleben kann.

Kommt nur hierher. Das vertraute Gespräch und fröhliches Mahl wird nicht wenig zum Freundschaftsschluß beitragen.

Im übrigen: daß Ihr öffentlich beim Vortragen und Erklären der davidischen Psalmen darauf hinarbeitet, an unserer alten kirchlichen Übersetzung festzuhalten und sie gegen die hebraisierenden Neuerer zu verteidigen, die auf Neuerungen aus sind: diesen Euren Eifer kann ich nur unterstützen!

Ich weiß nämlich, was an Übel Neuerungen im Staatswesen (wie PLATO bezeugt) mit sich bringen. Wenn die Auslegung eines jeden Auslegers in den Gebrauch der Kirche überginge, würde das, wie Ihr meint, große Verwirrung stiften. Ich zweifle nicht, daß unsere Vorfahren die Dinge besser und wahrhaftiger gewählt und uns zur Bewahrung überliefert haben. Was daher bisher an Tadellosem auf uns gekommen ist, das drücken wir gleichsam als Bewährtes und Wahres an uns. Neuerungen bringen nichts Gutes. Vielerlei Einwände gibt es dann, aber wenig Nutzen. Beweis ist jene Neuerung des neuen Evangeliums, das LUTHER aus der Unterwelt gezogen hat, das doch besser auf ewig hätte mißbilligt werden sollen, da seine Früchte sehr bitter sind und auch die Zähne vieler stumpf machen.

Gott möge geben, daß die Wahrheit dennoch siegt und jene wahnsinnige und tödliche Häresie mit den Zähnen ausgerissen werde.

Daß Ihr versprecht, das Buch Eurer Homilien zu den Heiligenfesten auf lateinisch zu senden, wenn wir es noch nicht haben, erfüllt mich mit unsterblichem Dank. Ihr sollt aber wissen, daß dieses Buch bereits mit Geld des Klosters erworben wurde.

Lebt glücklich! Mein Abt wünscht Euch Wohlergehen und erwartet begierig Euer Eintreffen.

Aus Ottobeuren, 1. Oktober 1534.


Frater Nicolaus Ellenbog D. Ioanni Eckio S.D.

Binas tuas literas, vir ut doctissime ita et humanissime, probe mihi redditas noveris. Ex quibus agnovi plane tuum erga Ellenbogium affectum singularem, quum tot tantisque literarum studiis obrutus mei tamen te oblivio non capit. Missi sunt preterita angaria duo ex fratribus nostris Augustam, ut sacris initiarentur; quibus literas ad te perferendas scripseram, sed me nesciente monasterium exiverunt. Eas literas, ut apud me signatas habui, nunc ad te dirigere commodum duxi. Perstat adhuc abbatis mei ad te benivolus animus. Spero vos tanta posthac uniendos amicitia, ut prioris simultatis nulla prorsus sit mansura memoria nec repullulaturum vel leve inditium. Tu modo huc concede; familiare colloquium et convictus iucundus amicitiae conciliandae non parum conferet. Caeterum quod tu publice praelegendo explanandoque psalmos Davidicos ad id laboras maxime, ut veterem nostram ecclesiae translacionem manu teneas et defendas contra neotericos Hebraisantes, qui nova adducere molliuntur, ego studium hoc tuum non probare non possum. Novi enim, quid novitates in re publica (vel Platoni teste) mali adferant. Si cuiusque interpretis sua interpretacio in usum ecclesiae assumenda foret, quantam putas pareret confusionem.

Non dubito, quin maiores nostri meliora quaeque ac veriora selegerint et nobis observanda tradiderint. Quae itaque ad nos usque inculpata venerunt, amplectamur et exosculemur tanquam probata et vera. Novitates nil boni secum adferunt. Obsunt pluries, prosunt raro. Argumento est novitas illa novi evangelii de subscanna a Luthero productum; atque utinam delituisset perpetuo, quandoquidem fructus illius amarissimi sunt et obstupescere faciunt dentes multorum. Faciat deus, ut tandem evincat veritas et vafra illa ac laetalis haeresis mordicus eradicetur. Quod missurum te spondes tomum homiliarum tuarum de sanctis latine, si nobis defuerit, gratias tibi habeo immortales. Noveris autem eundem librum dudum pecuniis monasterii esse emptum.

Vale faelix. Abbas meus te bene valere optat adventumque tuum praestolatur avidus.

Ex Ottenburra Kal. Octobris 1534.]



Bruder Nikolaus Ellenbog grüßt den Theologen Johannes Eck!

Eure beiden Briefe, großer Gelehrter und Menschenfreund, sind mir, wie Ihr wissen sollt, bestens übergeben worden. Aus diesen habe ich völlig Eure einzigartige Zuneigung mir gegenüber erkannt, daß Ihr trotz Eurer so vielen und großen wissenschaftlichen Studien meiner dennoch nicht vergessen habt.

Zwei unserer Mitbrüder sind per Karren nach Augsburg geschickt worden, um die Weihen zu empfangen. Ich hatte für sie einen Brief geschrieben, den sie Euch übergeben sollten, aber sie haben ohne mein Wissen das Kloster verlassen. Diesen Brief, den ich für Euch bestimmt habe, habe ich Euch nun zuleiten lassen.

Mein Abt bleibt bei seiner Euch gegenüber wohlwollenden Einstellung. Ich hoffe, Ihr werdet Euch bald in solcher Freundschaft vereinigen, daß an den früheren Streit keine Erinnerung mehr bleibt und auch nicht das kleinste Anzeichen dafür wieder aufleben kann.

Kommt nur hierher. Das vertraute Gespräch und fröhliches Mahl wird nicht wenig zum Freundschaftsschluß beitragen.

Im übrigen: daß Ihr öffentlich beim Vortragen und Erklären der davidischen Psalmen darauf hinarbeitet, an unserer alten kirchlichen Übersetzung festzuhalten und sie gegen die hebraisierenden Neuerer zu verteidigen, die auf Neuerungen aus sind: diesen Euren Eifer kann ich nur unterstützen!

Ich weiß nämlich, was an Übel Neuerungen im Staatswesen (wie PLATO bezeugt) mit sich bringen. Wenn die Auslegung eines jeden Auslegers in den Gebrauch der Kirche überginge, würde das, wie Ihr meint, große Verwirrung stiften. Ich zweifle nicht, daß unsere Vorfahren die Dinge besser und wahrhaftiger gewählt und uns zur Bewahrung überliefert haben. Was daher bisher an Tadellosem auf uns gekommen ist, das drücken wir gleichsam als Bewährtes und Wahres an uns. Neuerungen bringen nichts Gutes. Vielerlei Einwände gibt es dann, aber wenig Nutzen. Beweis ist jene Neuerung des neuen Evangeliums, das LUTHER aus der Unterwelt gezogen hat, das doch besser auf ewig hätte mißbilligt werden sollen, da seine Früchte sehr bitter sind und auch die Zähne vieler stumpf machen.

Gott möge geben, daß die Wahrheit dennoch siegt und jene wahnsinnige und tödliche Häresie mit den Zähnen ausgerissen werde.

Daß Ihr versprecht, das Buch Eurer Homilien zu den Heiligenfesten auf lateinisch zu senden, wenn wir es noch nicht haben, erfüllt mich mit unsterblichem Dank. Ihr sollt aber wissen, daß dieses Buch bereits mit Geld des Klosters erworben wurde.

Lebt glücklich! Mein Abt wünscht Euch Wohlergehen und erwartet begierig Euer Eintreffen.

Aus Ottobeuren, 1. Oktober 1534.