Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 294
Melchior Fattlin, Weihbischof von Konstanz, hat Eck von Ambrosius Blarers »Libellus apologeticus super sua palinodia« Mitteilung gemacht, von dem er gern eine Kopie hätte. Der französische Kg. geht streng gegen die Lutheraner und Zwinglianer vor. Auch der Pariser Bischof wurde festgenommen, aber auf Intervention seines Bruders Wilhelm du Bellay-Langay, Berater Franz I., und nach eigenem Widerruf wieder freigelassen. Nach brieflicher Mitteilung Hg. Antons von Lothringen sind zahlreiche Wiedertäufer nach England geflohen, um dort Asyl zu finden, jedoch hat der englische Kg. eine große Zahl von ihnen verbrennen lassen. Der Augsburger Bischof hat Eck gestern geschrieben, Graf Wilhelm von Fürstenberg sei in Dole hingerichtet worden und Christoph, der jüngere Hg. von Württemberg, in Gefangenschaft geraten; auch der hessische Landgraf Philipp verdient als Zwinglianer einen solchen Tod. Der jüdische Konvertit Antonius Margarita hat ein fehlerhaftes Buch gegen die Juden verfaßt; Bücher von Katechumenen oder Neophyten sollten besonders sorgfältig überprüft werden. Der Kardinal von Trient hat Eck im letzten halben Jahr sieben Briefe geschrieben, um ihn an seinen Hof zu holen. Eck hat ihn zu Weihnachten getroffen: er bietet 600 Gulden und einige Nebeneinkünfte, jedoch handelt es sich um eine kleine Diözese mit nur 80 Kirchen und drei Prälaturen. Eck überlegt noch. Sollte die Pest ausbrechen, will Eck Deutschland nicht verlassen, sondern auf eigene Kosten in schwäbischen Klöstern Zuflucht suchen. Ellenbog möge auch dem Abt seine Empfehlung übermitteln.
D. Ioannes Eckius fratri Nicolao Ellenbog S.D. Observande pater: Scribit ad me praesidens
Lotharingiae multitudinem
parabaptistorum traiecisse in Angliam
velut ad sacram anchoram et asylum; sed
rex certior factus in magno numero eos
combussit. Scripsit heri ad me episcopus
Augustensis Wilhelmum comitem
Furstenbergii Dolae esse capite truncatum
et ducem iuniorem Wirtenbergi captum;
sic convenit mori Zwinglianum Hessicum
regi rebellem. Antonius Margarita contra
Iudaeos aedidit, sed hui, quam
hallucinatur in verbis, in personis, in
adfixis. Asserit Isa. 63 textum corruptum
per Iudaeos, qui pro »lo« (cum waw)
reposuerint »lo« (cum aleph), et ita
contenditt affirmative legi, cum sicc etiam
nostra byblia et Septuaginta esset falsa,
quia legit negative. Non est bonum
cathecuminos seu neophitos aedere libros
nisi bene revisos. In dimidio anno
Tridentinus cardinalis septenis me
evocavit literis. Accessi eum sub festis
nataliciis. Offert 600 florenos ex camera et
accidentalia suffraganeatus ac vicariatus;
parva est diocesis, habet solum 80
ecclesias et tres praelaturas. 20 florenos
dumtaxat me sequerentur, alia, quae
essent Bavarici iuris, essent relinquenda.
Adhuc sum in deliberacione. Si mansero
hic et lues pestis ingruerit, statui non
egredi Germaniam, sed hospitarier in
monasteriis Sueviae meis expensis. Scripta
volo et haec reverendo domino abbati, cui
me commendo. Ingoldstadii 19. Februarii 1535.
|
Johannes Eck grüßt Bruder Nikolaus Ellenbog! Hochgeschätzter Pater! Ich glaube, Ihr habt längst erfahren, wie streng der französische König gegen Lutheraner und Zwinglianer vorgeht. Er hat auch den Bischof von Paris gefangennehmen lassen, der aber nach Intervention seines Bruders WILHELM DU BELLAY-LANGAY nach vollzogenem Widerruf freigelassen wurde. Der Herzog von Lothringen schreibt mir, zahlreiche Wiedertäufer seien nach England übergesetzt wie zu einem heiligen Rettungsanker und Asyl; der davon benachrichtigte König hat sie aber in großer Zahl verbrennen lassen. Der Bischof von Augsburg hat mir gestern geschrieben, Graf WILHELM VON FÜRSTENBERG sei zu Dole hingerichtet und der jüngere Herzog von Württemberg gefangengenommen worden: so sollte auch Landgraf PHILIPP, der hessische Zwinglianer, der gegen den König rebelliert, sterben! ANTONIUS MARGARITA hat gegen die Juden
geschrieben, aber ach, wie schludert er in Worten,
Personen, eigentlich feststehenden Dingen! In der Jahresmitte hat mich der Kardinal von Trient in sieben Briefen zu sich gerufen. Zu Weihnachten stimmte ich ihm zu. Er bietet sechshundert Gulden aus der bischöflichen Kammer und etwas aus dem Budget des Weihbischofs und der Vikars. Die Diözese ist klein, hat nur achtzig Kirchen und drei Prälaturen. Zwanzig Gulden würde ich mitbringen; das andere müßte ich nach bayerischem Recht zurücklassen. Ich bin bis jetzt noch am Überlegen. Wenn ich hier bleibe und die Pest käme, habe ich beschlossen, Deutschland nicht zu verlassen, sondern in den mir teuren schwäbischen Klöstern Zuflucht zu suchen. Dieser Brief soll auch dem hochwürdigen Herrn Abt mitgeteilt werden, dem ich mich empfehle. Ingolstadt, 19. Februar 1535 |