Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 298

Nikolaus Ellenbog an Eck
Ottobeuren
05-03-1535

Paris BN ms lat 8643, 2, fol 133v - 134v
CCath 19/21 (Münster 1938), 348f Nr 86

Ellenbog hat Ecks Brief vom 19-02-1535 an Ultimo erhalten; er beglückwünscht Eck zur Berufung nach Trient, aber er hätte ein noch höheres Salär verdient, ist er doch für die Kirche von einzigartiger Bedeutung. Übrigens scheint einer von Ellenbogs Briefen verlorengegangen zu sein, da Eck zum Inhalt nicht Stellung nimmt. Da dieser Brief zusammen mit einem ebenfalls verlorenen an M. Johannes Widenman an Ecks Schwester gegangen war, soll Eck bei ihr nach dem Verbleib nachfragen. Übrigens reicht Ellenbog Ecks Briefe wegen der in ihnen enthaltenen Neuigkeiten gern an Freunde weiter, so den letzten Brief an Dr. Suter in Kempten. Von der von Eck gewünschten »Apologeticum« samt »Palinodia« des Konstanzer Weihbischofs findet sich keine Spur. Die Buchhändler hier verkaufen so etwas nicht. Gegebenenfalls wird er dem Weihbischof persönlich schreiben, der mit dem Abt von Ottobeuren befreundet ist. In diesem Jahr ist mit dem Ausbruch der Pest nicht zu rechnen.


Frater Nicolaus Ellenbog D. Ioanni Eckio S.D.

Ultima Februarii redditae sunt mihi literae tuae, praeceptor observande, quarum data est 19. Februarii, literae plane amititiae plenae, quibus me tanquam amicum tuum singularissimum de tuo statu certiorem facis.

Audio ego lubens te a Tridentino episcopo et cardinale tanti fieri, ut pecunia te non mediocri ad sedem suam alliciat. Prestet tibi quantumvis multum pecuniae, ampliori (absit assentacio!) dignus es solario. Quis enim tuam in te integritatem, eloquentiam omnifariamque scientiarum peritiam condigne apprecietur?

Tu nostri saeculi oculus ferme es unicus ecclesiam Phoebi instar illuminans. Faciat Deus, ut te incolumem habeamus tuaque doctrina singulari et praecipua fruamur in annos plurimos.

Caeterum ad literas tuas longe ante datas dudum rescripsi, sed interceptas esse literas meas ex eo liquido agnovi, quia in his novissimis tuis literis nil prorsus scribis ad ea, quae literae meae continebant et postulabant. Sed et magister Ioannes Widenman palam conqueritur se responsum a me hactenus nullum accepisse. Fuerunt autem literae et tuae et illius pariter combinatae, quas sorori tuae in Eck transmiseram. Cuius autem neglectu interierint, tu apud sororem tuam scrutinium habeto.

Caeterum etsi literae tuae, humanissime vir, mihi sint gratissimae, quia liquido ostendunt bonum amicumque erga me animum tuum, eo tamen longe gratiores noveris, quia semper novitatum aliquid secum adferunt, quibus (etsi monachus) non mediocriter tamen oblector. Non quo ego tantum novitatum sim cupidus, sed ut habeam, quod amicis impartiar.

Altera enim die post redditas tuas literas direxi ad doctorem Petrum Suter in Campidona, cui tuas novitates insinuans rem illi fecisse gratissimam certo certius scio.

De apologetico vero super palinodiam domini suffraganei Constantiensis edito scias me hactenus ne verbum quidem audivisse; alioquin indubitato, si mihi essent libri illi, ad te pervolarent citissime. Non solent apud nos divertere bibliopolae talia venditantes. Curabo tamen modis omnibus, ut et palinodiam et apologeticum habeam, etiam si episcopo ipsi scribendum foret, quia abbati meo singulari iunctus est amicitia et consuetudine. Nullam in hac peticione apud eum patiar repulsam; mitteret enim nobis longe maiora, si opus foret.

De epidimia, quam tu futuram times, nihil est, quod formidare debeas; habebimus (Deo propicio) annum salubrem et sanum.

Vale faelix, integerrime doctissimeque vir, et Nicolaum tuum (ut facis) ama.
Bene te valere optat abba meus.

Ex Ottenpurra quinta die Marcii 1535.

Bruder Nikolaus Ellenbog grüßt Johannes Eck!

Hochgeehrter Lehrer, am 28. Februar habe ich Euren Brief erhalten, der auf den 19. Februar datiert ist, einen Brief voller Freundschaftsbezeugungen, in dem Ihr mich wie Euren ganz engen Freund über Eure Situation unterrichtet.

Mit Begeisterung höre ich, daß Ihr vom Bischof von Trient so hoch geschätzt werdet, daß er Euch für nicht wenig Geld an seinen Amtssitz ziehen will. Euch steht soviel Geld zu, wie Ihr wollt; Ihr seid eines noch größeren Gehaltes würdig (Liebedienerei sei mir hier fern!). Wer will denn Eure Integrität, Beredsamkeit und vielseitige Kenntnis der Wissenschaften angemessen entgelten?

Ihr seid schier das einzigartige »Auge« unseres Zeitalters, das die Kirche wie ein Phöbus erleuchtet. Gebe Gott, daß wir Euch unversehrt behalten und noch viele Jahre Eure einzigartige und herausragende Lehre genießen dürfen!

Weiterhin: Ich habe auf Euren Brief lange vor dem jetzigen geantwortet, habe aber erkannt, daß meine Briefe offenbar abgefangen werden, denn in Eurem allerletzten Brief schreibt Ihr nichts über das, was mein Brief enthielt und forderte. Doch auch Magister JOHANNES WIEDEMANN hat offen beklagt, von mir noch keine Antwort erhalten zu haben. Sowohl Eurer als auch der Brief an WIEDEMANN gehörten zu denen, die ich gebündelt Eurer Schwester nach Egg geschickt hatte. Durch deren Nachlässigkeit gingen sie verloren; sucht einmal bei Eurer Schwester nach!

Wenn im übrigen Eure Briefe, Menschenfreund, mir sehr teuer sind, weil sie offen zeigen, daß Eure Gesinnung mir gegenüber gut und freundschaftlich ist, so sind sie mir - das sollt Ihr wissen - noch weit willkommener, weil sie immer Neuigkeiten enthalten, an denen ich mich (obgleich Mönch) dennoch nicht wenig erfreue. Nicht, daß ich nur neugierig bin, sondern um etwas zu haben, das ich den Freunden mitteilen kann.

Am Tag nach Eintreffen Eures Briefes wandte ich mich an Doktor PETRUS SUTER in Kempten, dem ich durch Mitteilung Eurer Neuigkeiten etwas sehr Willkommenes erwiesen habe, wie ich sicher weiß.

Von der »Apologie« über BLARERS »Widerruf«, die der Weihbischof von Konstanz herausgegeben hat, habe ich bis jetzt kein Wort gehört; seid aber überzeugt, daß diese Bücher, wenn ich sie habe, Euch sofort zugehen werden. Bei uns pflegen keine Buchhändler Station zu machen, die so etwas verkaufen. Ich werde aber auf alle Weise dafür sorgen, sowohl »Apologie« wie »Widerruf« zu bekommen, auch wenn ich dem Bischof selbst schreiben müßte, denn er ist mit meinem Abt in besonderer Freundschaft und vertrautem Umgang verbunden. Ich werde bei ihm mit dieser Bitte nicht abgewiesen; er würde uns auch weit Größeres schicken, wenn es nötig wäre.

Im Blick auf die Seuche, deren Eintreffen Ihr fürchtet, gibt es nichts zu melden, wovor Ihr Angst haben müßtet; wir werden (durch Gottes Gnade) ein heilbringendes und gesundes Jahr haben.

Lebt wohl, treuer und gelehrter Freund, und behaltet Euren Nikolaus (wie Ihr es ja tut) lieb!
Auch mein Abt wünscht Euch Wohlergehen.

Aus Ottobeuren, 5. März 1535.