Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 299

Eck an Hieronymus Aleander
Ingolstadt
10-03-1535

Rom Bibl Vat 6199, fol 111 (Autograph)
FRIEDENSBURG, Beiträge 217ff Nr 118

Im vorigen Herbst hat Eck Aleander gebeten, dem Papst seine Arbeiten ans Herz zu legen. Jetzt naht für Eck das Greisenalter; im Herbst des Lebens nimmt die Fürstengunst noch mehr ab. Eck kommt mit seinen noch auf Leos X. Gunst zurückgehende Einkünfte von 60 Gulden aus; er hat nie nach geistlichen Pfründen gestrebt. Von Hadrian VI. und Clemens VII. hat er nichts erhalten. Da die Zuweisung schneller erfolgen kann als auf dem üblichen Dienstweg möglich, möge doch Aleander dem Papst Ecks Anliegen vortragen, ihm als Entgelt für seine Studien ein Reservat zu gewähren. Bereits früher hat er, allerdings vergeblich, den Papst, Campegio und Johannes Ingevinckel brieflich darum gebeten. Eck hofft, daß der neu erstehende Schwäbische Bund erfolgreich sein wird. Er besteht aus dem Kaiser, Kg. Ferdinand, den Herzogen von Bayern, Pfalzgraf Ottheinrich, Markgraf Georg von Brandenburg-Ansbach und den Bischöfen von Salzburg, Bamberg, Augsburg und Eichstätt. Im Bund stehen die Städte Überlingen, Ravensburg, Donauwürth, Wangen, Pfullendorf, Gmünd, Heilbronn, Hall, Dinkelsbühl, Nördlingen, Winzheim und Weissenburg in Bayern; mit Nürnberg die zwinglianisch beeinflußten Städte Augsburg, Ulm, Kempten, Memmingen und Eßlingen. Die Fürsten machen die Zugehörigkeit zum Bund abhängig von der Zustimmung zu den Religions- und Zeremonialartikeln des Wormser Edikts und des Augsburger Reichstagsrezesses, ausgenommen die protestantischen Stände, die gemäß der mit dem Kaiser geschlossenen Nürnberger Konkordie von 1532 geduldet werden. Da beispielsweise die Augsburger und Ulmer nicht darunter fallen, werden sie vom Schwäbischen Bund mit schweren Auflagen belastet. Eck vermißt noch immer zwei Bücher, die ihm Aleander zurücksenden wollte, besonders die »Cronica Polonorum«. Er hatte den Statthalter der Fugger in Krakau Vapusky eingeschaltet, aber vergeblich. Guten Glaubens wird Eck den fünften Teil seiner Schriften gegen Luther übersenden, von dem vier Bände in lateinischer Sprache erschienen sind. Das Fenster für Aleander ist zusammen mit dem für den Meissener Bischof fertig geworden. Aleander möchte Nicolo Tiepolo und Marcantonio Contarini grüßen.


S.P. et paratissima obsequia.

Reverendissime pater ac patrone observandissime:

Scripsi superiori autumno, supplicans ut Amplitudo Tua me meosque labores commendaret Sanctissimo Domino Nostro; nam imminet jam senecta, experior principum gratiam vernali aura instabiliorem. Ego contentus stipendiis meis non admodum ambivi sacerdotia; at iam intueor quam facile possem exui stipendiis, quibus spoliatus nichil omnino haberem praeter 60 florinellos mihi a clementia Leonis optimi pontificis provenientes; nam ex Hadriano et Clemente nec teruntium habui. Rogo igitur plurimum Reverendissima P.T. dignetur me ampliter Sanctissimo Domino Nostro commendare, ut prospiciat studiis meis cum aliquo reservato (nam sic celerius michi succurreretur), quemadmodum Suae Sanctitati ac Reverendissimo cardinali Champegio et Reverendissimo domino Johanni Ingevinckel largius scripsi.

An liga Svevorum habitura sit effectum, etsi res trepidet, tamen bene spero, cum principes coierint: Cesar, rex Romanorum Ferdinandus, principes mei, dux Ottoheinricus, marchio Georgius Brandenburgi, cardinalis Salisburgensis, episcopi Bambergensis, Augustensis et Eistettensis; consenserunt postremo alienae civitates Überlinga christianissima, Ravenspurgum, Werdea, Wangen, Pfullendorff, Gemundia, Hailbrunna, Hallis, Dinckelspüel, Norlinga, Wintzhaim et Weissenburg in Norico; sex postremae attractae sunt per Noribergam, quae suo et praedictarum nomine assensit: super quo indignantur plusquam acerbe Augusta, Ulma, Campidona, Memminga, Esselinga et reliquae Zwinglianae; nam principes nolunt quenquam accipere in sotium foederis, nisi articulus de religione et ceremoniis observetur juxta edictum Wormaciense et recessum Augustensis dietae, demptis statibus protestantibus, qui dicuntur tollerari juxta concordiam per Caesarem nuper 1532 Nurembergae factam. Et quia Augustenses, Ulmenses etc. non sint inclusi in illa concordia, ideo gravate suscipiunt onera et pacta ligae.

Aegerrime careo duobus libris meis, quos promiseras michi remittere ex Venetiis; cronicam Polonorum obtinere non valeo, etsi Cracoviam scripserim regio secretario B. Vapusky, commode negotiorum Fuckeri procurator mihi illos transmittere posset. Bona fide polliceor me invicem missurum quintam partem operum meorum adversus Ludderanos. Habet autem quatuor tomos latinos: primus habet homilias a dominica adventus usque ad dominicam resurrectionis; secundus tomus habet homilias de tempore a pascha usque ad finem anni; tertius tomus habet homilias de festivitatibus Christi, Mariae et sanctorum per circulum anni; quartus tomus habet homilias de septem sacramentis ecclesiae. Videbis quid valeat Eckius in illo genere declamandi. Modo Amplitudo Tua me commendet Sanctissimo Domino Nostro et libros meos postliminio faciat ad me reverti.

Deus optimus maximus Paternitatem Tuam Reverendissimam sospitet.

Ingolstadii 10. Martii anno gratiae 1535.

Fenestra tua faberrime facta est, et sors contigit illi ut conjuncta sit cum fenestra episcopi Misnensis.
Magnificos viros dominum Nicolaum Theupilum et Marcum Antonium de Conterinis per literas salutassem, nisi vererer illos occupatiores. Precor tamen illis omnia bona ac utinam possem illis in aliqua re gratificari.

Gruß und bereitwilliger Gehorsam!

Hochwürdigster Vater und verehrungswürdiger Patron!

Im vorigen Herbst habe ich Euch geschrieben und die Bitte geäußert, daß Eure Herrlichkeit mich und meine Mühen dem Heiligen Vater anempfehlen möge, denn mir droht jetzt das Alter, und ich mache die Erfahrung, daß die Gunst der Fürsten weniger stabil ist als ein Herbstlüftchen. Da ich mit meinen Pfründen zufrieden bin, bewerbe ich mich nicht allzusehr um Ämter; im Gegenteil merke ich, wie leicht ich auch um die wenigen mir verbliebenen Benefizien gebracht werden könnte, aus denen mir nicht mehr als ganze sechzig Gulden durch die Gnade Papst LEOS X. zukommen, denn von HADRIAN und CLEMENS habe ich nicht einen Heller erhalten. Daher bitte ich Eure Hochwürdigste Väterlichkeit sehr, mich gegenüber Seiner Heiligkeit zu empfehlen, daß er meine Studien mit irgendeiner Anwartschaft auf eine Pfründe entgelte (denn so käme sie mir schneller zu), wie ich Seiner Heiligkeit, dem Hochwürdigsten Kardinal CAMPEGGIO und dem Hochwürdigsten Herrn JOHANNES INGEWINKEL ausführlich geschrieben habe.

Daß der Schwäbische Bund sich auswirkt, wenn auch die Sache in ängstlicher Hast vorangetrieben wird, hoffe ich doch sehr, da die Fürsten sich versammelt haben: der Kaiser, der römische König FERDINAND, meine eigenen Landesfürsten, Herzog OTTHEINRICH, Markgraf GEORG von Brandenburg, der Kardinal von Salzburg, die Bischöfe von Bamberg, Augsburg und Eichstätt. Im Konsens mit diesen stehen schließlich auswärtige Städte wie das allerchristlichste Überlingen, Ravensburg, Donauwörth, Wangen, Pfullendorf, Gemünd, Heilbronn, Hall, Dinkelsbühl, Nördlingen, Winzheim und Weißenburg in Noricum; weitere sechs sind hinzugezogen worden durch Nürnberg, das in seinem eigenen und im Namen der genannten Städte seine Zustimmung gab; darüber zeigen sich mehr als heftig empört Augsburg, Ulm, Kempten, Memmingen, Esslingen und die übrigen zwinglianischen Städte, denn die Fürsten wollen niemanden als Bündnispartner akzeptieren, wenn nicht die Artikel über Religion und Zeremonien im Anschluß an das Wormser Edikt und den Rezeß des Augsburger Reichstages beobachtet würden, unter Ausschluß der protestantischen Stände, die gemäß der Konkordie geduldet werden sollen, die der Kaiser neulich 1532 in Nürnberg geschlossen hat. Und da die Augsburger, Ulmer und so fort nicht in jene Konkordie mit eingeschlossen sind, empfinden sie die Lasten und Beschwerden durch den Schwäbischen Bund als sehr drückend.

Sehr schmerzlich vermisse ich zwei meiner Bücher, die Ihr mir aus Venedig zurückzusenden versprochen hattet. Die polnische Chronik kann ich nicht bekommen, obgleich ich dem königlichen Sekretär B. VAPUSKY nach Krakau geschrieben habe. Bequem könnte mir der Prokurator des Hauses Fugger jene Bücher zustellen. Gutgläubig, wie ich bin, verspreche ich meinerseits, den fünften Teil meiner Schriften gegen LUTHER zu übersenden. Er besteht aus vier lateinischen Bänden: der erste umfaßt Homilien vom Ersten Adventssonntag bis Ostersonntag; der zweite Homilien über die Zeit von Ostern bis zum Jahresende; der dritte Homilien zu den Festen Christi, Mariens und der Heiligen im Kirchenjahr; der vierte Homilien über die sieben Sakramente der Kirche. Ihr werdet sehen, was Eck in dieser Weise zu predigen leisten kann. Wenn nur Eure Herrlichkeit mich beim Heiligen Vater empfehlt und schnell veranlaßt, daß mir meine Bücher zugesandt werden!

Gott behüte Eure Väterlichkeit!

Ingolstadt, 10. März im Jahre des Heils 1535

Das von Euch gestiftete Fenster ist fertiggestellt; der Zufall wollte es, daß es mit dem Fenster des Bischofs von Meißen verbunden ist.
Ich hätte gern die hochangesehenen Herren NICCOLO TIEPOLO und MARCO ANTONIO CONTARINI brieflich gegrüßt, wenn ich nicht befürchten müßte, daß sie zu beschäftigt sind. Dennoch wünsche ich ihnen alles Gute, und, wenn ich könnte, würde ich ihnen für alles Dank sagen.