Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 303

Eck an Papst Paul III.
Regensburg
10-05-1535


Rom Arch Vat Lettere dei principi vol 9 fol 17 (Orig-Ms Ecks)

FRIEDENSBURG, Beiträge 219ff Nr 119


Große Freude hat in Deutschland das Gerücht ausgelöst, mit der Wahl Pauls III. stehe an der Spitze der Kirche ein Papst, der friedliebend, gelehrt, sittenrein sei, ein Mann der Gerechtigkeit und des Glaubens, von dem man Hilfe für die bedrängte Kirche erhoffen könne. Besonders Deutsche, die ehemals in Rom gelebt haben, rühmen seine Milde und Sanftmut, die die Hoffnung stärkt, er werde das ersehnte Generalkonzil als einziges Heilmittel gegen die Häresien einberufen. So erhärtet sich die Meinung, der Papst werde in Abstimmung mit den Fürsten dieses Konzil feiern; auch sein Nuntius Vergerio tut dazu alles Menschenmögliche, damit diese Hoffnung nicht wieder enttäuscht wird. Pauls III. Vorgänger haben viele Worte gemacht und ihre Legaten in Deutschland Konzilsvorbereitungen vorgetäuscht, ohne daß etwas geschah: so wurde die Absicht der Päpste, ein Konzil abzuhalten, grundlegend diskreditiert und unglaubwürdig. Anders das Vorgehen und Verhalten Vergerios, der zielsicher und überzeugend die Notwendigkeit des Konzil predigt. Jetzt, da die deutsche Nation wieder an ein Konzil zu glauben beginnt, fleht Eck im Namen der Katholiken und der durch die Häresie unsicher Gewordenen den Papst an, beim Vorantreiben der Konzilsvorbereitungen auf keinen Fall locker zu lassen und den Ruhm, ein solches Konzil einberufen zu haben, nicht einem späteren Nachfolger zu überlassen. Der Schaden für die Kirche, gerade in Deutschland, wäre unabsehbar und die Glaubwürdigkeit des apostolischen Stuhls endgültig dahin. Andererseits kann Paul III. sich als wahrer Stellvertreter Christi erweisen und seine Herde vor den Häresien bewahren. Was an ihm selbst liegt, will Eck zu diesem Werk beitragen.


Post oscula pedum beatorum.

Beatissime pater:

Incredibile dictu quanto gaudio universus populus Germaniae sit perfusus, cum post assumptionem tuam ad apicem apostolatus fama volitaret nos habere pontificem pacis amantem, doctum, integrum, justiciae ac fidei cultorem, de quo spes sit ut ejus ope ac opera ecclesiae afflictae succurratur. Passim enim Germani, qui olim in urbe vixerant, laudes Sanctitatis Tuae praedicabant: mansuetudinem, innocentiam ac reliquas admirandas virtutes suas, ut jam universi erigerentur spe habendi concilii, quod unicum et necessarium omnes arbitrantur remedium extirpandis haeresibus omnium commodissimum. Jam vero maxima ea confirmata est sententia, cum Deo inspirante Sanctitas Tua in ipsis auspiciis pontificatus sui deliberavit consentientibus principibus christianis concilium generale ac oecumenicum celebrare; quo nullum laetius nuncium potuisset Germania accipere! Auget summopere sententiam Sanctitatis Tuae nuncius dominus Petrus Paulus Vergerius, qui tanta utitur dexteritate in exponenda Sanctitatis Tuae mente, sic omnia agit, sic loquitur, sic suadet, immo persuadet, ut minime ambigent principes rem serio et ex animo tractari ac divina favente clementia hoc sanctum concilii negotium, saepe quidem frustra desideratum, sub Paulo III. jamjam sit perficiendum. Alii enim pontifices, praedecessores Sanctitatis Tuae, saepe promiserunt concilii congregationem jam 20 lustris, sed ita profecto promiserunt ut facile omnes intelligerent eos nunquam concilium celebraturos; sic nuncios mittebant cum mandatis et articulis oneratos cum multis verborum involucris, punctis disputabilibus ac conditionibus intricatis, ut petenter procrastinationem negocii quererent ac jam magnificae promissiones concilii apud Germanos in ludibrium abierint. Vergerius autem tuus tanta utitur prudentia ac circumspectione, tam plane, tam aperte, tam facile proponit negocium, sine meandris ambiguitatibus ac labyrinthis, adhec tanta utitur in dicendo vehementia, ita urget et cogit ut omnes facile animentur et credant serio et ex animo hoc sanctum et necessarium negocium tractari.

Cum autem natio illa inclyta Germania incipiat credere omnino concilium congregandum, de quo impense letantur sedi apostolicae devotissimi et hi quoque qui ab haeresibus infecti male inceperant de Romana sede sentire, unum tamen Sanctitas Tua non dedignetur audire a servitore suo fidelissimo.

Hoc dixerim, non quod Sanctitas Tua in hoc sancto laudabili ac summe necessario instituto perseveret (cum jam citra omnem haesitationem credam te hoc perfecturum), sed illud velim animo Sanctitatis Tuae insideat ut nec aliquid diligentiae in hoc sancto negotio vel omittatur vel remittatur. Quam primum enim nostrates intelligerent Sanctitatem Tuam in hac re summe ardua non dico frigescere, sed solum tepere, confestim hanc amplissimam quam de Sanctitate Tua spem conceperant, abjicerent non sine scandalo pernitiosissimo et maxima cum ecclesiae Romanae tum famae Sanctitatis Tuae ac fidei jactura. Cum ergo Deus iratus seculis prioribus non hanc largitus sit gratiam ut hujus felicitatis et gloriae essent compotes habiti concilii, tu gloriam tuam ne des alteri, sed coronam tibi reservatam tene, ne detur alteri; ut sic non solum voceris, sed re ipsa comprobes te fore verum Christi Ihesu vicarium! Et oves, quas ille sanguine suo redemit, tu oecumenico celebrato concilio in ovili ecclesiae a morsibus canum ac luporum sanatas Christo restituas, aeternam pro hoc sancto opere recepturus gloriam.

Quod ad me attinet, id quod jubet Sanctitas Tua in brevi summis viribus in hac re laborabo, uti hactenus summis laboribus fidei causam tutatus sum, ac periculis et re ipsa comprobabo nihil frustra Sanctitatem Tuam vel nuncios tuos Eckio praecipere quod non diligentissime absolvat.

D.O.M. incolumem servet Sanctitatem Tuam.

Ex Ratisbona Danubii, ubi magistratus etsi vacillet parum in fide, cum summo honore oratorem Sanctitatis Tuae excepit.

10. maji anno gratiae 1535

Sanctitatis Tuae servitor a pedibus
Joh. Eckius.

Mein Fußkuß zuvörderst!


Heiligster Vater,

es ist unglaublich schwer, treffend zu schildern, mit welcher Freude das ganze deutsche Volk erfüllt ist, seit nach Eurer Erhebung zum Oberhirten sich das Gerücht verbreitet hat, daß wir jetzt einen friedliebenden, gelehrten, sittenreinen Papst haben, einen Garanten für Recht und Glauben, von dem erhofft werden darf, daß er durch seine Anstrengungen und Initiativen der angefochtenen Kirche zur Hilfe eilen würde. Überall nämlich wird Eure Heiligkeit von den Deutschen, die einst in Rom gelebt hatten, gelobt: Eure Sanftmut, Unschuld und die übrigen bewundernswürdigen Tugenden, so daß sie in ihrer Hoffnung auf ein kommendes allgemeines Konzil bestärkt wurden. Dieses wird ja von allen als einziges und notwendiges Heilmittel betrachtet, das einzig geeignete, um der Häresien Herr werden zu können. Schon hat sich die Ansicht durchgesetzt, daß Eure Heiligkeit ihr Pontifikat unter die Auspizien gestellt hat, zusammen mit den christlichen Fürsten ein allgemeines und ökumenisches Konzil abzuhalten; keine freudigere Nachricht hätte Deutschland erreichen können! In höchstem Maße steigert diese Aussicht der Nuntius Eurer Heiligkeit PIETRO PAOLO VERGERIO, der mit solcher Aufrichtigkeit die Ansicht Eurer Heiligkeit vertritt und in allem so handelt, so spricht, so überzeugt, ja überredet, daß wenige Fürsten daran zweifeln, daß die Sache ernst und aufrichtig vertreten wird und die heilige Sache des Konzils, obgleich oft vergeblich herbeigesehnt, unter PAUL III. mit göttlicher Gnade endlich zur Vollendung gebracht werden wird. Seit zwanzig Jahren nämlich haben die Päpste, die Vorgänger Eurer Heiligkeit, oft die Einberufung des Konzils versprochen, so daß die allgemeine Meinung aufkommen konnte, sie würden niemals ein solches abhalten; so sandten sie Nuntien mit Mandaten und Artikeln ausgerüstet aus, die, wortreich und voller Streitpunkte und Bedingungen, eindeutig den Aufschub der Sache forderten und auch aufrichtigste Konzilsversprechen bei den Deutschen der Lächerlichkeit preisgegeben wurden. Euer VERGERIO jedoch geht mit solcher Klugheit und Umsicht vor, so gerade und offen, mit solcher Gewandtheit stellt er die Konzilsangelegenheit vor, ohne Umwege, Doppeldeutigkeiten und Sackgassen, dazu trägt er die Sache mit solchem Nachdruck vor, drängt so heftig, daß alle leicht überzeugt werden und glauben, daß diese heilige und notwendige Sache ernst und aus Überzeugung vorangetrieben wird.

Da auch jene berühmte deutsche Nation nun beginnt, an die Einberufung des Konzils zu glauben, worüber sich über die Maßen alle dem apostolischen Stuhl Ergebenen freuen wie auch diejenigen, die, von den Häresien angesteckt, bereits begonnen hatten, vom römischen Stuhl schlecht zu denken, so möge Eure Heiligkeit nicht die Gunst verweigern, von ihrem treuesten Diener ein Anliegen anzuhören:

Ich hätte das Vorhergehende nicht vorgetragen, weil Eure Heiligkeit etwa in dieser heiligen, lobenswerten und höchst notwendigen Absicht wankend würde (da ich jenseits jeden Zweifels glaube, Ihr werdet das zur Ausführung bringen), sondern allein das wollte ich Eurer Heiligkeit einschärfen, es nicht an Sorgfalt in dieser heiligen Sache fehlen zu lassen. Sobald nämlich die Unseren erkennen würden, daß Eure Heiligkeit in dieser höchst brisanten Sache - ich will nicht sagen: erkaltet, sondern nur nachlässig wird - würden sie ebenso schnell, wie sie gerade höchste Hoffnung in Eure Heiligkeit gesetzt hatten, abfallen und das nicht ohne gefährlichsten Skandal und höchstes Ärgernis sowohl für die römische Kirche wie für das Ansehen Eurer Heiligkeit und des Glaubens. Da doch Gott in den vergangenen Jahrhunderten in seinem Zorn nicht diese Gnade gewährt hat, unter solchen glücklichen und ruhmvollen Umständen ein Konzil stattfinden zu lassen, überlaßt nicht diesen Euren Ruhm einem anderen, sondern empfangt diese Euch vorbehaltene Krone; damit Ihr nicht nur namentlich, sondern wirklich unter Beweis stellt, der wahre Stellvertreter Christi zu sein! Und die Schafe, die jener mit seinem Blut erlöst hat, möget Ihr, nachdem der Schafstall der Kirche durch ein ökumenisches Konzil von den Bissen der Hunde und Wölfe geheilt sein wird, Christus zurückgeben und für dieses heilige Werk dann ewigen Ruhm empfangen.

Was mich betrifft, werde ich, wie es mich Eure Heiligkeit in ihrem Breve geheißen hat, mit allen Kräften in der Sache arbeiten, wie ich bis heute mit größten Anstrengungen die Sache des Glaubens verteidigt habe. In Gefahren und durch die Sache selbst werde ich beweisen, daß Eure Heiligkeit oder Eure Nuntien nicht vergeblich Eck geboten haben, was ich nicht auf das Sorgfältigste ausgeführt hätte.

Gott bewahre Eure Heiligkeit unversehrt!

Aus Regensburg an der Donau, wo der Rat, wenn auch ein wenig im Glauben schwankend, den Nuntius Eurer Heiligkeit mit höchsten Ehren empfangen hat.

10. Mai im Jahr der Gnade 1535.

Eurer Heiligkeit Diener zu Füßen
Johannes Eck.