Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 307
Venedig Bibl Marciana lat cl. IX, cod 66 fol 33 (Orig-Ms)
FRIEDENSBURG, Beiträge 221f Nr 120
Parata obsequia pro salute. Reverendissime pater: Estote fortess in proposito vestro et Deo
coadjutore perficietis. Solum
compendiosiorem viam adeundi principes
querite, ne videamini non dico neglecte vel
remisse agere, sed velle non cogi
concilium. Non curate si is vel alius dixerit
de Moguntino, de Saxone Georgio,
Brunsvicensi etc. Haec est hominum
malicia. Reperietis bonos principes et huic
sancto negotio adfectos. Solent ita nugari,
in monoribus personis ludere, ut vel
amicitias dirimant aut existimationem
extenuent. Dolendum est hoc malum in
Germanos migrasse ut sciant fraudibus et
dolis uti ac nihil interea mentiri verentur,
adeo ut res tangi possit. Quare in primo
congressu animadvertite: si obviat homo
candidus, syncerus, sibi semper constans,
inadulabilis, apertus, aperite et cor
vestrum; si blanditur, si nugatur, si sibi
minus constat, si bonos semper habitos
proscindit, una manu panem ostentat,
altera lapidem gerit: disquirite quorum
habeat familiaritatem, an non colludat cum
Lutheranis, an non nequiter se humiliet, ut
aliquid clementiae aut indulgentiae
extorqueat, uti Melanchton bis fecit
Champegio, multis mendaciis Simon ille
responsum cardinalis promulgans. Utinam essem semper cum Paternitate Vestra Reverendissima, cum quis esset allocuturus vos, ut describerem hominis ingenium. Novi ferme omnes majores et minores, doctores et laycos, Luteranos, Zvinglianos, Catholicos et Semichristianos, quemque suis depingerem coloribus. Quo in statu sit negotium, aveo scire cum casualem nuncium habueritis, et omnino spero vos videre in aedibus nostris. Literas Peredero credite aut Gleichbergio aut Martino Kressdorffio: hi norunt, quando adsunt Ingolstadiani. Mirum illiss diebus nullus nuncius mihi occurrit. Per Frisingam hec scribo et me et nepotem meum Michaelem Knab Reverendissima P.V. commendatos habeat. Ingolstadii 1. Junii anno 1535. Eiusdem Reverendissimae Paternitatis Si in literis Herbipolitanis est quippiam quod me respicit, per Bonaventuram agite ut sciam. |
Bereitwilligster Gehorsam und Heil! Hochwürdigster Vater, was auf den Reichstagen im Hinblick auf das Konzil verhandelt wurde, wahrhaftig ein Ringen mit dem Kaiser und den Reichsständen um den Ort, an dem es stattfinden soll, soll hier nicht angeschnitten werden. Auf dem Reichstag pflegen die Fragen, die ja von den Parteien bis ins Einzelne sehr ausführlich behandelt werden, nur beiläufig berührt zu werden; aber wenn jemand einen detaillierten Plan aller Sitzungen des Reichstages besäße, wie der Hochwürdigste Kardinal von Mainz in seiner Funktion als Reichskanzler, könnte er über das alles Genaueres berichten. Die Reichsstände haben nämlich Straßburg, Köln, Worms und Konstanz vorgeschlagen, der Kaiser dagegen Bologna, Piacenza, Mailand und Mantua. Steht fest in Eurem Vorsatz und vollendet ihn mit Gottes Hilfe! Sucht allein nach dem geeignetsten Weg für die Zusammenkunft der Fürsten, damit es nicht so aussieht, ich will nicht sagen: daß Ihr nachlässig oder zu locker vorgeht, sondern daß ihr nicht zum Konzil zwingen wollt. Macht Euch nichts daraus, wenn der eine oder andere über den Mainzer, den Sachsen GEORG oder den Braunschweiger usf. lästert. Das ist die Bosheit der Menschen. Ihr werdet gute und für diese heilige Sache des Konzils aufgeschlossene Fürsten finden. Sie pflegen zu lästern, niedriger Gestellte lächerlich zu machen, um so Freundschaften zu zerstören oder eine bestimmte Meinung in Umlauf zu bringen. Leider hat diese Unart unter den Deutschen um sich gegriffen, so daß sie es jetzt gut verstehen, Betrug und List anzuwenden; sie fürchten sich inzwischen vor keiner Lüge, sogar, wenn es dabei um die Sache selbst gehen kann. Achtet daher bei der ersten Begegnung auf Folgendes: wenn Euch der Mensch lauter, ehrlich, gleichbleibend beständig in seiner Haltung, ohne Schmeichelei und offenherzig entgegentritt, öffnet auch Ihr ihm Euer Herz; wenn er schmeichelt, lästert, unbeständig im Urteil ist, solche, die sich anständig verhalten, niedermacht, mit der einen Hand Brot reicht, mit der anderen aber einen Stein umklammert, bemüht Euch, etwas über seine Herkunft in Erfahrung zu bringen, ob er nicht mit den Lutheranern konspiriert, sich nicht nur scheinbar unterwürfig verhält, um Euch eine Gunst oder einen Erlaß abzutrotzen, wie MELANCHTHON das zweimal gegenüber CAMPEGGIO getan hat: mit vielen Lügen durchsetzt hat nämlich jener SIMON die Antwort des Kardinals in Umlauf gesetzt. Wenn ich doch immer dann in der Nähe Eurer Hochwürdigsten Väterlichkeit wäre, wenn jemand im Begriff ist, Euch anzusprechen, damit ich Euch Mitteilung machen könnte über die Geistesart dieses Menschen! Ich kenne nämlich fast alle Großen und weniger Bedeutenden, Gelehrte und Laien, Lutheraner, Zwinglianer, Katholiken und Halbchristen: ich würde Euch von jedem ein passendes Porträt malen. Wie die Dinge auch stehen mögen: ich bin sehr begierig zu erfahren, wenn Ihr eine gelegentliche Nachricht habt, und überhaupt hoffe ich, Euch in meinem Hause zu sehen. Vertraut mir ruhig Briefe an PARNEDER, GLEICHBERG oder MARTIN KRESSDORF an: diese wissen nämlich nicht, wann sie in Ingolstadt weilen. Ich wundere mich, in diesen Tagen keine Nachricht erhalten zu haben. Ich schreibe dieses auf dem Umweg über Freising und empfehle Eurer Hochwürdigsten Väterlichkeit meine Person und die meines Neffen Michael KNAB. Ingolstadt, 1. Juni 1535. Eurer Hochwürdigsten Väterlichkeit gehorsamer Diener J. Eck. Wenn unter den Würzburger Briefen etwas ist, das mich betrifft, laßt es mich durch BONAVENTURA MICHIELE wissen. |