Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 309

Eck an Pietro Paolo Vergerio
Ingolstadt
02-07-1535



Venedig Bibl Marciana lat cl.. IX cod 66 fol 35 (Orig-Ms)
FRIEDENSBURG, Beiträge 222f Nr 121

Eck bedauert, daß Vergerio so überstürzt an den Hof des Kgs nach Wien abgereist ist. Er befürchtet, daß so die Sache des Konzils weiterhin behindert wird. Daß Vergerio von Eichstätt aus nicht in Ingolstadt bei ihm und der Universität, wo auch noch einiges mit dem Nuntius zu regeln gewesen wäre, vorbeigekommen ist, bedauert Eck sehr. Er wollte mit ihm über Pfründenangelegenheiten und über Ratschläge an den Papst im Hinblick auf das bevorstehende Konzil sprechen. Für die Propstei in Haugis hat Eck die Bulle mit Notariatsinstrument erhalten, da die Verwalter sich nicht für einen der Bewerber, unter ihnen Narkgraf Friedrich von Brandenburg, Martin Uessiken und Kilian de Tüngen, entscheiden konnten. Jeder hat einen "neutralen" Bischof als Vermittler angerufen. Der Markgraf hat auf Grund seiner Wahl wohl die wenigsten Chancen. Im Blick auf das Regensburger Kanonikat läßt Ecks Rivale Hanius nicht locker; Eck hat in der Sache an Fabri nach Wien und Bernhard von Cles nach Trient geschrieben. Vergerio soll Cles drängen, für Ecks Berufung in das Kanonikat zu intervenieren, da er die 100 Gulden Provision aus dieser Pfründe dringend braucht. Als Vermittler, auch für die Bestätigung der Pension für seinen Neffen, stehen der Dominikanerprior von Regensburg, Gottfried von Grumbach und Konrad Reuter, der Abt von Kaiskeim, auf Ecks Seite.


S.P. Reverendissime pater et domine observandissime.

Ingemui profecto multis ex causis, dum per literas Minervii intelligerem praeproperam abitionem tuam; potissimum autem perturbat me quod verear sanctum negotium concilii impediri, id quod centenis jam annis frequenter factum est. Quod ne fiat, manibus et pedibus contendas.

Alterum vero de quo indoleo, est ut abitione ista factum sit ne aliquando Ingolstadium invisas, quod tamen mi erat persuasissimum; nisi certo mihi id persuasissem, profecto non fuissem passus te praeterire ex Eistet, quin deduxissem te ad nos; nam pleraque fuerant per universitatem cum Reverendissima Paternitate Tua tractanda, et simul aedes nostras, ortum, suppellectilem, librariam, chartas, cronographicas varias et benefactorum arma suspensaa vidisses.

Tertium quia ea quae super praeposituris aliquando fueramus collucuti, ut ista certius conclusissemus, unde R.P.Tuae emolumentum et honor accederet ex legatione Germanica et ego pro mea parte studiorum meorum aliquem fructum haberem. Ostendissem praeterea in quibus commonendus esset Sanctissimus Dominus Noster ad futurum concilium.

Jam restantia commemorabo. Bulla super praepositura in Haugis est mihi remissa una cum instrumento; nam constituti procuratores noluerunt onus in se suscipere, quod multi super ea praepositura contenderint, quorum quilibet episcopi auxilium imploravit, qui voluit esse neutralis, quare ex ipsis non erat integrum se de negotio intromittere. Insteterunt autem pro praepositura marchio Fridericus Brandenburgensis praepositus in cathedrali ecclesia ibidem, d. Martinus Uessiken et d. Kilianus de Tüngen. Verum marchio obtinuit per electionem, licet a saeculo non sit auditum quod electio eorum sit sortita effectum. Itaque nihil faciendum scio, licet provisio sit facta, antequam marchio electionem obtinuerit. Si quid vultis fieri, rescribite.

In canonicatu Ratisponensi adversarius meus d. Hanius adhuc instat; propterea jam scribo iterum Fabro et imprimis Reverendissimo cardinali Tridentino. Cum ad eos veneritis, sollicitate etc. Tridentinum, ut illi scribat, ne modo consumat preces suas, sed expectet pinguiorem, attenta praesentia vestra, quod providistis et quod ipse fuit negligens in insinuando. Ego alioquin perdam illos centum florenos; esset nimia jactura Eckii.

Instant adhuc pro expeditione literarum Eckius super canonicatu Ratisponensi; prior praedicatorum Ratisbonae super supplicatione sua; Gotfridus de Gronbach filius domine de Stauff; abbas Caesariensis pro confirmatione pensionis nepotis sui.

Si quicquam possum facere aut exhibere obsequii, jubete et factum putate.

Valete et salvete.

Ingolstadii 2. Julii anno gratiae 1535.

R.P.V
deditissimus
I. Eckius.

(In dorso:)
Reverendissimo patri D. Petro Paulo Vergerio Iustinopolitano V.I. doctori protonotario apostolico S.D.N. ad REGEM et principes Germaniae oratori, patrono suo beneficentissimo. Ad manus ubi fuerit.

Gruß! Hochwürdigster Vater und hochgeachteter Herr:

Ich seufzte aus vielen Gründen, als ich durch Brief des MINERVIUS von Eurer überstürzten Abreise erfuhr. Besonders aber bestürzt mich das, weil ich fürchte, das heilige Werk des Konzils werde Schaden nehmen, was in den letzten hundert Jahren mehrfach geschehen ist. Setzt Euch mit allen Kräften ein, daß das nicht geschieht!

Der andere Punkt, den ich bedaure, ist der, daß durch diese Abreise Ihr nicht einmal in Ingolstadt vorbeikommt. Wenn ich mir das nicht versprochen hätte, hätte ich nicht ertragen, daß Ihr von Eichstätt vorbeikommt, hätte Euch nicht zu mir eingeladen, denn vieles gab es an der Universität mit Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit zu besprechen, und Ihr hättet gleichzeitig mein Haus, Herkunft, Einrichtung, Bibliothek, Manuskripte, verschiedene Geschichtswerke und Geschenke von Wohltätern besichtigen können.

Drittens: weil wir das, was wir einst über die Propsteien besprochen hatten, sicher zu einem Abschluß gebracht hätten, wodurch Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit Nutzen und Ehre aus Eurer Legation nach Deutschland entstanden wäre und ich meinesteils einige Frucht aus meinen Mühen erlangen würde. Ich hätte auch dargelegt, in welchen Punkten der Heilige Vater im Blick auf das kommende Konzil ermahnt werden sollte.

An die übrigen Dinge will ich hier erinnern: die Bulle über die Propstei in Haugis ist an mich zusammen mit dem Notariatsinstrument zurückgeschickt worden, denn die eingesetzten Prokuratoren wollten nicht die Last übernehmen, daß viele um die Propstei streiten. Jeder hat um die Hilfe eines Bischofs gebeten, die aber neutral bleiben wollten: es war ihnen nicht Recht, sich für diese in einen Rechtsstreit einzumischen. Eingesetzt für diese Propstei aber haben sich der Markgraf FRIEDRICH VON BRANDENBURG, der am Würzburger Dom Propst ist, MARTIN UESSIKEN und KILIAN VON THÜNGEN. Der Markgraf hat aufgrund seiner Wahl an seiner Bewerbung um die Propstei festgehalten, obgleich seit Ewigkeit nicht gehört worden ist, daß solche Wahl Folgen hatte. Ich weiß daher, daß nichts geschehen soll, wenn nicht die Provision erfolgt ist, bevor der Markgraf die Wahl angenommen haben wird. Wenn Ihr das wollt, schreibt mir!

Im Fall des Regensburger Kanonikats drängt mein Gegner HANIUS weiter. Ich habe deswegen schon an FABRI und besonders an den hochwürdigsten Kardinal von Trient geschrieben. Wenn Ihr diese in Wien trefft, nehmt Euch meines Anliegens an, indem nämlich der Bischof von Trient jenem schreibt, nicht nur, um seinen Bitten zu entsprechen, sondern damit er aufgrund Eurer Gegenwart noch Fetteres erwarten könne, weil Ihr nämlich dafür gesorgt habt, was er selbst versäumt hat zu fordern. Andernfalls werde ich jene hundert Gulden verlieren: das wäre zuviel Verlust für mich!

Es drängen also: auf die Ausfertigung des Briefes für das Regensburger Kanonikat Eck; der Prior der Regensburger Dominikaner auf seine Supplikation; GOTTFRIED VON GRUMBACH, der Sohn der Herrin von Stauffen; der Abt von Kaisheim auf die Bestätigung der Pension seines Neffen.

Wenn ich etwas tun oder im Gehorsam vollbringen kann, befehlt es, und es wird geschehen.

Lebt wohl und alles Gute.

Ingolstadt, 2. Juli im Jahr der Gnade 1535.