Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 312

Nikolaus Ellenbog an Eck
Ottobeuren
16-10-1535


Paris BN ms lat 8643, 3, fol 10v Nr 14
CCath 19/21 (Münster 1938), 361f Nr 14

Ellenbog hat trotz seiner Vergeßlichkeit Eck nicht vergessen, sondern er sammelt Rhabarber im Klostergarten, der leider noch nicht reif ist. Er sendet Eck etwas reifen Samen, damit er ihn in seinem Garten aussäen und seinen Freunden weitergeben könne. Dazu sendet er ihm frumentum Italicum, das wie Bohnen zu pflanzen ist. Das weiße Korn gibt ein hervorragendes weizenähnliches Mehl, das schwarze ist dem Winterweizen sehr ähnlich. Er wünscht Eck Spaß mit dem Samen.


Frater Nicolaus Ellenbog Doctori Ioanni Eckio S.D.

Non me caepit oblivio (alias obliviosus nimis), praeceptor observande, quemadmodum, dum hic ageres, in horto nostro semen Reubarbari aut, si mavis, iuxta Henricum Cornelium Agrippam Rabarbari colligeres necdum maturum. Sciens itaque ipsum nil prorsus valere, quippe quod ad perfectionem suam nondum pervenit, mitto tibi semen bonum et maturum, quod in horto tuo partim seminare, partim amicis seminandum communicare poteris. Pauca enim semina iacienda veniunt in terram et passim spargenda, quo radix vegetior maiorque reddatur. sed et singulis annis transplantandam dicunt hanc plantam indeque radicem incrementa accipere mirifice.

Mitto praeterea tuae humanitati frumentum (ut asserunt) italicum, quod in vere fabarum more terrae commendandum est. Grana alba nobiliorem dant farinam, tritico nostro persimilem, nigra vero siligini simillima sunt.

 Haec ad te scripsi, praeceptor observande, non habens aliud scribendi argumentum. Sed et mittendis seminibus rem tibi non iniucundam facere arbitratus sum.

Valeas faeliciter, virorum humanissime doctissimeque.

Ex Ottenpurra 17. Kal. Novembris 1535.

Bruder Nikolaus Ellenbog grüßt Doktor Johannes Eck!

Ich habe nicht vergessen (sonst bin ich allzu vergeßlich!), hochgeschätzter Lehrer, wie Ihr, als Ihr hier wart, in meinem Garten unreifen Reubarbersamen oder, wenn Ihr es so lieber habt, gemäß HEINRICH CORNELIUS AGRIPPA »Rabarber«, gesammelt habt. Im Wissen, daß dieser noch nichts wert ist, weil er noch nicht zur Vollendung gelangt ist, sende ich Euch guten und reifen Samen, den Ihr teils in Eurem Garten aussäen, teils Euren Freunden zum Aussäen geben könnt. Nur wenig von dem Samen, der ausgestreut werden soll, gelangt nämlich in die Erde und muß überall verteilt werden, damit die Wurzel fruchtbarer und größer wird. So heißt es, daß in einzelnen Jahren diese Pflanze einzupflanzen sei und dann die Wurzel wunderbar ausreift.

Ich sende Euch außerdem »italienisches Getreide« (wie es genannt wird), das wie Bohnen in die Erde gelegt werden muß. Weiße Ähren bringen besseres Mehl, sehr ähnlich unserem Weizen; die schwarzen sind dem Winterweizen sehr ähnlich.

Ich habe Euch das geschrieben, hochgeschätzter Lehrer, da ich keinen anderen Anlaß zum Schreiben habe. Ich glaube aber, daß ich Euch mit der Übersendung des Samens keine unwillkommene Freude gemacht habe.

Lebt glücklich, menschenfreundlichster und gelehrtester Mann!

Aus Ottobeuren, 16. Oktober 1535.