Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 322
Rom Bibl Vat 6199 fol 139rv (Orig.-Ms)
FRIEDENSBURG, Beiträge 224f Nr 122
S.P. et paratissima obsequia. Reverendissime pater et patrone observandissime. Hodie per literas certiorem me reddidit amicus Amplitudinem Tuam in urbe modo agere; unde non modicum exhilaratus tuo maxime confisus patrocinio, quem non dubito velle, sicut et posse, rebus meis consulere. Nosti in primis nihil me sub Adriano et Clemente pontificibus assecutum pro laboribus, posteaquam nebulones aliqui breve gratiosum Clementis papae retinuerunt, ut nunquam pervenerit ad aspectum meum, tantum valet invidorum malitia. Pontifex Paulus accepto quarto homiliarum de sacramentis ac enchiridio locupletato misit breve accumulatissime gratiae super Herbipolensi, Bambergensi et Frisingensi ecclesiis: addidit breve benivolentiae plenum, ubi excusat cur tardius Sanctitas Sua gratiam sacerdotiorum duorum miserit. At cum ex eventu gratia mea facta est uberior et locupletior ex obitu marchionis praepositi Herbipolensis, forte poenituit pontificem beneficii in me collati; nam non attenta gratia michi plenissime data, jure quaesito, possessione adepta per Mauricium Hutenum (est de Ruthenicis Hutenis, non de Alatis, ex quibus fuit illud monstrum Ulricus). Pontifex mittit unum breve post aliud contra Hutenum, et ita contra me: et illa brevia sibi mutuo adversantur, adeo ut esset in homine vulgari una verecundia toties pugnare in dictis. In primo brevi mandat Sanctissimus Dominus Noster michi dari possessionem; mox in alio prohibet dari alicui possessionem, nisi habeat literas provisionis expeditas sub plumbo: illud factum est in odium mei, licet de gratia Dei ante assecutus sit possessionem Hutenus quam insinuaretur breve. Tertium rursus breve jubet dari possessionem Reverendissimo cardinali Farnesio, non habita mentione prioris mandati, et quo se vertat quispiam in hoc labyrinto mandatorum, ut non aberret? Quartum autem breve omni maxime juri et rationi adversatur, cum papa tollit actionem spolii, certe contra omne jus divinum, naturae et positivum. Interea egregie contemnor et tanquam
indignus nullum accipio responsum:
scripsi Sanctissimo Domino Nostro,
cardinalibus, procuratoribus, at »ceratis
auribus« me praetereunt. Rogo propterea
Reverendissimae P.T. pro solita in me
clementia, faciat viam Sanctissimo
Domino Nostro et cardinali Campegio, ut
laborum meorum memores et juris quesiti
cessent michi esse molesti et gratiam
semel concessam faciant mansuram. Et
dignetur Reverendissima P.T. paucissimis
me certiorem reddere quo in statu sit
negotium: an ne pontifex ita velit abjicere
Eckium et ex jure quesito deturbare,
quomodo non spero. Tantum mihi
polliceor de Amplitudine Tua et amanti
paucissima verba sufficiant. Expertus es
labores meos pro honore sedis
apostolicae, qui etiam in futuro concilio
Sanctissimo Domino Nostro non essent
defuturi. Vale foelicissime, vir incomparabilis. Ingolstadii 15 decembris anno gratiae 1536. (Von der Hand Aleanders:) Romae 3 jan.1537. |
Gruß und Gehorsam! Hochwürdigster Vater und hochzuachtender Patron:Heute hat mir ein Freund in einem Brief Nachricht gegeben, daß Eure Erhabenheit gerade in Rom weilt; so bin ich nicht wenig erfreut und vertraue sehr auf Euer Patronat, denn ich zweifle nicht, daß Ihr mir in meinen Anliegen helfen wollt und könnt. Ihr wißt ja gut, daß ich von den Päpsten HADRIAN VI. und CLEMENS VII. nichts für meine Mühen erhalten habe, nachdem irgendwelche Dummköpfe ein großzügiges Breve des Papstes CLEMENS zurückgehalten haben, so daß ich es niemals zu Gesicht bekam: so weit geht die Bosheit der Neider! Papst PAUL III. hat nach Erhalt des vierten Bandes der »Homilien über die Sakramente« und des erweiterten »Enchiridions« ein Sammelbreve für die Bistümer Würzburg, Bamberg und Freising gesandt; er fügte ein Breve voller Wohlwollensbekundungen hinzu, in dem er sich dafür entschuldigt, warum Seine Heiligkeit so spät die Zuweisung zweier Pfarrstellen übersandt hat. Aber weil aufgrund des eingetretenen Todes des Markgrafen und Propstes von Würzburg meine Zuweisung reicher und wertvoller geworden war, hat der Papst vielleicht die mir gewährte Pfründe bereut; denn ohne Rücksicht auf die mir in ganzer Fülle gewährte Zuweisung aufgrund geltenden Rechts hat der Papst nach Inbesitznahme der Pfründe durch MORITZ VON HUTTEN (er gehört zu den »tartarischen« Hutten, nicht zu den »geflügelten«, von denen jenes Monster ULRICH VON HUTTEN abstammt) ein Breve nach dem andern gegen HUTTEN und somit auch gegen mich geschickt: diese Breven widersprechen sich gegenseitig, so daß es für einen normalen Menschen einfach zu dumm wird, so oft um Worte zu streiten. Im ersten Breve fordert der Heilige Vater, mir das Besitzrecht über die Pfründe zuzuweisen; bald verbietet er in einem andern, jemandem Besitzrecht einzuräumen, der nicht einen Provisionsbrief mit Bleisiegel vorweisen könne: das ist aus Haß gegen mich geschehen, denn HUTTEN hat aus Gnade Gottes das Besitzrecht erhalten, bevor das Breve davon Mitteilung machte. Ein drittes Breve wiederum befiehlt, das Besitzrecht dem hochwürdigsten Kardinal FARNESE zu verleihen, der im vorausgehenden Mandat gar nicht genannt worden war. Wer kann sich in diesem Labyrinth bewegen, ohne sich zu verirren? Ein viertes Breve nun widerspricht jedem Recht und jeder Vernunft, da der Papst hier jede Spolienübertragung aufhebt, mit Sicherheit gegen jedes göttliche, Natur- und positive Recht. Inzwischen werde ich von Herzen verachtet und erhalte gleichsam als Unwürdiger keinerlei Antwort mehr: ich schrieb dem Heiligen Vater, den Kardinälen, Prokuratoren, aber sie übergingen mich »mit Wachs in den Ohren«. Ich bitte daher Eure hochwürdigste Väterlichkeit um Eurer milden Gesinnung, die Ihr mir entgegenzubringen pflegt: bringt beim Heiligen Vater und dem Kardinal CAMPEGGIO auf den Weg, daß sie in Erinnerung an meine Mühen und aufgrund meines Rechtsanspruchs damit aufhören, mir Sorgen zu bereiten und den Weiterbestand der mir einmal gewährten Gnadenzuweisung bestätigen. Eure hochwürdigste Väterlichkeit möge mir mit kurzen Worten Nachricht geben, wie es um meine Sache steht: ob der Papst mich so abweisen und mein beanspruchtes Recht zerstören will, was ich nicht hoffe. Soviel verspreche ich mir von Eurer Erhabenheit: für einen Menschen, der einem Sympathie entgegenbringt, reichen sehr wenige Worte. Ihr habt erfahren, daß meine Mühen der Ehre des apostolischen Stuhls gelten, die auch im Hinblick auf das kommende Konzil dem Heiligen Vater nicht ohne Nutzen sein werden. Lebt wohl, Unvergleichlicher! Ingolstadt, 15. Dezember im Jahr der Gnade 1536. |