Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 325

Ungenannter Nürnberger an Eck
Nürnberg
02-1537


Rom Bibl Vat 3918, fol 183rv (zeitgenöss. Kopie, undatiert)
Nuntiaturberichte aus Deutschland I/2, 128ff Anm. 2


Der Verfasser möchte Eck einmal kurz die "Synogoge des Satans", das Treffen der protestantischen Fürsten in Schmalkalden, beschreiben und dabei mit dem beginnen, was die Person des Papstes selbst betraf: beim Versuch, die Forderungen des Papstes den Fürsten von Sachsen und Hessen darzulegen, wurde der päpstliche Legat Vorstius vom ersteren gar nicht erst angehört; der andere wollte nach Rücksprache mit seinen Kollegen das päpstliche Breve zurückgeben. Der sächsische Vizekanzler bestand darauf, daß man mit den Sachsen nicht in sophistischer Manier umgehen dürfe; daraufhin entgegnete der Legat, er sei kein Sophist, sondern Doktor der Rechte und bereit, darüber Rechenschaft abzulegen. Die Nürnberger haben sich in ihrem Verhalten wegen ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen zu den sächsischen Hofleuten als verdächtig und in der Religionsfrage schwankend erwiesen. Der Verdacht wird noch vermehrt durch die heftige Ablehnung des "Guelfenbundes" gemeinsam mit Markgraf Georg, dem Herzog von Liegnitz und den Städten Schwäbisch Hall, Heilbronn, Weißenburg und Windsheim, die deshalb auf immer von den Geheimberatungen ausgeschlossen sind. Der Vertreter des Kaisers hat den Wunsch der "Verschworenen" um Gleichstellung mit den auf dem Nürnberger Rezeß Anerkannten abgelehnt. Vorsicht ist geboten, da die "Verschworenen" offenbar in Straßburg zur Anwerbung von Söldnern Geld hinterlegt haben, um im Falle einer Intervention des Reiches Widerstand zu leisten. Es ist zwischen ihnen beschlossen, daß im Fall der Bedrohung eines ihrer Bundesgenossen jeder von ihnen benachbartes katholisches Territorium angreift: ihr Ziel ist also Aufruhr; es fehlte bisher nur der Anlaß. Philipp von Hessen bereitet indessen alles für einen Krieg vor. In der Konzilsfrage bestehen die Rebellen darauf, dieses müsse in Deutschland stattfinden. Das sei ihnen versprochen worden, was die Legaten bestreiten: Speyer und Augsburg waren vorgeschlagen; der Kaiser hält sich heraus. In Frage kommen sollen auch Bologna, Piacenza, Mailand und Mantua; letzteres wird von den "Verschworenen" als zu unsicher abgelehnt. Darauf fragten die Legaten, wer für die Sicherheit des Papstes sorgen werde, wenn das Konzil in Deutschland stattfände. Der Vertreter des Kaisers versprach seinerseits allen freies Geleit und die Möglichkeit, ihre Lehren auf dem Konzil vorzutragen. Die "Verschworenen" waren sich jedoch in der Ablehnung Mantuas einig, gerieten jedoch durch das Gerücht von Luthers Tod ziemlich in Verwirrung. Der Vertreter des Kaisers bat vergeblich um ein Exemplar des Vertragstextes des Schmalkaldischen Bündnisses: es sei ein reines Defensivbündnis und vor Gott und den Menschen rechtens. In Zeitz trafen sich die Fürsten von Sachsen, Hessen und Brandenburg mit anderen, um über den Streit zwischen Halle und dem Erzbischof von Mainz zu beratschlagen.


Depicturus tibi fratri et domino meo obiter synagogam illam Sathanae. Exordiri volui a Paulo Christi vicarii successore, primo scilicet praelato ecclesiae nostrae catholicae. Hujus mandata expositurus orator Saxoni et Hessio, ab Hessio quidem non est auditus, utpote cui nichil negotii cum pontifice. Sed et alter acceptum breve apostolicum, rem ad collegas referens, illud reddi voluit. Vorstius ob functam legationem recusat; instat Saxonis vicecancellarius non oportere sophistice agi; cui Vorstius: non sum sophista, sed jurium doctor paratus studiorum meorum reddere rationem etc.

Nostri [Nurmbergenses] quoque se suspectos reddidere ob mutuam familiaritatem cum illius aulicis et a plerisque judicantur vacillantes ac si respiciant ad ecclesiam illamque magis probent quam sectas. Auget suspitionem quod diabolicam illam intelligentiam, foedus scilicet Guelphum, tam pertinaciter recusat cum Brandenburgensi Georgio duce Lignicensi et oppidis Hallis Hailbrun Weissenburg Winshaim etc., unde a secretis consiliis perpetuo sunt exclusi.

Petierunt conjurati ut qui post pacem Nurmbergae datam eorum sectae nomina dedissent, in illa ipsa pace includerentur, quod orator Caesareus permittere noluit. Cautum autem est inter eos quantam quisque pecuniam apud Argentinam deponat in praesenti et quantum exercitum alere, si quis conjuratorum molestatus fuerit etiam per sententiam judicii imperialis. Decretum est apud eos turbato sotio ut conjuratus quisque proximum Catholicum armis adgrediatur. Omnia ad seditionem spectant, solum deest honesta occasio: interea irrequietus ille Hessus quae ad bellum necessaria sunt parat. Sunt qui Leodiensem initurum timent, quia in comitiis Augustensibus hunc fatuum dixerit et perjurum.

Ventum est ad concilii rationem. Causantur rebelles promissum hoc esse Almaniae: negarunt strenue oratores. Spirae quidem petitum et Augustae; Caesar quidem operas suas est pollicitus; sed locum dixit deligendum non modo Germanis, sed universis fidelibus commodum, atque alias 4 civitates nominasse pro 4 nominatis ab eis in Germania, scilicet Bononiam Piacentiam Mediolanum et Mantuam. Causantur Mantuam non esse tutam. Responderunt oratores: et quis assecurabit pontificem in Germania? Ego promitto, ait Caesarianus, et offero vobis daturum Caesarem libere salvum conductum eundi atque redeundi idque praestaturum Caesarem totis viribus. Venite rationem reddituri doctrinae vestrae universo concilio, quod toties appellastis, neque egre feret Carolus: producite contra Paulum pontificem si quid habetis vel potestis.

Et ne sim molestus: quicquid conjurati arguunt, quocumque suffugiunt, presto est orator, omnia diluit refellit hortatur monet, ut vehementer mirarentur omnes tantam hominis dexteritatem ingenium atque prudentiam ita extemporaneam ut suspicarentur suorum consiliorum revelatorem.

Sed his non obstantibus concluserunt se nolle visitare concilium Mantuanum. Post multa tantam concordiae letitiam ferme turbasset Luderi mors, qui eo venerat principibus officiosissime eum visitantibus. Commisit conjugem et quinque liberos duci suo. Saxo respondit suos futuros. Ipse sibi hoc epitaphium prospexit:
»Versus amor mundi caput est et bestia terrae.
Vivus eram pestis, mortuus ero mors tua, papa
«.

Vectus est ad villam Tambach ut inter suos moreretur, nam Smalckhaldii Zvingliani sunt etc.

Orator Caesarianus petiit exemplar eorum ligas, sed denegarunt; palliant ligam, sit defensiva et talis quae coram Deo et hominibus subsistere possit. Saxo Hessus Brandeburgensis cum aliis conveniunt in Seitz oppido episcopi Nümburgensis ad tractandam causam Hallensem cum Moguntino.

Bei der Beschreibung jener Synagoge des Satans [in Schmalkalden] wollte ich Euch gegenüber, meinem Freund und Bruder, obenhin mit PAUL, dem Nachfolger des Stellvertreters Christi, beginnen, dem obersten Vorsteher unserer katholischen Kirche. Dessen Mandate legte der Gesandte dem Kurfürsten von Sachsen und dem Landgrafen von Hessen vor; vom Hessen wurde er gar nicht angehört, denn er will mit dem Papst nichts zu schaffen haben; der andere hat ein apostolisches Breve erhalten, stellte es seinen Kollegen zu, wollte es zurück haben. VORSTIUS lehnt wegen der Legation ab; der Vizekanzler dringt auf die Sachsen ein, es dürfe nicht "zweideutig" vorgegangen werden; darauf VORSTIUS: »Ich bin kein Sophist, sondern Doktor der Rechte und bereit, Rechenschaft über meine Studien abzulegen« usf.

Die unseren [Nürnberger] aber gaben sich mißtrauisch wegen der Vertrautheit mit dessen Hofleuten und wurden von vielen verdächtigt, schwankend zu sein und meinten, sie billigten mehr jene Kirche als die Sekten. Den Verdacht vermehrte noch, daß sie jene diabolische Sache, den Guelfenbund, so heftig zusammen mit dem Brandenburger, GEORG, dem Herzog von Liegnitz und den Städten Schwäbisch-Hall, Heilbronn, Weißenburg, Windsheim usf. ablehnen, daher sind sie von den Geheimverhandlungen gänzlich ausgeschlossen.

Die Verschwörer baten darum, daß diejenigen, die nach dem Friedensschluß in Nürnberg für die Sekte gestimmt hatten, in diesen Friedensschluß mit eingeschlossen würden, was der kaiserliche Gesandte nicht erlauben wollte. Mit Vorsicht behandelt wird zwischen ihnen, wieviel Geld jeder jetzt in Straßburg deponieren und ein wie großes Heer er unterhalten solle, wenn einer der Verschworenen durch Verfügung des Reichsgerichts angeklagt werden sollte. Es wurde unter ihnen für den bedrohten Bundesgenossen beschlossen, daß jeder Verschworene dann den nächstgelegenen katholischen Gegner mit Waffengewalt angreifen solle. Alles ist auf Aufruhr aus, auch wenn ein ehrenhafter Anlaß fehlt; inzwischen bereitet der umtriebige Hesse das für den Krieg Notwendige vor. Es gibt welche, die befürchten, daß Lüttich zerstört werden solle, denn auf dem Augsburger Reichstag wurde solch meineidige Albernheit erzählt.

Es wurde dann zur Frage des Konzils übergegangen. Die Rebellen argumentierten, dieses sei nach Deutschland versprochen worden: die Gesandten widersprachen dem heftig. Nach Speyer und Augsburg sollte es kommen; der Kaiser hat verspochen, sich dafür einzusetzen; er sagte aber, die Wahl des Ortes müsse nicht nur für die Deutschen, sondern für alle Gläubigen geeignet sein und daß vier andere Städte statt der vier von ihnen in Deutschland genannten erwähnt worden seien: Bologna, Piacenza, Mailand und Mantua. Sie behaupten, Mantua sei nicht sicher. Die Gesandten entgegneten: »Und wer garantiert in Deutschland die Sicherheit des Papstes?« »Ich verspreche« - so der kaiserliche Gesandte - »und biete Euch an, daß der Kaiser freies Geleit für An- und Abreise gewähren und daß das der Kaiser mit allen Kräften durchsetzen wird. Kommt und legt Zeugnis für Eure Lehre vor dem Universalkonzil ab, an das Ihr so oft appelliert habt. Kaiser KARL wird das nicht übel aufnehmen. Sprecht offen gegenüber Papst PAUL aus, wenn Ihr etwas auf dem Herzen habt oder vermögt.«

Und um nicht lästig zu werden: was die Verschworenen auch vortragen, wohin sie ihre Zuflucht nehmen: schon ist der Gesandte da: alles löst er, weist er ab, belehrt und ermahnt er, so daß sich alle sehr über seine so große Rechtschaffenheit, Verstand, Klugheit und Spontaneität wunderten und einen solchen Ratgeber verdächtigten.

Aber nichtsdestotrotz beschlossen sie, sie wollten das Konzil in Mantua nicht beschicken. Nach vielerlei anderem hätte der Tod LUTHERS die große Freude über die Eintracht durcheinander gebracht. Dieser wäre dorthin gekommen, wenn ihn die Fürsten aufgesucht hätten. Er vertraute seine Gemahlin und seine fünf Kinder seinem Fürsten an. Der Sachse entgegnete, sie würden dann die Seinen; er selbst sah folgende Grabinschrift voraus:
»Gestürzt ist die Liebe zur Welt, das Haupt und Ungeheuer der Erde;/als Lebender war ich Deine Pest, als Toter werde ich Dein Tod sein!«

Er ist nach Tambach gefahren, um im Kreis der Seinen zu sterben, denn in Schmalkalden sind die Zwinglianer usf.

Der kaiserliche Gesandte erbat ein Exemplar ihres Bundesschlusses, sie verweigerten es ihm. Sie halten ihren Bund versteckt; er sei rein defensiv und so beschaffen, daß er vor Gott und den Menschen bestehen könne. Der Sachse, der Hesse und der Brandenburger mit den anderen kommen in Zeitz, der Stadt des Bischofs von Naumburg, zusammen, um über den Streit der Stadt Halle mit dem Mainzer Erzbischof zu beraten.