Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 228

Eck an Papst Paul III.
Ingolstadt
15-06-1537



Rom Arch Vat Armarium I - XVIII, Nr 6539, fol 50(52) (Autograph Ecks)
J. SCHLECHT: Aus der Korrespondenz Dr. Johannes Ecks: Briefmappe 1, 163ff Nr 70

Fast bis zum Überdruß sieht sich Eck gezwungen, beim Papst zu interpellieren, um nicht, der er im Glaubenskampf an vorderster Stelle steht, bei der Vergabe von Lohn und Ehre den letzten Rang zugewiesen zu bekommen. Campegio und Aleander wissen, was Eck geleistet hat, so bei den Disputationen von Leipzig und Baden, auf den Reichstagen von Augsburg und Regensburg, mit der Veröffentlichung zahlreicher Bücher. Soviel Verachtung durch Paul III. will Eck geduldig ertragen, aber doch mit wehmütiger Sehnsucht nach den Zeiten Leos X., dem Ecks Aktivitöten stets sehr willkommen waren. Unbedingt soll der Papst Moritz von Hutten im Besitz der Würzburger Dompropstei belassen, Eck aber die festgesetzte Pension sichern. Es ist eine Schande für den apostolischen Stuhl, daß er zahlreiche ungelehrte Halblutheraner begünstigt und Eck darben läßt. Dem bayerischen Herzog ist aus Venedig ein Zettel mit den Namen der Kardinalskandidaten des nächsten Konsistoriums zugegangen. Auf einer wenige Tage später folgenden Liste mit den Kardinalsernennungen fehlte zur allegemeinen Verwunderung der Name Aleanders. Im Mai hat Eck von einem Freund gehört, Paul III. befürchte bei der Ernennung Aleanders Ärger mit den Deutschen. Das Gegenteil wäre der Fall gewesen; in so hohem Ansehen steht in Deutschland Aleanders Gelehrsamkeit, Tugenden, Beredtsamkeit, Klugheit und Rechtschaffenheit. Aleander war schließlich an der Pariser Universität Prokurator der deutschen Nation gewesen, und seitdem ging ihm der Ruhm eines vir trilinguis voraus. Freund und Feind waren sich stets einig in der Anerkennung seiner Klugheit, obgleich die Lutheraner ihn oft öffentlich schmähten. Wie Aleander jetzt in päpstlichen Diensten steht, so seine Vorfahren aus dem Geschlecht derer von Rauhenstein in dem des Hauses Österreich. Er verdient also mit Recht die Kardinalswürde.


Post oscula pedum beatorum humillimam sui commendationem.

Beatissime pater!

Saepe, etiam ad fastidium, interpello B.T., ut qui primus semper fui in laboribus pro fide et honore sedis apostolicae, ne postremus habear in premio: »dignus mercenarius mercede sua«. Reverendissimi cardinalis Campegius et archiepiscopus Brundusinus noverunt labores meos, non solum celeberrimarum disputationum Lipsiae et Baden habitarum pluribus septimanis, sed etiam actorum in comitiis Augustae et Ratisbonae, et librorum editorum, qui simul collecti acervum facerent. Si pro tot laboribus et periculis contemnar a sede apostolica, patienter feram oportet: sed quanto S.T. experiar duriorem, tanto maius desiderium Leonis optimi pontificis excitabitur, cui crepundia laborum meorum erant commendatissima, utique futuri iam commendatiores tam cumulate impensi.

Rogo itaque provolutus pedibus S.T. dignare, Hutenum possessorem praepositurae in ea conservare, et me in constituta pensione defendere. Est enim verecundia sedi apostolicae, tot indoctos (plures etiam semiluteranos) infarcire praeposituris, et Eckium egere, vel pensionem sibi debitam in praedam dari vel minus bene meritis aut immeritis.

Sed et haec patienter audi, sanctissime pater: Illustrissimo principi meo, d. Wilhelmo Baiovariae duci, notula venit ex Venetiis nomina habens eorum, quos S.T. cardinalicio honore voluit exornare. Oblata fuit michi illa, ut, si qui noti essent michi, eorum conditionem et statum enarrarem. Paucis diebus elapsis venit principi alia notula eorum, qui rubeo galero erant donati, ubi expunctus erat d. Aleander Brundusinus; de quo omnes vehementer mirabamur. Neque assequi poteramus coniectura, quomodo vir dignissimus sacro conlegio non fuisset cooptatus? Eram enim tunc Monachi apud principem. Superiori Maio ex amico quopiam intellexi, B.T. ita fuisse persuasam, ut, si Aleandrum fecisset cardinalem, lesam esse nationem germanicam. Obstupui profecto, dum illa legerem: dum rem gratissimam fecisset potius Germaniae, si eum numero cardinalium ascrivisset: cum tota Germania iam multis nnis suspexerit eruditionem suam, virtutes egregias, facundiam paratissimam, rerum agendarum prudentiam et dexteritatem, et animum ac corpus laboribus perferendis infatigabile. Nam et in cantatissima Parrisiorum achademia rector fuit a natione nostra germanica electus; et ab illo tempore semper a Germanis hoc eulogio fuit celebratus, quodd sit hebraice, graece et latine aequa lance doctissimus. Multi etiam principum, cum quibus nomine sedis apostolicae egerat, ex mee quesierunt hominis conditionem et statum; ac miris laudibus extulerunt hominis prudentiam et facundiam. Unde etiam Luderani, omnibus bonis infensi, veritate tamen victi, palmam eruditionis ei tribueruntt semper, licet ad hec multis confictis opprobriis eum asperserint, quae pro honore sedis apostolicae fortissime tulit.

Hec tantisper S.T. significare volui, ut intelligat, adeo non lesam Germaniam, ut maximo honore se affectam existimabit, si suus Aleander (eum enim sibi vendicat), cuius progenitores de Rauhenstein semper domui Austriacae fuerunt addictissimi, sublimaretur in cardineum senatum. Oro obnixius S.T. non molestee ferat hanc meam loquacitatem; nam me continere non potui, quin genio meo satisfacerem.

D.O.M. incolumem servet S.T. in multos annos, ac ad sacrum concilii negocium adiuvando inspiret et prosequatur.

Ingolstadii, 15. Junii anno gratiae MDXXXVII.

S.T. a pedibus
Joh. Eckius.

(In dorso:)
S.D.N. Paulo III., Christi vicario, pontifici optimo maximo.

Fußkuß und demütige Empfehlung!

Heiliger Vater!

Oft, fast bis zum Überdruß, rufe ich Eure Heiligkeit an, daß ich, der ich immer der erste bin im Mühen um den Glauben und die Ehre des apostolischen Stuhles, nicht der letzte sei, wenn es um den Lohn geht: »Der Arbeiter ist seines Lohnes wert.« Die Hochwürdigsten Herren Kardinal CAMPEGGIO und Erzbischof ALEANDER von Brindisi wissen um meine Mühen, nicht nur um die mehrere Wochen dauernden berühmten Disputationen von Leipzig und Baden, sondern auch um meine Aktivitäten auf den Reichstagen zu Augsburg und Regensburg, um meine Bücher, die, einmal gesammelt, einen großen Haufen ausmachen würden. Wenn ich trotz solcher Mühen und Gefahren vom apostolischen Stuhl vernachlässigt werde, so muß ich das wohl geduldig ertragen; jedoch: je mehr ich Abweisung durch Eure Heiligkeit erfahre, um so mehr regt sich meine Sehnsucht nach LEO X., den besten der Päpste, dem meine Aufsehen erregenden Mühen sehr gefallen haben, so daß diese in ihrem ganzen Umfang betrachtet ihm noch angenehmer gewesen wären.

Ich bitte daher, hingestreckt zu Füßen Eurer Heiligkeit, Ihr möget so gnädig sein, MORITZ VON HUTTEN im Besitz seiner Propstei zu belassen und meine vereinbarten Einkünfte daraus zu verteidigen. Es ist nämlich unter der Würde des apostolischen Stuhles, so viele Ungelehrte (viele sogar Semilutheraner!) mit Propsteien vollzustopfen und Eck leer ausgehen zu lassen oder die ihm zustehenden Einkünfte zum Raub von weniger oder gar nicht Würdigen werden zu lassen.

Aber hört, Heiliger Vater, geduldig auch das Folgende: Meinem erlauchten Fürsten, dem Herrn WILHELM, Herzog von Bayern, ist eine Notiz aus Venedig zugekommen, die die Namen derjenigen enthielt, die Eure Heiligkeit mit der Kardinalswürde schmücken wollte. Sie wurde mir überreicht, damit ich im Hinblick auf mir bekannte Namen über deren Lage und Stand berichte. Nach wenigen Tagen erhielt mein Fürst eine weitere Notiz mit den Namen derjenigen, die den roten Hut erhalten hatten: hier war der Name ALEANDERS, Erzbischof von Brindisi, getilgt; darüber waren alle sehr erstaunt. Wir hatten keine Ahnung, weshalb ein so würdiger Mann nicht im Heiligen Kollegium erwünscht sein sollte. Ich war nämlich damals in München bei meinem Fürsten. Im vergangenen Mai habe ich von einem Freund erfahren, daß Eure Heiligkeit davon überzeugt gewesen sei, die Erhebung ALEANDERS zum Kardinal hätte die deutsche Nation gekränkt. Als ich das las, war ich vollends bestürzt: denn Eure Heiligkeit hätte Deutschland einen sehr willkommenen Dienst erwiesen, wenn sie ALEANDER unter die Kardinäle erhoben hätte, denn ganz Deutschland bewunderte schon viele Jahre seine Gelehrsamkeit, seine reichen Tugenden, seine schlagfertige Beredsamkeit, seine Klugheit und Aufrichtigkeit bei der Durchführung seiner Absichten sowie sein trotz vieler Mühen unermüdliche Psyche und Physis. Denn auch an der viel besungenen Pariser Universität wurde er von unserer deutschen Nation zum Prokurator gewählt; und seit jener Zeit wurde er immer von den Deutschen in höchsten Tönen wegen seiner in gleicher Weise hebräischen, griechischen und lateinischen Gelehrsamkeit gepriesen. Auch viele der Fürsten, mit denen er im Auftrage des apostolischen Stuhles zu tun hatte, haben mich nach ALEANDERS Lage und Stand befragt; seine Klugheit und Redegewandtheit bekam viel Lob. Sogar die Lutheraner, die ja Feinde alles Guten und dennoch von der Wahrheit überwunden sind, haben stets ALEANDERS Gelehrsamkeit anerkannt, obgleich sie ihn bis heute mit erfundenen Schmähungen besudelt haben, was er um der Ehre des apostolischen Stuhles willen tapfer ertragen hat.

Dies wollte ich einstweilen Eurer Heiligkeit anzeigen, damit Ihr begreift, daß Deutschland nicht gekränkt, sondern in höchstem Maße geehrt wird, wenn sein ALEANDER (Deutschland rechnet ihn nämlich zu den Seinen, da seine Vorfahren von RAUHENSTEIN immer dem Hause Österreich ergeben waren) in den Senat der Kardinäle erhoben würde. Ich bitte Eure Heiligkeit, sie möge meine Geschwätzigkeit nicht als lästig empfinden; denn ich konnte mich nicht zurückhalten, bevor ich meinem Gewissen entsprochen hätte.

Gott bewahre Eure Heiligkeit unversehrt für viele Jahre und inspiriere und unterstütze mit seiner Hilfe die Sache des Heiligen Konzils.

Ingolstadt, 15. Juni im Jahr der Gnade 1537.

Eurer Heiligkeit zu Füßen
Johann Eck.