Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 228
Rom Arch Vat Armarium I - XVIII, Nr 6539, fol 50(52) (Autograph Ecks)
J. SCHLECHT: Aus der Korrespondenz Dr. Johannes Ecks: Briefmappe 1,
163ff Nr 70
Post oscula pedum beatorum humillimam sui commendationem. Beatissime pater! Saepe, etiam ad fastidium, interpello B.T.,
ut qui primus semper fui in laboribus pro
fide et honore sedis apostolicae, ne
postremus habear in premio: »dignus
mercenarius mercede sua«.
Reverendissimi cardinalis Campegius et
archiepiscopus Brundusinus noverunt
labores meos, non solum celeberrimarum
disputationum Lipsiae et Baden habitarum
pluribus septimanis, sed etiam actorum in
comitiis Augustae et Ratisbonae, et
librorum editorum, qui simul collecti
acervum facerent. Si pro tot laboribus et
periculis contemnar a sede apostolica,
patienter feram oportet: sed quanto S.T.
experiar duriorem, tanto maius desiderium
Leonis optimi pontificis excitabitur, cui
crepundia laborum meorum erant
commendatissima, utique futuri iam
commendatiores tam cumulate impensi.
Rogo itaque provolutus pedibus S.T. dignare, Hutenum possessorem praepositurae in ea conservare, et me in constituta pensione defendere. Est enim verecundia sedi apostolicae, tot indoctos (plures etiam semiluteranos) infarcire praeposituris, et Eckium egere, vel pensionem sibi debitam in praedam dari vel minus bene meritis aut immeritis. Sed et haec patienter audi, sanctissime
pater: Illustrissimo principi meo, d.
Wilhelmo Baiovariae duci, notula venit ex
Venetiis nomina habens eorum, quos S.T.
cardinalicio honore voluit exornare.
Oblata fuit michi illa, ut, si qui noti essent
michi, eorum conditionem et statum
enarrarem. Paucis diebus elapsis venit
principi alia notula eorum, qui rubeo
galero erant donati, ubi expunctus erat d.
Aleander Brundusinus; de quo omnes
vehementer mirabamur. Neque assequi
poteramus coniectura, quomodo vir
dignissimus sacro conlegio non fuisset
cooptatus? Eram enim tunc Monachi apud
principem. Superiori Maio ex amico
quopiam intellexi, B.T. ita fuisse
persuasam, ut, si Aleandrum fecisset
cardinalem, lesam esse nationem
germanicam. Obstupui profecto, dum illa
legerem: dum rem gratissimam fecisset
potius Germaniae, si eum numero
cardinalium ascrivisset: cum tota
Germania iam multis nnis suspexerit
eruditionem suam, virtutes egregias,
facundiam paratissimam, rerum
agendarum prudentiam et dexteritatem, et
animum ac corpus laboribus perferendis
infatigabile. Nam et in cantatissima
Parrisiorum achademia rector fuit a
natione nostra germanica electus; et ab illo
tempore semper a Germanis hoc eulogio
fuit celebratus, quodd sit hebraice, graece
et latine aequa lance doctissimus. Multi
etiam principum, cum quibus nomine sedis
apostolicae egerat, ex mee quesierunt
hominis conditionem et statum; ac miris
laudibus extulerunt hominis prudentiam et
facundiam. Unde etiam Luderani, omnibus
bonis infensi, veritate tamen victi, palmam
eruditionis ei tribueruntt semper, licet ad
hec multis confictis opprobriis eum
asperserint, quae pro honore sedis
apostolicae fortissime tulit. Hec tantisper
S.T. significare volui, ut intelligat, adeo
non lesam Germaniam, ut maximo honore
se affectam existimabit, si suus Aleander
(eum enim sibi vendicat), cuius
progenitores de Rauhenstein semper
domui Austriacae fuerunt addictissimi,
sublimaretur in cardineum senatum. Oro
obnixius S.T. non molestee ferat hanc
meam loquacitatem; nam me continere
non potui, quin genio meo satisfacerem.
D.O.M. incolumem servet S.T. in multos annos, ac ad sacrum concilii negocium adiuvando inspiret et prosequatur. Ingolstadii, 15. Junii anno gratiae MDXXXVII. S.T. a pedibus (In dorso:) |
Fußkuß und demütige Empfehlung! Heiliger Vater! Oft, fast bis zum Überdruß, rufe ich Eure Heiligkeit an, daß ich, der ich immer der erste bin im Mühen um den Glauben und die Ehre des apostolischen Stuhles, nicht der letzte sei, wenn es um den Lohn geht: »Der Arbeiter ist seines Lohnes wert.« Die Hochwürdigsten Herren Kardinal CAMPEGGIO und Erzbischof ALEANDER von Brindisi wissen um meine Mühen, nicht nur um die mehrere Wochen dauernden berühmten Disputationen von Leipzig und Baden, sondern auch um meine Aktivitäten auf den Reichstagen zu Augsburg und Regensburg, um meine Bücher, die, einmal gesammelt, einen großen Haufen ausmachen würden. Wenn ich trotz solcher Mühen und Gefahren vom apostolischen Stuhl vernachlässigt werde, so muß ich das wohl geduldig ertragen; jedoch: je mehr ich Abweisung durch Eure Heiligkeit erfahre, um so mehr regt sich meine Sehnsucht nach LEO X., den besten der Päpste, dem meine Aufsehen erregenden Mühen sehr gefallen haben, so daß diese in ihrem ganzen Umfang betrachtet ihm noch angenehmer gewesen wären. Ich bitte daher, hingestreckt zu Füßen Eurer Heiligkeit, Ihr möget so gnädig sein, MORITZ VON HUTTEN im Besitz seiner Propstei zu belassen und meine vereinbarten Einkünfte daraus zu verteidigen. Es ist nämlich unter der Würde des apostolischen Stuhles, so viele Ungelehrte (viele sogar Semilutheraner!) mit Propsteien vollzustopfen und Eck leer ausgehen zu lassen oder die ihm zustehenden Einkünfte zum Raub von weniger oder gar nicht Würdigen werden zu lassen. Aber hört, Heiliger Vater, geduldig auch das Folgende: Meinem erlauchten Fürsten, dem Herrn WILHELM, Herzog von Bayern, ist eine Notiz aus Venedig zugekommen, die die Namen derjenigen enthielt, die Eure Heiligkeit mit der Kardinalswürde schmücken wollte. Sie wurde mir überreicht, damit ich im Hinblick auf mir bekannte Namen über deren Lage und Stand berichte. Nach wenigen Tagen erhielt mein Fürst eine weitere Notiz mit den Namen derjenigen, die den roten Hut erhalten hatten: hier war der Name ALEANDERS, Erzbischof von Brindisi, getilgt; darüber waren alle sehr erstaunt. Wir hatten keine Ahnung, weshalb ein so würdiger Mann nicht im Heiligen Kollegium erwünscht sein sollte. Ich war nämlich damals in München bei meinem Fürsten. Im vergangenen Mai habe ich von einem Freund erfahren, daß Eure Heiligkeit davon überzeugt gewesen sei, die Erhebung ALEANDERS zum Kardinal hätte die deutsche Nation gekränkt. Als ich das las, war ich vollends bestürzt: denn Eure Heiligkeit hätte Deutschland einen sehr willkommenen Dienst erwiesen, wenn sie ALEANDER unter die Kardinäle erhoben hätte, denn ganz Deutschland bewunderte schon viele Jahre seine Gelehrsamkeit, seine reichen Tugenden, seine schlagfertige Beredsamkeit, seine Klugheit und Aufrichtigkeit bei der Durchführung seiner Absichten sowie sein trotz vieler Mühen unermüdliche Psyche und Physis. Denn auch an der viel besungenen Pariser Universität wurde er von unserer deutschen Nation zum Prokurator gewählt; und seit jener Zeit wurde er immer von den Deutschen in höchsten Tönen wegen seiner in gleicher Weise hebräischen, griechischen und lateinischen Gelehrsamkeit gepriesen. Auch viele der Fürsten, mit denen er im Auftrage des apostolischen Stuhles zu tun hatte, haben mich nach ALEANDERS Lage und Stand befragt; seine Klugheit und Redegewandtheit bekam viel Lob. Sogar die Lutheraner, die ja Feinde alles Guten und dennoch von der Wahrheit überwunden sind, haben stets ALEANDERS Gelehrsamkeit anerkannt, obgleich sie ihn bis heute mit erfundenen Schmähungen besudelt haben, was er um der Ehre des apostolischen Stuhles willen tapfer ertragen hat. Dies wollte ich einstweilen Eurer Heiligkeit anzeigen, damit Ihr begreift, daß Deutschland nicht gekränkt, sondern in höchstem Maße geehrt wird, wenn sein ALEANDER (Deutschland rechnet ihn nämlich zu den Seinen, da seine Vorfahren von RAUHENSTEIN immer dem Hause Österreich ergeben waren) in den Senat der Kardinäle erhoben würde. Ich bitte Eure Heiligkeit, sie möge meine Geschwätzigkeit nicht als lästig empfinden; denn ich konnte mich nicht zurückhalten, bevor ich meinem Gewissen entsprochen hätte. Gott bewahre Eure Heiligkeit unversehrt für viele Jahre und inspiriere und unterstütze mit seiner Hilfe die Sache des Heiligen Konzils. Ingolstadt, 15. Juni im Jahr der Gnade 1537. Eurer Heiligkeit zu Füßen |