Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 329

Eck an Hieronymus Aleander und Blosio Palladio
Ingolstadt
05-09-1537


Rom Bibl Vat 6199 fol 155 (Autograph)
FRIEDENSBURG, Beiträge 229f Nr 125


Eck wäre sehr undankbar, wenn er auf den großen Einsatz Aleanders und Blosio Palladios für die Lösung des Würzburger Pfründenstreites im Sinne Ecks nicht antworten würde. Obgleich das Ergebnis nicht ganz seinen Hoffnungen entspricht, ist er doch froh, daß die Tragikomödie ihr Ende gefunden hat. Auch dem Papst und dem Kardinal Farnese wird er seine Dankbarkeit erweisen; dem letzteren ein bereits begonnenes Werk widmen. Nach seinen ernsten Studien im Winter 1536/37 und dem Empfang der Briefe Aleanders und Blosio Palladios hat Eck nämlich seine theologischen Vorlesungen wieder aufgenommen und sich intensiv mit Malachias beschäftigt. So wird er unverzüglich die Arbeit von neun Jahren wieder aufnehmen, sie nach Fertigstellung dem Drucker übergeben und Farnese widmen. Im Gegensatz zu Aleander und Blosio Palladio hat sich Vergerio in der Vertretung von Ecks Interessen bei der Bewerbung um ein Regensburger Kanonikat als sehr nachlässig erwiesen. Auf Rat Fabris und Antonello Vidas hat Eck seine Forderung abgeschickt, jedoch hat ihn Vergerio dann bei der Verteidigung seines Anspruchs völlig im Stich gelassen. Vitus Krumher kann Näheres berichten. Der Besitz des Kanonikats schert Eck wenig; er ärgert sich aber über den Betrug und würde seine Ansprüche gern einem guten Katholiken abtreten, um das Ungemach los zu sein. Die Lutheraner fürchten das Konzil über alles und suchen es mit allen Mitteln zu verhindern. Möglicherweise haben sie auf dem Herzog von Mantua Einfluß genommen. Sie befürchten wohl, daß das Konzil einen allgemeinen kriegerischen Feldzug gegen sie beschließen könnte.

Paratissima obsequia pro salute. Amplissime pater!

Essem profecto vehementer ingratus, si Amplitudini Tuae ac domino Blosio perpetua animi gratitudine non officiosissime responderem, cum in re tam difficili, tantis conatibus agitata, contra viros tanti nominis ac dignitatis tam fidos ac integros amicos, benefactores et Maecenates vos exhibueritis: quare si res non eum finem est sortita quem optabam, in tanta tamen difficultate ac tot perplexis dubiis gratias ago Deo, finem tamen comicum tragediae isti subsecutum.

Studebo impensius gratitudinem ostendere non modo sedi apostolicae ac Sanctissimo Domino Nostro, sed et optimo principi cardinali Farnesio a pedibus serviam et, quod hortamini, libello aliquo nuncupato humanissimum ac beneficum adulescentis animum nostratibus declarabo.

Ante enim severiora studia hiemis mox receptis litteris vestris (ut sciatis nunquam vos frustra Eckio mandata daturos) revolvi praelectiones meas in auditorio theologico publice factas et incidi in Malachiam prophetam. Confestim laborem annorum novem ursino more lambendum desumo et jam successivis horis torno ac levigo. Expolitum sub praelum mittam, ut orbi terrarum sub auspiciis Reverendissimi vicecancellarii cardinalis Farnesii divulgetur. Interea in officio vestro persistite et me Reverendissimae suae Amplitudini commendate.

Quod vero ad te attinet, Reverendissime archiepiscope et humanissime Blosi, vester sum cliens ac servitor perpetuo, nunquam tanti beneficii immemor.

Quanto autem vigilantior extitit Amplitudo Tua, Brundusine, in negotio Eckiano, tanto negligentioremm experior dominum Petrum Paulum Vergerium, sedis apostolicae nuncium, qui me adegit ut canonicatum Ratisbonensem susciperem; et dum lis michi movetur, consilio Fabri et Otonelli sui gentilibus suis mandatum transmisi: illi me derelinquunt indefensum, ut jam sententia in limine sit. Super qua re Vitus Krumher, si ita opus fuerit, Reverendissimam P.T. informabit.

Nichil ego curo de canonicatu; lubens cedam: modo litigans diluat michi expensas possessionis adeptae; in has enim me conjecit fraude sua. Sitit ille pensionem quam dare non possum: ad nichilum enim michi conducit. Si michi non fuisset mota lis, resignassem alioquin docto alicui et catholico viro; utcumque servum domini non decet litigare: vellem hac liberari molestia.

Hutteni adventum adhuc expectamus.

De concilio generali quando certi aliquid intellexerit, me faciat certiorem: scit Reverendissima P.T. quam notus sim episcopis et principibus: illi tam frequentes ad me scribunt. Id sibi persuadeat sedes apostolica nichil aeque Lutheranos omnes timere ac concilium; unde omnem lapidem movebunt ad concilium avertendum. Si quicquam egerint cum Mantuano, ignoro; tamen multi multa suspicantur. Verentur enim schismatici, ne in concilio expeditio generalis contra eos concludatur.

Valete et salvete feliciter, Reverendissime pater acc humanissime Blosi.

Ingolstadii 5 septembris anno gratiae 1537.

E. Reverendissimae P. ac praeclarissimae humanitatis
deditissimus servitor
J. Eckius.

(Vermerk von Aleanders Hand:) 8 octobris. Gratias agit ob procuratam pensionem 300 flor etc.

Bereitwilligster Gehorsam zum Gruß!

Hochgeehrter Vater: Ich wäre wahrhaftig außergewöhnlich undankbar, wenn ich Eurer Hochgeboren und dem Herrn BLOSIUS nicht voller Dienstbereitschaft aus bleibender Dankbarkeit antworten würde, habt Ihr Euch doch in einer so schwierigen Angelegenheit, die mit so großen Mühen betrieben wurde, gegenüber so namhaften Männern und Inhabern hoher Würden als wahre, treue und verläßliche Freunde, Wohltäter und Mäzene erwiesen. Deshalb sage ich, obgleich die Sache nicht das von mir erhoffte Ende gefunden hat, bei solchen Schwierigkeiten und vertrackten Ungewißheiten Gott Dank, daß dieser Tragödie nun dennoch ein Ende voller Komik geschenkt wurde.

Ich werde meine Dankbarkeit nicht nur reichlich gegenüber dem apostolischen Stuhl und dem Heiligen Vater zeigen, sondern auch dem besten Fürsten und Kardinal FARNESE demütig dienen, und, wozu Ihr mich gemahnt habt, in einem ihm gewidmeten Büchlein den Unsrigen die menschenfreundliche und wohltätige Gesinnung des jungen Mannes darlegen.

Nach angestrengten Studien während des Winters habe ich bald nach Empfang Eurer Briefe (damit Ihr wißt, daß Ihr niemals vergebens Forderungen an mich stellt) meine Vorlesungen wieder aufgenommen, die ich öffentlich im theologischen Hörsaal halte, und bin dabei auf den Propheten MALACHIAS gestoßen. Sogleich nehme ich nach Bärenart züngelnd die Arbeit von neun Jahren wieder auf und wende und glätte den Stoff von Vorlesungsstunde zu Vorlesungsstunde. Nach der Überarbeitung werde ich ihn zum Druck vorbereiten, damit er dann unter den Auspizien des hochwürdigsten Vizekanzlers und Kardinals FARNESE in der ganzen Welt verbreitet wird. Setzt inzwischen Eure Bemühungen fort und empfehlt mich Seiner Hochgeboren!

Was aber Euch betrifft, hochwürdigster Erzbischof und menschenfreundlicher BLOSIUS: ich bin Euer Klient und Diener auf immer, niemals uneingedenk Eurer Wohltat.

Je mehr aber Eure Hochgeboren, Bischof von Brindisi, in der Ecksache Euch intensiv bemüht, um so nachlässiger erkenne ich den Herrn PETRUS PAULUS VERGERIUS, Nuntius des apostolischen Stuhls, der mich veranlaßt hatte, das Regensburger Kanonikat anzunehmen, Während des Rechtsstreites, in den ich daraufhin verwickelt war, habe ich auf Rat FABRIS und VERGERIOS Stellvertreters OTTONELLO seinen Höflingen ein Mandat übersandt. Diese aber ließen mich gänzlich ohne Verteidigung, bis die Sache auf der Kippe stand. VITUS KRUMHER wird Euch, wenn nötig, darüber Auskunft geben.

An dem Kanonikat liegt mir nichts mehr; gern trete ich zurück. Aber bei dem Rechtsstreit verlor ich die Auslagen für das erstrebte Eigentum: in solche Lage hat er mich durch seinen Betrug gebracht! Er verlangt nun noch dazu ein Entgelt für seine "Bemühungen", das ich nicht geben kann: er hat mich nämlich ins Nichts geführt! Wenn mich nicht der Streit so in Anspruch genommen hätte, wäre ich gern zugunsten eines anderen gelehrten und katholischen Anwärters zurückgetreten, denn ein Diener des Herrn soll keinen Rechtsstreit führen. Ich möchte von diesen Belästigungen befreit sein.

Ich erwarte bis heute die Ankunft MORITZ VON HUTTENS.

Wenn Ihr etwas Gewisses über das Generalkonzil vernommen habt, teilt es mir mit. Eure hochwürdigste Väterlichkeit weiß, wie bekannt ich unter den Bischöfen und Fürsten bin: so zahlreich schreiben sie mir. Davon möge der apostolische Stuhl überzeugt sein, daß alle Lutheraner nichts so sehr fürchten wie das Konzil; daher setzen sie alle Kräfte in Bewegung, um das Konzil zu verhindern. Ob sie etwas mit dem Herzog von Mantua vereinbart haben, weiß ich nicht: dennoch gibt es dazu vielerlei Gerüchte. Die Schismatiker fürchten nämlich, daß auf dem Konzil ein allgemeines Vorgehen gegen sie beschlossen wird.

Lebt wohl und laßt es Euch gut gehen, hochwürdigster Vater und menschenfreundlicher BLOSIUS!

Ingolstadt, 5. September im Jahr der Gnade 1537.

Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit und strahlenden Menschenfreundlichkeit
ergebenster Diener
Johannes Eck.