Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 330

Eck an Hieronymus Aleander
Ingolstadt
08-10-1537

Rom Bibl Vat 6199 fol 156 (Autograph)
FRIEDENSBURG, Beiträge 230ff Nr 126


Die Lutheraner hintertreiben mit allen Mitteln das Mantuaner Konzil; Luther selbst agitiert gegen die konstantinische Schenkung (Donatio Constantini), die dem Evangelium widerspreche. Auch im Namen des englischen Königs polemisieren sie gegen den apostolischen Stuhl und den Papst selbst und das wie seit 20 Jahren in der Volkssprache, um das Volk um so mehr zu verführen. Gegen die letzten Päpste sind ehrenrührige Epigramme und Grabinschriften im Umlauf; viele in deutschen Versen voller Stacheln und Spitzen gegen Rom. Die vielen einfachen Menschen sind verstört, da das Konzil immer nur vergeblich angekündigt und dann wieder auf unbestimmte Zeit abgesagt wird. Eck würde das alles gern dem Papst selbst mitteilen, hat aber keinen vertrauenswürdigen Überbringer seiner Post. Kardinal Pole und Bischof Giberti waren am bayerischen Hof zu Besuch und wurden feierlich empfangen und bewirtet. Die Arbeit am Malachiaskommentar ist vor dem Abschluß. Sollten Quirinus Galler und Vitus Krumher Aleander in Ecks Angelegenheiten Bitten vorgetragen haben, soll er sich wie bisher als guter Patron erweisen. Dem vielbeschäftigen Blosio Palladio wünscht Eck alles Gute.



Parata obsequia pro salute,
Reverendissime pater ac patrone.

Luterani miras injurias avomunt contra neglectum concilium Mantuanum; adhec Luder contra partem evangelii (ita ludere sibi videtur nebulo) de donatione Constantini. Nomine etiam regis Angli maximas emiserunt contumelias adversus sedem apostolicam et in ea sedentem ac omnem statum Romanum et, qua fraude jam viginti annis usi sunt, omnia in vernacula lingua Germanica, quo magis alliciant et seducant plebem. Belli homines epigrammata et epitaphia criminationum plenissima publicarunt contra honorem et famam Romanorum pontificum Sixti, Innocentii, Alexandri, Julii, Leonis et Clementis: omnia terribilia; et quod eorum farinae, post carmina subjecerunt rythmos lingua vernacula pejores carminibus, omnia plena sunt aculeis et punctionibus.

Et profecto multi pusilli scandalizati sunt ex prorogatione concilii, cum concilium abierit in ventum.

Illa omnia mitterem pontifici ad urbem, at neminem audio qui postam velit contentare. Novit Reverendissima P.T. me ubique principibus et praelatis cognitum, et ita celeriter ad me perferuntur.

Reverendissimus cardinalis Reginaldus Polus et Reverendissimus antistes Veronensis hac iter fecerunt. Quanto honore dux meus tractaverit eos, ipsi melius narrabunt: nam quampridem rescivit eos in terra ditionis suae, mox in suas impensas excepit et solemniter fecit deducere via bona et plana usque ad fines territorii sui; providit de optimis piscibus (qui vix alibi sunt meliores quam in Bavaria), vinis et feris, imo curavit ut eis fierent venationes ante oculos cum tot servis et hinnulis et in conspectu eorum sagittis conficiebantur. Doluit princeps quod non rescivit quam primum ingressi sunt provinciam suam, voluisset etiam eos ex omnibus hospiciis liberasse.

Malachias est in calce adornationis suae. Si vel dominus Quirinus Galler vel Vitus Krumher meo nomine te imploraverint, fac quod semper fecisti, hoc est patronum presta.

Valeat et salva sit Amplitudo Tua in longos annos.

Ingolstadii 8 octobris anno gratiae sesquimillesimo 37.

E.R.P.T. obsequentissimus
Joh. Eckius.

Blosio meo homini occupatissimo, magno tamen Maecenati meo, omnia bona opto.

(Anmerkung von Aleanders Hand:) Romae 24 novembris.

Bereitwilliger Gehorsam und alles Gute!
 Hochwürdigster Vater und Patron!

Die Lutheraner speien wunderliche Rechtsverdrehungen gegen das vereitelte Konzil von Mantua aus; dazu LUTHER gegen den »Teil des Evangeliums« (so scheint dieser Windbeutel seine Späße zu machen), die Konstantinische Schenkung. Im Namen auch des englischen Königs haben sie viele Beleidigungen gegen den apostolischen Stuhl und ihren Inhaber und gegen die ganze römische Kurie geäußert, und das alles - sie wenden diese Hinterlist bereits seit zwanzig Jahren an - in deutscher Sprache, um das Volk um so mehr zu locken und zu verführen. Diese feinen Herren veröffentlichten Epigramme und Epitaphien voller Beleidigungen gegen die Ehre und den Ruf der römischen Päpste SIXTUS IV., INNOZENZ VIII., ALEXANDER VI., JULIUS II., LEO X. und CLEMENS VII.; alles in schrecklicher Manier, und, wie es ihre Art ist, den Gedichten unterlegten sie Reime in der Landessprache, die noch schlechter als die ersten sind, und das alles voller Stacheln und Spitzen.

Und in der Tat wurden viele einfältige Seelen von der Verschiebung des Konzils verstört, da dieses nun in den Wind geschrieben ist.

Dieses alles würde ich dem Papst nach Rom melden, aber ich höre, daß niemand den Botendienst übernehmen will.

Eure Hochwürdigste Väterlichkeit weiß, daß ich überall bei den Fürsten und Prälaten bekannt bin und mich somit alle Botschaften schnell erreichen. Der Hochwürdigste Kardinal REGINALD POLE und der Hochwürdigste Bischof von Verona sind hierher gereist. Welche Ehre ihnen mein Herzog erwiesen hat, werden sie besser erzählen: denn er hat sie sogleich in seinem Herrschaftsgebiet empfangen, sie bald auf seine Rechnung zu sich geladen und sie mit feierlicher Begleitung auf guten Wegen bis an die äußersten Grenzen seines Territoriums begleitet; er sorgte für die wohlschmeckendsten Fische (es gibt kaum irgendwo bessere als in Bayern), Weine und Wildbret; ja er sorgte dafür, daß in ihrer Anwesenheit Jagden auf Rehe und Hirsche stattfanden und diese vor ihren Augen mit Pfeilen erlegt wurden. Der Fürst bedauerte, sie nicht sogleich nach ihrem Eintreffen auf seinem Herrschaftsgebiet empfangen zu haben; er hätte ihnen gern die Gasthäuser erspart.

Die Arbeit am »Malachias« ist bis zum Abschluß der Buchausschmückung gediehen. Wenn Euch Herr QUIRINUS GALLER oder VITUS KRUMHER in meinem Namen um Hilfe ersuchen, tut, was Ihr immer getan habt, das heißt, gebärdet Euch wie ein Patron.

Alle guten Wünsche Eurer Hoheit und lange Lebensjahre!

Ingolstadt, 3. Oktober im Jahr der Gnade 1537.

Eurer Hochwürdigsten Väterlichkeit gehorsamster
Johann Eck.

BLOSIUS, dem viel beschäftigten Freund und dennoch großen Mäzen wünsche ich alles Gute.