Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 331

Eck an Christoph Scheurl
Ingolstadt
05-12-1537


Fischbach, Scheurl-Archiv, cod F, fol 299r-304v (Autograph Ecks)


Scheurl soll Nauclerus nicht beklagen; Gebwiler verdankt Eck viele Informationen betreffend die Herkunft der österreichischen Herzöge am Oberrhein. Er konnte dazu Schriften in Basel, Schaffhausen und Schlettstadt einsehen. Kaiser Friedrich III. und Friedrich von Tirol sind nicht identisch. Scheurl zweifelt daran, daß Kg. Albrecht der Sohn Friedrichs war; Albrechts Schwestern hatten auch Söhne. Den polnischen, bayerischen, sächsischen Stammbäumen pflichtete niemand bei. Schwarzenberg hat einen ausgezeichneten Stammbaum des Königreichs Sizilien erstellt: die Übereinstimmung mit Alfons von Kastilien, Roderich von Cordoba und Ritius ist auffallend. Im Hinblick auf Ferdinand und Isabella von Kastilien treffen Scheurls Vermutungen zu. Den ihm bisher unbekannten Stammbaum Schwarzenbergs hat ihm der Freisinger Bischof zur Verfügung gestellt; Eck weilte lange auf der Burg des Herzogs Albrecht, um das Blatt abzumalen; er hofft, trotz seines Alters, noch die Kinder und Kindeskinder Karls und Ferdinands und die übrigen Verwandten nachtragen zu können. Aus Spanien hat er traurige Nachrichten über Karls V. Sohn Ferdinand. M. Christoph Zingel soll zurückschreiben. Im letzten Brief hat Scheurl den Richter über die beiden streitenden Religionsparteien (Lutheraner und Zwinglianer) gespielt: beide weichen in vielen Artikeln vom wahren Glauben ab; die wahre Kirche ist nun bei den Spaniern, Franzosen, Italienern und auch den Deutschen, die zum Heil erwählt sind. Die Glaubensregel ist nach Christi Willen der Papst; sonst hätte man soviele Kirchen wie Köpfe. Eck versteht Scheurls Meinung nicht, der Papst stehe mit seiner Herrschaft über Rom gegen den Kaiser. Er verweist auf den Einflußverlust, den die kaiserliche Macht in den letzten Jahrhunderten in den Territorien erlitten hat. Eck beklagt die ständige Verwirrung in Glaubensdingen auch in Nürnberg. Daß man in Nürnberg behauptet, nur nach dem rechten Glauben zu suchen, ist bloß ein Vorwand, wie ihn alle Ketzer gebrauchen. Bringt man den Nürnbergern den wahren Glauben, so lehnen sie ihn ab; dabei haben bereits Cyprian und Augustinus gelehrt, der wahre Glaube sei bei der römischen Kirche. Warum sollte Gott die Kirche solange haben irren lassen, bis ein meineidiger Mönch ihr den wahren Glauben brachte. Er nimmt Scheurl nicht ab, daß er als Prophet gegen das Papsttum auftreten wolle. Die weitverbreitete Endchristschwärmerei will Eck nicht mitmachen, auch nicht das allgemeine Geschrei nach dem Kaiser. Dazu kommt, daß die neuen Lehren den Verfall der Sitten nicht gebessert haben; im Gegenteil kam es bei den Schweizern zu großen Verirrungen im Verständnis der Eucharistie und der Messe; sie sollen sich jetzt wieder zur Eucharistie bekennen, aber Eck fragt, ob die Prädikanten selbst Buße für das Vergangene getan und auch das verführte Volk dazu angeleitet haben. Die Nachrichten über die Vorgänge in Ungarn sind widersprüchlich. Guido von Bayonne führt den Feldzug der Franzosen in Savoyen; in den Niederlanden ist Nijmwegen in vollem Aufruhr. Das Konzil liegt in Gottes Hand. Eck beklagt das widersprüchliche Verhalten der Neugläubigen gegenüber dem Konzil, das sie jetzt völlig ablehnen und verleumden. Er dankt Scheurl für den Becher und läßt Gemahlin und Verwandtschaft grüßen. 


 [fol 299r] S.P.frater et domine charissime:
Quod Naucleri misertus es, falsus est: aliquando bonus vir in externis his semper maior fides adhibenda, qui in ea patria versantur s. alioquin ex coniecture compingere, humano capiti ... Gebwilero in Austriacum...tribuo: qui ad Rhenum fuerunt additissimi Austriacae domini: et antiqui consignarunt nativitatem ducum et facta tamen vidi huiusmodi libella Basileae, Schafhusen et Seletstadii, utinam modo viderem de Alberto 5. qui rex fuit, est indubitatum, quod si in ... ,ita in re successit ab Albertis...Austria: Fridericus Imp. et Frid. Tirolensis alias habuerant terras: hinc illud dissidium cum Ladislao Posthumo Austriacorum et Frid. Imp.

Quid dubites, si Albertus Rex fuit filius Federici, dicas cum, tum solum tuo uno vixerunt. Pius papa opt. memoriae nunquam venit ad parentem Alberti regis (in hoc fecerit in epistolis, minus iam non recordor.) Aspicias omnes qui Alberti regis sorores autem filios habuerunt, genealogiam Polonicam, Bavaricam, Saxonicam etc. nemo astipulabit.

Schwartzenbergius Ideographus ante 6 annos edidit chartam stematum regni Siciliae: at profecto optime fecit: unde quam tuli eam cum Alphonso Castiliensi, cum Roderico Cordubensi, et Ritio, et mire convenit: Huius fuerant oblitus, nam post abmandatas, dum feria secunda hospitium meis ostendere cuperem, tuas expeditiones in Hungaria hac constare fastus: famulus qui nesciebat invenire Hungariam, neutras chartas attulit: et miser illas verum...(credo quod habuerit a Stabio) et illum Schwartzenbergii invenimus mox concordare anterius supra notatis: et quod ad Ferdinandum et Isabellam attinet, ex te poteris iustificare illam partem genealogiae tuae: non falleris. Hanc novam chartam, quam nescivi, a Schwartzenbergio editam dederat me Frisingus princeps, et diu hospitata fuit apud ducem Albertum in arce: ...prorsus video quod impingere ... possit, nisi forte in aetate mea de filiis et filiabus Caroli et Ferdinandi ac eorum proceribus. Alia omnia sunt ad//[fol 299v] lidiam lapidem probata: his insuper non fallere. Si bene recordor, in conventu Augustensi intulit me patronus meus Regis Caroli Leodiensi tristes venisse litteras ex Hispania Ferdinandum Infantem Imp. Caroli filium appetisse.

M[agistro] Christ[ophoro] Zingel dabo ut rescribat aliquas chartas. Ex te facis iudicem inter utrasque partes. Sonder bin gewiß, das sich beiden theil in vil wichtigen artickeln groblich irren und der keinen bei der Christlichen kirchen erhalten werden: ergo tibi dedit Deus spiritum: et reliquit totam ecclesiam Hispanis, Galliae, Italiae, Germanis quantum adhuc salvum est. Vellem ex re et necessitate fidei credendum tradimus, quotquot ex iussu Christi in obedientia papae vicarii sui... vel ... articulum afferre per sententiam: wan man jedem kopf volgte, so wurden so vil kirchen als zu ... pfarren: ita articuli fidei, quando recedunt a vero itinere ecclesiae, incidimus in hos labyrinthos.

Es sind blaw enten, das Ihr so hoch achtet, es sei wider den kaiser, das der Bapst Rhom...all auff die in hypocrisi gut kaiserlich sein wöllen: wa hat der Bapst dem kaiser Rhom genommen? welcher ist der erst? wa hat der knecht genommen? Bapst hat Rhom gehabt, da noch ein zaun um das weiler Nürmberg gangen ist. Seit Ihr kaiserlich, und seit darum so böß bäpstisch? Warum klagt Ihr nit Bern, Padua, Paris, Wien,..., Corfu, Turin, Pisa, Provintz, Delphinat: warum nit, das er nit mer infundirt Polen, Hungern, Bohem, Denmark, ja die fürsten ist zu Holstein, Slewitz etc., ja niemant ist dem kaiser aufsätzig auf...den die teutschen? Nimpt man Wittenberg ein, gehören knecht, gelt, pferd den frantzosen; dann teuffel,//[fol 300r] ewer newer ertichten mess genug haben: die Ihr hin und her wandelt: saltem ut bona mater: habt nit kain ordnung gmacht, die Ihr ain monat gehalten, und alles, was Ihr habt in ewer ordinantz, ist ains teils bettelt von unns in der hailigen kirchen: oder aus den...aller ketzerei.

Und ist gewißlich war, das ihr auf disen tag nit wissend, was ihr zu jar glauben werdet.

Et excusas civitatem tuam, sie begert hertzlichen den rechten glauben, wer sie bessers weißt. Lieber bruder mein, was ist das für ain torichte red von witzigen leuten: wa ist je ain ketzer, ain Jud, ain turck, ain tartar, der nit des rechten glaubens begert: Aber wan man jhn den weißt, so nimpt er den nit an: in ecclesia Romana findt ihr veram fidem, da hat S. Cyprianus (des hailtum Ihr zu Nürmberg ietz nit würdig seit), S. Augustin ex Aphrica herüber mer die Aphros gewisen: und beschreiben successionem der bäpst: ihr wölts nit haben, so bleibt in in irthum, und qui in sordibus est, sordescunt adhuc: wer soll euch den glauben zaigen, ain engel von Gott? Nein, die gantz welt ist per apostolos et discipulos christen worden. Soll ainer von todten auferstan? Nam habent Moysen et prophetas? Ir spricht Ihr sei...o blasphemia! Das Gott sein kirchen so lanng irren ließ, bis der verlogen mainaidig glübtbrüchig hippen bub käm, der Luther. O seit ihr so arm leut mit grosser witz: glaubt nun den propheten, pro patribus nati sunt tibi filii: semen Dei ist für und für in ecclesia Dei bleiben. Also den Augustinus per natos auch verstat episcopos sui temporis.

Das Ihr ain prophet seit worden wider das Bapsthum, ist mir wunderlich zu hören. Auff ewer falsche meinung nim ichs gar nit an. Aber wan des Antichristen//[fol 300v] Regiment obsigt, so bin ich gewiß, es wurd geschähen: darum hab ich gewiser zeugen dan euch, Christum, Paulum, Petrum, Taddeum, Danielem etc. Es würd filius perditionis nit kummen, donec fiat discessis, vom Bapst und vom Kaiser: des Entichrist Swermerei gat schon da hert; der Schmalkhaldisch bund macht schon baide discession. Ihr hangt noch ain klain am Kaiser: solt ich noch XX jar leben, ich wurd wol setzen, wie es gan würdt, wan Ihr lang nach dem kaiser schreien, und die discessio so groß wurd sein, das er euch nit helfen möcht. Legatum tamen sermones meas Dominica ultima de tempore: ob ich nit fürbracht, wie die geschrift so wardlich euch maulchristen gemalt het.

Ich wil euch nun unam caecitatem entwerfen, die muesst Ihr greifen: wol her all stet im reich oder under fürsten, sag mir aine, klain oder gross, darin die leut, seit sie die newen glauben angenomen haben, das sie seien frumer gotsfürchtiger worden, mer gebet, gefast, demuetig worden, dan vor, das sie von aller üppigkeit, hochfart, prassen, wucher, triegerei, gotslästerung, ehebruch etc. sich mer gemaß gar dan vor. Huii ubi est Baal deus ut an dormit? Das die ertzbuben zu Zürch söllen Eucharistiam wider bekant hab: das sint ewer mendosi prophetae: wie tapfer haben sie das widerfochten zu Zürch, Bern und Baden: wie vil gotalesterung und grewel haben sie gemacht dem hochwürdigen sacrament im volck: das sie das also gelestert: wa sagen und letztren die schelmen jetz? Wie das volck von vergangen blasphemi penitentz thun söll, oder wa thund sie das selber. So der sturm von jhn gefellen vom sacrament, so fellen sie hernach: wa//[fol 301 - 302 von Eck eingefügte Ahnentafel Friedrichs Pfalzgraf bei Rhein und seiner Gemahlin Dorothea, geb. Königin, Prinzessin und Erbin zu Dänemark, Schweden und Norwegen][fol 303r] ist ihr gwiss geschrift, wa ist Zwinglins und Ihr all trotzen? So nun Zwingli, Oecolampadius, Wanner und ander ketzer in ihrer blasphemi und ketzerei gestorben sint, warum halten sie die für hailig?

Vil schreiben hab ich Ungern belangend, vergleicht sich nit alles miteinander, sonderlich her Wiprecht von Polheim danckt mich hab aigentlich beschriben, wie sie die Catzianer umgefiert und abgehelligt: die ander schreiben noch gröber darvon. Ab dem tag zu Grätz werden wir das hören: Ich hab gar in kreuzen hinein bestelt, dan mir sollichs geschriben werd.

Wir haben hie geschrifft, das Conte Guido de Bayon het den vorzug bei den frantzosen: aber wie er fur Turin herauskummen ist an dem wasser, est limes Sabaudiae et Italiae influit Ticinum, hat er all brucken abgeworfen funden: ist aber fluvius rapidus et saxoneus, hat nit ... kundt, zu den, da er villeicht profectum bestelt: ist nit hinder sich zogen. Die knecht und aid genossen auf ihrem herren und obern penlich abmanung sint abzogen: aber die pündt sint bliben. Induciae sunt gemacht auf drei monat: doch soll der frantzos exercitum wider über den ... fieren: und die kaiserlichen Turin und Pigmont nit beschedigen.

Newmegen rebelliert und volck haben das new schloß der hertzogen auf den boden hinbrochen. Haben knecht bestelt, die hat Ihnn her Georg schenk zu gwisen. Haben ain verstand mit Brabant, Gülch und schiesen, wan der hertzog übel wolt, dann sie sich seins gewalts und mainaids erweren. Cardinal von Lothringen und die grot mass söllen ... in Hispanien bei dem kaiser sein, ob Got geb, das frid wird. - Concilium est in manu Dei: Ihr habt so lang nach ainem concilii geschrihen, und da das ist publiciert worden, habt ihr euch inobedientes gemacht: hett doch ain weit gewart. Da nichts ist darauß worden, habt Ihrs verlacht: jetz so es wider ist//[fol 303v] fürgenommen, so verspott Ihrs. Man kan euch Newchristen minder recht thun, dan der vatter und sun mit dem esel: Si Deus non vult nobis largiri gratiam, so wißt gwißlich, qui hoc facit blasphemia et impietas Luteranorum et Zwinglianos etc.: qui non sunt digni hac salutari medicina.

De poculo sum gratus, modo addat memoriale Reverendissimi Cardinalis Salisburgensis. Quo traxisti me litteris tuis, perdidi ferme duas horas, quas debebam ... Praepositus scribit se praemium missurum ante natalicia Domini: Deo proxima ventura mittam aporham. In te felicius vale cum pudicissimis coniuge, affine, pulchra sobole.

Ingolstadii 5. Decembris 1537.

Tuus ex animo
Ioh. Eckius ... catholicus.

Gestis, non personis scriptum, qui et tu personatus scripsisti.

(In dorso:)
Humanissimo et praestabili viro D. Christophoro Scheurlin U.I. Doctori, Caesareae ac Regis Maiestatis consiliario, fratri et domino suo observantissimo

Johann Eck doct.
11. Dec. 1537