Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 339
Parma Archivio di Stato, Carteggio Farnesiano (zeitgenöss.
Kopie)
FRIEDENSBURG, Beiträge 234 - 237 Nr 128
Paratissima obsequia cum sui
commendatione pro salute.
Arbitror me nuper scripsisse quomodo cancer illius haeresis serpat per superiorem Palatinatum, ubi dux Fredericus dominatur. Per literas enim princeps elector et ipse permiserunt liberum subditis eligendi praedicatores, qui pure, inpermixte et clarum evangelium praedicarent. Et de communione sub utraque specie scripserunt non se dare licentiam ea utendi, sed etiam nolint prohibere, sed eorum conscientiae permittere. Quo factum est ut Amberga statim miserit Wittenbergam pro praedicatore et jam inceperint uti communione sub utraque specie et, ut mihi dicitur, sine confessione praevia. Monui ego episcopum vicinum quod una cum aliis vicinis episcopis deberent mittere nuncium ad ducem Federicum (eo enim absente publicatae fuerunt hae litterae) in Brabantiam, ut inhiberet et revocaret hanc terribilem licentiam, sed »surdis cano fabulam«. Mirum quam Thrasonice glorientur Lutherani, dum jam habeant ex Bavaricis ducibus adsentientem. Episcopi aliqui et praelati saepe me
inquietant literis et cupiunt scire quid
sperandum de concilio; nescio illis
respondere. Vellem tamen eis dare bonam
spem de Sanctissimo Domino Nostro et
futuro concilio, si intelligerem ex
Amplitudine Tua quidquid hujusmodi pro
solatio et consolatione fidelium. Recurrunt
enim frequenter ad me, sperant se plus
consolationis reperturos quam reperiant. Heri accepi literas a Reverendissimo episcopo Augustensi plenas desperationis. Misit tumultum Lutheranorum, qui excitatus fuit inter principes eo quod fama percrebuit Caesarem venturum in Brabantiam et praetexere expeditionem Turcicam, revera autem moliri bellum in evangelicos, et Caesar hoc promiserit pontifici. Venit Hessus cum Lunemburgensi Lipsiam; supervenere mox aliorum oratores. Conclusum ut oratores destinarent ad Caesarem et vellent scire an pacem haberent in causa fidei; quam si nollet promittere, instructo exercitu ei occurrerent. Quod si etiam Iuliacensem invadere vellet imperator, renunciarent se non posse relinquere illum, quia ducatus Geldriae ad imperium pertineat. Ipsi in hoc non adversentur imperatori, sed duci Burgundiae cum aliis. Adjecit aliqua non comittenda literis, sed quae maxime terrent. Quanto ergo Sanctissimus Dominus Noster diutius differt concilium et Caesar differt consulere causae fidei, tanto res fit deterior. Unus ducatus deficit post alium, una civitas post aliam, unus nobilis post alium. Et imperator nedum estimet defectum religionis, sed experietur apud perfidos istos cadere obedientiam et reverentiam Romani imperii. Dispeream si Zuingliani et Lutherani non sint adeo infeliciter fascinati et excoecati, ut mallent Turcam vincere quam imperatorem: ita furiunt et insaniunt. Nimia indulgentia Caesaris dedit ansam tantae perfidiae, qui si consilia marchionis Brandeburgensis electoris, ducis mei Wilhelmi ac Georgii Saxoniae ducis maluisset audire quam lavantium et prave mediantium, non impegissemus in has Syrtes et Symplegades. Caesar adhuc posset, si vellet, toties a regulis Germaniae contemptus, vindicare gloriam Dei et ecclesiae et suam, quoad personam suam attinet et domum Austriacam. An non fuit maximus contemptus, Hessulum expulso Austriaco restituere bannitum ducem Wirtenbergensem? Et cum obex ille Gallicus, impedimentum illud, fuerit amotum, quid est reliquum nisi quod Dei, ecclesiae et suam injuriam zelo justiciae ulciscatur? Sed hactenus votis fidelium non fuit responsum. Porro, Reverendissime pater doctissimus ipse, doctorum suscipe patrocinium et eos fove qui pro fide agonizant. Incipiunt esse pauci. Mortui sunt Tetzel, Emserus optimus, Wimpina, Usinger, Mentzinger, Dietembergius, Schlupfius, Schatzgerus et alii plures. Pauci sunt qui in eorum locum succedant. Superstites sumus Viennenses episcopos, Nausea, Cochleus et alii pauci, ex quibus sunt quos dijudicare nequeo. Scio clauditationem fidelibus prohibitam. Fratrem doctorem Simonem Reverendissimae P.T. commendo et, si occasio offertur, Eckhardo Joanni consulatur. Pro me nihil amplius peto si his, quae habeo, non spoliabor. Ecce habes theologum qui dicit: Sufficit, nec plus petit. Expecto ex praelo aliqua meditata nostra, quae ubi prodierint, mittam copiam. Non enim patiuntur Lutherani ut libri mei excudantur apud eos, ideo exemplaria in Belgas mittere cogor. Quod Hanius cancellarius Brixiensis movit
mihi lites ante biennium et sex menses
(jam silet), ego libenter cedam canonicatui
Ratisponensi, modo ipse ferat et restituat
impensas per me factas in solutione
statutorum. Si quae occurrerint, postea
scribam uberius. Jam me Amplitudini tuae
commendo cum meis. Si tantisper
distulissem ponere fenestram tuam, jam
rubeo esset ornata galero. Deus sospitet R.D.T. in multos annos. Ingolstadii raptim (ita soleo) secundo decembris anno huius saeculi 38. E. Reverendissimae P. |
Bereitwilligster Gehorsam mit unserer Empfehlung zum Gruß! Hochwürdigster Vater in Christus und frommer Patron: Daß Ihr meinen Bruder so freigebig entlassen habt, danke ich Euch, stets bereit, Eurer Erhabenheit zu Diensten zu sein, wo auch immer ich kann, wenn ich auch vor allem darüber sehr traurig bin, von Euch keine Briefe zu erhalten; das aber schreibe ich Euren zahlreichen Beschäftigungen zu. Freilich werden die Dinge, von denen Ihr wolltet, daß ich sie wisse, Briefen nicht sicher anvertraut werden können: so beobachten die Lutheraner alles mit Argwohn. Ich glaube, ich habe neulich geschrieben, wie der Krebs jener Häresie durch die Oberpfalz kriecht, wo Herzog FRIEDRICH regiert. In Briefen hat nämlich der Kurfürst und jener selbst den Untertanen frei gestellt, sich Prediger zu wählen, die das Evangelium rein, ohne Zusätze und eindeutig verkünden. Über die Kommunion unter beiden Gestalten schrieben sie, sie gäben nicht die Erlaubnis dazu, wollten sie aber auch nicht verbieten, sondern ihrem Gewissen überlassen: so ist es geschehen, daß Amberg sich sogleich an Wittenberg wandte wegen eines Predigers und sie dort schon begonnen haben, die Kommunion unter beiden Gestalten zu predigen, und das, wie mir gesagt wird, ohne vorausgegangene Beichte. Ich habe den Nachbarbischof aufgefordert, daß er zusammen mit den anderen Nachbarbischöfen einen Boten zu Herzog FRIEDRICH nach Brabant senden sollte (denn diese Briefe wurden in dessen Abwesenheit veröffentlicht), um diesen zu veranlassen, den schrecklichen Freibrief zu verbieten und zu widerrufen, aber ich rede hier zu Tauben! Seltsam, daß sich die Lutheraner jetzt brüsten, sie hätten längst die Zustimmung von seiten der bayerischen Herzöge erhalten. Einige Bischöfe und Prälaten bedrängen mich oft mit Briefen und wollen wissen, was vom Konzil zu erhoffen ist: ich weiß nicht, was ich ihnen antworten soll. Ich wollte ihnen dennoch gute Hoffnung auf den Heiligen Vater und das kommende Konzil geben, wenn ich von Eurer Erhabenheit etwas dazu zum Trost der Gläubigen erfahren würde. Sie bestürmen mich nämlich zahlreich und erwarten sich mehr Hoffnung als sie finden können. Gestern erhielt ich einen verzweifelten Brief des Bischofs von Augsburg. Er berichtete von Unruhe unter den Lutheranern, die zwischen den Fürsten entbrannt ist, weil sich das Gerücht verbreitet hat, der Kaiser sei im Begriff, nach Brabant zu ziehen und er habe den Feldzug gegen die Türken nur zum Vorwand benutzt, in Wahrheit aber wolle er Krieg gegen die Evangelischen führen; der Kaiser habe das auch dem Papst versprochen. Der Landgraf von Hessen traf sich mit dem Lüneburger in Leipzig; bald trafen auch Gesandte der anderen Fürsten ein. Sie faßten den Beschluß, die Gesandten sollten zum Kaiser reisen, um zu erfahren, ob sie in der Glaubenssache mit Frieden rechnen könnten. Falls er ihnen das nicht versprechen wolle, wollten sie ihm mit einem gemeinsamen Heer entgegentreten. Falls der Kaiser gegen den Herzog von Jülich vorgehen wolle, würden sie melden, diesen nicht im Stich lassen zu wollen, da das Herzogtum Geldern zum Reich gehöre. Sie würden damit dem Kaiser keinen Widerstand leisten, sondern dem Herzog von Burgund und den anderen. Er fügte etwas brieflich nicht Wiedergebbares hinzu, was großes Erschrecken auslöste. Je mehr also der Heilige Vater das Konzil auf die lange Bank schiebt und der Kaiser seinerseits zögert, in der Glaubenssache Beschlüsse zu fassen, um so schlimmer wird die ganze Sache. Ein Herzogtum nach dem andern geht verloren, eine Stadt nach der anderen, ein Fürst nach dem andern. Den Kaiser mag der Schaden für die Religion kalt lassen, aber er wird erfahren, wie bei jenen Treulosen Gehorsam und Ergebenheit gegenüber dem Heiligen Römischen Reich fallen. Ich meine, die Zwinglianer und die Lutheraner sind so unglückselig besessen und blind, daß sie lieber den Sieg der Türken als den des Kaisers wollen: so wüten und toben sie. Allzu große Nachgiebigkeit des Kaisers gab den Anstoß zu der so großen Untreue, so daß, wenn er lieber auf die Ratschläge des Kurfürsten von Brandenburg und des sächsischen Herzogs GEORG hören wollte als auf diejenigen, die sich rein waschen wollen und Irriges vermitteln, wir nicht in diese Untiefen und Sümpfe geraten wären. Noch könnte der Kaiser, wenn er wollte, verachtet von so vielen »Kleinkönigen« in Deutschland, den Ruhm Gottes und der Kirche und seinen eigenen rächen, insofern es seine Person und das Haus Österreich betrifft. Oder ist es keine große Mißachtung, daß der kleine Hesse nach Vertreibung des Österreichers den gebannten Herzog von Württemberg wieder eingesetzt hat? Und da jener französische Widerstand beseitigt ist: was bleibt jetzt als Aufgabe übrig, wenn nicht das Unrecht, das Gott, der Kirche und ihm geschehen ist, mit Eifer für die Gerechtigkeit zu rächen? Doch bis heute gibt es keine Antwort des Kaisers auf das Flehen der Gläubigen! Weiterhin, hochwürdigster Vater, der Ihr selbst ein Gelehrter seid, nehmt den Schutz der Gelehrten wahr und schenkt denen Eure Gunst, die für den Glauben kämpfen. Es werden immer weniger: Gestorben sind TETZEL, der allerbeste EMSER, WIMPINA, USINGEN, MENSING, DIETENBERGER, SCHLUPF, SCHATZGEYER und viele andere. Nur wenige treten an ihre Stelle. Übrig geblieben sind der Wiener Bischof, NAUSEA, COCHLÄUS und wenige andere, darunter solche, die ich nicht beurteilen kann. Ich weiß, daß den Gläubigen Hinterherhinken verwehrt ist! Meinen Bruder, Doktor SIMON, empfehle ich Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit und bitte, daß er bei Gelegenheit JOHANNES ECKHARD vorgestellt wird. Für mich erbitte ich nichts außer, daß ich das, was ich habe, behalten darf. So habt Ihr jetzt einen Theologen, der sagt: Es reicht ihm, er will nicht mehr. Aus der Druckerpresse erwarte ich einiges von mir Durchdachte: nach Erscheinen werde ich eine Kopie senden. Die Lutheraner dulden nämlich nicht, daß meine Bücher bei ihnen gedruckt werden: so bin ich gezwungen, Exemplare nach Belgien zu schicken. Weil der Kanzler von Brixen HANIUS mir vor zwei Jahren und sechs Monaten einen Rechtsstreit aufgezwungen hat (jetzt schweigt er), würde ich gern vom Regensburger Kanonikat zurücktreten, wenn er nur meine Auslagen, die ich wegen der Statuten leisten mußte, trägt und mir wieder erstattet. Ich werde dann ausführlicher schreiben. Jetzt empfehle ich mich und die Meinen Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit. Wenn ich solange die Fertigstellung Eures Fensters verzögert habe, so ist es inzwischen doch schon mit einem roten Rahmen geschmückt. Gott sei Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit noch für viele Jahre gnädig! Ingolstadt, in Eile (wie üblich), am 2. Dezember 1538. |