Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 340

Eck an Friedrich Nausea
Ingolstadt
02-12-1538


Ep. miscell. ad Nauseam lib. VII., 233 Nr 301


Ecks Bruder Simon Thaddäus ist aus Wien mit einem Brief Nauseas und Empfehlungsschreiben zurückgekehrt. Eck freut sich, daß sich Nausea inmitten der höfischen Verpflichtungen seiner erinnert. Er hat von Nausea in mehreren Jahren ganze zwei Briefe erhalten und nur einen zurückgeschrieben; er weiß aufgrund der Bücher Nauseas, wie beschäftigt dieser ist und will ihn nicht auch noch mit seinen Briefen belasten. Nur wenn er Neues und Günstiges zur Religionsfrage hat, soll er schreiben. Eck beklagt den Verlust so vieler Städte an die Protestanten seit dem Augsburger Reichstag. Der Kaiser sollte seinen Türkenkrieg besser in Deutschland austragen, denn die Protestanten sind schlimmer als die Osmanen. Er hofft, daß sich sein Bruder in seinen Studien so bewährt, daß er eines Tages in die Hofdienste Kg. Ferdinands treten kann.



Ioannes Eckius Doct. theologus etc. reverendo patri, doctißimo viro, D. Friderico Nauseae, Theologiae Doctori, ac Regiae Maiestatis concionatori et consiliario, fratri honorandißimo, S.P.D.

Rediit Simon Taddaeus meus frater cum literis tuis et multijuga commendatione, charissime Nausea, frater honorandissime. Hoc omne fuit mihi iucundissimum, ut inter aulicas inquietationes etiam mei memineris. Ego iam multis annis non nisi binas accepi a te literas; rescripsi unas, ut iam plane me viceris diligentia adiunctis ternis per fratrem.

Cum autem ex editis libris intellexerim labores tuos, praeter aulicas turbas, maxime Principe Serenissimo non stabili permanente loco, incivile ratus sum, si laboribus labores accumularem, si te legentem et scribentem onerarem. Quare et deinceps hoc te levo labore, ut nihil scribas, nisi cum aliquid valde proficuum nostrae fidei intellexeris, quod comiter manifestari possit. Nam indies crescunt capita draconi. Quot perdidimus oppida et villas ac civitates a comitijs Augustanis? Mallem ego Caesarem expugnare Turcos nostros, imo Turcis quibusvis deteriores, quam Otthomanidem, nam illis restitutis coniunctim viribus, diuturnum susciperetur in Mahumetanos bellum.

Fratrem autem meum quam maxime possum tibi commendo. Cupio enim fieri eum quottidie eruditiorem, ut sic paulatim crescens doctrina et rerum peragendarum praxi ad altiora possit apud Regiam Maiestatem evocari.

Vale, frater in Christo charissime et rem fidei fortiter agito.

Ingolstadij, II. Decembris Anno Dominici Natalis MDXXXVIII.

Johannes Eck, Doktor der Theologie usf., grüßt den hochwürdigsten Vater und gelehrten Herrn Friedrich Nausea, Doktor der Theologie sowie Prediger und Rat Seiner königlichen Majestät, den hochverehrten Bruder!

SIMON THADDAEUS, mein Bruder, ist mit Eurem Brief und vielfältigster Empfehlung, liebster Nausea, hochverehrter Bruder, zurückgekehrt. Das alles war für mich höchste Freude, daß Ihr Euch nämlich auch an mich über Euren höfischen Pflichten erinnert habt. Ich habe von Euch in vielen Jahren nur zwei Briefe erhalten; auf einen habe ich geantwortet, so daß Ihr mich an Sorgfalt eindeutig übertrefft, wenn Ihr nun noch drei Briefe durch meinen Bruder hinzugefügt habt.

Als ich an Euren Büchern Eure Mühen ersah, außerdem den Wirbel am Hofe erwog, zumal der erlauchte König stets seinen Aufenthaltsort wechselt, sah ich es als ungeziemend an, wenn ich zu den Mühen neue hinzufüge, indem ich Euch mit Lesen Mühe und Schreiben bereite. Deshalb werde ich Euch von nun an entlasten und nichts schreiben, wenn Ihr nicht etwas als so nützlich für unseren Glauben anseht, daß es gut wäre, es mitzuteilen. Denn täglich wachsen die Häupter des Drachen! Wie viele Städte und Dörfer, ja Reichsstädte haben wir seit dem Augsburger Reichstag verloren! Ich wollte lieber, der Kaiser führte gegen »unsere Türken« Krieg - denn diese sind sogar schlimmer als jener Türke - als gegen die Osmanen. Denn nachdem jene ihre vereinten Kräfte erneuert hatten, wird täglich gegen die Mohammedaner Krieg geführt.

Meinen Bruder empfehle ich Euch nach Kräften. Ich wünsche nämlich, daß er täglich gelehrter wird, so daß er allmählich an Wissen und Erfahrung in der Praxis wächst und somit zu höheren Aufgaben bei der königlichen Majestät berufen wird.

Lebt wohl, treuester Bruder in Christus, und treibt die Sache des Glaubens tapfer voran!

Ingolstadt, 2. Dezember im Jahr der Geburt des Herrn 1538.